21.12.2022 · IWW-Abrufnummer 232936
Bundesarbeitsgericht: Urteil vom 20.12.2022 – 9 AZR 266/20
1. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf den gesetzlichen Mindesturlaub unterliegt gemäß § 194 Abs. 1 BGB der Verjährung.
2. Bei der gebotenen unionsrechtskonformen Auslegung der § 199 Abs. 1 BGB , §§ 1 , 3 Abs. 1 , § 7 Abs. 1 und Abs. 3 BUrlG beginnt die Verjährung allerdings nicht zwangsläufig mit dem Schluss des Jahres, in dem der Urlaubsanspruch entstanden ist und der Arbeitnehmer über die in § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB beschriebene Kenntnis verfügt. Zusätzlich ist erforderlich, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch tatsächlich wahrzunehmen. Die Vorgaben des Unionsrechts, die der EuGH in seiner Entscheidung vom 22. September 2022 (- C-120/21 -) präzisiert hat, bedingen einen "anderen Verjährungsbeginn" iSd. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB .
In Sachen
Beklagter, Berufungsbeklagter und Revisionskläger,
pp.
Klägerin, Berufungsklägerin und Revisionsbeklagte,
hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. Dezember 2022 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Prof. Dr. Kiel, die Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Suckow und Zimmermann sowie die ehrenamtlichen Richter Heilmann und Dr. Thau für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 21. Februar 2020 - 10 Sa 180/19 - wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten - soweit für die Revision von Bedeutung - über die Abgeltung von Urlaub aus einem im Jahr 2017 beendeten Arbeitsverhältnis.
2
Der Beklagte beschäftigte die Klägerin vom 1. November 1996 bis zum 31. Juli 2017 im Umfang von 32 Wochenstunden als Steuerfachangestellte und Bilanzbuchhalterin. Die Klägerin, die im Kalenderjahr Anspruch auf 24 Arbeitstage Urlaub hatte, erbrachte ihre Arbeitsleistung an vier Tagen in der Woche. Ihr monatliches Bruttogehalt betrug zuletzt 3.962,91 Euro.
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Unter dem 1. März 2012 bescheinigte der Beklagte der Klägerin, ihr stünden zum Stichtag 31. Dezember 2011 insgesamt 76 Arbeitstage Urlaub aus mehreren Jahren zu. Im Jahr 2012 gewährte der Beklagte ihr 21 Arbeitstage Urlaub, im Jahr 2013 mindestens elf Arbeitstage, im Jahr 2014 mindestens 16 Arbeitstage, im Jahr 2015 25 Arbeitstage, im Jahr 2016 24 Arbeitstage und im Jahr 2017 sechs Arbeitstage. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zahlte er der Klägerin zur Abgeltung von 14 Arbeitstagen Urlaub 3.201,38 Euro brutto.
4
Der Beklagte forderte die Klägerin im Verlauf des Arbeitsverhältnisses weder auf, ihren Urlaub zu nehmen, noch wies er sie darauf hin, dass nicht beantragter Urlaub mit Ablauf des Kalenderjahres oder Übertragungszeitraums verfallen kann.
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Mit der dem Beklagten am 14. Februar 2018 zugestellten Klage hat die Klägerin die Auffassung vertreten, der Beklagte sei gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG zur Abgeltung weiterer 101 Arbeitstage Urlaub verpflichtet. Die Urlaubsansprüche hätten über die in § 7 Abs. 3 BUrlG bezeichneten zeitlichen Grenzen fortbestanden, da der Beklagte seinen Mitwirkungsobliegenheiten bei der Gewährung von Urlaub nicht nachgekommen sei.
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Die Klägerin hat - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 23.092,64 Euro abzüglich eines bereits gezahlten Betrags iHv. 3.201,38 Euro als Urlaubsabgeltung für insgesamt 101 Urlaubstage nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. August 2017 zu zahlen.
7
Der Beklagte hat die Abweisung der Klage ua. mit der Begründung beantragt, er habe der Klägerin im Jahr 2013 nicht an elf, sondern an 23 Arbeitstagen und im Jahr 2014 nicht an 16, sondern an 22 Arbeitstagen Urlaub gewährt. Der restliche Urlaub sei gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG verfallen. Der Klägerin, die ihre Urlaubsansprüche habe berechnen können, sei bekannt gewesen, dass nicht genommener Urlaub am Jahresende respektive am 31. März des Folgejahres verfalle. Er habe seine Hinweis- und Aufforderungsobliegenheiten nicht kennen und befolgen können, da sich die diesbezügliche Rechtsprechung erst nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses geändert habe. Soweit die Urlaubsansprüche aus Zeiträumen vor dem Jahr 2015 stammten, seien sie verjährt.
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Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit für die Revision von Bedeutung - teilweise stattgegeben und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin Abgeltung iHv. 548,71 Euro brutto nebst Zinsen zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, weitere 76 Urlaubstage mit einem Bruttobetrag iHv. 17.376,64 Euro nebst Zinsen abzugelten. Im Übrigen hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin die Klage mit Zustimmung des Beklagten zurückgenommen, soweit sie von dem Beklagten im Zusammenhang mit der Abgeltung von Urlaub verlangt hat, an sie Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für den Zeitraum vom 1. August 2017 bis zum 6. Februar 2018 auf einen Bruttobetrag iHv. 17.376,64 Euro zu zahlen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts - soweit für die Revision von Bedeutung - zu Recht teilweise abgeändert und der Klage stattgegeben. Der Beklagte ist verpflichtet, nicht gewährten Urlaub aus den Jahren 2011 bis 2017 mit einem Bruttobetrag iHv. 17.376,64 Euro abzugelten und ab dem 7. Februar 2018 zu verzinsen. Die Urlaubsansprüche aus dem am 31. Juli 2017 beendeten Arbeitsverhältnis sind weder verfallen noch verjährt.
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A. Die Klage ist als abschließende Gesamtklage zulässig.
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I. Bei mehreren in einer Klage verfolgten Ansprüchen ( § 260 ZPO ) muss aufgrund des Bestimmtheitserfordernisses des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erkennbar sein, aus welchen Einzelforderungen sich die Klage zusammensetzt (vgl. BAG 24. Februar 2021 - 10 AZR 43/19 - Rn. 15). Begehrt ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, nicht erfüllten Urlaub abzugelten, der - wie im Streitfall - aus mehreren Kalenderjahren stammt, handelt es sich um eine "Gesamtklage". Das Abgeltungsverlangen bildet hinsichtlich eines jeden Urlaubsjahrs einen eigenen Streitgegenstand. Anknüpfungspunkt für den Anspruch auf Erholungsurlaub ist gemäß § 1 BUrlG das Kalenderjahr. § 7 Abs. 3 BUrlG unterwirft den Urlaub einer Fristenregelung, die an das Kalenderjahr als Referenzzeitraum anknüpft. Der durch das Gericht zu beurteilende Lebenssachverhalt ist demnach das jeweilige Kalenderjahr, aus dem der Arbeitnehmer einen Urlaubsanspruch gegen den Arbeitgeber herleitet ( BAG 23. Januar 2018 - 9 AZR 200/17 - Rn. 26 ff., BAGE 161, 347).
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II. Werden im Wege einer "Teilgesamtklage" mehrere Ansprüche nicht in voller Höhe, sondern teilweise verfolgt, hat die Klagepartei dem Grundsatz nach anzugeben, in welcher Höhe sie aus den einzelnen Ansprüchen welche Teile einklagt. Nimmt der Arbeitnehmer den Arbeitgeber auf Abgeltung von Teilurlaub in Anspruch, der aus mehreren Kalenderjahren stammt, obliegt es ihm daher klarzustellen, wie viele Urlaubstage aus welchem Urlaubsjahr den Gegenstand seines Zahlungsbegehrens bilden. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist die sog. "abschließende Gesamtklage". Erklärt die klagende Partei - wie im Streitfall die Klägerin -, die Klageforderung habe abschließenden Charakter, macht sie weder eine Forderung teilweise noch Teile mehrerer Forderungen, sondern diese sämtlich und in voller Höhe geltend. In einem solchen Falle ist den Bestimmtheitserfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügt (vgl. BAG 27. Juli 2021 - 9 AZR 449/20 - Rn. 13; grundlegend BAG 27. Juli 2011 - 7 AZR 412/10 - Rn. 20, BAGE 138, 360).
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B. Die Klage ist begründet.
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I. Nach § 7 Abs. 4 BUrlG ist Urlaub abzugelten, der wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann.
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II. Zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. Juli 2017 stand der Klägerin ein Anspruch auf 117 Arbeitstage Urlaub zu.
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1. In dem am 1. November 1996 begründeten Arbeitsverhältnis hat die Klägerin nach erfüllter Wartezeit zu Beginn eines jeden Kalenderjahres jeweils Anspruch sowohl auf den vollen gesetzlichen ( §§ 1 , 3 , 4 BUrlG ) als auch auf den vollen vertraglichen Jahresurlaub im Umfang von insgesamt 24 Arbeitstagen erworben. Ausgehend von 76 Arbeitstagen Urlaub, die der Klägerin ausweislich der seitens des Beklagten unter dem 1. März 2012 erteilten Bescheinigung - und zwischen den Parteien unstreitig - am 31. Dezember 2011 zustanden, und insgesamt 144 Arbeitstagen Urlaub, die in den Jahren 2012 bis 2017 hinzukamen, ergibt sich ein Gesamturlaubsanspruch im Umfang von 220 Arbeitstagen.
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2. Der Beklagte hat die Urlaubsansprüche der Klägerin im Umfang von 103 Arbeitstagen und damit unvollständig erfüllt ( § 362 Abs. 1 BGB ).
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a) Im Jahr 2012 erteilte der Beklagte der Klägerin an 21 Arbeitstagen Urlaub, im Jahr 2013 an mindestens elf Arbeitstagen, im Jahr 2014 an mindestens 16 Arbeitstagen, im Jahr 2015 an 25 Arbeitstagen, im Jahr 2016 an 24 Arbeitstagen und im Jahr 2017 an sechs Arbeitstagen.
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b) Soweit der Beklagte behauptet hat, er habe der Klägerin darüber hinaus im Jahr 2013 an zwölf und im Jahr 2014 an sechs weiteren Arbeitstagen Urlaub gewährt, hat das Landesarbeitsgericht seiner Entscheidung zu Recht den Vortrag der Klägerin zugrunde gelegt, da der Beklagte für seinen von der Klägerin bestrittenen Vortrag keinen Beweis angeboten hat. Grundsätzlich hat derjenige, der aus einer ihm günstigen Norm Rechte herleitet, deren tatsächliche Voraussetzungen darzulegen und für den Fall, dass die Gegenseite seinen Vortrag bestreitet, zu beweisen (vgl. BAG 30. Januar 2019 - 10 AZR 155/18 - Rn. 24, BAGE 165, 220). Diese allgemeine Beweislastregel gilt ua. für rechtsvernichtende Einwendungen wie den Erfüllungseinwand des § 362 Abs. 1 BGB , auf den sich der Beklagte im Streitfall beruft. Hiergegen hat er in der Revisionsinstanz auch keine Einwände erhoben.
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III. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die aus den einzelnen Urlaubsjahren resultierenden Urlaubsansprüche nicht am Ende des jeweiligen Kalenderjahres verfallen sind. Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub unterlag keiner Befristung nach § 7 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 BUrlG . Der Beklagte ist den ihn bei der Verwirklichung des Urlaubsanspruchs treffenden Mitwirkungsobliegenheiten nicht nachgekommen. Dies gilt sowohl für die Ansprüche der Klägerin auf den gesetzlichen Mindesturlaub nach §§ 1 , 3 Abs. 1 BUrlG als auch für die arbeitsvertraglichen Ansprüche auf Mehrurlaub.
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1. Für den gesetzlichen Mindesturlaub iSd. §§ 1 , 3 Abs. 1 BUrlG schreibt § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG vor, dass der Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden muss.
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a) Nach der Rechtsprechung des Senats erlischt der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub ( §§ 1 , 3 Abs. 1 BUrlG ) bei einer mit Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG im Einklang stehenden Auslegung von § 7 BUrlG nur dann am Ende des Kalenderjahres ( § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG ) oder eines zulässigen Übertragungszeitraums ( § 7 Abs. 3 Satz 2 und Satz 4 BUrlG ), wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch wahrzunehmen, und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat. Der Arbeitgeber muss daher konkret und in völliger Transparenz dafür sorgen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen. Er muss ihn - erforderlichenfalls förmlich - dazu auffordern, seinen Urlaub zu nehmen, und ihm klar und rechtzeitig mitteilen, dass der Urlaub verfällt, wenn er ihn nicht nimmt. Die Erfüllung dieser Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers ist grundsätzlich Voraussetzung für das Eingreifen der urlaubsrechtlichen Fristenregelung des § 7 Abs. 3 BUrlG (vgl. im Einzelnen BAG 19. Februar 2019 - 9 AZR 423/16 - Rn. 21 ff., BAGE 165, 376).
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b) Der Beklagte hat die Klägerin weder darauf hingewiesen, dass ihr Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub grundsätzlich auf das Urlaubsjahr befristet ist und nur unter den in § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG bezeichneten Voraussetzungen über das Kalenderjahr hinaus besteht, noch hat er sie aufgefordert, den Urlaub tatsächlich zu nehmen, um einen Verfall des Urlaubs zu vermeiden.
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c) Soweit der Beklagte geltend macht, im Streitfall träfen ihn keine Mitwirkungsobliegenheiten, da die Klägerin um die Befristung ihrer Urlaubsansprüche gewusst habe, verkennt er, dass die Initiativlast für die Verwirklichung des Urlaubsanspruchs nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG nicht den Arbeitnehmer - im Streitfall die Klägerin - traf, sondern allein ihn als Arbeitgeber (vgl. BAG 19. Februar 2019 - 9 AZR 423/16 - Rn. 21, BAGE 165, 376). Diese Risikoverteilung, die der unionsrechtkonformen Auslegung der Befristungsregelungen zugrunde liegt, gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer von den gesetzlichen Befristungsregelungen Kenntnis hat.
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2. Die für den gesetzlichen Mindesturlaub geltenden Grundsätze finden auch auf den arbeitsvertraglichen Urlaub Anwendung.
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a) Während der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub arbeitsvertraglichen Dispositionen entzogen ist, die sich zuungunsten des Arbeitnehmers auswirken ( § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG ), können die Arbeitsvertragsparteien Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche, die den von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG gewährleisteten und von §§ 1 , 3 Abs. 1 BUrlG begründeten Anspruch auf Mindestjahresurlaub von vier Wochen übersteigen, frei regeln. Ihre Regelungsbefugnis ist nicht durch die für gesetzliche Urlaubsansprüche erforderliche unionsrechtskonforme Auslegung des Gesetzesrechts beschränkt. Für einen Regelungswillen der Arbeitsvertragsparteien, dass der vertragliche Mehrurlaub mit Ablauf des Kalenderjahres oder am Ende des Übertragungszeitraums unabhängig davon verfallen soll, ob der Arbeitgeber seinen Mitwirkungsobliegenheiten entsprochen hat, müssen deutliche Anhaltspunkte vorliegen. Fehlen solche, ist von einem diesbezüglichen Gleichlauf des gesetzlichen Urlaubsanspruchs und des Anspruchs auf vertraglichen Mehrurlaub auszugehen ( BAG 25. Juni 2019 - 9 AZR 546/17 - Rn. 21).
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b) Die urlaubsrechtlichen Regelungen im Arbeitsvertrag betreffen allein den Umfang des der Klägerin zustehenden Jahresurlaubs. Die Parteien haben weder die Initiativlast noch die Mitwirkungsobliegenheiten abweichend von den gesetzlichen Bestimmungen ausgestaltet.
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c) Der Einwand des Beklagten, er habe von seinen Mitwirkungsobliegenheiten zum damaligen Zeitpunkt keine Kenntnis haben können und genieße deshalb Vertrauensschutz, verhilft der Revision nicht zum Erfolg.
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aa) Die Möglichkeiten der nationalen Gerichte zur Gewährung von Vertrauensschutz sind - im Anwendungsbereich des Unionsrechts - unionsrechtlich vorgeprägt und begrenzt. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat über die mit Beschluss vom 13. Dezember 2016 (- 9 AZR 541/15 (A) -) gestellten Vorlagefragen des Senats mit Urteil vom 6. November 2018 (- C-684/16 - [Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften]) entschieden. Er hat die Geltung der von ihm vorgenommenen Auslegung von Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG - wie von Art. 31 Abs. 2 GRC - nicht aus Gründen eines unionsrechtlichen Vertrauensschutzes in zeitlicher Hinsicht eingeschränkt und eine zeitliche Geltungsbeschränkung damit implizit abgelehnt. Eine richtlinienkonforme Auslegung von § 7 BUrlG kann das Bundesarbeitsgericht nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes nach nationalem Recht auf einen Zeitpunkt nach Inkrafttreten von Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG verschieben (vgl. BAG 26. Mai 2020 - 9 AZR 259/19 - Rn. 29, unter Hinweis auf BVerfG 10. Dezember 2014 - 2 BvR 1549/07 - Rn. 40).
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bb) Die unionsrechtlichen Begrenzungen der Gewährung von Vertrauensschutz betreffen zwar allein den gesetzlichen Urlaubsanspruch von vier Wochen. Sie sind jedoch auch für den arbeitsvertraglichen Urlaubsanspruch zu beachten, soweit der Arbeitsvertrag - wie im Streitfall der Arbeitsvertrag der Parteien - die Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten des Arbeitgebers im Zusammenhang mit der Verwirklichung des Urlaubsanspruchs nicht abweichend von den Bestimmungen für den gesetzlichen Urlaubsanspruch regelt.
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IV. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass der Beklagte nicht nach § 214 Abs. 1 BGB berechtigt war, die Erfüllung der Urlaubsansprüche wegen Eintritts der Verjährung zu verweigern. Die Urlaubsansprüche aus den Zeiträumen vor dem Jahr 2015, deren Abgeltung die Klägerin begehrt, sind nicht verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB war zu dem Zeitpunkt, in dem das Arbeitsverhältnis der Parteien endete, noch nicht abgelaufen. Nach der unionsrechtskonformen Auslegung des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB beginnt die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Arbeitgeber seine Mitwirkungsobliegenheiten im Zusammenhang mit der Gewährung und Inanspruchnahme des gesetzlichen Mindesturlaubs erfüllt hat. Dasselbe gilt für den arbeitsvertraglichen Mehrurlaub, wenn die Parteien - wie im Streitfall - nichts Abweichendes vereinbart haben.
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1. Gemäß § 194 Abs. 1 BGB unterliegt das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen, der Verjährung. Soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist, die nach § 195 BGB drei Jahre beträgt, mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist ( § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB ) und der Gläubiger von den Umständen, die den Anspruch begründen, und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste ( § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB ).
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2. Mit Beschluss vom 29. September 2020 (- 9 AZR 266/20 (A) - BAGE 172, 337) hat der Senat den EuGH um Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV über die Frage ersucht, ob das Unionsrecht die Verjährung des Urlaubsanspruchs nach Ablauf der regelmäßigen Verjährungsfrist gemäß § 194 Abs. 1 , § 195 BGB gestattet, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht durch entsprechende Aufforderung und Hinweise tatsächlich in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch auszuüben. In diesem Zusammenhang hat der Senat darauf hingewiesen, das Verjährungsrecht bezwecke den angemessenen Ausgleich zwischen dem Schutz des Schuldners vor einer drohenden Beweisnot und möglichem Verlust von Regressansprüchen gegen Dritte und der Notwendigkeit, den Gläubiger vor einem ungerechtfertigten Anspruchsverlust zu bewahren. Der Schuldner bzw. Nichtschuldner, der mit der Rechtsverteidigung regelmäßig warten müsse, bis der Gläubiger ihn in Anspruch nehme, trage für anspruchshemmende und anspruchsvernichtende Tatsachen in höherem Maße das Risiko zeitablaufbedingter Unaufklärbarkeit als der Gläubiger, der sich gegen Beweisnöte durch die rechtzeitige Geltendmachung des Anspruchs oder entsprechende Beweissicherung schützen könne. Die Anspruchsverjährung sei vor allem Ausdruck des vom Gesetzgeber verfolgten Ziels, Rechtsfrieden und Rechtssicherheit herzustellen. Das Gebot der Rechtssicherheit als wesentlicher Bestandteil des in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzips und das Gebot des Vertrauensschutzes gewährleisteten im Zusammenwirken mit den Grundrechten die Verlässlichkeit der Rechtsordnung. Die Verjährungsvorschriften sollten nicht nur eine Inanspruchnahme aus unbekannten oder unerwarteten Forderungen vermeiden, sondern dienten gleichermaßen dem Schutz vor unbegründeten Forderungen und sicherten damit zugleich öffentliche Interessen.
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3. Der EuGH hat durch Urteil vom 22. September 2022 (- C-120/21 -) entschieden, dass Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG und Art. 31 Abs. 2 GRC einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, den ein Arbeitnehmer für einen Bezugszeitraum erworben hat, nach Ablauf einer Frist von drei Jahren verjährt, deren Lauf mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem dieser Anspruch entstanden ist, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht tatsächlich in die Lage versetzt hat, diesen Anspruch wahrzunehmen. Der Zweck der Verjährungsvorschriften, die Gewährleistung von Rechtssicherheit, dürfe nicht dazu führen, dass dem Arbeitgeber aus seinem Versäumnis, seinen Mitwirkungsobliegenheiten zu genügen, ein Vorteil erwachse, der darin bestehe, dass die Erfüllung des Urlaubsanspruchs in sein Belieben gestellt sei. Wollte man anders entscheiden, führte dies zu einer unrechtmäßigen Bereicherung des Arbeitgebers und liefe dem Ziel von Art. 31 Abs. 2 GRC zuwider, die Gesundheit des Arbeitnehmers zu schützen.
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4. Die nationalen Gerichte sind gehalten, das nationale Recht so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auszulegen, um das dort festgelegte Ziel zu erreichen und damit den Anforderungen des Art. 288 Abs. 3 AEUV nachzukommen (vgl. EuGH 6. November 2018 - C-684/16 - [Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften] Rn. 58 f.).
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a) Art. 267 AEUV weist dem Gerichtshof zur Verwirklichung der Verträge über die Europäische Union, der Rechtssicherheit und der Rechtsanwendungsgleichheit sowie einer einheitlichen Auslegung und Anwendung des Unionsrechts die Aufgabe der verbindlichen Auslegung der Verträge und Richtlinien zu. Daraus folgt, dass die nationalen Gerichte die Unionsvorschrift in dieser Auslegung (grundsätzlich) auch auf Rechtsverhältnisse anwenden können und müssen, die vor Erlass der auf das Auslegungsersuchen ergangenen Entscheidung des Gerichtshofs entstanden sind (vgl. BVerfG 10. Dezember 2014 - 2 BvR 1549/07 - Rn. 26).
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b) Allerdings unterliegt der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung des nationalen Rechts Schranken. Die Pflicht zur Verwirklichung eines Richtlinienziels im Wege der Auslegung findet ihre Grenzen an dem nach innerstaatlicher Rechtstradition methodisch Erlaubten. Sie darf nicht als Grundlage für eine Auslegung des nationalen Rechts contra legem dienen. Besteht jedoch ein Auslegungsspielraum, ist das nationale Gericht verpflichtet, diesen zur Verwirklichung des Richtlinienziels bestmöglich auszuschöpfen. Ob und inwieweit das innerstaatliche Recht eine entsprechende richtlinienkonforme Auslegung zulässt, haben allein die nationalen Gerichte zu beurteilen (vgl. BVerfG 26. September 2011 - 2 BvR 2216/06, 2 BvR 469/07 - Rn. 47; BAG 19. Februar 2019 - 9 AZR 423/16 - Rn. 19, BAGE 165, 376).
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5. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf den gesetzlichen Mindesturlaub unterliegt zwar grundsätzlich der Verjährung. Bei der gebotenen unionsrechtskonformen Auslegung beginnt die Verjährung allerdings nicht zwangsläufig mit dem Schluss des Jahres, in dem der Urlaubsanspruch entstanden ist und der Arbeitnehmer über die in § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB beschriebene Kenntnis verfügt. Zusätzlich ist erforderlich, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch tatsächlich wahrzunehmen. Die Vorgaben des Unionsrechts, die der EuGH in seiner Entscheidung vom 22. September 2022 (- C-120/21 -) präzisiert hat, bedingen bei unionsrechtskonformer Auslegung der §§ 1 , 3 Abs. 1 , § 7 Abs. 1 und Abs. 3 BUrlG einen "anderen Verjährungsbeginn" iSd. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB .
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a) Der Anspruch des Arbeitnehmers auf den gesetzlichen Mindesturlaub unterliegt der Verjährung. Nach §§ 1 , 3 Abs. 1 BUrlG ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Arbeitnehmer für einen Zeitraum von 24 Werktagen zu Erholungszwecken von der vertraglichen Verpflichtung zur Arbeitsleistung freizustellen und die Vergütung nach Maßgabe des § 11 BUrlG fortzuzahlen. Dieses Recht des Arbeitnehmers als Gläubiger ist auf ein Tun des Arbeitgebers als Schuldner gerichtet und damit Anspruch iSd. § 194 Abs. 1 BGB .
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b) Nach allgemeinen Grundsätzen ist ein Anspruch iSv. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB entstanden, wenn er erstmals geltend gemacht und notfalls klageweise durchgesetzt werden kann. Regelmäßig entsteht ein Anspruch im verjährungsrechtlichen Sinne, wenn er nach § 271 BGB fällig ist, weil der Gläubiger von diesem Zeitpunkt an nach § 271 Abs. 2 BGB mit Erfolg die Leistung fordern und den Ablauf der Verjährungsfrist durch Klageerhebung verhindern kann (vgl. BAG 29. September 2020 - 9 AZR 266/20 (A) - Rn. 30, BAGE 172, 337). Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub entsteht nach Ablauf der Wartezeit ( § 4 BUrlG ) zu Beginn eines jeden Urlaubsjahres (vgl. BAG 21. Februar 2012 - 9 AZR 486/10 - Rn. 14). Zu diesem Zeitpunkt kann der Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber verlangen, ihm Urlaub zu gewähren, dh. ihn unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freizustellen (vgl. BAG 25. August 2020 - 9 AZR 612/19 - Rn. 22, BAGE 172, 66).
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c) Die von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB geforderte Kenntnis des Gläubigers ist vorhanden, wenn er aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen eine bestimmte Person Klage, sei es auch nur eine Feststellungsklage, erheben kann, die bei verständiger Würdigung so viel Erfolgsaussicht hat, dass sie dem Gläubiger zumutbar ist. Der Verjährungsbeginn setzt aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit grundsätzlich nur die Kenntnis der den Anspruch begründenden Umstände voraus. Nicht erforderlich ist es in der Regel, dass der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht (vgl. im Einzelnen BAG 29. September 2020 - 9 AZR 266/20 (A) - Rn. 31, BAGE 172, 337).
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d) Die Vorgaben des Unionsrechts, die der EuGH in seiner Entscheidung vom 22. September 2022 (- C-120/21 -) konkretisiert hat, erfordern bei unionsrechtskonformer Auslegung der §§ 1 , 3 Abs. 1 BUrlG einen "anderen Verjährungsbeginn" iSd. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB , soweit der Anspruch des Arbeitnehmers auf den unionsrechtlich garantierten Mindesturlaub in Rede steht. Die Verjährung beginnt danach erst, wenn der Arbeitgeber seinen Mitwirkungsobliegenheiten bei der tatsächlichen Gewährung von Urlaub nachgekommen ist.
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aa) Durch das Gesetz zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts vom 24. September 2009 (BGBl. I S. 3142), das mit Wirkung zum 1. Januar 2010 in Kraft getreten ist, wurde die bis dahin geltende Fassung des § 199 Abs. 1 BGB um den Restriktivsatz "soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist" ergänzt. Der Gesetzgeber hat damit klargestellt, dass für die Regelverjährung ein von Abs. 1 abweichender Fristbeginn vorgesehen werden kann (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung BT-Drs. 16/8954 S. 14). Abweichende "Sonderregelungen" (PWW/Deppenkemper BGB 17. Aufl. § 199 Rn. 1) können entweder positiv einen anderen Verjährungsbeginn festlegen (vgl. die Übersicht bei Bamberger/Roth/Hau/Poseck/Henrich BGB 4. Aufl. § 199 Rn. 1) oder negativ vorsehen, dass die Verjährung nicht vor dem Eintritt bestimmter Umstände beginnt.
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bb) Eine solche anderweitige Bestimmung des Verjährungsbeginns sieht das BUrlG für den Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub vor.
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(1) Das Bundesurlaubsgesetz regelt die Verjährung von Urlaubsansprüchen nicht ausdrücklich. Die Vorschriften des § 7 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 BUrlG bestimmen Verfalls-, nicht aber Verjährungsfristen. Die Rechtswirkungen beider Rechtsinstitute unterscheiden sich. Während der Ablauf des in § 7 Abs. 3 BUrlG vorgesehenen Bezugs- bzw. Übertragungszeitraums rechtsvernichtende Wirkung hat und von Amts wegen zu berücksichtigen ist, gibt die Verjährung dem Schuldner gemäß § 214 BGB eine Einrede und hindert damit die Durchsetzung der rechtlich fortbestehenden Forderung (vgl. BAG vom 29. September 2020 - 9 AZR 266/20 (A) - Rn. 45, BAGE 172, 337).
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(2) Der Anspruch auf Mindesturlaub ist Fristen unterworfen. Dies sind zum einen die Verfallfristen, die der Arbeitnehmer gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 BUrlG zu beachten hat, und zum anderen die Verjährungsfristen, die § 194 Abs. 1 , §§ 195 , 199 Abs. 1 BGB für die Durchsetzbarkeit des Urlaubsanspruchs bestimmen. Bei einer unionsrechtskonformen Auslegung des § 199 Abs. 1 BGB hängt nicht nur der Lauf der Verfallfristen, sondern auch der Lauf der Verjährungsfristen, soweit der gesetzliche Mindesturlaub ( §§ 1 , 3 Abs. 1 BUrlG ) betroffen ist, davon ab, dass der Arbeitgeber seiner Initiativlast bei der Verwirklichung des Urlaubs gerecht wird und seinen Hinweis- und Mitwirkungsobliegenheiten nachkommt.
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(a) Die unionsrechtlich gebotenen Mitwirkungshandlungen unterstützen den vom Bundesurlaubsgesetz intendierten Gesundheitsschutz, der durch die tatsächliche Inanspruchnahme der bezahlten Arbeitsbefreiung gefördert wird. Wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über den Umfang des noch bestehenden Urlaubs informiert, ihn auf die für die Urlaubnahme maßgebenden Fristen hinweist und ihn zudem auffordert, den Urlaub tatsächlich in Anspruch zu nehmen, wird ein verständiger Arbeitnehmer seinen Urlaub typischerweise fristgerecht beantragen (vgl. zu § 7 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 BUrlG BAG 19. Februar 2019 - 9 AZR 321/16 - Rn. 41). Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich bei der Frist um eine Verfallsfrist handelt oder die Frist allein die Durchsetzbarkeit des Urlaubsanspruchs zeitlich beschränkt.
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(b) Dem steht der Zweck des Verjährungsrechts nicht entgegen. Sowohl das öffentliche Interesse an Rechtssicherheit als auch das Interesse des Arbeitgebers, nach Ablauf der Verjährungsfristen nicht befürchten zu müssen, von dem Arbeitnehmer in Anspruch genommen zu werden, treten im laufenden Arbeitsverhältnis nach der für den Senat bindenden Auslegung der unionsrechtlichen Vorgaben in Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG und Art. 31 Abs. 2 GRC hinter dem Ziel des Gesundheitsschutzes zurück.
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(c) Die Befristung wie auch die Durchsetzbarkeit von Urlaubsansprüchen im laufenden Arbeitsverhältnis beruht demnach - ungeachtet der dogmatischen Unterschiede beider Rechtsinstitute - auf einer Risikoverteilung zwischen dem Arbeitgeber als Schuldner des Urlaubsanspruchs und dem Arbeitnehmer als dessen Gläubiger. Zunächst obliegt es dem Arbeitgeber, an der Gewährung von Urlaub mitzuwirken, indem er seine Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten erfüllt. Erst dann wechselt das Risiko, ob der Urlaub bei Untätigkeit des Arbeitnehmers noch zu gewähren ist bzw. noch in Anspruch genommen werden kann, vom Arbeitgeber auf den Arbeitnehmer. Dies gilt sowohl für die in § 7 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 BUrlG geregelte Befristung des Urlaubsanspruchs als auch für die Fristen, die § 194 Abs. 1 , §§ 195 , 199 Abs. 1 BGB für die Verjährung und damit für die Durchsetzbarkeit des Urlaubsanspruchs vorsehen.
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6. Die Regelungen in §§ 1 , 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG , aus denen bei richtlinienkonformer Auslegung die Initiativlast des Arbeitgebers bei der Gewährung und Inanspruchnahme des gesetzlichen Mindesturlaubs und die Mitwirkungsobliegenheiten abzuleiten sind, sind als Bestimmungen iSv. § 199 Abs. 1 BGB , die einen anderen Verjährungsbeginn bestimmen, auch auf den arbeitsvertraglichen Mehrurlaub anzuwenden. Haben die Parteien - wie vorliegend - hinsichtlich des Mehrurlaubs weder die Initiativlast des Arbeitgebers noch die Mitwirkungsobliegenheiten abweichend von den gesetzlichen Bestimmungen ausgestaltet, finden auch für jenen die Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes - in seiner richtlinienkonformen Auslegung - Anwendung. Dies hat zur Folge, dass der Mehrurlaub in verjährungsrechtlicher Hinsicht das Schicksal des gesetzlichen Urlaubs teilt. Zwischen beiden Ansprüchen besteht in diesem Fall ein verjährungsrechtlicher "Gleichlauf". Dieser Gleichlauf bewirkt, dass die Verjährungsfrist auch für den vertraglichen Urlaubsanspruch der Klägerin erst mit Schluss des Jahres beginnen konnte, in dem der Beklagte seine Mitwirkungsobliegenheiten erfüllte.
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7. Im Hinblick auf den Urlaub wurde die Verjährungsfrist von dem Beklagten nicht in Gang gesetzt. Er hat die Klägerin im Verlauf des Arbeitsverhältnisses weder aufgefordert, ihren Urlaub zu nehmen, noch darauf hingewiesen, dass nicht beantragter Urlaub mit Ablauf des Kalenderjahres oder Übertragungszeitraums verfallen kann.
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V. Der 76 Arbeitstage umfassende Urlaub, dessen Abgeltung die Klägerin vor dem Landesarbeitsgericht abschließend begehrt hat, begründet einen zwischen den Parteien der Höhe nach unstreitigen Abgeltungsanspruch iHv. 17.376,64 Euro brutto. Mit der 2018 dem Beklagten zugestellten Klage hat sie diese Forderung in der Frist des § 195 BGB geltend gemacht. Es bedarf im Streitfall keiner Entscheidung des Senats, ob, unter welchen Voraussetzungen und ab welchem Zeitpunkt die Verjährungsfrist im Hinblick auf den Urlaubsabgeltungsanspruch begann.
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VI. Der Zinsanspruch iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 7. Februar 2018 folgt aus den Vorschriften über den Schuldnerverzug ( § 288 Abs. 1 , § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB ).
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C. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen ( § 91 Abs. 1 , § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ). Die Klägerin hat die Klage lediglich hinsichtlich des Zinslaufs und damit zu weniger als zehn vom Hundert der Gesamtforderung zurückgenommen. Ihre Zuvielforderung war damit verhältnismäßig geringfügig iSd. § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO (vgl. BAG 5. Juli 2022 - 9 AZR 341/21 - Rn. 55).
Kiel
Zimmermann
Suckow
Heilmann
Thau
Verkündet am 20. Dezember 2022