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  • 01.11.2005 | Jahresabschlussprüfung

    Unterlassene Pflichtprüfung einer GmbH und deren steuerlichen Folgen

    von Dipl.-Finw. Markus Schlagheck, Berlin

    Seitens der Unternehmung wird die verpflichtende Jahresabschlussprüfung häufig als unproduktiver Kostenfaktor empfunden. Die Bereitschaft jedoch auf eine Prüfung zu verzichten, ist daher entsprechend groß. Wird auf Grundlage eines pflichtwidrig nicht geprüften Jahresabschlusses eine Gewinnausschüttung beschlossen, kann dies zu erheblichen Steuererhöhungen sowie zu nachteiligen Auswirkungen auf die Unternehmensliquidität führen. 

    1. Pflichtprüfung, Feststellung und Gewinnverteilungsbeschluss

    Der § 316 Abs. 1 HGB verpflichtet mittelgroße und große Kapitalgesellschaften (§ 267 Abs. 2u. 3 HGB), ihren Jahresabschluss und Lagebericht durch einen Abschlussprüfer prüfen zu lassen. Diese Vorschrift ist auch auf eine Einmann-GmbH anzuwenden, bei der der Gesellschafter zugleich Geschäftsführer ist, denn insoweit liegen keine gesetzlichen Ausnahmetatbestände vor. Wird die Prüfungspflicht nicht beachtet, so ist die Feststellung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafterversammlung nicht möglich (§ 316 Abs. 1 S. 2 HGB). Er erlangt somit keine Rechtswirksamkeit. Materiellrechtlich ist in ihm lediglich eine Art Rechnungslegung der Geschäftsführung gegenüber der Gesellschafterversammlung zu sehen. Gleiches gilt, wenn der Jahresabschluss zwar geprüft worden ist, der Prüfer hierzu jedoch nicht befugt war, weil er die persönlichen Qualifikationsvoraussetzungen nicht erfüllt (§ 319 HGB). Hiervon sind die Sachverhalte zu unterscheiden, in denen der Jahresabschluss von einer befugten Person geprüft wurde, die in diesem konkreten Fall aber nicht prüfen durfte (§§ 319, 319a HGB, z.B. bei Mitwirkung des Abschlussprüfers an der Buchführung oder am Jahresabschluss). Nach Meinung des BGH (Urteil v. 30.4.92, DB 92, 1466) hat dieser Umstand jedoch keine Auswirkung auf die Wirksamkeit des Jahresabschlusses. 

     

    1.1 Keine Feststellung ohne Pflichtprüfung

    Wird ein Jahresabschluss trotz unterlassener Pflichtprüfung festgestellt, so ist er nichtig. Diese Rechtsfolge ergibt sich nicht direkt aus dem GmbHG, sondern ist in der analogen Anwendung des § 256 AktG auf das GmbH-Recht begründet (vgl. Seitz, DStR 91, 315 (316) m.w.N.; GmbHR 90, R 91). Hiernach ist ein Jahresabschluss u.a. dann nichtig, wenn er im Falle einer gesetzlichen Prüfungspflicht nicht nach § 316 Abs. 1u. 3 HGB geprüft worden ist (§ 256 Abs. 1 Nr. 2 AktG). Der Verzicht auf die ausdrückliche gesetzliche Fixierung der Nichtigkeitsgründe im GmbHG soll der Rechtsprechung die Möglichkeit geben – über die in § 256 AktG geregelten Fälle hinaus – weitere Kriterien zu entwickeln. Die Nichtigkeit kann nur durch die Nachholung der entsprechenden Pflichtprüfung und die erneute Feststellung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafterversammlung (§ 46 Nr. 1 GmbHG) beseitigt werden. Eine Heilung durch Zeitablauf ist in analoger Anwendung des § 256 Abs. 6 AktG nicht möglich, da er enumerativ ist und die unterlassene Abschlussprüfung nicht explizit aufgeführt wird.  

     

    1.2 Nichtiger Gewinnverteilungsbeschluss

    Der Gesellschafterversammlung obliegt die Feststellung der Jahresbilanz und die Verteilung des sich aus derselben ergebenden Reingewinns (§ 46 Nr. 1 GmbHG). Folglich ist eine wirksame Bilanzfeststellung unabdingbare Voraussetzung für den darauf aufbauenden Gewinnverteilungsbeschluss. Ist jedoch der Jahresabschluss wegen der unterlassenen Pflichtprüfung nichtig, d.h. nicht existent und beschließt die Gesellschafterversammlung trotzdem über die Verteilung des Reingewinns, führt dies zwingend auch zur Nichtigkeit des Gewinnverteilungsbeschlusses (Scholz, GmbHG, § 46 Anm. 41, Fischer/Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anhang § 42 Rn. 36). Auf die Nichtigkeit dieses Beschlusses kann sich jedermann berufen. Die gerichtliche Geltendmachung durch Nichtigkeitsfeststellungsklage ist daher keine Voraussetzung der Nichtigkeit (Baumbach/Hueck, GmbHG, Anh. § 47 Anm. 33).