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  • · Fachbeitrag · Berufsrecht

    Vorsicht bei Gefälligkeitsattest!

    von Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht Sören Kleinke,Kanzlei am Ärztehaus, Münster, www.kanzlei-am-aerztehaus.de

    | Für Ärzte, die Atteste ausstellen, gilt ganz besonders die in § 25 (Muster-)Berufsordnung-Ärzte (MBO-Ä) bestehende Pflicht, bei der Ausstellung von ärztlichen Gutachten und Zeugnissen sorgfältig und nach bestem Wissen der ärztlichen Überzeugung zu verfahren. Gefälligkeitsatteste gehören auch dazu. Das Berufsgericht für Heilberufe bei dem Verwaltungsgericht Gießen hat daher hart bei einer Ärztin durchgegriffen ( Urteil vom 15.2.2011, Az: 21 K 1582/10 .GI.B, Abruf-Nr. 111489 ).|

    Der Sachverhalt

    Eine Fachärztin für Neurologie hatte über eine Mutter, die sie nie untersucht oder gesehen hatte, ein Attest ausgestellt, das ihr die Fähigkeit zur Kindererziehung in Abrede stellte. Zuvor war in der Praxis der geschiedene Ehemann und Vater erschienen, der eine Behandlung wünschte. In den sich anschließenden zwei bis drei Terminen kam es zu Gesprächen, in denen der Vater über Probleme bezüglich der Verarbeitung der Scheidungsfolgen berichtete und ein Gutachten vorlegte, das im Rahmen des Sorgerechtsstreits über ihn und seine geschiedene Frau erstellt worden war. Auf Wunsch des Vaters stellte die beschuldigte Ärztin diesem ein Attest aus, wonach seine geschiedene Ehefrau nicht in der Lage erscheine, ihre mütterlichen Aufgaben zu erfüllen.

    Die Entscheidung

    Das Gericht verurteilte die Fachärztin unter Erteilung eines Verweises zu einer Geldbuße von 500 Euro. Nach Ansicht der Richter hat die Ärztin gegen ihre Pflicht zur gewissenhaften Berufsausübung verstoßen, indem sie bei der Ausstellung des Attests nicht mit der notwendigen Sorgfalt und nach bestem Wissen ihrer ärztlichen Überzeugung gehandelt habe. Die nach § 25 MBO-Ä auferlegte Sorgfaltspflicht beinhalte die Pflicht einer nachvollziehbaren und transparenten Darstellung dessen, was dem Leser des Attests vermittelt werden solle. Es müsse erkennbar sein, auf welchem Weg der Aussteller des Attestes zu seinem Ergebnis gelangt sei. Die Aussage einer Fachärztin für Nervenheilkunde zur mangelnden Erziehungsfähigkeit eines Elternteils - ohne dieses persönlich gesehen zu haben - allein aufgrund willkürlich herausgegriffener Passagen eines anderen Gutachtens, verstoße gegen diese Plicht.

     

    Praxishinweis |

    Bei der Ausstellung von Attesten sollten nur Umstände attestiert werden, die der Arzt zuvor persönlich wahrgenommen und festgestellt hat. Wünsche von Angehörigen oder Verwandten sollten zwar ernst genommen werden, aber es sollte deutlich mitgeteilt werden, dass Ihnen aufgrund der Berufsordnung hier die Hände gebunden sind und Sie mit erheblichen strafrechtlichen Folgen rechnen müssen.

     
    Quelle: Ausgabe 07 / 2011 | Seite 15 | ID 27916640