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  • · Fachbeitrag · Vertragsarztrecht/Strafrecht

    Unzureichende Dokumentation kann ein Abrechnungsbetrug sein

    von Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht Christian Pinnow, D+B Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Düsseldorf, db-law.de

    | Ärzte sind zur Dokumentation ihres ärztlichen Handelns verpflichtet. Diese Pflicht folgt aus verschiedenen Rechtsquellen. So ist die Dokumentation gemäß § 630f Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) eine Nebenpflicht des Behandlungsvertrags, berufsrechtlich ergibt sie sich aus den Berufsordnungen der Landesärztekammern und vertragsarztrechtlich ist sie in § 57 Bundesmantelvertrag‒Ärzte (BMV‒Ä) geregelt. Insbesondere, wenn die Dokumentation obligater Teil der Leistungslegende einer EBM-Gebührenposition ist, können die rechtlichen Konsequenzen bei Nichterfüllung erheblich sein. Dies hat auch ein Allgemeinmediziner in einem Strafverfahren vor dem Amtsgericht (AG) Neu-Ulm zu spüren bekommen. Er hatte die Dokumentationsanforderungen der EBM-Nr. 35100 nach Ansicht der Richter nicht erfüllt (Urteil vom 26.06.2024, Az. 2 Ls 106 Js 10145/22). |

    Sachverhalt

    Es ging um die Abrechnung der EBM-Nr. 35100 („Differentialdiagnostische Klärung psychosomatischer Krankheitszustände“, bewertet mit 193 Punkten). Obligater Leistungsinhalt ist neben der differenzialdiagnostischen Klärung psychosomatischer Krankheitszustände mit der Dauer von mindestens 15 Minuten auch die Anfertigung eines schriftlichen Vermerks über ätiologische Zusammenhänge, d. h., über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Zusammenhangs zwischen psychischen und körperliche (somatischen) Beschwerden. Diese Position kann also nur abgerechnet werden, wenn die schriftliche Dokumentation der Prüfung eines solchen Zusammenhangs gefertigt wird.

     

    Der angeklagte Vertragsarzt, ein Allgemeinmediziner, hat in Kenntnis dieser Dokumentationspflichten in sieben Quartalen in insgesamt 7.016 Fällen die EBM-Nr. 35100 gegenüber der KV abgerechnet, obwohl er in dem weit überwiegenden Teil der Fälle keine inhaltliche Dokumentation zu dieser Leistung vornahm, insbesondere keine Dokumentation des ätiologischen Zusammenhangs.