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  • · Fachbeitrag · Termintreue

    Terminabsagen minimieren: Pfandsystem vs. Ausfallgebühren in der Arztpraxis

    von Rechtsanwältin, Fachanwältin für MedizinR Prof. Dr. Birgit Schröder, Hamburg

    | Aus immer mehr Praxen wird berichtet, dass es um die Termintreue zunehmend schlechter bestellt ist. Termine werden teilweise sehr kurzfristig, oft genug auch gar nicht abgesagt. Die „No-Shows“ sind für eine Arztpraxis ärgerlich, weil sie die Abläufe stören und zudem Geld kosten. Wie können Praxen vorgehen, um Terminausfälle zu minimieren? Es gibt Praxen, die ein Pfandsystem eingeführt haben. Ob darin Vorteile gegenüber einer Ausfallgebühr liegen und was dabei zu beachten ist, skizziert dieser Beitrag. |

    Zum Pfandrecht und der Umsetzung in einer Arztpraxis

    Einige Praxen verlangen ein Pfand für Termine, beispielsweise in Höhe von 50 Euro. Diese Summe wird zurückgezahlt, wenn ein vereinbarter Termin wahrgenommen wurde. Was zunächst ungewöhnlich oder gar befremdlich sein mag, reiht sich in die Diskussion über Ausfallhonorare oder Ausfallgebühren ein. Unter Pfand versteht man zunächst einmal ganz allgemein Rechtsobjekte, die dem Gläubiger als Sicherheit für seine Forderung zur Verfügung gestellt werden. Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) gibt es eine Legaldefinition.

     

    •  § 1204 Abs. 1 BGB

    „Eine bewegliche Sache kann zur Sicherung einer Forderung in der Weise belastet werden, dass der Gläubiger berechtigt ist, Befriedigung aus der Sache zu suchen (Pfandrecht).“

     

    Weiter wird geregelt, dass das Pfandrecht auch für eine künftige oder eine bedingte Forderung bestellt werden kann.

     

    Arztpraxen beschäftigen sich immer öfter mit der Frage, wie sie trotz der Terminabsagen oder -ausfälle einen geordneten Praxisablauf sicherstellen können. Es gibt keine Rechtsgrundlage für die Einführung eines Pfandsystems in Arztpraxen. Das bedeutet, dass es damit auch nicht ausdrücklich unzulässig sein dürfte. Soll ein Pfandsystem eingeführt werden, bedarf es zur Transparenz einer Vereinbarung.

    Entscheidungsfaktoren für ein Pfandsystem

    Jede Praxis wird eine ganz individuelle Entscheidung treffen müssen, ob eine Einführung sinnvoll ist. Wie das Ergebnis ausfällt, kann u. a. davon abhängen,

    • ob die Praxis viele kurzfristige Absagen zu verzeichnen hat,
    • wie Mitbewerber am Markt mit Ausfällen umgehen,
    • ob Termine „nachbesetzt“ werden können oder
    • ob es bestimmte Patientengruppen gibt, die auffällig oft Termine absagen.

     

    Dahinter steht der Gedanke, dass damit zunächst einmal das Bewusstsein für Termintreue geschaffen werden soll. Damit ist idealerweise auch eine gewisse „Drohung“ verbunden, um Patienten zu „erziehen“. Die Sorge, damit Patienten zu verschrecken, ist verständlich. Das gilt umso mehr, als Pfandsysteme deutlich weniger verbreitet sind als Ausfallgebühren. Gerade in Ballungszentren nimmt die Einführung allerdings zu.

    Anforderungen an die Vereinbarung für ein Pfandsystem

    Voraussetzung ist die schriftliche Vereinbarung. Auf rein mündliche Vereinbarungen sollte möglichst verzichtet werden. Wichtig ist, die Patienten gleich zu Beginn eines Behandlungsverhältnisses darauf hinzuweisen, dass es sich um eine Bestellpraxis handelt. Das bedeutet, dass Termine fest vereinbart werden, die einen geordneten Praxisablauf sicherstellen. Patientenseitig bedeutet es, dass damit Wartezeiten vermieden oder wenigstens deutlich reduziert werden können. Das System kann indes nur bei Termintreue funktionieren. D. h., bei Verhinderung erfolgt so schnell wie möglich eine Absage. Sollte das nicht möglich sein, etwa bei einem Unfall oder einer schweren Erkrankung, kann kulanzweise eine Ausnahme gemacht werden. Hintergrund ist, dass nur in diesen Fällen Patienten in Annahmeverzug geraten (§ 615 BGB). Die Höhe des Pfandbetrags wird in der Regel eine Pauschale sein. Bei der Festlegung wird zu berücksichtigen sein, dass ‒ wie bei der Ausfallgebühr ‒ keine Berechnungsgrundlage existiert. Insofern könnte ein ähnlicher Ansatz gewählt werden. Als Grundlage können die durchschnittlichen Einnahmen während der Dauer des vereinbarten Termins dienen.

    Inhalte einer „Pfand-Vereinbarung“

    Ist die Entscheidung für ein Pfandsystem getroffen, geht es auch um die Inalte einer entsprechenden Vereinbarung. Diese sollte folgende Punkte enthalten:

    • Der Patient sollte wissen, dass der Termin nur für ihn freigehalten wird.
    • Es braucht eine klare Regelung, bis wann (beispielsweise 24 Stunden vorher) und wie (beispielsweise Telefon, Fax, E-Mail) die Absage zu erfolgen hat.
    • Die Höhe des Pfandbetrags muss in Euro festgelegt werden.
    • Die Vereinbarung ist mit dem Patienten schriftlich zu schließen und zu unterzeichnen.
    • Der Patient erhält eine Kopie für seine Unterlagen (eine Kopie sollte auch dann an den Patienten ausgehändigt werden, wenn dieses abgelehnt wird).

     

    FAZIT | Ein Pfandsystem mag zunächst attraktiv erscheinen, allerdings ist ein echter Vorteil gegenüber der Ausfallgebühr (siehe hierzu auch AAA 07/2023, Seite 11) nicht erkennbar. Die Erfahrung zeigt: Allein schon die Vereinbarung eines Ausfallhonorars schafft Verbindlichkeit. Das gilt im Grundsatz ebenso für ein Pfandsystem. Sollte es bei einem Ausfallhonorar dazu kommen, dass ein Termin nicht eingehalten wird, kann immer noch entschieden werden, ob das Ausfallhonorar verlangt wird oder nicht, sofern eine entsprechende Vereinbarung geschlossen wurde. Diese Flexibilität fehlt bei einem Pfandsystem. Denn in diesem Fall wird das Pfand einbehalten. Praxen sollten sich also genau überlegen, ob die Einführung eines Pfandsystems ein sinnvoller Weg für mehr Termintreue sein kann. Dabei sollte vor allem bedacht werden, dass es deutlich weniger flexibel ist.

     
    Quelle: ID 49670696