· Fachbeitrag · GOÄ-Reform
Die neue GOÄ - was können wir erwarten?
von Dr. med. Bernhard Kleinken, Pulheim
| Inzwischen scheint der Einigungswille zwischen BÄK und PKV-Verband so stark, dass es Ende nächsten Jahres doch zur „GOÄneu“ zu kommen scheint. Noch immer unterliegen die Beratungen zur neuen GOÄ aber strengster Geheimhaltung. Aus verschiedenen Veröffentlichungen (Deutscher Ärztetag, Ärzteblätter), der Rahmenvereinbarung zwischen BÄK und PKV-Verband aus dem Jahr 2013 sowie der Erfahrung kann man sich aber schon ein Bild dessen machen, was denn kommen wird. Ein Unsicherheitsfaktor bleibt nach wie vor der Bundesrat. |
Allgemeines
Die GOÄneu soll in einer gemeinsamen Kommission und Datenstelle von BÄK, PKV und Beihilfe weiterentwickelt, innovative Versorgungselemente sollen erprobt werden. In einer dreijährigen Übergangszeit sollen ungerechtfertigte Honorarsteigerungen und -minderungen identifiziert und korrigiert werden. Selbstverständlich wird das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) die „Oberhoheit“ behalten, aber das erinnert schon stark an G-BA und erweiterten Bewertungsausschuss.
Stand der GOÄneu und des Leistungsverzeichnisses
Das Leistungsverzeichnis ist nach wie vor streng geheim. Über den GOÄ-Paragraphenteil habe man sich in wesentlichen Punkten geeinigt, nur noch wenige Punkte seien offen. Bekannt ist, dass die Kapitel B (Grundleistungen) und M (Labor) in den Strukturen fertig dem BMG vorliegen. Dem BMG soll eine Paretoliste (400 Leistungen und 160 Zuschlagsleistungen) vorliegen. Es darf unterstellt werden, dass dazu auch schon Bewertungen vorgesehen sind. Schließlich soll eine Paretoliste der Abschätzung der finanziellen Auswirkungen einer GOÄneu dienen.
Das Leistungsverzeichnis ist detaillierter als bisher. Einige Beratungen bekommen eine Zeittaktung. Viele Umstände bei der Leistungserbringung, bei denen es bisher häufig Auseinandersetzungen um die Berechnung zusätzlicher Ziffern oder Faktorerhöhungen gibt, werden durch die Einführung von Zuschlägen aufgefangen. Wegegeld und Reiseentschädigung werden erhöht, zur Leichenschau wird die Auseinandersetzung um die Berechenbarkeit der Besuchsgebühr (Nr. 50 GOÄ) direkt bei den Ziffern (bisher) Nr. 100 ff. erledigt.
Steigerungssatz
Mit kalkulierten Einfachsätzen (1,0-facher Faktor, sogenannte „robuste Einfachsätze“) wird eine dem derzeitigen 2,3-fachen Faktor entsprechende Bewertung geschaffen, die logischerweise eine Einschränkung des Steigerungsrahmens (auf 1,0- bis 2,0-fach) nach sich zieht. Es liest sich so, als ob entweder der 1,0-fache oder der 2,0-fache Satz abgerechnet werden kann - was nicht anzunehmen ist. Der neue „Schwellenwert“ wird der über 1,0-fache Satz sein, Zwischenwerte werden erlaubt sein. Eine Steigerung soll nur bei besonderer (!) Schwere im Einzelfall erlaubt sein. Dazu soll zwischen BÄK und PKV eine „Positivliste“ der für eine Steigerung zulässigen Ursachen geschaffen werden, zusätzlich sogar eine „Negativliste“. Zu dem Problem, dass solche Listen niemals abschließend sein können und wie verfahren werden soll, wenn es andere, nachvollziehbare Gründe für eine Steigerung gibt, wird nichts ausgeführt. Auf jeden Fall wird man sich mit dieser Liste auseinandersetzen und seine Dokumentation darauf abstimmen müssen.
Analogabrechnung
Die Möglichkeit der Analogabrechnung soll erhalten bleiben. Näheres dazu wurde bisher nicht veröffentlicht. Im gesamten Kontext ist damit zu rechnen, dass es zu ähnlichen Regelungen wie bei den Steigerungssätzen kommt - einer „Positivliste“ und auch damit das Problem, wie bei dort nicht enthaltenen Leistungen verfahren werden kann.
Bedenklich erscheint die Äußerung, dass das „Instrument der Analogbewertung für alle nach Inkrafttreten der neuen GOÄ entwickelten und erstmalig erbrachten (innovativen) Leistungen fortgeschrieben“ wird. Doch kein Gebührenverzeichnis ist auch für bestehende Leistungen abschließend. Und wann ist eine Leistung „innovativ“ und wann gilt sie als „erstmals erbracht“? In der klinischen Studie, in speziellen Zentren oder wenn sie „beim Arzt um die Ecke“ angekommen ist? In der Neufassung der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) hat man den Fehler („Analogabrechnung nur für nach Inkrafttreten aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse entwickelte Leistungen“) im Jahr 2011 korrigiert. In der amtlichen Begründung hieß es: „Diese Regelung hat sich nicht bewährt“.
Rechnungserstellung
Ein Ziel sind „maschinenlesbare“ Rechnungen. Da schon jetzt jede Rechnung im Grunde „maschinenlesbar“ ist, heißt es ganz klar „Einführung eines einheitlichen Rechnungsformulars“. Das wird voraussichtlich ähnlich werden wie schon jetzt in der Anlage 2 zur GOZ: „Ein verbindliches Formular für alle“.
Verstärkte Informationspflichten
Im Paragraphenteil sollen Verpflichtungen zur rechtzeitigen Aufklärung des Patienten in Bezug auf Analogbewertungen, abweichende Honorarvereinbarungen und bei „Verlangensleistungen“ vorgesehen sein. Bei abweichenden Honorarvereinbarungen (§ 2 GOÄ) und „Verlangensleistungen“ entspricht das grundsätzlich dem, was jetzt schon § 630c BGB fordert - die wirtschaftliche Aufklärung bei anzunehmender Nichterstattung. Unklar ist, wer die Aufklärung übernehmen soll, wenn ein Arzt die Leistungen zwar veranlasst, aber ein anderer Arzt die Leistungen erbringen und abrechnen wird (zum Beispiel bei Speziallaborleistungen oder Histologie).