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  • · Fachbeitrag · Gesundheitspolitik

    GOÄ-Reform - endgültiges Aus durch EU-Recht?

    von Rechtsanwalt Dr. Harro Herffs, Geschäftsführer privadis GmbH, Koblenz

    | Am 17. März 2016 entschied die Bundesärztekammer (BÄK), dass der bis dahin verhandelte Entwurf der GOÄ-Reform nicht von ihr mitgetragen wird. Dennoch signalisierte BÄK-Präsident Montgomery in den Folgetagen, dass die Reform nur verzögert und keineswegs gescheitert sei. Es stellt sich aber die Frage, ob allein die innerärztlichen Kontroversen zu überwinden sind? Denn möglicherweise könnte die Systematik des robusten Einfachsatzes, der für eine Reihe von Ziffern nicht unterschritten werden kann (Negativliste), gegen EU-Recht verstoßen. |

     

    Das EU-Recht und die freiberufliche Vergütung

    Es gibt keine offizielle europäische Gesundheitspolitik bzw. kein europäisches Gesundheitsrecht. Allerdings beeinflussen EU-Kompetenzen die deutsche Gesundheitswirtschaft, etwa durch die Wirtschafts- und Sozialpolitik. Konkret könnte der robuste Einfachsatz gegen Artikel 15 der Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt verstoßen und damit ein EU-Vertragsverletzungsverfahren auslösen, so wie es schon bei der Neuregelung der Vergütung der Steuerberater und der Ingenieure geschehen ist.

     

    HINTERGRUND | Auch die Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV) sieht Regelungen zu Mindestgebühren vor. Die EU-Kommission hatte daraufhin im Juni 2015 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland initiiert. Die Dienstleistungsrichtlinie werde durch die Mindestsätze verletzt, weil der freie Verkehr der Steuerberaterdienstleistungen behindert sei und diese Einschränkung weder erforderlich noch verhältnismäßig im Sinne der Ausnahmenregelungen der Richtlinie sei. Daraufhin hat die Bundesregierung Anfang 2016 signalisiert, zeitnah entsprechende Anpassungen vorzunehmen, sodass die Steuerberater den Vergütungsrahmen künftig auch unterschreiten können sollen, wenn die Vergütung sonst in keinem angemessenen Verhältnis zu Leistung und Verantwortung stehen würde. Die gleiche Problematik ist bei der Vergütungsordnung der Ingenieure im Fokus der EU, dazu hat sich die Bundesregierung aber noch nicht verhalten.

     

    Überträgt man die beschriebene Entwicklung auf die neue GOÄ, besteht die Gefahr, dass die EU-Kommission auch hier ein Vertragsverletzungsverfahren einleitet. Folge könnte sein, dass der robuste Einfachsatz eben doch unterschritten werden darf. Konsequenterweise kann dann die Kalkulation für das ärztliche Honorarvolumen nicht mehr richtig sein, was absehbar aufwendig korrigiert werden müsste.

     

    Ohne robusten Einfachsatz platzt die Reform

    Möglicherweise kommt aber schon vorher der Giftpilleneffekt zum Tragen durch die zwischen PKV und BÄK verhandelte Rahmenvereinbarung vom November 2013. Denn Teil dieser Rahmenvereinbarung ist, dass alle darin verhandelten Grundsätze umgesetzt werden - und damit auch der robuste Einfachsatz - ansonsten wird die gesamte Rahmenvereinbarung hinfällig. Tritt dieser Fall ein, müssten die Verhandlungspartner wieder völlig neu beginnen oder zumindest eine Ausnahmevereinbarung treffen.

    Quelle: Ausgabe 05 / 2016 | Seite 13 | ID 44024340