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  • Liquiditätsmanagement
    Maßnahmen zur Verbesserung der Liquidität und zur Vermeidung der Insolvenz
    von Dr. Torsten Mindermann, Düsseldorf
    In einer Zeit, in der immer mehr Unternehmen auf Grund mangelnder Zahlungsfähigkeit Insolvenz anmelden müssen, kommt der Liquidität eines Unternehmens eine entscheidende Bedeutung zu. Zur Vermeidung der Insolvenz müssen in einem Unternehmen immer genügend Zahlungsmittel vorhanden sein, um die fälligen Verbindlichkeiten begleichen zu können. Allerdings kann es nicht Unternehmensziel sein, ein Höchstmaß an Zahlungsmittel zurückzulegen, da dies mangels Verzinsung dem obersten Unternehmensziel Gewinnmaximierung entgegensteht. Vielmehr ist die Aufrechterhaltung der Liquidität eine wichtige Nebenbestimmung zur Zielfunktion Gewinnmaximierung.
    1. Definition der Liquidität und der Liquiditätsgrade
    Unter Liquidität versteht man die Fähigkeit eines Unternehmens, jederzeit, termingerecht und in vollem Umfang seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Allgemein unterscheidet man zwischen der relativen Liquidität (Finanzplanliquidität) und der absoluten Liquidität (Vermögensliquidität).
    Finanzplanliquidität ist gegeben, wenn die verfügbaren Zahlungsmittel stets die fälligen Verbindlichkeiten überschreiten. Als Vermögensliquidität beschreibt man die Liquidierbarkeit eines Vermögensgegenstandes, d.h., die Möglichkeit, Vermögensgegenstände als Zahlungsmittel zu verwenden oder in Zahlungsmittel umtauschen zu können.
    In der Praxis wird die Liquiditätslage eines Unternehmens anhand von Liquiditätsgraden ermittelt:
    Übersteigt der jeweils betrachtete Quotient den Wert 1, dann sind alle kurzfristigen Verbindlichkeiten gedeckt. Viele Unternehmen weisen jedoch eine Liquidität 1. Grades von unter 1 auf, da die kurzfristigen Verbindlichkeiten nicht alle zum Betrachtungszeitpunkt fällig sind und ein hoher Bestand an Zahlungsmitteln mangels Verzinsung dem Ziel Gewinnmaximierung entgegensteht. Allerdings sollte zumindest die Liquidität 2. Grades über 1 liegen, da neben den aus der Bilanz erkennbaren kurzfristigen Verbindlichkeiten auch Personalkosten und andere Aufwendungen zu begleichen sind, deren Fälligkeit nicht aus der Bilanz ersichtlich ist. Die Formeln zur Bestimmung der Liquiditätsgrade lauten:
      Zahlungsmittel
    Liquidität 1. Grades ----------------------------------
      kurzfristige Verbindlichkeiten
     
      Zahlungsmittel + kurzfristige Forderungen
    Liquidität 2. Grades ----------------------------------------------------------------
      kurzfristige Verbindlichkeiten
     
      Umlaufvermögen
    Liquidität 3. Grades ----------------------------------------
      kurzfristige Verbindlichkeiten
    2. Maßnahmen zur Erhöhung der Liquidität
    Im Folgenden sollen nun unter Zugrundelegung der Liquidität 2. Grades Maßnahmen zur Überbrückung eines kurzfristigen Liquiditätsengpasses aufgezeigt werden. Die Maßnahmen lassen sich einteilen in Maßnahmen, welche die Zahlungsmittel und/oder die kurzfristigen Forderungen erhöhen, und in Maßnahmen, welche die kurzfristigen Verbindlichkeiten reduzieren.
    2.1 Maßnahmen zur Erhöhung der Zahlungsmittel und der kurzfristigen Forderungen
    a) Eigenkapitalerhöhung
    Mit einer Kapitalerhöhung durch Bareinlagen werden dem Unternehmen liquide Mittel zugeführt, die zur Tilgung der fälligen Verbindlichkeiten genutzt werden können. Jedoch ist zu beachten, dass die Gesellschafter einer Kapitalerhöhung nur zustimmen, solange die Ertragsaussichten des Unternehmens positiv zu beurteilen sind und die Gesellschafter für ihre Einlage eine Verzinsung in Form einer Dividende erwarten dürfen, die i.d.R. höher ist als der Zinssatz für Fremdkapital.
    b) Erhöhung der langfristigen Verbindlichkeiten
    Die Liquidität eines Unternehmens kann kurzfristig auch dadurch verbessert werden, indem langfristige Darlehen aufgenommen werden, um kurzfristige Verbindlichkeiten zu tilgen. Hierbei darf jedoch nicht übersehen werden, dass sich diese Maßnahme nur für einen kurzen Liquiditätsengpass eignet, da das Zahlungsproblem lediglich in die Zukunft verlagert wird. Auch hier ist zu beachten, dass die Gläubiger nur dann bereit sind, einem Unternehmen mit Liquiditätsschwierigkeiten neue Kredite zu gewähren, wenn die Ertragsaussichten des Unternehmens positiv sind.
    c) Sale-and-lease-back
    Eine beliebte Methode zur kurzfristigen Verbesserung der Liquidität ist der Verkauf von Anlagevermögen (i.d.R. Grundstücken und Gebäuden), das anschließend zurückgemietet wird (sog. "Sale-and-lease-back"). Der Verkauf führt zu einem hohen Zufluss an Zahlungsmitteln, während die Auszahlungen für die Mietaufwendungen in die Zukunft verlagert werden.
    d) Factoring
    Die Liquiditätswirkung des Forderungsverkaufs (sog. Factoring) muss differenziert betrachtet werden. Während der Forderungsverkauf die Liquidität des 1. Grades erhöht, hat er auf die Liquidität des 2. Grades eine negative Wirkung. Zwar nimmt durch den Forderungsverkauf der Bestand der Zahlungsmittel zu, gleichzeitig reduziert sich jedoch der Bestand der Forderungen. Da die Factoringgesellschaft für ihre Finanzierungsfunktion einen Forderungsabschlag einbehält, ist die Zunahme des Bestandes an Zahlungsmitteln geringer als die Abnahme des Forderungsbestandes, so dass die Liquidität des 2. Grades sinkt.
    2.2 Maßnahmen zur Reduzierung der kurzfristigen Verbindlichkeiten
    a) Umwandlung von Fremdkapital in Eigenkapital
    Durch die Umwandlung von Fremdkapital in Eigenkapital muss das Unternehmen die fälligen Tilgungsleistungen nicht mehr erbringen. Auch hier gilt, dass die bisherigen Gläubiger diesem Vorhaben nur bei positiven Ertragsaussichten zustimmen werden. Für das Unternehmen besteht der Nachteil, dass künftig Dividendenzahlungen zu erbringen sind und dass die bisherigen Gläubiger nun ein Mitspracherecht bei der Geschäftsführung haben.
    b) Umschuldung
    Durch die Umschuldung kurzfristiger Verbindlichkeiten in langfristige Darlehen kann die Liquidität ebenfalls kurzfristig verbessert werden. Allerdings wird auch hier das Zahlungsproblem lediglich in die Zukunft verlagert.
    3. Fazit
    Die hier aufgezeigten Maßnahmen eignen sich grundsätzlich, um kurzfristige Liquiditätsengpässe zu überbrücken. Allerdings ist darauf zu achten, dass die meisten Maßnahmen zwar im Zeitpunkt des Liquiditätsengpasses zu einer Liquiditätsverbesserung führen, jedoch in der Zukunft eine höhere Liquiditätsbelastung bewirken. Daher sind diese Maßnahmen nur für Unternehmen mit positiven Ertragsaussichten sinnvoll.
    Quelle: Betriebswirtschaftliche Mandantenbetreuung - Ausgabe 03/2004, Seite 57
    Quelle: Ausgabe 03 / 2004 | Seite 57 | ID 109505