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  • · Vertragsarztrecht

    EBM-Nr. 01430: Für den „Verwaltungskomplex“ bedarf es keines Arzt-Patienten-Kontakts

    Bild: © contrastwerkstatt - stock.adobe.com

    von Rechtsanwältin Dr. Sophia Gluth, Berlin, db-law.de

    | Sachlich-rechnerische Richtigstellungen der KV, bei denen die EBM-Nr. 01430 (hier in der Variante des „Ausstellens von Überweisungsscheinen ohne persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt“) mit der Begründung gestrichen wird, dass die Patienten dem in Anspruch genommenen Arzt „nicht bekannt“ gewesen seien, sind rechtswidrig. Ein über den Wortlaut des EBM hinausgehendes Erfordernis, dass es ‒ zu irgendeinem Zeitpunkt ‒ einen persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt (APK) gegeben haben und in dem Sinne der Patient dem Arzt bekannt sein müsse, kennt der EBM nicht (Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.10.2024, Az. S 5 KA 2096/19). |

     

    Sachverhalt

    Ein MVZ wehrte sich gegen Neufestsetzungen von Honorarbescheiden für ihren Facharzt (Dr. H.). Die beklagte KV hatte nach sachlich-rechnerischen „Richtigstellungen“ alle Fälle, bei denen Dr. H. lediglich die EBM-Nr. 01430 abgerechnet hatte, gestrichen. Patienten hätten gezielt nur für die Ausstellung einer dem Ermächtigungsumfang entsprechenden Überweisung an die ermächtigten Ärzte des in direkter Nachbarschaft befindlichen Krankenhauses das MVZ aufgesucht. Dr. H. fungiere nur pro forma als Überweiser, so die KV. Nach Auffassung der KV sei eine Weiterleitung der betreffenden Patienten nur dann möglich, wenn der Überweiser die Notwendigkeit diagnostischer oder therapeutischer Leistungen, die über die Möglichkeiten des Fachgebiets oder der Praxis hinausgingen, festgestellt habe. Dies setze allerdings voraus, dass dem Arzt der Patient bekannt sei.

     

    Entscheidungsgründe

    Das Gericht gab der Klage statt. Die in Rede stehende EBM-Position der Ausstellung von Überweisungsscheinen ohne persönlichen APK setze nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut allein die Ausstellung von Überweisungsscheinen voraus. Weder aus der Norm des EBM noch aus anderen Vorschriften lasse sich das Erfordernis eines persönlichen APK ableiten. Dabei betonte das Gericht die besondere Bedeutung des Wortlauts bei der Auslegung des EBM. Der EBM sei eine abschließende Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw. Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulasse. Raum für systematische Interpretationen oder entstehungsgeschichtliche Auslegungen gäbe es nur in dem Ausnahmefall unklarer oder mehrdeutiger Regelungen.

     

    FAZIT | Das Gericht hat die KV bei ihren Versuchen, den Wortlaut des EBM zu erweitern und diesen zu „korrigieren“, in ihre Schranken verwiesen. Die Aufgabe der Klarstellung und Konkretisierung liege beim Normgeber des EBM. Die Bedeutung des EBM in seiner Funktion des vertraglichen Interessenausgleichs zwischen Ärzten und Krankenkassen wird gestärkt. Diese Funktion kann er freilich nur erfüllen, wenn er auch bedeutet, was er sagt. Vertragsärzte dürfen sich also, sofern nicht evidente Unklarheiten bestehen, weiter auf den Wortlaut des EBM verlassen.

     
    Quelle: Ausgabe 04 / 2025 | Seite 12 | ID 50358665