· Fachbeitrag · Haftungsrecht
Haftet der Praxisinhaber für seinen Vertreter?
von Rechtsanwalt Till Sebastian Wipperfürth, LL.M., D+B Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Berlin, www.db-law.de
| Sommerzeit ist Urlaubszeit. Und damit Hauptsaison der Praxisvertretungen. Aber wer haftet eigentlich, wenn dem Vertreter während der Abwesenheit des Praxisinhabers ein Behandlungsfehler unterläuft? Für eigene Behandlungsfehler haftet der Vertreter stets persönlich aus unerlaubter Handlung (§ 823 BGB). Ob daneben auch der Praxisinhaber in Anspruch genommen werden kann, hängt entscheidend davon ab, wie dieser seine Vertretung organisiert. |
Kollegiale Vertretung: Keine Haftung des vertretenen Arztes
Unter haftungsrechtlichen Gesichtspunkten unproblematisch ist die kollegiale Vertretung (§ 20 Abs. 1 Musterberufsordnung der Ärzte). Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass der niedergelassene Arzt die Praxis während seiner Abwesenheit schließt und eine andere Praxis die Patientenversorgung übernimmt. Hierüber muss der Praxisinhaber seine Patienten auf geeignete Weise informieren (z. B. durch Aushang, Ansage auf dem Anrufbeantworter, Hinweis auf der Praxiswebsite). Die Behandlung findet in der Praxis des Vertreters statt, der einen eigenen Behandlungsvertrag mit dem Patienten abschließt. Behandelt der Vertreter GKV-Patienten, kennzeichnet er die von ihm erbrachten Leistungen mit seiner LANR und BSNR und rechnet diese unter Verwendung des Vertretungsscheins (Muster 19) gegenüber der KV ab. Im Falle einer fehlerhaften Behandlung haftet ausschließlich der Vertreter. Schadenersatzansprüche gegen den abwesenden Arzt stehen dem Patienten dagegen nicht zu.
Praxisinhaber haftet bei Vertretung in seiner Praxis
Anders sieht es aus, wenn sich der Praxisinhaber in seiner Praxis vertreten lässt, die Behandlung also in den eigenen Praxisräumen erfolgt. In diesem Fall kommt der Behandlungsvertrag mit dem abwesenden Praxisinhaber zustande. Der Vertreter wird als sogenannter Erfüllungsgehilfe (§ 278 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) für den Praxisinhaber tätig. Eine Vertragsbeziehung zwischen Patient und Vertreter besteht nicht. Die Leistungen des Vertreters rechnet der Praxisinhaber als eigene Leistungen mit seiner LANR/BSNR ab; dies selbst dann, wenn der Vertreter eine eigene LANR besitzt. Hieraus folgt, dass der Praxisinhaber für eine fehlerhafte Behandlung des Vertreters unmittelbar aus dem Behandlungsvertrag haftet. Das vorsätzliche oder fahrlässige Fehlverhalten des Vertreters wird ihm dabei als eigenes zugerechnet. Daneben haftet der Praxisinhaber deliktisch für seinen Vertreter, der nach der Rechtsprechung Verrichtungsgehilfe im Sinne von § 831 BGB ist (Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 10.03.2009, Az. VI ZR 39/08). Von der deliktischen Haftung kann sich der Praxisinhaber befreien, wenn er nachweisen kann, dass er den Vertreter sorgfältig ausgewählt hat.
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