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  • 16.02.2009 | Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit

    Neuregelungen der Insolvenzantragspflichten nach MoMiG

    von RA, FAfStR, StB Oliver Haaga, Rottenburg und RA Nikolaus Maier, München

    Das zum 1.11.08 in Kraft getretene Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) hat nicht nur das Recht der GmbH in vielen Bereichen neu geregelt, sondern bringt auch praxisrelevante Änderungen bei den Insolvenzantragspflichten von juristischen Personen und vergleichbaren Gesellschaften, die von den gesetzlichen Vertretern und zukünftig zum Teil auch von Gesellschaftern und Aufsichtsräten zu beachten sind.  

    1. Zusammenfassung der Regelungen in der Insolvenzordnung

    Die bisher in den gesellschaftsrechtlichen Einzelgesetzen geregelten Insolvenzantragspflichten (z.B. § 64 Abs. 1 GmbHG, § 92 AktG, 130a Abs. 1 HGB, § 99 GenG) werden nun einheitlich und rechtsformunabhängig in einem neu eingeführten § 15a InsO geregelt.  

     

    Neben der Vereinheitlichung der Regelung für die deutschen Gesellschaftsformen, beabsichtigt der Gesetzgeber die Anwendung des deutschen Insolvenzrechts auf ausländische Gesellschaften wie z.B der englischen Limited mit Verwaltungssitz und Geschäftsbetrieb im Inland sicherzustellen. Die gesellschaftsrechtlichen Rechte und Pflichten richten sich bei diesen Gesellschaften nach deren ausländischem Gesellschaftsrecht. Für diese in Deutschland ansässigen und hier tätigen Auslandsgesellschaften ist strittig, ob die Insolvenzantragspflichten des gesetzlichen Vertreters dem ausländischen Gesellschaftsrecht unterfallen oder ob die deutsche Insolvenzordnung maßgeblich ist. Lediglich wenn die deutschen Insolvenzvorschriften anwendbar sind, hätte dies zur Folge, dass diese Regelungen auch von Auslandsgesellschaften mit Verwaltungssitz und Tätigkeit in Deutschland zu beachten sind. Nach Auffassung des deutschen Gesetzgebers ist z.B. der „director“ einer englischen Limited mit Verwaltungssitz und Tätigkeit in Deutschland wie der Geschäftsführer einer deutschen GmbH verpflichtet, bei Vorliegen von Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzantrag vor dem zuständigen deutschen Insolvenzgericht zu stellen.  

    2. Insolvenzgründe und Neuregelung bei der Überschuldung

    Nach den Entwürfen zum MoMiG waren weiterhin und inhaltlich unverändert zur bisherigen Fassung die Überschuldung und die Zahlungsunfähigkeit als Insolvenzgründe vorgesehen. Knapp zwei Wochen vor dem geplanten Inkrafttreten des MoMiGs wurde jedoch mit dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz der Überschuldungsbegriff der Insolvenzordnung nochmals kurzfristig geändert. Danach liegt Überschuldung nur vor, „wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich“. Durch diese Änderung kann eine objektiv vorliegende positive Fortführungsprognose eine insolvenzrechtliche Überschuldung beseitigen, auch wenn alle Vermögenswerte der Gesellschaft die Verbindlichkeiten nicht mehr decken. Nach dem bisherigen Überschuldungsbegriff bewirkte die positive Fortführungsprognose lediglich, dass die Aktiva des Unternehmens bei Prüfung des Überschuldungstatbestandes nicht nach Liquidationswerten, sondern nach den in der Regel höheren Fortführungswerten zu bestimmen sind. Lag auch bei Bewertung mit dem Fortführungswerten eine rechnerische Überschuldung vor, war nach dem bisherigen Überschuldungsbegriff zwingend ein Insolvenzantrag zu stellen, auch wenn genügend Liquidität vorhanden und die Fortführungsprognose dementsprechend positiv war. Diese kurzfristig getroffene Gesetzesänderung stellt eine Reaktion des Gesetzgebers auf die aktuelle Finanzkrise dar. Unternehmen, die aufgrund der aktuellen Krise in eine lediglich vorübergehende Überschuldungssituation geraten, sollen nicht zu einem Insolvenzantrag gezwungen werden. Allerdings ist diese Regelung zeitlich begrenzt. Ab dem 1.1.11 tritt die Regelung zum bisherigen Überschuldungsbegriff wieder in Kraft. Die Reglungen zur Zahlungsunfähigkeit blieben unverändert.  

    3. Überschuldungsprüfung bei Rangrücktritt

    Bei der Überschuldungsprüfung sind Darlehen von Gesellschaftern nicht als Verbindlichkeiten zu berücksichtigen, soweit ein Rangrücktritt vereinbart wurde. Eine ausdrückliche Rangrücktrittsvereinbarung ist dabei weiterhin erforderlich. Eine Erleichterung ergibt sich allerdings insofern, als nun ein einfacher Rangrücktritt mit der Vereinbarung des Ranges im Sinne von § 39 Abs. 2 InsO nach dem Gesetzeswortlaut ausreichend ist. Die Anforderungen der Rechtsprechung an einen qualifizierten insolvenzrechtlichen Rangrücktritt in Form einer Vereinbarung über das Zurücktreten des Gläubigers mit seiner Forderung hinter allen Insolvenzforderungen einschließlich aller nachrangigen Forderungen i.S.d. § 39 Abs.1 und 2 InsO, d.h. die Vereinbarung eines Ranges unmittelbar vor den Einlagerückgewähransprüchen der Gesellschafter, ist nicht mehr erforderlich. Vom ausdrücklichen Wortlaut sind allerdings nur Gesellschafterdarlehen und nicht Darlehen von Dritten oder von nahen Angehörigen erfasst. Unterschiedliche inhaltliche Anforderungen an Rangrücktrittserklärungen je nach Gläubigerstellung wären argumentativ schwerlich zu rechtfertigen, insofern dürfte davon auszugehen sein, dass die Vereinbarung des Ranges im Sinne von § 39 Abs. 2 InsO künftig auch bei Drittdarlehen ausreichend ist, um die Forderung nicht bei der Überschuldungsprüfung als Verbindlichkeit berücksichtigen zu müssen.