· Fachbeitrag · Verordnung/Vertragsarztrecht
Überschreitung der Dosierungshöchstmenge: Arzneimittelregress droht (noch immer)
von Rechtsanwalt Tim Hesse, Kanzlei am Ärztehaus, Dortmund/Münster, kanzlei-am-aerztehaus.de
| Bei einer Arzneimittelverordnung, die die rechtlichen Dosierungshöchstmengen überschreitent und die insbesondere im Einzelfall weder gemäß § 2 Abs. 2 Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtMVV) noch aufgrund einer Erfüllung der Voraussetzungen eines „Off Label-Use“ ausnahmsweise zulässig ist, handelt es sich um eine unwirtschaftliche Versorgung. Diese Verordnung rechtfertigt dann grundsätzlich einen Arzneimittelregress. Wie das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg bestätigte, berührt die Abschaffung de Höchstmengen die Anforderungen an die Verordnungsbegründung nicht (Urteil vom 29.03.2023, Az. L 7 KA 62/19). |
Der Fall
Ein Praktischer Arzt mit der Zusatzbezeichnung Sportmedizin behandelte eine gesetzlich versicherte ehemals alkoholkranke Patientin schmerztherapeutisch. Die Patientin litt beispielsweise unter einem chronischen muskuloskelettalen Schmerzsyndrom lumbal und nuchal mit distoproximaler Generalisation nach Janda sowie unter chronischem Kopfschmerz. Der Arzt verordnete die mehrmals tägliche Einnahme einer oder mehrerer Tabletten des zur Behandlung starker Schmerzen zugelassenen Arzneimittels Jurnista mit dem in retardierter Form ‒ schrittweise über 24 Stunden ‒ im Körper freigesetzten Wirkstoff Hydromorphonhydrochlorid.
In den für das Medikament geltenden Fachinformationen hieß es, Jurnista dürfe nicht öfter als einmal in 24 Stunden eingenommen werden. Unter der Überschrift „ergänzende Schmerzmedikation“ wurde aufgeführt, bei allen Patienten mit chronischen Schmerzen könne zusätzlich zu der einmal täglichen Einnahme bei Durchbruchschmerzen eine ergänzende Schmerzmedikation in Form von Präparaten mit sofortiger Wirkstofffreisetzung gegeben werden.
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