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  • 16.04.2010 | Bundesfinanzhof

    Passivierung betrieblicher Verbindlichkeiten beim Erwerb gegen Schuldfreistellung

    von RA Gisela Streit, Münster

    Betriebliche Verbindlichkeiten, die beim Veräußerer aufgrund eines Rückstellungsverbots in der Steuerbilanz nicht bilanziert worden sind, sind bei dem Erwerber, der die Verbindlichkeit im Zuge eines Betriebserwerbs gegen Schuldfreistellung übernommen hat, keinem Passivierungsverbot unterworfen. Sie sind vom Erwerber als ungewisse Verbindlichkeit auszuweisen und auch an den nachfolgenden Bilanzstichtagen nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1997 mit ihren Anschaffungskosten oder ihrem höheren Teilwert zu bewerten (BFH 16.12.09, I R 102/08, Abruf-Nr. 100503).

     

    Sachverhalt

    Klägerin ist eine GmbH, die durch Kauf- und Übertragungsvertrag vom 25.9.98 sämtliche aktiven und passiven Wirtschaftsgüter von der konzernangehörigen Gesellschaft M-GmbH zum Kaufpreis von rund 3 Mio. DM erworben hat. Übernommen wurden auch die Verpflichtungen aus zwei Verträgen zur Anmietung eines Satelliten sowie einer Antennenanlage. Da beide Mietverträge keinen wirtschaftlichen Nutzen mehr versprachen, hatte die M-GmbH entsprechende Drohverlustrückstellung in Höhe von 819.015 DM gebildet. Die Erwerberin hatte diese Verlustrückstellungen im Erwerbszeitpunkt passiviert (30.9.98) und zu diesem Bilanzstichtag beibehalten.  

     

    Das beklagte FA löste die Rückstellung zum 30.9.98 auf. Die Klägerin sei zwar im Zeitpunkt des Erwerbs verpflichtet gewesen, die Drohverlustrückstellungen zu bilden, ein entsprechender Ansatz in der Schlussbilanz zum 30.9.98 sei jedoch nach § 5 Abs. 4a EStG 1997 nicht mehr zulässig. Das FG Düsseldorf gab der hiergegen gerichteten Klage statt.  

     

    Entscheidung

    Der BFH bestätigte das erstinstanzliche Urteil und wies die Revision des FA als unbegründet zurück. Danach ist der handelsrechtliche Begriff der Anschaffungskosten in Ermangelung einer abweichenden Definition im EStG auch für die steuerbilanzielle Beurteilung maßgeblich. Dementsprechend bilden die bei der Übernahme von Verbindlichkeiten zutreffend erhöhten Anschaffungskosten die Ausgangsgröße für die weitere bilanzielle Entwicklung eines zugegangenen Wirtschaftsguts. Entsprechend dem Grundsatz der erfolgsneutralen Behandlung von Anschaffungsvorgängen ist auch die Übernahme steuerrechtlich zu Recht nicht bilanzierter Verbindlichkeiten Teil des vom Erwerber zu entrichtenden Entgelts und erhöht mithin dessen Anschaffungskosten. Der Verlust aus schwebenden Geschäften wird erst bei seiner Realisation effektuiert, nicht bereits bei seiner Entstehung (bilanzrechtliches Imparitätsprinzip).