29.04.2011 · IWW-Abrufnummer 111461
Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt: Beschluss vom 24.11.2010 – 1 L 146/10
1.
Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift für Beihilfen in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen (BhV) vom 1. November 2001 findet in Sachsen-Anhalt im Falle von Aufwendungen von Landesbeamten, die vor dem Inkrafttreten der BBhV entstanden sind, weiterhin Anwendung.
2.
Die Angemessenheit der Aufwendungen beurteilt sich gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 BhV bei ärztlichen Leistungen ausschließlich nach dem Gebührenrahmen der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Grundsätzlich angemessen und demnach beihilfefähig sind Aufwendungen, die dem Arzt nach Maßgabe der GOÄ zustehen.
3.
Ist eine vorgreifliche Entscheidung im ordentlichen Rechtsweg über die Berechtigung der ärztlichen Forderung gegenüber dem Beamten nicht ergangen, hat der Dienstherr zu prüfen, ob die vom Arzt geltend gemachten Ansprüche nach materiellem Recht begründet sind.
4.
Dabei muss nicht mit letzter Gewissheit feststehen, wie die Zivilgerichte insoweit entscheiden würden, und dürfen Unklarheiten bei der Auslegung der einschlägigen Gebührenordnung nicht zu Lasten des Beamten gehen.
5.
Da die GOÄ in § 6 Abs. 2 die Abrechenbarkeit von Leistungen vorsieht, die nicht in der GOÄ explizit aufgeführt sind, sind auch sog. Analogleistungen nicht per se von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen.
6.
Dass hierbei das von der Bundesärztekammer herausgegebene Analogverzeichnis zu berücksichtigen ist, bedeutet allein, dass für ärztliche Leistungen, die in dem Verzeichnis aufgenommen sind, eine Regelvermutung dahingehend existiert, dass diese angemessen im Sinne der Beihilfevorschriften sind und die Festsetzungsstelle in diesen Fällen im Allgemeinen nicht mehr die Angemessenheit gesondert zu überprüfen hat.
7.
Sofern eine ärztliche Leistung nicht in das Verzeichnis aufgenommen ist, hat die Festsetzungsstelle im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 GOÄ vorliegen, d.h. eine analoge Bewertung überhaupt zulässig ist und die Aufwendungen des vom Arzt berechneten Betrages einer vertretbaren Auslegung der Gebührenordnung entsprechen.
8.
Zur Abrechenbarkeit osteopathischer Behandlungen eines Beamten durch einen Arzt.
1 L 146/10
Gründe
Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes Halle - 5. Kammer - vom 25. August 2010 hat keinen Erfolg.
Die Zulassung der Berufung rechtfertigt sich nicht wegen der von der Beklagten gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung.
"Ernstliche Zweifel" an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung bestehen nur dann, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird ( BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000 - Az.: 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458 ). Da gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO der Zulassungsgrund zudem in der gebotenen Weise darzulegen ist, erfordert dies, dass sich der Zulassungsantrag substantiiert inhaltlich mit den Gründen der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzt und u.a. konkret ausgeführt wird, dass die erhobenen Einwände entscheidungserheblich sind ( OVG LSA in ständiger Rechtsprechung, etwa: Beschluss vom 3. Januar 2007 - Az.: 1 L 245/06 -, veröffentlicht bei [...] [m.w.N.] ). Dabei reicht es nicht aus, wenn Zweifel lediglich an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen bestehen, auf welche das Urteil gestützt ist. Diese müssen vielmehr zugleich Zweifel an der Rich-tigkeit des Ergebnisses begründen ( BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - 7 AV 4.03 -, Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 33 ).
Das Vorbringen der Beklagten begründet im vorbezeichneten Sinne keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit - des Ergebnisses - der angefochtenen Entscheidung.
Als Beamter des Landes Sachsen-Anhalt erhielt der Kläger bislang gemäß § 88a Abs. 1 BG LSA u.a. in Krankheitsfällen Beihilfen nach den für die Beamten und Versorgungsempfänger des Bundes jeweils geltenden Vorschriften. Dies ist vorliegend die Allgemeine Verwaltungsvorschrift für Beihilfen in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen (BhV) vom 1. November 2001 ( GMBl. S. 919; MBl. LSA 2002, 10 ), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verwaltungsvorschrift vom 30. Januar 2004 ( GMBl. S. 379; MBl. LSA 2004, 235 ), welche für den vorliegenden Fall noch Anwendung findet ( vgl. auch: BVerwG, Urteile vom 28. Mai 2008 - Az.: 2 C 24.07 und 2 C 108.07 -; Beschluss vom 25. September 2008 - Az.: 2 B 16.08 -, jeweils zitiert nach [...] [m.w.N.] ). Denn die Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) ist erst mit Wirkung vom 14. Februar 2009 in Kraft getreten und bestimmt in § 58 Abs. 1 BBhV, dass auf Aufwendungen, die - wie hier - vor ihrem Inkrafttreten entstanden sind, weiter die BhV anzuwenden ist.
Daran, dass die BhV im gegebenen Fall als solche weiter anzuwenden ist, hat sich auch nichts dadurch geändert, dass gemäß Art. 7 Abs. 2 des Gesetzes zur Neuordnung des Landesbeamtenrechts vom 15. Dezember 2009 ( GVBl. LSA S. 648 ) mit Wirkung ab dem 1. Februar 2010 das Beamtengesetz des Landes Sachsen-Anhalt (Landesbeamtengesetz - LBG LSA) in Kraft getreten ist ( vgl. auch: OVG LSA, Beschluss vom 16. April 2010 - Az.: 1 L 89/09 -, veröffentlicht bei [...] ). Denn nach § 120 Abs. 8 LBG LSA gelten die für die Beamten, Versorgungsempfänger und früheren Beamten des Bundes jeweils geltenden Vorschriften bis zum Inkrafttreten der Verordnung nach § 120 Abs. 7 LBG LSA weiter. Diese Verordnung ist bislang nicht erlassen worden. Im Übrigen regelt § 120 LBG LSA - insoweit in der Sache übereinstimmend mit dem früheren § 88a Abs. 1 BG LSA - lediglich, dass dem vorgenannten Personenkreis als Ergänzung der aus den laufenden Bezügen zu bestreitenden Eigenvorsorge Beihilfe zudem zu den Aufwendungen berücksichtigungsfähiger Angehöriger gewährt wird (Abs. 1 und 2). Des Weiteren regelt § 120 Abs. 3 LBG LSA, dass grundsätzlich nur notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen in Krankheits- und Pflegefällen (Nr. 1), zur Vorbeugung und Behandlung von Krankheiten oder Behinderungen (Nr. 2), in Geburtsfällen, zur Empfängnisverhütung, bei künstlicher Befruchtung sowie in Fällen des nicht rechtswidrigen Schwangerschaftsabbruchs und der nicht rechtswidrigen Sterilisation (Nr. 3) und zur Früherkennung von Krankheiten und zu Schutzimpfungen (Nr. 4) beihilfefähig sind.
Der Kläger hat nach dem hiernach maßgeblichen § 120 Abs. 1 und 3 Nr. 1, Abs. 8 LBG LSA i.V.m. der BhV einen Anspruch auf die begehrte Beihilfe. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BhV sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und der Höhe nach angemessen sind und wenn die Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. Hiervon geht das Verwaltungsgericht aus, ohne dass dem die Antrags-(begründungs)schrift mit schlüssigen Argumenten entgegen tritt.
Auch die Beklagte geht - wie das Verwaltungsgericht - davon aus, dass die hier streitbefangenen Aufwendungen für ärztliche Leistungen sowohl dem Grunde nach notwendig waren als auch die Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. Soweit die Beklagte sich gegen die Annahme des Verwaltungsgerichtes dahingehend wendet, die Aufwendungen seien im beihilferechtlichen Sinn als "angemessen" anzusehen, tritt sie den insoweit tragenden Erwägungen nicht mit schlüssigen Argumenten entgegen.
Die Angemessenheit der Aufwendungen beurteilt sich gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 BhV bei ärztlichen Leistungen ausschließlich nach dem Gebührenrahmen der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Von der Ausnahme in § 5 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BhV abgesehen umschreibt die BhV den Begriff der Angemessenheit nicht, sondern verweist auf die Vorschriften der ärztlichen Gebührenordnung. Angemessen und demnach beihilfefähig sind Aufwendungen, die dem Arzt nach Maßgabe der GOÄ zustehen. Ob der Arzt seine Forderung zu Recht geltend gemacht hat, ist eine der Beihilfegewährung vorgreifliche und nach der Natur des Rechtsverhältnisses zwischen Arzt und Patient dem Zivilrecht zuzuordnende Rechtsfrage, über die die Zivilgerichte letztverbindlich zu entscheiden haben. Deren Beurteilung präjudiziert die Angemessenheit der Aufwendungen für ärztliche Leistungen im beihilferechtlichen Sinne. Ist - wie hier - eine Entscheidung im ordentlichen Rechtsweg indes nicht ergangen, hat der Dienstherr zu prüfen, ob die vom Arzt geltend gemachten Ansprüche nach materiellem Recht begründet sind ( siehe: BVerwG, Urteil vom 20. März 2008 - Az.: 2 C 19.06 -, Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 18 [m.w.N.] ).
Der hier streitbefangene Honoraranspruch des behandelnden Arztes gegen den Kläger beruht vorliegend auf § 6 Abs. 2 GOÄ (i.V.m. Nr. 410, 420 und 514 GOÄ). Danach können selbstständige ärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, entsprechend einer nach Art, Kosten und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses berechnet werden. Entscheidend für die Beantwortung der Frage, ob eine nach einer bestimmten GOÄ-Nummer abgerechnete ärztliche Leistung beihilfefähig ist, und damit zugleich für die Beurteilung der Angemessenheit von Aufwendungen ist mithin die - vorgreifliche - Auslegung des ärztlichen Gebührenrechtes durch die Zivilgerichte. Denn die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für eine ärztliche Behandlung setzt grundsätzlich voraus, dass der Arzt die Rechnungsbeträge auf der Basis einer zutreffenden Auslegung der Gebührenordnung in Rechnung gestellt hat, das geforderte Honorar ihm also von Rechts wegen zusteht. Dabei muss nicht mit letzter Gewissheit feststehen, wie die Zivilgerichte insoweit entscheiden würden, und dürfen Unklarheiten bei der Auslegung der einschlägigen Gebührenordnung nicht zu Lasten des Beamten gehen. Dieser wäre sonst vor die Wahl gestellt, entweder auf sein Risiko eine rechtliche Auseinandersetzung über eine objektiv zweifelhafte Rechtsposition zu führen oder den an sich auf die Beihilfe entfallenden Anteil des zweifelhaften Rechnungsbetrages selbst zu tragen. Deshalb sind die Aufwendungen eines vom Arzt berechneten Betrages schon dann unter Zugrundelegung der Gebührenordnung beihilferechtlich als angemessen anzusehen, wenn sie einer vertretbaren Auslegung der Gebührenordnung entsprechen ( siehe: BVerwG, Urteil vom 20. März 2008, a.a.O. [m.w.N.] ).
Dass - wie die Beklagte meint - das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung "letztlich ausschließlich eine Einschätzung des Interessenverbandes der Osteopathen zugrunde gelegt hat", vermag schon nicht für sich zu begründen, dass das Urteilsergebnis unrichtig wäre. Unabhängig davon rechtfertigt dies ebenso wenig die Annahme, dass die Aufwendungen des vom Arzt berechneten und hier noch streitbefangenen Betrages unter Zugrundelegung der Gebührenordnung keiner vertretbaren Auslegung der Gebührenordnung mehr entsprächen. Der Antrags(begründungs)schrift ist - wie sich aus dem Vorstehenden ergibt - gleichfalls nicht darin zu folgen, dass die angefochtene Entscheidung es im Ergebnis jedem Arzt ermöglicht, im Gebührenverzeichnis der GOÄ nicht aufgenommene Leistungen "nach Gutdünken abzurechnen", da entweder auf (vorgreifliche) Rechtsprechung der Zivilgerichte zurückgegriffen werden kann oder aber - wie hier - der Dienstherr zu prüfen hat, ob die vom Arzt geltend gemachten Ansprüche nach materiellem Recht begründet sind, insbesondere die Aufwendungen eines vom Arzt berechneten Betrages einer vertretbaren Auslegung der Gebührenordnung entsprechen.
Dass im Rahmen dieser Prüfung das von der Bundesärztekammer herausgegebene Verzeichnis analoger Bewertungen nach den von der Beklagten in Bezug genommenen Hinweisen zu berücksichtigen ist, stellt die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichtes nicht schlüssig in Frage. Da gerade die GOÄ in § 6 Abs. 2 die Abrechenbarkeit von Leistungen vorsieht, die nicht in der GOÄ explizit aufgeführt sind, sind auch sog. Analogleistungen nicht per se von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen. Die zur Vereinheitlichung der Verfahrensweise und auch als Hilfestellung für die jeweilige Festsetzungsstelle von der Bundesärztekammer vorgenommenen analogen Bewertungen in dem Verzeichnis gehen ebenfalls hiervon aus. Dass das Verzeichnis der Bundesärztekammer zu berücksichtigen ist, bedeutet allein, dass für ärztliche Leistungen, die in dem Verzeichnis aufgenommen sind, eine Regelvermutung dahingehend existiert, dass diese angemessen im Sinne der Beihilfevorschriften sind und die Festsetzungsstelle in diesen Fällen im Allgemeinen nicht mehr die Angemessenheit gesondert zu überprüfen hat.
Demgegenüber ist hieraus der von der Beklagten vorgenommene Umkehrschluss - wie das Verwaltungsgericht mit Recht ausführt - nicht zu ziehen. Sofern eine ärztliche Leistung mithin nicht in das Verzeichnis aufgenommen ist, hat die Festsetzungsstelle daher - wie bereits ausgeführt - im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 GOÄ vorliegen, d.h. eine analoge Bewertung überhaupt zulässig ist und die Aufwendungen des vom Arzt berechneten Betrages einer vertretbaren Auslegung der Gebührenordnung entsprechen. Die Bundesärztekammer hat nämlich unter www.bundeserztekammer.de (dort unter: "Gebührenordnung/Abrechnung/Analoge Bewertungen in der GOÄ - eine Einführung") ausdrücklich ausgeführt:
"Das Analogverzeichnis der Bundesärztekammer ist nicht abschließend. [...] Der Bedarf an Analogen Bewertungen bleibt aber weiterhin. Die verschiedentlich von Kostenträgern vertretene Auffassung, dass mit der GOÄ-Novellierung und der Übernahme der von der Bundesärztekammer empfohlenen Analogpositionen Analoge Bewertungen überflüssig seien, ist nicht zutreffend. Der medizinische Fortschritt hält sich weder an Novellierungszeiträume der GOÄ noch an Erscheinungstermine der Ergänzungen des Analogverzeichnisses der Bundesärztekammer. Hinzu kommt, dass das Analogverzeichnis der BÄK niemals abschließend ist, weil
der Beratungsgang im Gebührenordnungsausschuss und Vorstand der Bundesärztekammer sowie das oben dargestellte Verfahren der Abstimmung mit den Kostenträgern nur sukzessive erfolgen kann,
in das Analogverzeichnis nicht alle Vorschläge aufgenommen werden.
Das Recht des Arztes auf eigene analoge Bewertung bleibt aber (unter Berücksichtigung der obigen Kriterien) sowohl mit der "neuen" GOÄ als auch mit dem Erscheinen des Analogverzeichnisses der Bundesärztekammer/GOÄ-ANB/ZKA bestehen."
Soweit die Beklagte geltend macht, die Gebührennummern 410, 420 und 514 seien in das Analogverzeichnis nicht aufgenommen worden, "weil sie wissenschaftlich nicht anerkannt" seien, erschöpft sich das Vorbringen in einer bloßen Behauptung. Dass die Gebührennummern 410, 420 und 514 im Analogverzeichnis nicht aufgeführt sind, ist nach den vorstehenden Ausführungen im Übrigen rechtlich ohne Belang. Aus der fehlenden positiven Berücksichtigung kann vielmehr gerade nicht geschlussfolgert werden, dass eine (weitergehende) Abrechnung ausgeschlossen ist. Dem stände auch das Gebührenrecht, insbesondere § 6 Abs. 2 GOÄ entgegen, wonach selbstständige ärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, abrechenbar sind, und zwar entsprechend berechnet einer nach Art, Kosten und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses. Dabei unterliegt es auch keinen sachlichen oder rechtlichen Bedenken, wenn zur Prüfung der Vertretbarkeit der Auslegung der Gebührenordnung durch den Arzt und der Ermittlung der nach Art, Kosten und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses sachverständige Dritte in Anspruch genommen werden. Hiervon geht letztlich auch die Beklagte aus.
Dass es sich bei der vom Verwaltungsgericht insoweit herangezogenen Deutschen Gesellschaft für Osteopathische Medizin (DGOM) - entgegen dessen Annahme - nicht um ein "sachverständiges Gremium" handelt, legt die Antrags(begründungs)schrift nicht schlüssig dar. Die von der Beklagten angeführten "Zweifel" der Ärztekammer Sachsen-Anhalt an der Anwendbarkeit der GOZ 410 und 420, vermögen die Annahme des Verwaltungsgerichtes ebenso wenig zu erschüttern wie der Hinweis darauf, dass es sich bei der DGOM um einen "Interessenverband" handele bzw. der Ausschuss für Gebühren- und Leistungsrecht des Bund-Länder-Kommission für das Beihilferecht "Zweifel" daran habe, ob es sich bei der DGOM um eine Fachgesellschaft handele oder diese "nur einen Interessenverband" darstelle. Damit wird jedenfalls keine Aussage zur wissenschaftlichen Qualität und Sachkunde der Empfehlungen der DGOM getroffen. Soweit die Beklagte darauf verweist, dass die Bundesärztekammer im Verhältnis zur DGOM eine "übergeordnete Institution" sei und eine "höheres Maß an Verbindlichkeit" besitze, stellt dieser Einwand die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichtes schon deshalb nicht schlüssig in Frage, weil die Bundesärztekammer im Hinblick auf die hier maßgeblichen ärztlichen Leistungen und deren Abrechenbarkeit keine den Empfehlungen der DGOM widersprechenden Bewertungen, Aussagen oder Empfehlungen abgegeben hat und - wie bereits ausgeführt - nicht von einem "beredtem Schweigen" der Bundesärztekammer auszugehen ist. Das Verwaltungsgericht hat im Übrigen nachvollziehbar dargelegt, aus welchen sachlichen Gründen die hier streitbefangenen Analogziffern herangezogen werden konnten, d.h. der vom Arzt berechnete Betrag einer vertretbaren Auslegung der Gebührenordnung entspricht.
Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang rügt, es hätte dem Verwaltungsgericht oblegen, die Ärztekammer Sachsen-Anhalt um eine Stellungnahme zu bitten, ist der damit einhergehende Einwand nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung darzulegen. Die Rüge betrifft vielmehr die Sachverhaltserforschungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO). Etwaige Mängel in diesen Bereichen stellen indes Verfahrensfehler dar, die nicht geeignet sind, ernstliche Zweifel am Urteilsergebnis zu begründen, weil sich die in § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO genannten "ernstlichen Zweifel" auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen, nicht auf das Verfahren ( vgl.: OVG LSA, Beschluss vom 29. April 2009 - Az.: 1 L 39/09 -, veröffentlicht bei [...] = JMBl. LSA 2009, 128 [m.w.N.] ). Den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO macht die Beklagte hingegen nicht geltend. Unabhängig davon legt die Beklagte aber auch einen dahingehenden Verfahrensmangel nicht substantiiert dar ( vgl. zu den insoweitigen Darlegungsanforderungen etwa: OVG LSA Beschluss vom 8. März 2006 - Az.: 1 L 44/05 -, veröffentlicht bei [...] [m.w.N.] ).
Schließlich legt die Antrags(begründungs)schrift auch nicht schlüssig dar, dass es sich bei den erbrachten und vorliegend streitbefangenen ärztlichen Leistungen nicht um solche handelt, die einer wissenschaftlich allgemein anerkannten Methode entsprechen und über das Maß einer medizinisch notwendigen ärztlichen Versorgung hinausgegangen wären. Insoweit mangelt es nicht nur an der gebotenen Substantiierung der Behauptung, sondern auch an der Auseinandersetzung mit den tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichtes. Dieses hat nämlich unter Hinweis auf die im Jahr 2009 unter www.erzteblatt.de veröffentlichte "Wissenschaftliche Bewertung osteopathischer Verfahren" durch die Bundesärztekammer nachvollziehbar darauf abgestellt, dass die Osteopathie inzwischen als Behandlungsmethode wissenschaftlich allgemein anerkannt ist. Auf zeitlich hiervor ergangene bzw. dies nicht berücksichtigende untergerichtliche Rechtsprechung vermag sich die Beklagte daher nicht durch einen allgemeinen Hinweis mit Erfolg zu berufen, zumal die angeführte Entscheidung des Verwaltungsgerichtes München andere Analogziffern und damit andere ärztliche Leistungen als die hier zugrunde liegenden zum Gegenstand hat. Dass die vorliegenden Aufwendungen hiernach über das Maß einer medizinisch notwendigen ärztlichen Versorgung hinausgegangen wären, ist damit jedenfalls nicht schlüssig dargelegt. Im Übrigen legt die Beklagte nicht substantiiert dar, dass - entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichtes - der Umfang der medizinischen Behandlung des Klägers das Maß einer medizinisch notwendigen Versorgung überschritten hat, zumal die Beklagte selbst davon ausgeht, "dass die Aufwendungen für die osteopathischen Behandlungen dem Grunde nach notwendig sind".
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Entscheidung über die Festsetzung der Höhe des Streitwertes für das Zulassungsverfahren folgt aus §§ 52 Abs. 3, 40, 47 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 124a Abs. 5 Satz 4, 152 Abs. 1 VwGO sowie § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).