· Fachbeitrag · Rechnungen
Darf ein Arzt Vorkasse von Patienten nehmen?
von RA, FA Medizinrecht Rainer Hellweg, armedis Rechtsanwälte, Hannover
| Es gibt Privatpatienten, die mangels Liquidität für Zahlungsschwierigkeiten bekannt sind. In bestimmten Fällen kann es auch um den Ersatz von Auslagen gehen, die der Arzt für den Patienten leistet. Eine aus anderen Bereichen des Lebens bekannte Lösung im wirtschaftlichen Sinne könnte darin bestehen, vorab zumindest Teilzahlungen zu verlangen. Aber darf der Arzt von seinen Patienten Vorkasse nehmen trotz noch nicht erteilter GOÄ-Rechnung? |
Rechtslage unklar
Die Vorschrift des § 12 Abs. 1 GOÄ normiert als rechtliche Besonderheit für das ärztliche Honorar, dass die privatärztliche Vergütung erst dann fällig wird, wenn dem Zahlungspflichtigen eine der GOÄ entsprechende Rechnung erteilt worden ist. Somit gilt grundsätzlich, dass der Arzt mit seiner Dienstleistung gegenüber dem Patienten vorleistungspflichtig ist. Es ist jedoch weder in der GOÄ noch in den Berufsordnungen ein explizites Verbot von Vorschusszahlungen bestimmt. Zu der Frage, ob ein Arzt Vorkasse nehmen darf, gibt es daher in der Rechtsliteratur auch ein breites Spektrum an vertretenen Auffassungen, die eine Vorkasse entweder bejahen oder verneinen. Eine vermittelnde Ansicht stellt auf das Vorliegen besonderer Voraussetzungen ab, wie etwa die Vorauszahlung für Materialkosten oder das Bestehen berechtigter Zweifel des Arztes an der Zahlungsfähigkeit oder -willigkeit des Patienten.
Einigkeit besteht lediglich darüber, dass eine medizinisch notwendige und unaufschiebbare Behandlung nicht von einer Vorschusszahlung abhängig gemacht werden darf. Dies würde auf eine Ausnutzung der Zwangslage des Patienten hinauslaufen. Im Übrigen jedoch ist die Rechtslage unklar und die Rechtsprechung uneinheitlich. Es gab schon berufsgerichtliche Verfahren, in denen einem Arzt das Verlangen von Vorschusszahlungen mit entsprechender Ahndung zum Vorwurf gemacht wurde.
Wie Sie sich vor zahlungsunfähigen oder -unwilligen Patienten schützen
Abgesehen von medizinischen Notfällen darf der Arzt bei Privatpatienten - anders als der Vertragsarzt bei GKV-Patienten - die Behandlung grundsätzlich ablehnen. Dies kann zum Beispiel davon abhängig gemacht werden, ob die vorherige Rechnung beglichen wurde. Wenn unmittelbar nach dem ersten Behandlungstermin die Rechnung erteilt wird, kann man hier relativ schnell klare Verhältnisse schaffen.
FAZIT | Ein rechtlich durchsetzbarer Anspruch auf Vorschusszahlung besteht nicht. Eine Vergütungsklage gegen den Patienten vor Rechnungserteilung hätte keinen Erfolg. Wenn der Arzt berufsrechtlich „auf Nummer sicher gehen“ möchte, sollte er keinen Vorschuss verlangen bzw. sich zumindest nicht dem nachweisbaren Vorwurf eines systematischen Vorgehens dieser Art aussetzen. Wenn jedoch ein Patient von sich aus eine Vorschusszahlung leistet, ohne dass der Arzt nachweisbar danach verlangt hätte, dürfte dem juristisch nichts im Wege stehen. |