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  • 01.08.2005 | Muster für eine Inventuranweisung

    Inventuranweisung für die Stichtagsinventur des Vorratsvermögens

    von WP StB Gerald Schwamberger, Göttingen

    Die Inventur ist vom Gesetzgeber vorgeschrieben. Eine ordnungsmäßige Inventur ist Voraussetzung für die Erstellung eines ordnungsmäßigen Jahresabschlusses. Fehler bei der Inventuraufnahme können zu erheblichen Nachteilen für das Unternehmen führen. Daher muss jeder zu Inventurarbeiten herangezogene Mitarbeiter die ihm übertragenen Aufnahmearbeiten mit größter Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit erledigen. Das folgende Muster einer Inventurrichtlinie (Abruf-Nr. 051893) soll bei der Erfüllung dieser Aufgabe helfen.  

    1. Umfang der Aufnahme

    Es sind alle unternehmenseigenen und fremden Vorräte innerhalb des Unternehmensbereichs und alle eigenen Vorräte außerhalb des Unternehmensbereichs zu erfassen. 

    2. Vorbereitung im Betrieb

    Die Betriebsleiter sorgen dafür, dass die Werkstätten bis zum Beginn der Aufnahme aufgeräumt und gesäubert worden sind, damit die Aufnahme ohne unnötigen Zeitverlust und ohne Gefahren für die mit der Aufnahme betrauten Personen durchgeführt werden kann. Unterwertige oder überzählige Vorräte sind besonders zu kennzeichnen. Rohstoffe, die noch nicht bearbeitet sind, für die also noch kein Lohn angefallen ist, sind vor der Inventur an das Lager zurückzugeben. Die aufzunehmenden Gegenstände sind übersichtlich aufzustellen. Teile mit gleichen Auftragsnummern sind möglichst zusammenzustellen. 

     

    Folgende Festlegungen müssen getroffen werden: 

     

    • verantwortlicher Inventurleiter,
    • an der Inventur beteiligte Mitarbeiter,
    • Aufnahmezeitraum sowie
    • Angabe über die aufzunehmenden Lagerorte und Festlegung der Aufnahmebereiche.

    3. Durchführung der Aufnahme

    Die Durchführung der Aufnahme sollte folgende Punkte einbeziehen: 

     

    • Empfang der Aufnahmevordrucke
    Die Aufnahmevordrucke werden gegen Quittung an die Aufnahmepersonen abgegeben. Die Vordrucke sind mit laufenden Blattnummern versehen. Nach Abschluss der Aufnahme sind alle Blätter, auch die nicht ausgefüllten, an die Formularverwaltung zurückzugeben.

     

    • Uraufschreibung
    Durch körperliche Aufnahme werden Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, Handelswaren und selbsterstellte Einzelteile am Lager für unfertige Erzeugnisse erfasst. Der Fertigungsumlauf (unfertige Erzeugnisse in den Werkstätten), fertige Erzeugnisse und versandbereite Aufträge werden auftragsweise erfasst. Die körperliche Aufnahme erfolgt durch zwei Personen. Die eine Aufnahmeperson übernimmt die Rolle des „Aufschreibers“ und die andere die Rolle des „Ansagers“. Beide unterzeichnen die ausgefüllten Belege.

     

    Die Aufnahmeformulare sind Inventurbelege. Die Eintragungen müssen mit Tintenstift oder dokumentenfestem Kugelschreiber erfolgen. Unter keinen Umständen darf auf den Aufnahmebelegen radiert werden. Falsche Eintragungen sind so zu streichen, dass die ursprüngliche Aufzeichnung noch lesbar ist. Neben die Berichtigung ist das Zeichen desjenigen zu setzen, der den Irrtum berichtigt hat. Verschriebene und unbrauchbare Aufnahmescheine sind durch das Wort „ungültig“ zu kennzeichnen und ebenfalls zu unterschreiben. Alle Aufnahmen haben gut lesbar, eindeutig und vollständig zu erfolgen. Bei der Aufschreibung sind Freizeilen unbedingt zu vermeiden. Eintragungen zwischen den Zeilen dürfen ebenfalls nicht erfolgen.

     

    Werden bei der Aufnahme ersichtlich nicht mehr vollwertige Vorräte vorgefunden, ziehen die Aufnahmepersonen die Auskunftspersonen aus der Betriebsleitung oder der Lagerleitung hinzu. Mit diesen gemeinsam ist der Brauchbarkeitsgrad zu bestimmen. Der Prozentsatz wird in das Aufnahmeprotokoll eingetragen.

     

    • Reihenfolge der Aufnahme
    Die Aufnahmepersonen sollen die gesamten Vorräte ihres Bereichs aufnehmen. Sie müssen in der Reihenfolge der Lagerung vorgehen, dürfen also nicht springen. Das gilt auch für die auf Plätzen, auf Wegen und auf Waggons und Lkws lagernden Bestände. Alle aufgenommenen Gegenstände sind zu kennzeichnen, um eine nochmalige Aufnahme zu verhindern.

     

    • Versandbereite Aufträge
    Bei den versandbereiten Aufträgen sind der Kunde und die Auftragsnummer anzugeben.

     

    • Rückwaren
    Rückwaren sind in den Aufnahmeformularen als solche zu kennzeichnen, damit im Rahmen der Auswertung der Aufnahmeformulare sichergestellt wird, dass die Aufnahme entweder unter Fremdeigentum (dem Kunden noch nicht gutgeschrieben) oder unter den eigenen Vorräten erfolgt.

     

    • Fremdeigentum
    Zum Fremdeigentum gehören alle Gegenstände, die nicht Eigentum des aufnehmenden Unternehmens sind, die lediglich als Beistellungsmaterial oder zur Reparatur in den Bereich gelangt sind. Diese sind ebenfalls aufzunehmen und im Aufnahmeformular als solche zu kennzeichnen.

     

    • Auswärtige Bearbeitung
    Bei den in auswärtiger Bearbeitung befindlichen Gegenständen ist der betreffende Lieferant im Aufnahmeformular zu vermerken.

     

    • Aufnahme der unfertigen Erzeugnisse
    Zu allen Vorräten aus unfertigen Erzeugnissen in den Werkstätten müssen die Begleitpapiere auf den Erzeugnissen liegen, damit diese einwandfrei identifiziert werden können. Als Fertigungsgrad ist die Nummer des letzten erledigten Arbeitsgangs einzutragen. Werden die Arbeitsgänge nicht in der in der Auftragsleitkarte vorgesehenen Reihenfolge durchgeführt, so ist unter Fertigungsgrad der Vermerk „jedoch ohne Position Nr. ...“ anzugeben.

    4. Zeitliche Abgrenzung

    Waren, die nach Lagerschluss eingehen, sind von der Lagerverwaltung besonders zu erfassen, um diese im Eingangsbereich des Lagers vorläufig gesondert einzulagern. Für die Abgrenzung zwischen altem und neuem Jahr ist grundsätzlich das Datum des Wareneingangs und nicht das Rechnungsdatum maßgebend. Die Buchhaltung geht entsprechend vor. Diese Vorräte werden auf einem besonderen Formular aufgenommen und gekennzeichnet, damit die buchmäßige Abgrenzung erfolgen kann. 

    5. Prüfung der Aufnahme

    Die Prüfung darf erst beginnen, wenn ein Aufnahmebereich vollständig aufgenommen ist. Die Prüfung muss sich auch auf mengenmäßige Um- und Ausgangsrechnungen erstrecken, soweit diese bei der Aufnahme vorgenommen werden. Der Prüfer hat die geprüften Positionen abzuhaken und sein Zeichen hinter die jeweilige Zeile des Aufnahmeblatts zu setzen. In der Regel genügt es, wenn der Prüfer jede zehnte aufgenommene Position prüft. Dabei sollten möglichst die Posten mit hohem Wert und solche Postengeprüft werden, bei denen auf Grund der Lagerung oder der Art des Artikels leicht Aufnahmefehler vorkommen können. Besondere Aufmerksamkeit muss der Prüfer den Vorräten an den Grenzen der Aufnahmebereiche schenken und jenen Artikeln, die paarweise geführt werden (Gefahr der stückweisen Aufnahme) und die sonst unter verschiedenen Mengeneinheiten geführt werden können. 

    6. Freigabe der Aufnahmebereiche

    Der Prüfer meldet den Abschluss der Prüfung an den Inventurleiter oder dessen Stellvertreter. Dieser führt gegebenenfalls eine Überprüfung durch und gibt den Aufnahmebereich frei. Die Aufschreiber geben alle ausgefüllten oder nicht ausgefüllten Aufnahmeformulare an die Formularverwaltung zurück. 

    Quelle: Ausgabe 08 / 2005 | Seite 196 | ID 86099