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  • 18.02.2010 | Unternehmensbewertung

    Neue Ansätze und Anforderungen zur Bewertung medizinischer Praxen

    von Professor Dr. Peter Knief, Köln

    Die Liste der Anlässe, in denen es wichtig ist, den Wert einer Praxis zu bestimmen ist lang: Abgabe aus Alters- oder Krankheitsgründen, Praxisverkauf, Bildung einer Gemeinschaftspraxis, Wertermittlung der Anteile bei Trennung einer Gemeinschaftspraxis oder aufgrund einer Ehescheidung. Genauso lang erscheint die Liste der Neuerungen, die bei der Ermittlung des Praxiswerts zu beachten sind.  

    Auswirkungen der aktuellen Rechtsprechung

    So hat beispielsweise der BGH in einem Zugewinnausgleichsverfahren sehr konkret Stellung zu dem Ansatz eines kalkulatorischen Arztgehaltes einerseits und zu einer angewandten Gutachtermethode zur Bewertung einer Tierarztpraxis andererseits bezogen (BGH 6.2.08, XII ZR 45/06). Die Bewertungsmethoden zur Ermittlung des Goodwills einer Arztpraxis treten dabei immer mehr in den Fokus des BGH. Von der Rechtsprechung wie auch der Kommentierung wird in diesem Zusammenhang das reine Ertragswertverfahren zur Ermittlung des Praxiswerts und des anteiligen Goodwills favorisiert (vgl. dazu Palandt/Edenhofer, 68. Aufl., 2009, § 1376 Rn. 5 , sowie § 2311, Rn. 8 und 9). Betriebswirtschaftlich war es deswegen nicht verwunderlich, dass die sogenannte IBT-Methode (Indexierte Basis Teilwertmethode) des Gutachters in dem oben angesprochenen Fall vom BGH als unbrauchbar verworfen wurde. Schmidt-Domin (vgl. dazu besonders Schmidt-Domin, Bewertung von Arztpraxen und Kaufpreisfindung, 3. Auflage, Berlin 2009, S. 138), befasst sich dagegen ablehnend mit allen gängigen Methoden und räumt der sogenannten Übergewinnverwendungsmethode fachliche Überzeugungskraft ein. Der Verfasser hat in einem neuen EXCEL-Bewertungstool die Ansätze der Praxisbewertung entsprechend neu durchdacht und programmiert (vgl. www.peter-knief.de).  

    Grundvoraussetzungen einer Unternehmensbewertung

    Die Praxisbewertung ist ein Fall der Unternehmensbewertung, d.h. nach IDW S 1 müssen mindestens drei Vergangenheitsjahre analysiert werden und dann in eine Planungsrechnung übersetzt werden. Die Genauigkeit der Planungsrechnung entscheidet über die Güte und die Richtigkeit der Bewertung. Diese Planungsrechnung muss bei Ärzten auf dem Mengengerüst (Scheinzahlen) aufgebaut werden: So hat der Verfasser in seinem Tool sowohl die Fallzahlen für KV-Patienten wie auch für Privatpatienten für die letzten drei Jahre analysiert und daran anschließend für drei Jahre unter Berücksichtigung der Gebührenordnung zum 1.1.09 hochgerechnet. Die Privaterlöse werden ebenfalls mit Mengengerüst (Fallzahlen) und Durchschnittserlösplanung individuell geplant. Wenn dann die Betriebsausgaben ordnungsgemäß für drei Jahre geplant werden, entstehen zumindest für drei Planjahre rechnerisch prospektive plausible Plan-Überschüsse. Das ist die Grundvoraussetzung für den IDW S 1. Im Rahmen dieser Planungsrechnung muss das kalkulatorische Arztgehalt ermittelt werden: Basis ist z.B. das Chefarztgehalt laut Marburger Bund Tarif, das durch Überstunden für Bereitschaftsdienste etc., durch Risikozuschläge und/oder durch sonstige Zuschläge für Opportunitätskosten erhöht werden muss. Die Praxislebensdauer muss dabei individuell festgesetzt werden, z.B. zwischen 10 und 20 Jahren.  

     

    Der anzusetzende Zinssatz zur Diskontierung muss fristenkongruent entsprechend der Laufzeit festgesetzt werden. Der Zins wird durch Zuschläge für die Tätigkeit des freien Berufes, die Risiken der Gesundheitspolitik etc. erhöht und dann um einen entsprechenden individuell ermittelten Steuersatz oder pauschal um 30 % gemindert. Nach dem IDW S 1 muss die erste Phase exakt ermittelt werden, ab dem 4. Jahr wird dann der Übergewinn unterstellt wie im 3. Jahr und diskontiert.