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  • 23.02.2012 · IWW-Abrufnummer 120584

    Sozialgericht Marburg: Urteil vom 07.12.2011 – S 12 KA 854/10

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    S 12 KA 854/10

    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

    Tatbestand:

    Die Beteiligten streiten um die Festsetzungen des Honoraranspruchs für die Quartale III und IV/09 und hierbei um einen Abzug in Höhe von 5.265,83 EUR und 6.207,28 EUR, insgesamt von 11.473,11 EUR wegen der Nichterfüllung der Fortbildungspflicht nach § 95d SGB V.

    Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis mit zwei Fachärzten für Orthopädie, die zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt bereits vor dem Jahr 2004 zugelassen sind.

    Die Beklagte setzte mit Honorarbescheid vom 23.12.2009 das Gesamthonorar für das Quartal III/09 auf 119.245,60 EUR netto fest. Für den Primär- und Ersatzkassenbereich setzte sie das Bruttohonorar bei 1.486 Behandlungsfällen auf 120.209,83 EUR fest, wobei der Kürzungsbetrag wegen Nichterfüllung der Fortbildungspflicht 5.265,83 EUR betrug.

    Gegen die Kürzung wegen Nichterfüllung der Fortbildungspflicht legte die Klägerin am 22.03.2010 Widerspruch ein.

    Die Beklagte setzte mit Honorarbescheid vom 27.03.2010 das Gesamthonorar für das Quartal IV/09 auf 115.108,51 EUR netto fest. Für den Primär- und Ersatzkassenbereich setzte sie das Bruttohonorar bei 1.366 Behandlungsfällen auf 118.966,35 EUR fest, wobei der Kürzungsbetrag wegen Nichterfüllung der Fortbildungspflicht 6.207,28 EUR betrug.

    Gegen die Kürzung wegen Nichterfüllung der Fortbildungspflicht legte die Klägerin am 01.07.2010 Widerspruch ein.

    Zur Begründung ihrer Widersprüche trug die Klägerin vor, sie überreiche für Herrn Dr. TE in der Anlage einen Nachweis über das Fortbildungspunktekonto einschließlich der von ihm "verbuchten Veranstaltungen". Er habe im maßgeblichen Zeitraum seine Fortbildungspflichten entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen erfüllt.

    Auf Anfrage der Beklagten teilte die Landesärztekammer Hessen unter Datum vom 20.08.2010 mit, sie könne bestätigen, dass Herr Dr. TE im maßgeblichen Zeitraum bis zum 30.06.2009 mehr als 250 Fortbildungspunkte erworben habe. Der Nachweis darüber sei durch Einsendung von Teilnahmebescheinigungen mit Posteingang bei ihr am 06.11.2009 erfolgt.

    Die Beklagte verband beide Widerspruchsverfahren und wies mit Widerspruchsbescheid vom 27.10.2010 die Widersprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies sie auf die Fortbildungsverpflichtung nach § 95d SGB V. Bei Nichterfüllung der Fortbildungsverpflichtung sei sie verpflichtet, dass Honorar um 10 % für die ersten vier Quartale, die auf den 5-Jahre-Zeitraum folgten, um 10 % zu kürzen. Der Nachweis der 250 Fortbildungspunkte erfolge vorrangig über ein Zertifikat der Landesärztekammer bzw. Landespsychotherapeutenkammer oder über ein Zertifikat, das in Musterregelungen der Bundesärztekammer bzw. Bundespsychotherapeutenkammer entspreche. Die Fortbildungsverpflichtung sei grundsätzlich ohne Prüfung durch sie nachgewiesen, wenn der Vertragsarzt die Fortbildung durch ein Fortbildungszertifikat der Hessischen Landesärztekammer oder der Psychotherapeutenkammer belegen könne. Herr Dr. TE habe kein entsprechendes Kammerzertifikat bis zum Stichtag 30.06.2009 ihr gegenüber vorgelegt. In Hessen bestehe darüber hinaus die Möglichkeit, mittels eines elektronisch geführten Online-Punktekontos bei der Landesärztekammer den Stand der Fortbildungspunkte direkt an sie zu übermitteln und auf diese Weise einem Nachweis der Fortbildungsverpflichtung nachzukommen. Der auf diese Weise übermittelte Punktestand des Fortbildungskontos habe zum Stichtag 30.06. bzw. 30.09.2009 weniger als die notwendigen 250 Punkte betragen. Der übersandte Auszug aus dem Fortbildungspunktekonto weise mit Datum vom 21.04.2010 einen Stand von 468 Fortbildungspunkten aus. § 95d SGB V stelle ausschließlich auf den zu erbringenden Nachweis bzw. Beleg einer fachlichen Fortbildung ab, nicht jedoch auf den Zeitpunkt der Absolvierung der Fortbildungsveranstaltung. Im info.doc 1/2009 sei ebenfalls darauf hingewiesen worden, dass die gesammelten Fortbildungspunkte durch die Bescheinigung einer Landesärztekammer oder Psychotherapeutenkammer vorgelegt werden müssten und dass bereits die Versäumung dieses Nachweises zu einem Honorarabzug führen könne. Die von Dr. TE verspätet am 06.11.2009 verschickten Fortbildungsunterlagen, die letztlich den Punktestand auf über 250 Punkte hätten anheben können, seien nach dem 30.06.2009 bei der Landesärztekammer eingegangen und könnten somit für die Entscheidung einer Honorarkürzung im Honorarbescheid für das Quartal III/09 nicht mehr berücksichtigt werden. Die Dokumente seien weiterhin nach dem 30.09.2009 eingegangen, so dass deren Berücksichtigung auch für die Honorarkürzung der Abrechnung IV/09 nicht habe erfolgen können. Dies sei unabhängig von dem Zeitpunkt der erbrachten Fortbildungsmaßnahme, da der Nachweis hierzu nicht rechtzeitig eingereicht worden sei.

    Hiergegen hat die Klägerin am 16.11.2010 die Klage eingereicht. Sie trägt vor, die Ärztekammer habe auf Anfrage der Beklagten bestätigt, dass bis zum 30.06.2009 die erforderlichen 250 Punkte an Fortbildungen erreicht worden seien. § 95d SGB V knüpfe für die Erbringung des Nachweises nicht an eine bestimmte Frist, sondern verpflichte den Vertragsarzt, die Fortbildung innerhalb einer bestimmten Frist zu absolvieren. § 95d SGB V ziele auf Qualitätssicherung. Qualitätssicherung bedeute nicht fristgerechte Vorlage irgendwelcher Papiere, sondern Fortbildung innerhalb eines bestimmten Zeitraumes, um die Patienten an den Früchten der Fortbildung zu beteiligen. Die Beklagte sei nicht berechtigt, den Wortlaut des § 95d einschränkend auszulegend. Dies könne nicht mit einer Veröffentlichung im info.doc geschehen. Es gelte der strenge Gesetzesvorbehalt. Eine Rechtsgrundlage für Honorarkürzungen ergebe sich nicht aus § 95d Abs. 3 SGB V. Es liege kein "Säumnis" hinsichtlich der Fortbildung vor, sondern lediglich ein Säumnis was den Nachweis anbelange. Ihre Fallkonstellation regele das Gesetz nicht. Der Vertragsarzt habe seine Fortbildungspflicht tatsächlich erfüllt, den Nachweis aber erst nach dem Stichtag vorgelegt. Auch der Gesetzgeber stelle auf die Erfüllung der Fortbildungsverpflichtung ab, nicht auf den Nachweis. Es liege eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vor. Auf Grund des verspäteten Nachweises erfolge die gleiche Behandlung wie bei Personen, die ihrer Fortbildungspflicht nicht nachgekommen seien. Für eine solche Form der Sanktion bedürfe es einer eindeutigen Rechtsgrundlage, die zudem auch noch verhältnismäßig sein müsste.

    Die Klägerin beantragt,
    die Honorarbescheide für die Quartale III/09 und IV/09, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2010, insoweit aufzuheben, als darin jeweils ein "Kürzungsbetrag Fortbildungspflicht" in Höhe von 5.265,83 Euro bzw. 6.207,28 Euro festgesetzt wurde.

    Die Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    Sie trägt vor, sie sei ihrer Verpflichtung nachgekommen, mindestens drei Monate vor Ablauf der gesetzlichen Frist darauf hinzuweisen, dass ein fehlender Nachweis Honorarkürzungen zur Folge haben und bis zum Entzug der Zulassung führen könne. Sie habe den Quartalsabrechnungen für das Quartal III/08 ein entsprechendes Schreiben beigefügt. Dies habe auch die Klägerin erhalten. Darüber hinaus sei die Klägerin mit Schreiben vom 17.12.2008 gesondert über die Fortbildungsverpflichtung und den rechtzeitigen Nachweis sowie die mit nicht rechtzeitigen Nachweisen im Zusammenhang stehenden Sanktionen informiert worden. Die KBV habe mit Schreiben vom 01.04.2009 Empfehlungen zur Umsetzungen der Honorarkürzung an die Kassenärztlichen Vereinigungen übermittelt. Ihr Vorstand habe mit Datum vom 03.08.2009 beschlossen, den Empfehlungen der KBV zur Festlegung und Durchführung der Honorarkürzungen zu folgen und diese umzusetzen. Bei gemeinschaftlicher Berufsausübung beziehe sich die Befugnis zur Honorarkürzung nach der Gesetzbegründung nur auf das Honorar des Vertragsarztes, der den Fortbildungsnachweis nicht erbracht habe. Sie habe die Honoraranteile nach der LANR differenziert und nur das Honorar des Klägers um 10% gekürzt. Sie verweise auf die Arztrechnung. Ausweislich des Schreibens der Landesärztekammer Hessen habe Herr Dr. TE den Nachweis erst am 06.11.2009 bei der Landesärztekammer erbracht. Maßgeblich sei allein der rechtzeitige Nachweis der Fortbildungspunkte gegenüber der Landesärztekammer. Dies gehe auch bereits aus dem klaren Wortlaut des § 95d Abs. 1 Satz 3 SGB V hervor. Sie sei an die gesetzlichen Vorgaben gebunden. Ein Ermessen stehe ihr nicht zu. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass nicht der Nachweis, sondern allein die tatsächliche Erbringung der Fortbildungspunkte zum Stichtag maßgeblich sein sollte, hätte er nicht ausdrücklich den Nachweis gefordert. Die Ermächtigungsnorm für die Honorarkürzung sei in § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V zu finden. Ferner verweise sie auf die Regelung der KBV zur Fortbildungsverpflichtung. Eine Ungleichbehandlung liege nicht vor, da die Fortbildungsverpflichtung und der rechtzeitige Nachweis für alle Vertragsärzte gelten. Der Sachverhalt sei einheitlich, es sei jeweils nicht der Nachweis bis zum Stichtag erfolgt. Könnte der Nachweis beliebig lange geführt werden, würde dies zu erheblichen Rechtsunsicherheiten führen. Der Nachweis der Fortbildung erfolge gemäß § 2 Abs. 1 KBV-Regelung, wenn der Vertragsarzt die Fortbildung durch ein Fortbildungszertifikat der Ärztekammer nachweise. Erfolge der Nachweis also nicht durch ein Fortbildungszertifikat innerhalb des gesetzlich vorgeschriebenen Zeitraumes, sei die Rechtsfolge in § 95d Abs. 3 SGB V eine Honorarkürzung. Im Übrigen verweist sie auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid.

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe:

    Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).

    Die Klage ist zulässig, denn sie sind insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.

    Die Klage ist aber unbegründet. Die angefochtenen Honorarbescheide für die Quartale III/09 und IV/09 sind insoweit rechtmäßig, als darin jeweils ein "Kürzungsbetrag Fortbildungspflicht" in Höhe von 5.265,83 Euro bzw. 6.207,28 Euro festgesetzt wurde. Sie waren daher insoweit nicht aufzuheben. Die Klage war abzuweisen.

    Rechtsgrundlage für die Honorarkürzung ist § 95d Abs. 3 Satz 4 SGB V.

    Erbringt ein Vertragsarzt den Fortbildungsnachweis nicht oder nicht vollständig, ist die Kassenärztliche Vereinigung verpflichtet, das an ihn zu zahlende Honorar aus der Vergütung vertragsärztlicher Tätigkeit für die ersten vier Quartale, die auf den Fünfjahreszeitraum folgen, um 10 vom Hundert zu kürzen, ab dem darauf folgenden Quartal um 25 vom Hundert. Ein Vertragsarzt kann die für den Fünfjahreszeitraum festgelegte Fortbildung binnen zwei Jahren ganz oder teilweise nachholen; die nachgeholte Fortbildung wird auf den folgenden Fünfjahreszeitraum nicht angerechnet. Die Honorarkürzung endet nach Ablauf des Quartals, in dem der vollständige Fortbildungsnachweis erbracht wird (§ 95d Abs. 3 Satz 4 bis 6 SGB V). Der Vertragsarzt ist verpflichtet, sich in dem Umfang fachlich fortzubilden, wie es zur Erhaltung und Fortentwicklung der zu seiner Berufsausübung in der vertragsärztlichen Versorgung erforderlichen Fachkenntnisse notwendig ist (§ 95d Abs. 1 Satz 1 SGB V). Ein Vertragsarzt hat alle fünf Jahre gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung den Nachweis zu erbringen, dass er in dem zurückliegenden Fünfjahreszeitraum seiner Fortbildungspflicht nach Absatz 1 nachgekommen ist; für die Zeit des Ruhens der Zulassung ist die Frist unterbrochen. Endet die bisherige Zulassung infolge Wegzugs des Vertragsarztes aus dem Bezirk seines Vertragsarztsitzes, läuft die bisherige Frist weiter. Vertragsärzte, die am 30. Juni 2004 bereits zugelassen sind, haben den Nachweis nach Satz 1 erstmals bis zum 30. Juni 2009 zu erbringen (§ 95d Abs. 3 Satz 1 bis 3 SGB V).

    Nach diesen Vorschriften war die Klägerin verpflichtet, den Fortbildungsnachweis für alle Vertragsärzte bis zum 30.06.2009 zu erbringen. Dies hat sie für Herrn Dr. TE nicht getan. Dies ist zwischen den Beteiligten insoweit auch unstreitig. Herr Dr. TE hat zwar im maßgeblichen Zeitraum bis zum 30.06.2009 mehr als 250 Fortbildungspunkte erworben. Der Nachweis darüber ist aber erst durch Einsendung von Teilnahmebescheinigungen am 06.11.2009 gegenüber der Landesärztekammer erfolgt. Auch gegenüber der Beklagten ist zu einem früheren Zeitpunkt kein Nachweis erfolgt.

    Die gesetzliche Regelung stellt aber eindeutig auf den Nachweis ab. Das Gesetz ordnet ausdrücklich an, dass ein Vertragsarzt alle fünf Jahre gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung "den Nachweis zu erbringen" hat, dass er in dem zurückliegenden Fünfjahreszeitraum seiner Fortbildungspflicht nach Absatz 1 nachgekommen ist (§ 95d Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V). Der "Nachweis", nicht lediglich die Erfüllung der Fortbildungspflicht, ist erstmals bis zum 30. Juni 2009 zu erbringen (§ 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V). Folgerichtig knüpft das Gesetz insbesondere auch die Verpflichtung der Kassenärztlichen Vereinigung zur Honorarkürzung an den fehlenden Nachweis. Die Verpflichtung der Kassenärztlichen Vereinigung zur Honorarkürzung besteht dann, wenn ein Vertragsarzt den "Fortbildungsnachweis" nicht oder nicht vollständig erbringt (§ 95d Abs. 3 Satz 4 SGB V). Die Honorarkürzung endet erst nach Erbringung des "vollständigen Fortbildungsnachweises" (§ 95d Abs. 3 Satz 6 SGB V). Die Möglichkeit zur Zulassungsentziehung knüpft ebf. an den fehlenden Fortbildungsnachweis an (§ 95d Abs. 3 Satz 7 und 8 SGB V). Entsprechend stellen auch die Regelungen für angestellte Ärzte auf den Fortbildungsnachweis ab (§ 95d Abs. 5 Satz 2 und 6 SGB V).

    Die gesetzliche Regelung ist auch verfassungsgemäß. Der Gesetzgeber ist befugt, die Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG zu regeln (vgl. bereits SG Marburg, Urt. v. 23.03.2011 - S 12 KA 695/10 -).

    Der Umfang der Fortbildungsverpflichtung ist nicht unverhältnismäßig. Hierfür sieht das Gesetz einen Fünfjahreszeitraum vor. Nach den auf der Grundlage des § 95d Abs. 6 SGB V ergangenen Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (im Folgenden: KBV-RL) sind im Fünfjahreszeitraum 250 Fortbildungspunkte nachzuweisen (§ 1 Abs. 3 KBV-RL). Die Fortbildungssatzung der Landesärztekammer Hessen (Stand: 01.06.2008) (zitiert nach: http://www.laekh.de/upload/Rechtsquellen/Fortbildungssatzung.pdf) sieht einen Bewertungskatalog der Fortbildungsmaßnahmen vor, wonach die Fortbildungsmaßnahmen mit Punkten bewertet werden. Grundeinheit ist eine 45-minütige Fortbildungseinheit, die mit einem Punkt bei maximal acht Punkten pro Tag bewertet wird. Selbststudium durch Fachliteratur und bücher sowie Lehrmittel werden mit höchstens 50 Punkten für fünf Jahre anerkannt. Es gibt acht Kategorien von Fortbildungsmaßnahmen, die beliebig kombiniert werden können, wobei für das Selbststudium (Kategorie E) höchstens 50 Punkte für fünf Jahre anerkannt werden (vgl. im Einzelnen § 8 der Fortbildungssatzung). Neben dem Selbststudium müssen damit 40 weitere Punkte durchschnittlich im Jahr erreicht werden, also etwa durch 20 zweistündige Vorträge oder durch den Besuch von fünf Tagesveranstaltungen, mehrtägige Kongressbesuche werden mit sechs Punkten pro Tag angerechnet.

    Nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll die Pflicht zur fachlichen Fortbildung der Vertragsärzte eine Gesetzeslücke schließen, da bisher eine generelle vertragsärztliche Pflicht, den Nachweis über die Übereinstimmung des eigenen Kenntnisstandes mit dem aktuellen medizinischen Wissen zu erbringen, nicht bestanden habe. Sie diene der Absicherung der qualitätsgesicherten ambulanten Behandlung der Versicherten. Der Gesetzgeber beruft sich dabei auf Feststellungen des Sachverständigenrats für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen in dessen Gutachten 2000/2001. Danach veränderten sich die Auffassungen von und die Anforderungen an die "gute ärztliche Praxis" deutlich innerhalb weniger Jahre. Umso gravierender seien die Mängel im Fortbildungsangebot, in der Inanspruchnahme, in der Förderung und verpflichtenden Regelung der ärztlichen Fortbildung zu betrachten. Zu kritisieren seien eine häufig unzureichende Praxisrelevanz, die Vernachlässigung praktischer und interpersoneller Kompetenzen sowie eine eingeschränkte Glaubwürdigkeit vieler Angebote durch mangelnde Neutralität oder Transparentmachung der Qualität der angeführten Evidenz. Darüber hinaus sei zu bemängeln, dass die Fortbildung ihre Funktion des Forschungstransfers zu langsam und zu unkritisch erfüllt habe. Als Maßnahme der Qualitätssicherung sei die Kompetenz des Bundesgesetzgebers nach Artikel 74 Abs. 1 Nr. 12 GG gegeben (vgl. BT-Drs. 15/1525, S. 109).

    Der Gesetzgeber kann auch die Honorarkürzung an den Nachweis der Fortbildung knüpfen. Dies ist gleichfalls nicht unverhältnismäßig. Letztlich handelt es sich um eine bloße Fristenregelung. Die Fortbildung und der Nachweis darüber liegen allein in der Sphäre des Vertragsarztes. Er allein weiß, welche Fortbildungen er absolviert hat und wer ihm hierüber einen Nachweis ausstellen kann. Mit der Stichtagsregelung nach einem Zeitraum von fünf Jahren weiß der Vertragsarzt, wann der Nachweis erbracht sein muss. Hat er die Fortbildung absolviert, so ist es kein wesentlich erhöhter Aufwand, die Nachweise rechtzeitig einzureichen. Dies entspricht auch allgemeinen vertragsarztrechtlichen Grundsätzen, wonach vor Behandlungsbeginn nicht nur die Voraussetzungen zur vertragsärztlichen Behandlung erfüllt sein müssen, sondern auch eine Zulassung oder Genehmigung aufgrund der nachgewiesenen Qualifikation vorliegen müssen. Zulassungen und Genehmigungen können als Status- bzw. statusähnliche Verwaltungsakte nicht rückwirkend erteilt werden.

    Die Berechtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung kann, auch soweit sie sich nur auf bestimmte Bereiche oder Leistungen der ambulanten Versorgung erstreckt, nicht rückwirkend zuerkannt bzw. in Kraft gesetzt werden. Die Unzulässigkeit rückwirkender Statusbegründungen ergibt sich aus dem System des Vertragsarztrechts, das nach wie vor durch das Naturalleistungsprinzip in Verbindung mit der Beschränkung der Leistungserbringung auf einen umgrenzten Kreis dafür qualifizierter Leistungserbringer geprägt ist. Mit dieser Beschränkung ist verbunden, dass diesen die Berechtigung zur Erbringung von Leistungen - abgesehen von Notfällen - förmlich zuerkannt worden sein muss. Dies gilt für alle Arten der Statusbegründung im Vertragsarztrecht, also für Zulassungen von Vertragsärzten, für Ermächtigungen von Krankenhausärzten wie auch für Genehmigungen zur Anstellung von Ärzten und ebenso für weitere - nicht auf der Ebene des Status angesiedelte - Genehmigungen. Denn zum Schutz aller zur Leistungserbringung Berechtigter und aus ihr Verpflichteter und insbesondere zum Schutz der Versicherten muss zu Beginn einer vertragsärztlichen Behandlung feststehen, ob die zu erbringenden Leistungen innerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung durchgeführt werden oder als privatärztliche Leistungen anzusehen und zu vergüten sind (vgl. zuletzt BSG, Urt. v. 11.03.2009 B 6 KA 15/08 – SozR 4-2500 § 96 Nr. 11 = GesR 2009, 534 = MedR 2010, 128 = ZMGR 2009, 303 = KHR 2009, 172 = USK 2009-38 = Breith 2010, 21 = PFB 2009, 144, juris Rdnr. 15 f.).

    Soweit der Gesetzgeber für die Erfüllung der Fortbildungspflicht auf einen förmlichen feststellenden – Verwaltungsakt verzichtet, sondern es bei einem bloßen Nachweis belässt, kommt es aber auf den Nachweis bis zum Stichtag entscheidend an. Systematische handelt es sich bei der Fortbildungspflicht um eine Qualitätssicherungsmaßnahme. Die Qualitätssicherung wird aber nach der gesetzlichen Regelung erst durch den Nachweis erfüllt. Hierfür gibt es weder eine rückwirkende Wirkung noch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Insofern handelt es sich bei der Stichtagsregelung in § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V um eine gesetzliche Ausschlussfrist.

    Hinzu kommt, dass die von der KBV erlassenen Verfahrensregelungen eine Hinweispflicht beinhalten. Die Fortbildungsverpflichtung für Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten nach § 95d SGB V vom 16.09.2004, DÄ 2005, A 306 f. (im Folgenden: FortbRL-Ä) sieht vor, dass mindestens drei Monate vor Ablauf des Fünfjahreszeitraums ein Hinweis erfolgen muss, dass die Versäumnis der Frist mit einer Honorarkürzung verbunden ist. Das weitere Verfahren soll die Kassenärztliche Vereinigung regeln (§ 4 FortbRL-Ä). Ferner soll der Arzt bei fehlendem Nachweis auf die Möglichkeit der Nachholung und das drohende Entziehungsverfahren hingewiesen werden (§ 5 FortbRL-Ä). Daneben soll auf freiwilliger Grundlage der Landeskammern bei ihnen ein Fortbildungskonto geführt und eine Übermittlung der Daten an die Kassenärztliche Vereinigung vereinbart werden (vgl. Mitteilungen, DÄ 2005, A 306).

    Die Beklagte hat den Kläger wiederholt auf die Nachweispflicht hingewiesen. Sie hat mit der Quartalsabrechnung für das Quartal III/09 dem Schreiben unter Datum vom 09.03.2011 ein einseitiges Blatt mit der Überschrift "Fristablauf zum Fortbildungsnachweis" beigefügt, in dem sie auch darauf hingewiesen hat, dass das Honorar aus der Vergütung vertragsärztlicher Tätigkeit gekürzt wird und der erste 5 Jahres-Zeitraum zum Nachweis am 30.06.2009 endet. Ausdrücklich hat sie darin aufgefordert, das Fortbildungspunktekonto zu kontrollieren und hat hierzu die web-Adrersse der Landesärztekammer angegeben. Ferner hat sie auf das von ihr eingerichtete Kompetenzzentrum Fortbildung hingewiesen. Bereits mit Schreiben vom 17.12.2008 hat die Beklagte alle Vertragsärzte über die Fortbildungsverpflichtung nach § 95d SGB V und die Nachweispflicht sowie die Honorarkürzungsmaßnahmen hingewiesen

    Bei der gesetzlichen Regelung zur Erbringung des Nachweises bis zum 30.06.2009 handelt es sich damit um eine gesetzliche Ausschlussfrist. Bereits von daher besteht kein Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

    Nach § 27 Abs. 1 SGB X ist, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen. Die Wiedereinsetzung ist nach § 27 Abs. 5 SGB X unzulässig, wenn sich aus einer Rechtsvorschrift ergibt, dass sie ausgeschlossen ist. Dieser Ausschluss erfolgt nicht nur in Fällen, in denen ausdrücklich bestimmt ist, "die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist ausgeschlossen" oder eine ähnliche Wortwahl gebraucht wird (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 16.02.2011 - L 3 AL 2195/10 - juris Rdnr. 23). Der Ausschluss kann sich auch durch Auslegung der Norm ergeben (vgl. BSG, Urt. v. 06.05.2010 - B 13 R 44/09 R - SozR 4-1200 § 14 Nr. 13 = Breith 2011, 237 = NZS 2011, 342, juris Rn. 21 m.w.N.).

    Selbst wenn aber davon auszugehen wäre, dass grundsätzlich eine Wiedereinsetzungsmöglichkeit besteht, so erfüllt die Klägerin die Voraussetzungen hierfür nicht.

    Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass sie die Nachweisfrist ohne Verschulden versäumt hat. Soweit Herr Dr. TE in der mündlichen Verhandlung nochmals auf seine allgemeine familiäre und berufliche Belastungssituation hingewiesen hat, so wird damit nicht dargelegt, weshalb er nicht rechtzeitig in der Lage war, sein Fortbildungspunktestand abzufragen und ggf. die Unterlagen nachzureichen. Herr Dr. TE, der im gesamten Jahr 2009 seinen beruflichen Verpflichtungen nachgekommen ist, hätte sich entsprechend auch um den Nachweis seiner Fortbildung kümmern können. Insofern hat der Kläger für sich aus eigener Entscheidung andere Prioritäten gesetzt, deren Konsequenzen er nunmehr auch zu tragen hat. Wiedereinsetzungsgründe werden damit nicht dargelegt.

    Hinzu kommt, dass der Antrag innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen ist. Die Tatsachen zur Begründung des Antrages sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden (§ 27 Abs. 2 SGB X). Auch hierzu fehlt es an einem substantioierten Vortrag der Klägerin.

    Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

    RechtsgebietSGBVorschriften§ 95d SGB 5, § 27 SGB 10