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  • 17.09.2012 · IWW-Abrufnummer 122851

    Kammergericht Berlin: Urteil vom 19.04.2012 – 25 W 34/12

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    25 W 34/12
    Tenor:
    1. Der Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 05. März 2012 wird aufgehoben.
    2. Der Verfahrenswert wird auf 3.000 € festgesetzt.
    Gründe
    A. Die Beteiligte zu 1. wurde am 21. Juni 2011 durch ihren Alleingesellschafter V#### S### gegründet. Der Beteiligte zu 2. wurde zu deren Geschäftsführer bestellt und in das Handelsregister eingetragen. Als Gegenstand der Beteiligten zu 1. ist im Handelsregister "Bestattungen aller Art, Überführungen in das In- und Ausland, Blumenausstattungen, Versicherungen, Wohnungsräumungen" eingetragen.
    Mit Schreiben vom 16. Dezember 2011 teilte das Bezirksamt Pankow von Berlin dem Registergericht mit, dass dem Beteiligten zu 1. mit seit dem 13. Dezember 1988 unanfechtbaren Bescheid des Bezirksamtes Charlottenburg vom 28. Oktober 1988 die Ausübung des Gewerbes "Gerüstbau" untersagt worden war. Die Untersagung erstreckte sich auf die "Tätigkeit als Geschäftsführer und alle unselbständigen leitenden gewerblichen Tätigkeiten" sowie alle "selbständigen gewerblichen Tätigkeiten".
    Mit Schreiben vom 27. Dezember 2011 wies das Amtsgericht Charlottenburg die Beteiligte zu 1. darauf hin, dass wegen der Gewerbeuntersagung die Amtslöschung des Beteiligten zu 2. als Geschäftsführer der Beteiligten zu 1. beabsichtigt sei. Dagegen wandte sich der Beteiligte zu 2. mit dem durch seinen Verfahrensbevollmächtigten eingelegten Widerspruch vom 23. Januar 2012. Die Untersagung aus dem Jahre 1988 könne keinen lebenslangen Bestand haben, da dies dem Grundgesetz widerspreche. Die damaligen Untersagungsgründe bestünden nicht mehr. Somit sei vom Gewerbeamt die Wiedergestattung auszusprechen. Der Beteiligte zu 2. dürfe deshalb seine Tätigkeit als Geschäftsführer fortsetzen. Als Geschäftsführer sei der Alleingesellschafter eingetragen. Zudem habe der Beteiligte zu 2. sein Gewerbe zum 01. Dezember 2011 aufgegeben und am 27. Februar 2012 abgemeldet. Das Registergericht wies mit Beschluss vom 05. März 2012 den Widerspruch zurück.
    Gegen diesen seinem Verfahrensbevollmächtigten am 14. März 2012 zugestellten Beschluss hat der Beteiligte zu 2. am 19. März 2012 per Telefax bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom selben Tage Beschwerde eingelegt und unter Bezug auf seinen bisherigen Vortrag begründet.
    Mit Beschluss vom 19. März 2012 hat das Amtsgericht Charlottenburg der Beschwerde nicht abgeholfen.
    B. Die Beschwerde des Beteiligten zu 2. hat Erfolg.
    I) Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist nach § 58 Abs.1 FamFG statthaft, gemäß § 64 FamFG form- und gemäß § 63 Abs. 1 FamFG fristgerecht eingelegt und begründet worden. Zwar hat der Verfahrensbevollmächtigte nicht mitgeteilt, für wen er die Beschwerde einlegt. Jedoch ist aus den Gesamtumständen - insbesondere der Tatsache, dass er den Widerspruch namens des Beteiligten zu 2. eingelegt hatte - erkennbar, dass er die Beschwerde für den Beteiligten zu 2. einlegen wollte. Dieser ist nach § 59 Abs.1 FamFG beschwerdebefugt, da durch die Amtslöschung nachhaltig in seine Rechtsposition als Geschäftsführer eingegriffen wird.
    II) Die Beschwerde ist auch begründet.
    Gemäß § 395 Abs. 1 FamFG kann das Registergericht eine Eintragung, die wegen Mangels einer wesentliche Voraussetzung unzulässig ist, von Amts wegen löschen. Ein solcher Mangel ist anzunehmen, wenn die Eintragung von Anfang an unrichtig gewesen ist (Bork/Jacoby/Schwab, FamFG, 2009, § 395 Rn. 6). Unrichtig ist insbesondere die Eintragung eines GmbH-Geschäftsführers, der die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 GmbHG nicht erfüllt (Bork/Jacoby/Schwab, aaO.).
    Hier hat das Registergericht die Unrichtigkeit der Eintragung des Beteiligten zu 2. als Geschäftsführer aus § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 GmbHG angenommen. Diese Annahme war jedoch unzutreffend.
    Gemäß § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 GmbHG kann Geschäftsführer nicht sein, wer aufgrund einer vollziehbaren Entscheidung einer Verwaltungsbehörde einen Beruf, Berufszweig, ein Gewerbe oder einen Gewerbezweig nicht ausüben darf, sofern der Unternehmensgegenstand ganz oder teilweise mit dem Gegenstand des Verbots übereinstimmt.
    Im vorliegenden Fall wurde dem Beteiligten zu 2. mit - seit dem 13. Dezember 1988 unanfechtbarer - Entscheidung des Bezirksamtes Charlottenburg die Ausübung des Gewerbes "Gerüstbau" untersagt und diese Untersagung auf die "Tätigkeit als Geschäftsführer und alle unselbständigen leitenden gewerblichen Tätigkeiten" sowie alle "selbständigen gewerblichen Tätigkeiten" erstreckt. Damit liegt die erforderliche Amtsuntersagung gegen den Beteiligten zu 2. als Geschäftsführer vor. Diese ist vom Bezirksamt Charlottenburg mit Bescheid vom 28. Oktober 1988 auch gemäß § 35 Abs. 1 S. 2 GewO so umfassend ausgestaltet worden, dass dem Beteiligten zu 2. praktisch jede Tätigkeit als Geschäftsführer, unabhängig davon, ob sie in Form einer selbständigen gewerblichen oder einer unselbständig leitenden gewerblichen Tätigkeit ausgeübt wird, untersagt ist. Darauf, dass sich das Verbot ausdrücklich auf die Tätigkeit als GmbH-Geschäftsführer bezieht, kommt es dabei nicht an (GroßKomm-GmbHG/Ulmer, 2005, § 6 Rn. 20).
    Maßgeblich ist gemäß § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 GmbHG der tatsächliche (Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl. 2012, § 6 Rn. 9) oder satzungsgemäßer (Scholz/Schneider, GmbHG, 10. Aufl. 2006, § 6 Rn. 27) Unternehmensgegenstand der GmbH. Er muss sich mit dem Bereich des Verbots zumindest teilweise decken (Michalski/Tebben, GmbHG, 2. Aufl. 2010, § 6 Rn. 21; Scholz/Schneider, aaO.). Das ist hier jedoch nicht der Fall. Die Gewerbeuntersagung des Bezirksamtes Charlottenburg vom 28. Oktober 1988 bezog sich auf das Gewerbe "Gerüstbau". Der tatsächliche und der satzungsgemäße Unternehmensgegenstand der Beteiligten zu 1. lautet jedoch auf "Bestattungen aller Art, Überführungen in das In- und Ausland, Blumenausstattungen, Versicherungen, Wohnungsräumungen". Eine auch nur teilweise Deckung mit der Gewerbeuntersagung ist nur dann erkennbar, wenn man davon ausgeht, dass beide Unternehmensgegenstände die Erbringung von Dienstleistungen zum Gegenstand haben. Das begegnet aber erheblichen Bedenken, weil in einer so weiten Auslegung ein nachhaltiger Eingriff in den Schutzbereich der durch Art. 12 GG gewährleisteten Berufsfreiheit liegen dürfte.
    Der Senat verkennt nicht, dass dieses Ergebnis unbefriedigend ist. Es obliegt jedoch dem Gesetzgeber, dafür Sorge zu tragen, dass ein umfassendes Verbot jeder Tätigkeit als Geschäftsführer gemäß § 35 Abs. 1 S. 2 GewO auch ohne Bezug zum tatsächlichen Unternehmensgegenstand für alle Gesellschaften mit beschränkter Haftung zu einer Unfähigkeit für das Geschäftsführeramt nach § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 GmbHG führt.
    Im Übrigen erlaubt sich der Senat den Hinweis, dass der Geschäftsführer gemäß § 8 Abs. 3 GmbHG in der Anmeldung zu versichern hat, dass keine Umstände vorliegen, die seiner Bestellung nach § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 GmbHG entgegenstehen. Diese Versicherung hat der Beteiligte zu 2. mit seiner Anmeldung am 21. Juni 2011 dem Amtsgericht Charlottenburg gegenüber abgegeben. Dabei hat der Geschäftsführer dem Registergericht sämtliche etwa vorhandenen Verbote bekannt zu geben, um dem Gericht die Beurteilung der Frage zu ermöglichen, ob eines der etwa vorhandenen Verbote ganz oder teilweise mit dem Unternehmensgegenstand der Gesellschaft übereinstimmt (OLG Düsseldorf, GmbHR 1997, 71; Roth/Altmeppen, aaO.). Ob dies der Fall ist und damit Ausschlussgründe für den Geschäftsführer bestehen, hat allein das Registergericht zu überprüfen (BayObLG DB 1982, 273; Roth/Altmeppen, aaO.; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, 19. Aufl. 2010, § 8 Rn. 16). Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Untersagung aus dem Jahre 1988 stammt. Hat ein Geschäftsführer nämlich seine Amtsfähigkeit durch eine Gewerbeuntersagung verloren, so erlangt er diese erst wieder durch eine von ihm zu beantragende neue Gewerbeerlaubnis der Ordnungsbehörde.
    III) Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 131 Abs. 4, 30 Abs. 2 KostO.

    RechtsgebieteFamFG, GewO, GmbHGVorschriften§ 58 Abs. 1 FamFG § 59 Abs. 1 FamFG § 63 FamFG § 64 FamFG § 395 Abs. 1 FamFG § 35 Abs. 1 S. 2 GewO § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 GmbHG § 8 Abs. 3 GmbHG