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  • · Fachbeitrag · Vertragsarztrecht

    MVZ-Abrechnung: So gehen Sie bei zeitweiliger Verhinderung der ärztlichen Leitung vor

    von Rechtsanwältin, Fachanwältin für Medizinrecht Taisija Taksijan LL.M., Hamburg, legal-point.de

    | Die Honorarsammelerklärung ist zwingend von der ärztlichen Leitung des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) zu unterschreiben, wenn es der Honorarverteilungsmaßstab (HVM) so vorschreibt. Die Unterschrift kann nicht von der Geschäftsführung der MVZ-Trägerin ersetzt werden. Ohne die Unterschrift wird das komplette Quartalshonorar gestrichen. Das musste ein MZV erfahren, das vor dem Bundessozialgericht (BSG) unterlag (Urteil vom 13.12.2023, Az. B 6 KA 15/22 R; AAA 05/2024, Seite 11 ). Inzwischen hat das höchste deutsche Sozialgericht die lang ersehnten Urteilsgründe veröffentlicht. Daraus ergeben sich Empfehlungen, wie ein MZV bei zeitweiliger Verhinderung der ärztlichen Leitung vorgehen sollte. |

    Hintergrund: Ohne ärztliche Leitung droht Zulassungsentzug

    Die ärztliche Leitung ist für die Zulassung und den Betrieb eines MVZ unabdingbar. Fehlt die ärztliche Leitung, droht dem MVZ die sofortige Entziehung der Zulassung. Beides ergibt sich eindeutig aus § 95 Sozialgesetzbuch (SGB) V. Das Gesetz regelt jedoch nicht, welche konkreten Aufgaben die ärztliche Leitung zu erfüllen hat.

     

    Die o. g. Entscheidung des BSG betrifft grundsätzlich jedes MVZ. Sie trifft aber insbesondere größere MVZ-Einheiten, die als GmbH firmieren und in denen die ärztliche und die kaufmännische Leitung auseinanderfallen. Letztere vertritt die GmbH regelmäßig nach außen nach gesellschaftsrechtlichen Regelungen (§ 35 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung [GmbHG]).

    Ohne die Unterschrift der ärztlichen Leitung droht vollständige Honorarkürzung

    Das BSG bestätigte das Urteil der Vorinstanz, wonach die gesamten Honorare wegen der fehlenden Unterschrift der ärztlichen Leitung auf der Sammelerklärung zu kürzen waren. Die Unterschrift der ärztlichen Leitung könne als Voraussetzung für die Auszahlung des Honorars gefordert werden (AAA 05/2024, Seite 11). In den Urteilsgründen führte das BSG insbesondere aus, dass auch ohne eine explizite Regelung im HVM das Fehlen einer Unterschrift oder die Unterschrift einer unzuständigen Person unter der Abrechnungssammelerklärung zur Honorarkürzung führen könne:

     

    • Ein MVZ-Träger benötige für die Erstellung einer Sammelerklärung stets den ärztlichen Sachverstand und Einblick in die medizinischen Abläufe im Betrieb. Über die für die Überprüfung der Angaben in der Sammelerklärung erforderliche Fachkompetenz verfüge nicht der nicht ärztliche Geschäftsführer eines MVZ, sondern die Ärzte. Der HVM könne aber auch regeln, dass der vertretungsberechtigte Geschäftsführer des MVZ-Trägers selbst die Sammelerklärung abgeben und unterzeichnen soll.

     

    • Weiter ergibt sich aus den Urteilsgründen die Klarstellung, dass bei einer zeitweisen Verhinderung des ärztlichen Leiters ein MVZ ‒ wenn es nicht vorher einen weiteren ärztlichen Leiter oder einen Vertreter bestellt hat ‒ sich übergangsweise eines anderen Arztes bedienen könne, der mindestens im Umfang einer halben Arztstelle tätig ist. Dies setze allein die Bereitschaft des Arztes voraus, die Aufgabe zu übernehmen.

     

    • Schließlich führt das BSG auch aus, dass die Unterschrift auf der Sammelerklärung nachträglich von dem Nachfolger der ärztlichen Leitung hätte geleistet werden können.

    Vermutlich werden die KVen ihre HVM anpassen

    Nun ist zu erwarten, dass die Bestimmungen in den HVM von den KVen angepasst werden. Wünschenswert wäre hier neben einer flexiblen Handhabung auch eine Vereinheitlichung der Anforderungen in den 17 KV-Bezirken. Aktuell ist von KV zu KV, aber auch häufig von Einzelfall zu Einzelfall unterschiedlich geregelt, ob etwa kooperative und/oder vertretungsweise ärztliche Leitung möglich ist, ob diese nachträglich angezeigt werden kann oder ob darüber vorab der Zulassungsausschuss entscheiden muss.

    To-dos für die MVZ-Praxis

    Positiv für die Praxis ist die Klarstellung des BSG, dass die Vertretung der ärztlichen Leitung für den Fall zeitweiser Verhinderung möglich ist sowie die Möglichkeit nachträglicher Unterschrift durch die neue ärztliche Leitung, auch wenn sich die Frage aufdrängt, wie ein im betreffenden Quartal nicht anwesender Arzt die vom BSG aufgestellten Anforderungen an die Überprüfung der Inhalte der Sammelerklärung erfüllen soll.

     

    Tipp 1: MVZ sollte jeweiligen HVM lesen und KV kontaktieren

    Sie sollten einen Blick in die Vorgaben Ihres HVM werfen und auf die Unterschrift der ärztlichen Leitung jedenfalls dann nicht verzichten, wenn dies im HVM ‒ wie etwa in Nordrhein ‒ vorgesehen ist.

     

    Tipp 2: Vertretung der ärztlichen Leitung vorab regeln

    Sie sollten eine Vertretungsregelung ‒ im besten Fall vorab ‒ regeln und schriftlich festhalten. Ein ‒ vom BSG für zulässig erklärter ‒ spontaner Einsatz birgt wegen neu entstehender Verhandlungspositionen der Beteiligten regelmäßig Probleme in der Praxis.

     

    Tipp 3: Kein MVZ ohne ärztliche Leitung

    Die Möglichkeit der sofortigen Zulassungsentziehung beim Fehlen der ärztlichen Leitung wurde von vielen KVen in der Vergangenheit nicht so streng praktiziert. Jedes MVZ ist jedoch gut beraten, wenn für lückenlose ärztliche Leitung stets gesorgt ist.

    Quelle: Ausgabe 08 / 2024 | Seite 15 | ID 50076563