16.03.2009 | Einheitsbilanz vor dem Aus
Gegenüberstellung der wesentlichen bilanzrechtlichen Vorschriften*
von vBP/StB Thomas Geiler, Waldshut-Tiengen und WP/StB Lothar Schulz, Reutlingen
* In Anlehnung an und Erweiterung von Lüdenbach, IFRS, Der Ratgeber zur erfolgreichen Anwendung der IFRS, 5. Auflage, Freiburg 2008.
Mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (Regierungsentwurf Stand 21.5.08) will der Gesetzgeber den Informationsgehalt eines HGB-Abschlusses an IFRS-Abschlüsse angleichen und gleichzeitig an den bestehenden handelsrechtlichen Grundprinzipien, insbesondere den Gläubigerschutz festhalten. Auch die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für Zwecke der steuerlichen Gewinnermittlung soll aufrechterhalten werden. Die folgende Übersicht soll die Erreichung dieser gesetzgeberischen Ziele zeigen. Die hohe Anzahl der steuerlichen Spezialregelungen zeigt darüber hinaus deutlich, dass in Zukunft in vielen Fällen eine gesonderte Steuerbilanz unumgänglich sein wird. Die Einheitsbilanz wird nur noch in Ausnahmefällen möglich sein. Darüber hinaus lassen sich durch den Vergleich mit den steuerlichen Spezialregelungen die Sachverhalte für latente Steuern erkennen.
Position | HGB bisher | HGB neu (BilMoG) | IFRS | Steuerrecht |
ALLGEMEINES | ||||
Regelungssystem | abstrakt, d.h. allgemein verbindliche Prinzipien | unverändert | fallorientiert, d.h. konkrete Regelung relevanter Einzelfälle (Einzelregelungen gehen dem Rahmenkonzept vor) | Einzelregelungen; Vielzahl von Durchbrechungen bei dem Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz |
Hauptzielsetzung der Rechnungslegung | Gläubigerschutz, Ausschüttungsbemessungsfunktion und Maßgeblichkeit für die Steuerbilanz | Beibehaltung der bisherigen Grundprinzipien bei gleichzeitiger Angleichung des Informationsgehaltes an IFRS | Vermittlung entscheidungsnützlicher Informationen (Informationsinteressen potentieller Investoren) | Ermittlung der steuerlichen Bemessungsgrundlage |
Dominierendes Prinzip | Vorsichtsprinzip | unverändert | Grundsatz der periodengerechten Gewinnermittlung | Leistungsfähigkeitsprinzip |
Rechtsform und Größenklassen der Unternehmen | rechtsform- und größenabhängige Vorschriften zur Rechnungslegung, Prüfung und Publizität | unverändert | keine Unterscheidung nach Rechtsform und Größenklasse (Publizität und Prüfung sind national geregelt) | Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen Regelungen auch für steuerliche Zwecke |
Bestandteile des Jahresabschlusses | Bilanz, GuV, Anhang und Lagebericht (bei Kapitalgesellschaften und OHG, KG i.S. von § 264a HGB) Kapitalflussrechnung und Eigenkapitalveränderungsrechnung (nur im Konzernabschluss) Segmentberichterstattung (nur bei Börsennotierung) | unverändert | Bilanz, Gesamteinkommensrechnung, GuV (wahlweise als unselbstständiger Teil der Gesamteinkommensrechnung), Anhang. Eigenkapitalveränderungsrechnung, Kapitalflussrechnung, Segmentberichterstattung und Ergebnis je Aktie (bei börsennotierten Konzernen) | Wie Handelsbilanz |
Aufbau und Gliederung der Bilanz | nur für Kapitalgesellschaften und OHG, KG i.S. von § 264a HGB gelten detaillierte Vorschriften, Aktiva nach Fristigkeit, Passiva nach Art der Schuld gegliedert | unverändert | Nur wenige Mindestangaben vorgeschrieben. Untergliederungen können wahlweise in der Bilanz oder im Anhang erfolgen. Gliederung nach lang- und kurzfristigen Vermögenswerten und Schulden, in Ausnahmefällen nach der Liquidierbarkeit (Aktiva) bzw. Fälligkeit (Passiva), IAS 1 | Wie Handelsbilanz |
Aufbau und Gliederung der GuV | nur für Kapitalgesellschaften und OHG, KG i.S. von § 264a HGB gelten detaillierte Vorschriften, Gesamtkosten- oder Umsatzkostenverfahren zulässig | unverändert | nur wenige Mindestangaben gefordert. Weitere Aufgliederungen in der GuV oder im Anhang zulässig (IAS 1). Gesamtkosten- oder Umsatzkostenverfahren zulässig | Wie Handelsbilanz |
Vorjahresangaben | Bilanz und GuV und Anhang soweit davon Vermerke zu Bilanz-/GuV-Posten betroffen sind | unverändert | in allen Bestandteilen des Jahresabschlusses | Wie Handelsbilanz |
BILANZ | ||||
Bilanzierungshilfen | ||||
Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwand | Aktivierungswahlrecht gemäß § 269 HGB | Aktivierungsverbot | Aktivierungsverbot (IAS 38.69a) | Aktvierungsverbot (Aktvierungswahlrechte führen grundsätzlich zu Aktivierungsverboten in der Steuerbilanz) |
Immaterielle Vermögenswerte | ||||
Entwicklungskosten
| Generelles Aktivierungsverbot für alle selbstgeschaffenen immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens | Aktivierungsgebot, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit ein einzeln verwertbarer immaterieller Vermögensgegenstand entsteht. Erst nachgelagert im Rahmen der Bewertung erfolgt Beurteilung der Höhe des erzielbaren Nutzens.
Bei Erstanwendung prospektive Anwendung der Vorschriften (Entwicklungsbeginn nach dem 31.12.08) | Aktivierungsgebot, wenn die Ansatzvoraussetzungen kumulativ erfüllt sind. Insbesondere hohe Anforderungen beim Nachweis des künftigen wirtschaftlichen Nutzens (IAS 38.51ff.) Bei Erstanwendung retrospektive Anwendung der Vorschriften (IFRS 1) | Aktivierungsverbot für selbstgeschaffene immaterielle Vermögenswerte § 5 Abs. 2 EStG |
erworbener Geschäfts- oder Firmenwert | Aktivierungswahlrecht | Aktivierungsgebot (Vermögensgegenstandfiktion) und planmäßige Abschreibung | Aktivierungsgebot, nur außerplanmäßige Abschreibungen | Aktvierungspflicht § 7 Abs. 1 S. 3 EStG. Lineare Abschreibung über 15 Jahren. |
negativer Geschäfts- oder Firmenwert | Regelungen nur für den Konzernabschluss | unverändert | Regelungen für Konzern- und Einzelabschluss (IFRS 3.51 ff.) | Keine Regelungen |
Neubewertung | Verbot; fortgeführte Anschaffungs- und Herstellungskosten sind die Wertobergrenze | unverändert | Neubewertung ist regelmäßig durchzuführen, in der Regel, alle 3-5 Jahre, bei stärkeren Wertschwankungen jährlich | Zeitwert ist kein steuerlicher Bewertungsmaßstab. Die Anschaffungs- und Herstellungskosten stellen die Obergrenze dar. |