05.07.2011 · IWW-Abrufnummer 112223
Landessozialgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 05.05.2011 – L 5 KA 4/10
Eine Praxisverlegung innerhalb desselben Planungsbereichs und innerhalb derselben Stadt rechtfertigt nicht die honorarrechtliche Gleichstellung mit einer Neuniederlassung.
L 5 KA 4/10
Tenor:
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 09.12.2009 wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahren.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Höhe der Vergütung vertragsärztlicher Leistungen der Klägerin im Quartal 4/2006.
Die Klägerin nimmt seit dem 01.04.1996 als Fachärztin für Hals-Nasen-Ohren (HNO)-Heilkunde an der vertragsärztlichen Versorgung im Bezirk der Beklagten teil. Bis zum 31.07.2006 führte sie ihre Praxis in B N-A, E . Am 01.08.2006 verlegte sie ihren Vertragsarztsitz innerhalb des Planungsbereiches nach B N-A, H . Sie übernahm die Praxisräume des HNO-Arztes Dr A . Die Sitzverlegung war ihr mit Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte im Regierungsbezirk Koblenz vom 25.07.2006 genehmigt worden.
Grundlage für die Honorarfestsetzung im Quartal 4/2006 ist der ab dem 01.01.2006 gültige Honorarverteilungsmaßstab (HVM), der zwischen der Beklagten und den Landesverbänden der Krankenkassen und Ersatzkassen geschlossen wurde. Nach § 3 Abs 1 HVM werden die Vergütungen entsprechend der Anlage 1 verteilt. Nach der Anlage 1 erfolgt eine quartalsweise Honorarverteilung der Gesamtvergütung getrennt nach Primär- und Ersatzkassen und getrennt nach haus- und fachärztlicher Versorgung. Gemäß Ziffer 5 der Anlage 1 zu § 3 HVM wird zwischen Vorwegleistungen und restlichen Leistungen unterschieden. Die Aufteilung der restlichen Leistungen erfolgt nach Fachgruppenfonds, ua dem der HNO-Ärzte (Ziffer 5.1.8). Im Bereich der restlichen Leistungen sollen grundsätzlich 60 % des anerkannten Leistungsbedarfs mit einem festen Punktwert von 0,045 € vergütet werden. Die Basis des Leistungsbedarfes kann sich durch Maßnahmen zur Leistungssteuerung verringern. Die Leistungssteuerung setzt sich zusammen aus der Fallzahlbegrenzung und der Begrenzung des Leistungsbedarfes auf Basis des Vorjahresquartals. Hierzu wird ein Grenzleistungsbedarf (GLB) festgestellt. Zunächst werden der GLB 1 und der GLB 2 ermittelt. Der GLB 1 wird durch Multiplikation des Fallwertes mit der Grenzfallzahl (GFZ) ermittelt. Die auf Basis der Quartale 3/2004 bis 2/2005 ermittelte GFZ der Arztgruppe der Fachärzte für HNO-Heilkunde ist nach Anhang 1 der Anlage 1 zu § 3 HVM im Quartal 4/2006 auf 1.594 festgesetzt. Wenn die tatsächliche Fallzahl geringer ist, so ist die tatsächliche Fallzahl die maximale Fallzahl. Der GLB 2 wird durch eine Gegenüberstellung des Leistungsbedarfes mit dem Leistungsbedarf des Vorjahresquartals ermittelt, wobei der jeweils niedrigere Wert genommen wird. Der GLB wird definiert als der jeweils niedrigste Wert der ermittelten Werte des GLB 1 und des GLB 2. 60 % des GLB werden mit dem festen Punktwert, der restliche Leistungsbedarf mit einem floatenden restlichen Punktwert vergütet. Für neu niedergelassene Ärzte wird nach Ziffer 5.1.9 Nr 4 der Anlage 1 zu § 3 HVM der Leistungsbedarf des Vorjahresquartals des Praxisvorgängers herangezogen. Ist dies nicht möglich, wird diese Form der Leistungssteuerung für zwei Jahre ab Zulassungsquartal nicht angewendet. Der Vorstand kann in Einzelfällen auf Antrag im Einvernehmen mit den Kassenverbänden eine Korrektur vornehmen. Der HVM ermächtigt außerdem den Vorstand der Beklagten, in Härtefällen auf Antrag eine Änderung der Basiswerte im Einvernehmen mit den Kassenverbänden (GFZ und Leistungsbedarf des Vorjahresquartals) vorzunehmen.
Mit Schreiben vom 04.01.2007 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Festlegung des GLB nach den tatsächlichen Fallzahlen. Diese seien nach der Verlegung ihres Praxissitzes deutlich gestiegen, lägen aber noch weit unter dem Fachgruppendurchschnitt. Hinzu komme, dass die Fallzahl des Quartals 4/2005 erheblich niedriger gewesen sei als in den Vorjahren. Mit Bescheid vom 14.05.2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, der Vorstand habe sich mit der von ihr geschilderten Situation auseinandergesetzt und lehne ihren Antrag ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, durch die im HVM vorgesehene dynamische Mengenbegrenzung (Vergleich mit dem Punktzahlvolumen des jeweiligen Vorjahresquartals) werde der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) Rechnung getragen. Es werde gewährleistet, dass sich Praxen in einem Jahr an den Fachgruppendurchschnitt oder sogar darüber hinaus entwickeln könnten. Eine weitere Prüfung habe ergeben, dass zum einen die Verlegung des Praxissitzes innerhalb desselben Planungsbereiches erfolgt sei und zum anderen der HNO-ärztliche Versorgungsgrad im Kreis A 134,3 % betrage, sodass diesbezüglich eine Ausnahmeregelung nicht begründet sei. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 03.07.2008 zurück. Hiergegen hat die Klägerin keine Klage erhoben.
Mit Honorarbescheid vom 24.04.2007 setzte die Beklagte das Honorar der Klägerin für das Quartal 4/2006 fest. Sie stellte das Gesamthonorar mit 24.581,28 € fest und berücksichtige dabei bereits vereinnahmte Praxisgebühren in Höhe von 1.490,00 € (Anlage 2 zum Bescheid). Die HVM-relevante Fallzahl der Klägerin wurde mit 1.087 Fällen festgestellt (Anlage 4 zum Bescheid). Da diese Fallzahl unter der Grenzfallzahl der Fachärzte für HNO-Heilkunde lag, wurde die tatsächliche Fallzahl zur Ermittlung des GLB 1 herangezogen und dieser mit 1.045.660,0 Punkten festgestellt. Der GLB 2 wurde unter Berücksichtigung des Vorjahresvergleichswertes der Klägerin mit 626.750,0 Punkten festgestellt. Als GLB wurde der niedrigere Wert des GLB 2 festgesetzt. 60 % des GLB (= 376.019,4 Punkte) wurden mit dem festen Punktwert, die restlichen Leistungen (= 669.640,6 Punkte) mit dem floatenden restlichen Punktwert vergütet. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und macht geltend, ihr seien lediglich 57 % des durchschnittlichen Honorars vergleichbarer Kollegen ausgezahlt worden. Durch die Sitzverlegung seien ihre Patientenzahl sowie die Praxiskosten gestiegen, es sei ein existenzbedrohender Zustand entstanden. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.07.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 20.08.2007 Klage beim Sozialgericht (SG) Mainz erhoben. Sie hat geltend gemacht, sie sei als neu niedergelassene Ärztin einzustufen. Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, st ünde ihr nach der Rechtsprechung des BSG zum Zuwachs unterdurchschnittlich abrechnender Praxen spätestens ab dem Quartal 4/2006 der GLB des Fachgruppendurchschnitts zu. Sie habe seit ihrer erstmaligen Niederlassung im Jahr 1996 stets unterdurchschnittlich abgerechnet und den Leistungsbedarf sowie die Patientenzahlen seit dem Quartal 4/2001 kontinuierlich gesteigert und im Quartal 4/2006 den Fachgruppendurchschnitt erreicht. Auf Grund der Regelungen des HVM habe sie erstmals im Quartal 1/2008 eine Vergütung auf der Basis des Fachgruppendurchschnitts erhalten. Der durchschnittliche GLB sei ihr aber bereits innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren ab dem Quartal 4/2001 zuzubilligen. Schließlich sei nicht erkennbar, dass die Beklagte ihr Ermessen bei der Prüfung, ob eine Härtefallentscheidung in Betracht komme, ausgeübt habe.
Durch Urteil vom 09.12.2009 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, Streitgegenstand sei ausschließlich der Honorarbescheid für das Quartal 4/2006. Nicht streitgegenständlich sei der mit Bescheid vom 14.05.2007 und Widerspruchsbescheid vom 03.07.2008 abgelehnte Antrag der Klägerin, den GLB nach ihren tatsächlichen Fallzahlen festzulegen und damit auch die Frage, ob ein Härtefall vorliege. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass für das Vorliegen eines Härtefalles nichts ersichtlich sei. Das Honorar der Klägerin im Quartal 4/2006 sei entsprechend den Vorgaben des ab dem 01.01.2006 geltenden HVM berechnet worden. Dieser HVM entspreche den Vorgaben des § 85 Abs 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Die Beklagte verfüge bei der Ausformung des HVM über einen Gestaltungsspielraum und habe vorliegend das Gebot der leistungsproportionalen Verteilung des Honorars sowie den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit beachtet. Nach der Rechtsprechung des BSG müsse eine Umsatzsteigerung bei nach der Aufbauphase noch unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen innerhalb von fünf Jahren möglich sein. Dies bedeute indes nicht, dass Praxen mit unterdurchschnittlichen Umsätzen von jeder Begrenzung des Honorarwachstums verschont werden müssten. Die Klägerin habe durch die Regelungen im streitgegenständlichen HVM die Möglichkeit gehabt, ihren Umsatz in absehbarer Zeit auf den Durchschnitt ihrer Fachgruppe und sogar darüber hinaus zu steigern. Sie könne sich nicht darauf berufen, dass der maßgebliche Fünf-Jahres-Zeitraum bereits im Quartal 4/2006 abgelaufen sei. Ein kontinuierliches Wachstum seit dem Quartal 4/2001 liege nicht vor, so sei es beispielsweise in den Quartalen 3/2005 und 4/2005 zu einem Rückgang der Fallzahlen und des Leistungsbedarfes im Vergleich zum jeweiligen Vorjahresquartal gekommen. Die Klägerin habe daher durch ihr eigenes Abrechnungsverhalten verhindert, dass schon zu einem früheren Zeitpunkt ein Wachstum auf den Durchschnitt der Fachgruppe erfolgt sei. Sie habe keinen Anspruch darauf, als Neuniederlassung im Sinne von Ziffer 5.1.9 Nr 4 der Anlage 1 zu § 3 HVM behandelt zu werden. Bei einer Sitzverlegung handele es sich bereits begrifflich nicht um eine Neuniederlassung. Auch eine entsprechende Anwendung der Regelung über Neuniederlassungen sei nicht angezeigt. Die Sitzverlegung sei innerhalb desselben Planungsbereiches erfolgt. Mangels einer eigenständigen Regelung im streitgegenständlichen HVM betreffend unterdurchschnittlich abrechnende Praxen seien daher die allgemeinen Regelungen anzuwenden. Dies bedeute aber nicht zwangsläufig, dass der Klägerin ein sofortiges Wachstum auf den Durchschnitt der Fachgruppe zu ermöglichen sei. Durch die allgemeinen Regelungen des HVM sei sichergestellt, dass die Klägerin als unterdurchschnittlich abrechnende Praxis die Möglichkeit habe, innerhalb eines Zeitraumes von maximal zwei Jahren auf die Durchschnittswerte ihrer Fachgruppe anzuwachsen.
Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 21.12.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 20.01.2010 Berufung eingelegt. Sie macht geltend, sie sei faktisch gezwungen gewesen, ihre seit dem 01.04.1996 in A betriebene Praxis im Jahr 2006 aufzugeben und sich an einem neuen Standort niederzulassen, der einen wirtschaftlichen Praxisbetrieb erlaubt habe. Die Umsatzentwicklung ihrer Praxis habe sich in den Jahren 2002 bis 2005 - abgesehen vom Ausnahmejahr 2004 - dramatisch verschlechtert gehabt. Dies habe zur Folge gehabt, dass die Bundesagentur für Arbeit für das erste Halbjahr 2006 Kurzarbeitergeld zur Sicherung der Arbeitsplätze ihrer Arzthelferinnen bewilligt habe. Ihre Praxis in A habe in einer Nebenstraße mit einer ungünstigen Infrastruktur gelegen. Erst auf Grund der Praxisneugründung sei es ihr gelungen, neue Patientenkreise zu erschließen und die Fallzahlen auf knapp 1.200 Patienten pro Quartal zu steigern. Mit ihrer Niederlassung in B N-A habe sie ihre Praxis faktisch neu gegründet und nicht lediglich - unter Mitnahme ihrer Patienten - verlegt. Zum 01.01.2009 habe sie sich mit Dr P S zu einer Berufsausübungsgemeinschaft zusammengeschlossen. Die Beklagte habe diesen Zusammenschluss gemäß Bescheid vom 17.11.2009 als Neugründung anerkannt. Sie habe Dr S den Zuwachs bis zum Fachgruppendurchschnitt zuerkannt. Das SG habe ihren Anspruch auf unmittelbare oder entsprechende Anwendung von Ziffer 5.1.9 Nr 4 der Anlage 1 zu § 3 HVM zu Unrecht verneint. Denn der Begriff der Neuniederlassung sei nicht mit einer neuen Zulassung gleichzusetzen. Bei einer Niederlassung handele es sich nicht ausschließlich um eine erstmalige Zulassung, sondern auch um die Errichtung einer erneuten Niederlassung. Dies ergebe sich auch aus der nunmehr geltenden Regelung im HVM der Beklagten, die zwischen der Neuzulassung und der Praxisneugründung unterscheide, beide Tatbestände aber gleich behandele. Zumindest wäre eine entsprechende Anwendung der Regelung des alten HVM in Betracht gekommen. Eine ungleiche Behandlung, nämlich die Einordnung der Praxis von Dr S als Neugründung und die Verweigerung der gleichen Einordnung ihrer Praxis, verletze sie in ihrem Recht auf Gleichbehandlung nach Art 3 Grundgesetz (GG). Das SG sehe auch zu Unrecht die Voraussetzungen der Rechtsprechung des BSG zu Zuwachsmöglichkeiten unterdurchschnittlich abrechnender Praxen als nicht gegeben an. Die Rechtsprechung, nach der es zumutbar sein solle, dass das pro Jahr zulässige Honorarwachstum einer unterdurchschnittlich abrechnenden Praxis beschränkt werde, sei unter den heutigen sowie unter den bereits im Jahr 2006 geltenden Rahmenbedingungen nicht mehr haltbar. Bei einer annähernd vollständigen Vergütung der Leistungen der Vertragsärzte auf der Basis eines Punktwertes von 4 Cent bis 5 Cent mögen die Grenzen, die das BSG gesetzt habe, vertretbar gewesen sein. Seit Jahren sei jedoch der Punktwert kontinuierlich verfallen. Im streitgegenständlichen Quartal seien nur noch 35 % des anerkannten Leistungsbedarfs mit einem festen Punktwert vergütet worden. Das BSG übersehe außerdem, dass die Rechtsprechung nicht nur dazu führe, dass die Vertragsärzte geringere Honorareinnahmen zu verzeichnen hätten, sondern dass parallel hierzu jede Behandlung eines Patienten Kosten auslöse, die nicht im gleichen Maße gesteuert werden könnten. Dies werde am Beispiel ihrer Praxis besonders deutlich. Der Gewinnverlust sei nicht allein auf den Rückgang der Honorareinnahmen, sondern vor allem auf die fortlaufenden Betriebskosten bei gleichzeitigem Honorarrückgang zurückzuführen. Die bisherige Rechtsprechung des BSG zur Zumutbarkeit eines begrenzten Wachstums sei daher kritisch im Sinne einer vollständigen Vergütung der Leistungen zu prüfen. Die Beklagte habe zur Begründung ihrer Ablehnung des Widerspruchs darauf verwiesen, dass eine Überversorgung im Bereich der HNO-Ärzte in Höhe von 134 % vorgelegen habe; diese Überversorgung habe aber die Beklagte selbst verursacht, indem sie im Jahre 1999 einen weiteren Vertragsarzt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen habe. Das Vorliegen eines Härtefalles habe das SG unter Hinweis auf den bestandskräftig abgelehnten Antrag vom 14.05.2007 zu Unrecht verneint. Es sei bereits fraglich, ob ihr Antrag vom 04.01.2007 als Härtefallantrag oder als üblicher Erhöhungsantrag zu werten gewesen sei. Der Hinweis auf die existenziell bedrohliche Situation ihrer Praxis sei in aller Deutlichkeit erst in der Begründung ihres Widerspruchs gegen den Honorarbescheid enthalten gewesen, sodass im Rahmen dieses Widerspruchsverfahrens eine Härtefallprüfung habe stattfinden müssen. Diese sei aber nicht erfolgt. Mangels anderweitiger Präzisierung sei die Härtefallregelung des HVM so zu verstehen, dass sie insgesamt die Möglichkeit von Ausnahmetatbeständen schaffe. Es hätte daher geprüft werden müssen, ob nicht anderweitige Umstände eine Erhöhung des Grenzleistungsbedarfes rechtfertigten. Dies sei vorliegend der Fall, da sie außergewöhnliche Gründe dargetan habe, die eine Anpassung an den Fachgruppendurchschnitt zu einem früheren Zeitpunkt rechtfertigten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 09.12.2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24.04.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie macht geltend, bei der Verlegung des Vertragsarztsitzes handele es sich nicht um eine Neuniederlassung im Sinne des HVM, da kein neuer Status begründet worden sei und die Sitzverlegung innerhalb desselben Planungsbereiches und innerhalb derselben Stadt erfolgt sei. An dieser Sichtweise ändere sich auch nichts dadurch, dass sie, die Beklagte, bei Gründung der Berufsausübungsgemeinschaft der Klägerin mit Dr S die in der Verteilungsvereinbarung für das Jahr 2009 enthaltene Regelung angewandt habe. Denn in der Gründung der Berufsausübungsgemeinschaft liege eine Änderung der Kooperationsform. Soweit die Klägerin die Auffassung vertrete, unter den heutigen und den bereits im Jahr 2006 geltenden Rahmenbedingungen sei die Rechtsprechung des BSG zum Honorarwachstum nicht mehr haltbar, könne dies nicht nachvollzogen werden. Diese Rechtsprechung sei nach wie vor anwendbar. Hinsichtlich des Einwandes, sie, die Beklagte, habe eine Überversorgung im Planungsbereich der Klägerin verursacht, sei darauf hinzuweisen, dass Zulassungen vom Zulassungsausschuss ausgesprochen würden. Der Antrag auf Anerkennung eines Härtefalles sei zum einen bestandskräftig abgelehnt worden, zum anderen habe der für die Annahme eines Härtefalls notwendige Versicherungsbedarf nicht bestanden, da eine Überversorgung vorgelegen habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte und die Verwaltungsakten der Beklagten, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig. Zur Begründung nimmt der Senat gemäß § 153 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die zutreffenden Ausführungen des SG Bezug. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist Folgendes anzumerken:
Die hier einschlägigen Regelungen des ab dem 01.01.2006 geltenden HVM sind rechtmäßig, sie stehen insbesondere in Einklang mit der Rechtsprechung des BSG zur Begrenzung des Honorarwachstums (vgl zB BSG 10.12.2003 - B 6 KA 54/02 R, juris, Rn 17; BSG 28.03.2007 - B 6 KA 10/06 R, juris, Rn 18). Die Auffassung der Klägerin, die vom BSG entwickelten Grundsätze seien nicht mehr sachgerecht, teilt der Senat, der sich in ständiger Rechtsprechung den vom BSG entwickelten Maßstäben angeschlossen hat, nicht.
Soweit sich die Klägerin auf die Regelung der Ziffer 5.1.9 Nr 4 der Anlage 1 zu § 3 HVM stützt, ist ihr entgegenzuhalten, dass diese Bestimmung nach ihrem eindeutigen Wortlaut vorliegend nicht eingreift, da es sich bei der Klägerin im hier maßgeblichen Quartal 4/2006 nicht um eine neu zugelassene Ärztin handelt. Auch eine analoge Anwendung der Bestimmung kommt nicht in Betracht. Aus dem Gesichtspunkt, dass die Beklagte bei der Gründung einer Berufsausübungsgemeinschaft der Klägerin mit Dr S zum 01.01.2009 die Regelungen der Verwaltungsvereinbarung für das Jahr 2009 angewandt hat, kann ein Anspruch auf Heranziehung der Bestimmung der Ziffer 5.1.9 Nr 4 der Anlage 1 zu § 3 HVM auf die Honorarfestsetzung der Klägerin für das Quartal 4/2006 nicht hergeleitet werden.
Schließlich liegt auch kein Härtefall vor. Nach dem HVM wird der Vorstand ermächtigt, in Härtefällen auf Antrag eine Änderung der Basiswerte (Grenzfallzahl und Leistungsbedarf des Vorjahresquartals) im Einvernehmen mit den Kassenverbänden vorzunehmen. Vorliegend hat der Vorstand bereits den Antrag der Klägerin auf Änderung des GLB vom 04.01.2007 mit bestandskräftigem Bescheid abgelehnt. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Frage der Anerkennung eines Härtefalles auch Gegenstand des vorliegenden Verfahrens war, ergäbe sich kein Anspruch der Klägerin, da ein Härtefall (vgl hierzu BSG 08.02.2006 - B 6 KA 25/05 R, juris, Rn 40 mwN; BSG 16.12.2009 - B 6 KA 13/09 B, juris Rn 11f) nicht vorliegt. Denn das Festhalten an der generellen Regelung führt nicht zu einer schweren Härte. Insbesondere ist nicht festzustellen, dass die Klägerin im hier streitigen Zeitraum in existenzielle Schwierigkeiten geraten ist und dass ein Versorgungsbedarf bestand.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Revisionszulassungsgründe nach § 160 Abs 2 SGG sind nicht gegeben.