· Fachbeitrag · Arzneiverordnungsreport 2011
Die Top-Liste der Arzneiverordnung: Welche Ärzte verordneten die meisten Medikamente?
von Apotheker und Unternehmensberater Dr. Reinhard Herzog, Tübingen
| Zu Beginn des Herbstes wurde wieder der aktuelle Arzneiverordnungsreport vorgestellt. 465 Mio. Rezeptblätter (+ 2,6 Prozent) mit 791 Mio. Verordnungen - kurz: VO - (+ 0,6 Prozent) stellen die diesjährige Datenbasis der Vollerhebung aller Rezepte dar. Welche Präparate wurden besonders häufig verordnet? Und welche Arztgruppe verordnete was? „Abrechnung aktuell“ gibt einen Überblick. |
Die Präparate-Hitliste
Die „Top 3“-Präparate nach Wert (unkorrigierter Bruttoumsatz inklusive Umsatzsteuer und vor Abzug von Rabatten) sind:
- Humira (493 Mio. Euro, + 16,9 Prozent)
- Enbrel (407 Mio. Euro, + 12,6 Prozent)
- Seroquel (325 Mio. Euro, + 25,4 Prozent)
Die „Top 30“ der Umsatzbringer befinden sich in der Klasse von über 100 Mio. Euro GKV-Jahresbruttoumsatz. Sie erfordern allein bereits Ausgaben von 6,6 Mrd. Euro (+ 15 Prozent) und entsprechen damit 22 Prozent des Gesamt-Fertigarzneimittelumsatzes. In der dreistelligen Millionenklasse spielen vereinzelt auch Präparate mit generischen Wirkstoffen - wie zum Beispiel Simvastatin 1A Pharma - eine Rolle. Gewonnene Rabattverträge sind hier der entscheidende Schlüssel. Nach Häufigkeit der Verordnungen ergibt sich folgendes Ranking:
- L-Thyroxin Henning (7,16 Mio. Verordnungen)
- neu: Ibuflam Lichtenstein (7,05 Mio.)
- Novaminsulfon-ratiopharm (6,94 Mio. mit einer Zuwachsrate von erstaunlichen 55 Prozent)
Die „Top 100“ der verordnungsstärksten Präparate stellen 32,2 Prozent der Verordnungen (steigend), 18,8 Prozent nach Wert (gleichbleibend) und 36,4 Prozent der definierten Tagesdosen (deutlich steigend). Die „Top 1.000“ haben dementsprechend 78,9 Prozent, 62,1 Prozent und 81,1 Prozent. Der Konzentrationsprozess schreitet fort. Die im GKV-Markt umsatzstärksten Hersteller (nach Einzelfirmen und Brutto-Fertigarzneimittelumsatz) sind in neuer Reihenfolge:
- Novartis Pharma (1.533 Mio. Euro, + 15,7 Prozent)
- Hexal (1.492 Mio. Euro, - 22,2 Prozent)
- Sanofi Aventis (1.384 Mio. Euro, + 3,4 Prozent).
Pfizer liegt auf Platz 4, Ratiopharm erreicht knapp dahinter mit fast 1.200 Mio. Euro Umsatz Platz 5. Danach kommt der Stada-Konzern, wenn man die Tochterfirmen (Aliud Pharma, cell pharm) hinzurechnet.
Wer verordnet was?
Die Patientenzahlen und damit die Verordnungen der Praxen streuen erheblich. Daher sollte immer eine Individualbetrachtung der einzelnen Praxen vor Ort vorgenommen werden. Bundeslandspezifische Abweichungen (so liegen die neuen Bundesländer traditionell an der Verordnungsspitze) kommen hinzu, verblassen aber meist vor der individuellen Situation. Außerdem spielt der Anteil an Privatverordnungen eine große Rolle und kann im Einzelfall sogar das GKV-Segment übertreffen. Kaum überraschend stehen die Onkologen weiter an der Spitze (wobei hier noch Individualrezepturen im Bruttowert von rund 2,3 Mio. Euro je Arzt hinzukommen). Es folgen wie in den Vorjahren die Nervenärzte und Neurologen, Lungenfachärzte und Nephrologen. Sie schreiben ebenfalls netto für über 300.000 Euro GKV-Fertigarzneimittelrezepte aus. Bei gleichzeitig guten Verordnungszahlen bleiben zahlenmäßig traditionell die Hausärzte und Internisten am bedeutsamsten.
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Arztgruppe | GKV-Umsatzin Euro brutto | GKV-Umsatz in Euro netto circa | Wert je VO in Euro netto circa | VO-Zahl 2010 | Rang nach Umsatz | Rang nach VO-Zahl |
Hämatologen / Onkologen |
1.305.000 |
1.089.000 |
298,10 |
3.653 |
1 |
7 |
Nervenärzte | 641.000 | 529.000 | 100,70 | 5.255 | 2 | 4 |
Neurologen | 613.000 | 509.000 | 169,30 | 3.007 | 3 | 8 |
Pneumologen | 432.000 | 355.000 | 71,30 | 4.979 | 4 | 5 |
Nephrologen | 375.000 | 309.000 | 84,50 | 3.656 | 5 | 6 |
Weitere Internisten |
366.000 |
302.000 |
106,80 |
2.828 |
6 |
9 |
Hausärztlich tätige Internisten |
334.000 |
268.000 |
32,50 |
8.252 |
7 |
1 |
Hausärzte | 262.000 | 209.000 | 27,00 | 7.732 | 8 | 2 |
Psychiater | 204.000 | 167.000 | 68,60 | 2.436 | 9 | 11 |
Sonstige | 202.000 | 166.000 | 89,90 | 1.846 | 10 | 14 |
Urologen | 201.000 | 165.000 | 69,80 | 2.364 | 11 | 12 |
Gastro-enterologen |
197.000 |
163.000 |
122,20 |
1.334 |
12 |
17 |
Hautärzte | 132.000 | 107.000 | 39,00 | 2.742 | 13 | 10 |
Kinderärzte | 114.000 | 88.000 | 15,10 | 5.837 | 14 | 3 |
Gynäkologen | 73.000 | 59.000 | 45,10 | 1.308 | 15 | 18 |
Augenärzte | 72.000 | 58.000 | 29,30 | 1.980 | 16 | 13 |
Kardiologen | 62.000 | 50.000 | 44,20 | 1.132 | 17 | 19 |
HNO-Ärzte | 56.000 | 45.000 | 26,80 | 1.681 | 18 | 15 |
Anästhesisten | 54.000 | 44.000 | 76,70 | 574 | 19 | 21 |
Orthopäden | 54.000 | 43.000 | 27,60 | 1.559 | 20 | 16 |
Chirurgen | 24.000 | 19.000 | 25,70 | 739 | 21 | 20 |
Alle Ärzte (Durchschnitt) | 212.000 | 171.000 | 38,30 | 4.464 |
* GKV-Fertigarzneimittel ohne Rezepturen, Hilfsmittel, Praxisbedarf. Nettowerte nach Abzug von Umsatzsteuer und pauschalem Apothekenrabatt.