21.01.2019 · IWW-Abrufnummer 206684
Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 28.11.2018 – 4 K 1426/17
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf
4 K 1426/17 VE,VSt
Tenor:
Der Beklagte wird unter Aufhebung seiner ablehnenden Bescheide vom 16.11.2015 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.05.2017 verpflichtet, der Klägerin die beantragte Vergütung der Stromsteuer nach § 10 des Stromsteuergesetzes und die beantragte Vergütung der Energiesteuer nach § 55 des Energiesteuergesetzes für das Kalenderjahr 2014 zu gewähren.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
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Tatbestand:
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Die Beteiligten streiten im Hinblick auf die Voraussetzungen für Strom- und Energiesteuervergütungen darüber, ob die Klägerin ein eigenständiges kleines oder mittleres Unternehmen ist.
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Persönlich haftender Gesellschafter der Klägerin sind die A GmbH und B. Kommanditist ist die C GmbH. Persönlich haftender Gesellschafter der A GmbH & Co. KG (KG) sind die GmbH und B, Kommanditistin die C-GmbH. B ist einer von drei Geschäftsführern der GmbH und Geschäftsführer der C-GmbH. Er ist auch alleiniger Gesellschafter der GmbH. Alleinige Gesellschafterin der C GmbH ist seit 2015 die KG.
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Am 12.03.2015 beantragte die Klägerin für das Jahr 2014 die Entlastung von der Strom- und von der Energiesteuer nach § 10 des Stromsteuergesetzes (StromStG) und § 55 des Energiesteuergesetzes (EnergieStG). Dabei legte sie als Nachweis über ein Energiemanagement-, Umweltmanagement- oder ein alternatives System zur Verbesserung der Energieeffizienz eine von einer akkreditierten Konformitätsbewertungsstelle unterschriebene Bestätigung vor. Darin wurde bestätigt, dass die Klägerin mit der Einführung eines Energiemanagements-, Umweltmanagements- oder eines alternativen Systems zur Energieeffizienz begonnen habe.
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Auf diesen Antrag forderte der Beklagte die Klägerin auf, durch den ausgefüllten Vordruck 1459 nachzuweisen, dass sie ein kleines oder mittleres Unternehmen sei. Hierauf teilte die Klägerin auf dem Vordruck die Einstufungskriterien mit und erklärte, dass es sich bei ihr um ein eigenständiges Unternehmen handele, weil sie nicht als verbundenes Unternehmen oder als Partnerunternehmen gelte.
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Sodann ließ der Beklagte die Eigenschaft der Klägerin als kleines oder mittleres Unternehmen durch sein Sachgebiet Prüfungsdienst im Rahmen einer Steueraufsichtsmaßnahme überprüfen. Dieses teilte mit, die Klägerin sei nicht als eigenständiges Unternehmen anzusehen. Sie sei nach Art. 3 Abs. 3 des Anhangs der Empfehlung der Kommission vom 06.05.2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. EU Nr. L 124 vom 20.05.2003, S. 36 ff.) – Empfehlung – unmittelbar mit der GmbH und über diese mittelbar mit der KG verbunden. Die GmbH sei sowohl bei ihr als auch bei der KG persönlich haftende Gesellschafterin und nehme auch die Geschäftsführung wahr. B sei Geschäftsführer. Die GmbH übe damit auf beide Unternehmen einen beherrschenden Einfluss aus. Daher seien die Mitarbeiterzahlen der GmbH und der KG zu berücksichtigen. 2014 habe die KG 2.282 Mitarbeiter, Umsatzerlöse von 519.185 T€ und eine Bilanzsumme von 567.973 T€ gehabt. Damit seien die Schwellenwerte von Kleinstunternehmen, kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) deutlich überschritten.
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Mit Bescheiden vom 16.11.2015 lehnte der Beklagte die Entlastungsanträge nach § 10 StromStG und § 55 EnergieStG ab, da die Klägerin die Voraussetzungen für die Entlastung nicht erfülle. Sie sei kein eigenständiges Unternehmen, da sie mit der KG und der GmbH verbunden sei. Daher sei sie kein KMU-Unternehmen, für das eine bestätigte Zertifizierung genüge.
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Dagegen legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein und trug zur Begründung vor, sie und die KG seien keine verbundenen Unternehmen. In Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 1 des Anhangs der Empfehlung seien die Unternehmensbeziehungen abschließend aufgelistet, in denen ein Unternehmen ein anderes Unternehmen kontrollieren könne. Derartige Beziehungen schieden mangels unmittelbarer gesellschaftsvertraglicher oder vertraglicher Beziehungen aus.
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Aus Anhang Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 4 der Empfehlung ergebe sich nichts anderes: Danach bestehe in Fällen persönlicher Beziehungen eine Verbundenheit nur, wenn die Unternehmen ganz oder teilweise in demselben Markt oder in benachbarten Märkten tätig seien. Hiervon sei allerdings nicht auszugehen.
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Insoweit handele es sich auch nicht um benachbarte Märkte, die nur Produkte und Dienstleistungen beträfen, bei denen die einen den anderen unmittelbar vor- oder nachgeschaltet seien. Bei ihr und der KG würden weder in der Produktion noch in der Vermarktung Produkte oder Leistungen des einen Unternehmens vom anderen Unternehmen benötigt oder verwendet.
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Die Ermittlung des relevanten Produktmarktes richte sich nach der Bekanntmachung der Kommission über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft (ABl. EG Nr. C 372 S. 5 vom 09.12.1997) – Bekanntmachung –. Dabei werde der sachliche Markt durch Nr. 7 der Bekanntmachung und die Substituierbarkeit durch die Nr. 15 und 20 der Bekanntmachung näher definiert. Die einzige Gemeinsamkeit der Produkte der Klägerin und der KG bestehe nur darin, dass die Produkte für Beschichtungen zu verwenden seien. Bei der KG finde die Verwendung im Wesentlichen in der Bauwirtschaft statt. Ihre Kunden hätten ganz andere Bedürfnisse als die Kunden der KG, die überwiegend Malerbetriebe oder Baumärkte seien. Daher würde niemand auf ihre Produkte ausweichen, wenn die KG ihre Preise erhöhe.
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Schließlich verfügten sie und die KG über völlig unterschiedliche Vertriebswege. Während die Handelsvertreter der KG an Maler, Handwerksbetriebe und Baumarktketten zu vertreiben suchten, besuchten ihre Handelsvertreter die Industrieunternehmen.
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In den Bereichen Personal und Verwaltung habe sie sich entschieden, Dienstleistungen von der KG einzukaufen, ohne dass dies auf eine Tätigkeit im selben Markt Einfluss hätte.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 02.05.2017 wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück und führte dazu aus: Die Empfehlung vom 06.05.2003 sei Grundlage der Einordnung eines Unternehmens als KMU. Damit der Nutzen der Regelung nur den Unternehmen zu Gute komme, bei denen ein entsprechender Bedarf bestehe, müssten auch die Beziehungen, die ggf. durch natürliche Personen zwischen den Unternehmen bestünden, berücksichtigt werden. Dies sei jedoch nur bei Unternehmen vorzunehmen, die Tätigkeiten in demselben relevanten Markt oder in benachbarten Märkten nachgingen. Die den KMU gewährten Vorteile stellten Ausnahmen von allgemeinen Regeln dar. Daher seien die diesbezüglichen Regelungen eng auszulegen.
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Die Klägerin bilde mit der KG eine wirtschaftliche Einheit und sei über B mit dieser verbunden. Dafür sprächen die Beteiligungen und die Funktion B‘s in der Unternehmensgruppe, die Internetpräsenz beider Unternehmen, die Verwaltung der Klägerin durch die KG und nicht zuletzt die gemeinsame Bankverbindung.
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Streitig sei daher allein, ob die Klägerin ganz oder teilweise in demselben Markt oder in benachbarten Märkten wie die KG tätig sei. Dem diesbezüglichen Vortrag sei nur insoweit zu folgen, als hinsichtlich der von ihr und der KG hergestellten Produkte und den damit verbundenen Verwendungszwecken keine unmittelbare Austauschbarkeit der Produkte gegeben sei. Gleichwohl sei er jedoch der Auffassung, dass auf Grund der vorhandenen Unternehmensstruktur eine Umstellung der Produktpalette weder mit hohen Kosten noch mit sonstigem Aufwand verbunden sei, da beide Unternehmen – schon auf Grund ihrer Verbundenheit das Vertriebsnetz des jeweils anderen Unternehmens nutzen und die Produkte im jeweils anderen Unternehmen vertreiben könnten, zumal die Klägerin von der KG verwaltet werde. Zudem würden auf den Internetseiten beider Unternehmen nur Waren der Marke A ohne sonstige Handelswaren beworben. In der Internetpräsenz des Konzerns werde die Klägerin unstreitig als Teil der Firma A und als kompetenter Partner für Handwerker, Architekten und Planer, Wohnungswirtschaft, Handel und Industrie dargestellt.
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Auch sei die Anwendung der Definition des relevanten Marktes nicht zwingend vorgeschrieben, sondern könne nur erforderlichenfalls für die Beurteilung der Tätigkeiten in demselben Markt herangezogen werden. Die Klägerin und die KG gehörten in die Klasse 24.30 WZ 2003. Diese Einordnung diene zwar rein statistischen Zwecken, begründe seiner Auffassung nach aber die wirtschaftliche Tätigkeit im gemeinsamen Markt und sei für die Strom- und Energiesteuer maßgebend. Da sie für verschiedenste Entlastungen maßgebend sei, müsse sie auch hier im Hinblick auf die Einordnung von Unternehmen gelten. Insoweit werde auch auf das Urteil des FG Nürnberg vom 12.04.2016, 1 K 1466/14 hingewiesen.
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Mit ihrer fristgerecht erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter und trägt dazu vor, streitig sei nur noch, ob sie und die KG in demselben oder in benachbarten Märkten tätig und dadurch verbundene Unternehmen seien, die nicht mehr als KMU beurteilt werden könnten. Für die Beurteilung der Märkte, in denen sie und die KG tätig seien, sei die WZ 2003 nicht heranzuziehen. Zudem sei sie anders als die KG der Klasse 24.12 zuzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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1. den Beklagten unter Aufhebung seiner ablehnenden Bescheide vom 16.11.2015 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.05.2017 zu verpflichten, ihr die beantragte Vergütung der Stromsteuer nach § 10 des Stromsteuergesetzes und die beantragte Vergütung der Energiesteuer nach § 55 des Energiesteuergesetzes für das Kalenderjahr 2014 zu gewähren,
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2. hilfsweise die Revision zuzulassen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen,
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und verweist zur Begründung auf seine Verwaltungsentscheidungen. Ergänzend führt er aus, auch die Klägerin sei der Klasse 24.30 zuzuweisen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist begründet.
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Der Beklagte hat mit seinen ablehnenden Bescheiden vom 16.11.2015 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.05.2017 der Klägerin zu Unrecht die Gewährung der beantragten Vergütungen versagt, so dass die Klägerin dadurch in ihren Rechten verletzt wird, § 101 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Da – bis auf die in diesem Verfahren streitige Frage, ob die Klägerin als KMU zu beurteilen ist – nach Angaben der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung alle übrigen Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten Vergütungen gegeben sind, ist der Beklagte entsprechend zur Gewährung der Vergütungen zu verpflichten.
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Die Vergütung der Stromsteuer nach § 10 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 StromStG setzt nach § 10 Abs. 3 Nr. 1 StromStG voraus, dass das Unternehmen für das Antragsjahr ein Energiemanagementsystem oder ein Umweltmanagementsystem betrieben hat. An deren Stelle können bei KMU nach § 10 Abs. 3 Satz StromStG alternative Systeme zur Verbesserung der Energieeffizienz treten.
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Für das Jahr 2014 muss mit der Einführung eines Energiemanagementsystems, eines Umweltmanagementsystems oder eines alternativen Systems begonnen worden sein, § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 StromStG.
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Entsprechende Regelungen ergeben sich auch für den Vergütungsanspruch nach § 55 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EnergieStG.
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Da die Klägerin nur ein alternatives Systeme zur Verbesserung der Energieeffizienz eingeführt hat, steht ihr der Anspruch auf die Vergütung sowohl nach § 10 StromStG als auch nach § 55 EnergieStG nur zu, wenn sie ein KMU ist. Dabei sind KMU nur solche im Sinne der Empfehlung der Kommission vom 06.05.2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. EU Nr. L 124 vom 20.05.2003, S. 36 ff.) – Empfehlung –, §§ 55 Abs. 4 Satz 2 EnergieStG, 10 Abs. 3 Satz 2 StromStG.
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Die Klägerin ist als ein eigenständiges KMU zu behandeln. Unstreitig sind im Streitfall für das Verhältnis zwischen der Klägerin und der KG die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 1 des Anhangs der Empfehlung nicht erfüllt. Zwar könnten in der Person des persönlich haftenden Gesellschafters der KG und der Klägerin die gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen des Anhangs Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 4 der Empfehlung gegeben sein. Eine abschließende Feststellung dazu bedarf es jedoch nicht, da eine weitere die Eigenschaft als Kleinstunternehmen, kleines oder mittleres Unternehmen ausschließende Voraussetzung im Streitfall fehlt: Die insoweit zusammen zu betrachtenden Unternehmen müssen nämlich nach Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 4 des Anhangs der Empfehlung ganz oder teilweise in demselben Markt oder in benachbarten Märkten tätig sein. Dabei gilt nach Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 5 des Anhangs der Empfehlung als benachbarter Markt der Markt für ein Produkt oder eine Dienstleistung, der dem betreffenden Markt unmittelbar vor- oder nachgeschaltet ist. Zur Beurteilung des relevanten Marktes kann nach dem 12. Erwägungsgrund der Empfehlung die Bekanntmachung der Kommission über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft (ABl. EG Nr. C 372 S. 5 vom 09.12.1997, ‑ Bekanntmachung ‑) herangezogen werden.
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Nach Ziff. 7 der Bekanntmachung umfasst der sachlich relevante Produktmarkt sämtliche Erzeugnisse, die von den Verbrauchern hinsichtlich ihrer Eigenschaften, Preise und ihres vorgesehenen Verwendungszwecks als austauschbar oder substituierbar angesehen werden.
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Die Substituierbarkeit unterscheidet sich in der Nachfragesubstituierbarkeit (Ziff. 15 der Bekanntmachung) und der Angebotssubstituierbarkeit (Ziff. 20 der Bekanntmachung). Hinsichtlich der Nachfragesubstituierbarkeit sind die Produkte zu bestimmen, die die Abnehmer als austauschbar ansehen. Bei einer hypothetischen, geringen, nicht vorübergehenden Änderung der relativen Preise ist die wahrscheinliche Reaktion der Kunden zu bewerten. Dabei ist die Frage zu beantworten, ob die Kunden der betroffenen Unternehmen als Reaktion auf die Preiserhöhung für die betreffenden Produkte auf leicht verfügbare Substitute ausweichen würden (Ziff. 17 der Bekanntmachung).
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Die Angebotssubstituierbarkeit ist grundsätzlich nur dann zu berücksichtigen, wenn sie sich genauso wirksam und unmittelbar auswirkt wie die Nachfragesubstituierbarkeit. Das setzt voraus, dass die Anbieter in Reaktion auf kleine, dauerhafte Änderungen der relativen Preise in der Lage sind, ihre Produktion auf die relevanten Erzeugnisse umzustellen und sie kurzfristig auf den Markt zu bringen, ohne spürbare Zusatzkosten oder Risiken zu gewärtigen (Ziff. 20 der Bekanntmachung).
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Nach diesen Maßstäben sind die Produkte der Klägerin und der KG weder austauschbar noch substituierbar.
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Nach den nicht bestrittenen Darstellungen der Klägerin besteht die einzige Gemeinsamkeit ihrer Produkte mit denen der KG nur darin, dass beide Produkte für Beschichtungen zu verwenden sind. Bei der KG findet die Verwendung im Wesentlichen in der Bauwirtschaft statt, während die Produkte der Klägerin in komplexen technischen Verfahren auf die Oberflächen industrieller Produkte aufgebracht werden. Insoweit ist die Klägerin Zulieferer für die Industrie und erbringt neben Herstellung und Verkauf weitere Dienstleistungen, da diese an die besonderen Kundenbedürfnisse angepasst werden müssten. Ihre Kunden haben ganz andere Bedürfnisse als die Kunden der KG, die überwiegend Malerbetriebe oder Baumärkte sind. Daher weicht niemand auf ihre Produkte aus, wenn die KG ihre Preise erhöht.
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Auch gibt es zwischen den Produkten der Klägerin und denen der KG keine Angebotssubstituierbarkeit. Die Klägerin und die KG unterhalten unterschiedliche Forschungs- und Entwicklungsabteilungen und auch unterschiedliche Logistikbereiche. Schon deshalb ist weder ihr noch der KG eine einfache Umstellung auf die jeweilige Produktgattung des jeweils anderen Unternehmens möglich. Dafür spricht auch, dass die maßgebenden Konkurrenzunternehmen der KG nicht im Bereich der Industrie tätig sind. Im gesamten Wirtschaftszweig gibt es so spezielle Produktgattungen, dass eine Angebotssubstituierbarkeit regelmäßig ausgeschlossen ist. Schließlich verfügten die Klägerin und die KG über völlig unterschiedliche Vertriebswege. Während die Handelsvertreter der KG an Maler, Handwerksbetriebe und Baumarktketten zu vertreiben suchen, besuchen die Handelsvertreter der Klägerin die Industrieunternehmen.
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Die Klägerin und die KG sind auch nicht in benachbarten Märkten tätig, denn der Markt der KG ist dem der Klägerin weder unmittelbar vor- noch nachgeschaltet. Vielmehr bestehen beide Märkte voneinander unabhängig. Das gilt auch angesichts des Umstands, dass die KG neben ihrem Markt im Werkzeughandel und im Markt für Wärmeverbundsysteme tätig ist.
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Dass die Klägerin von der KG Dienstleistungen allgemeiner Art erwirbt, ist für die Beurteilung der Märkte, in denen beide Unternehmen tätig sind, unerheblich. Gleiches gilt auch für den gemeinsamen Internetauftritt der KG und der Klägerin, in dem die Produkte beider Unternehmen beworben werden.
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Anders als der Beklagte – auf Weisung der Generalzolldirektion – meint, kann der relevante Markt nicht durch eine Bezugnahme auf die WZ 2003 bestimmt werden, da es dafür keine gesetzliche Grundlage gibt. Mit der Bezugnahme auf die Bestimmung der Kleinstunternehmen, der kleinen und mittleren Unternehmen in § 55 Abs. 4 Satz 2 EnergieStG und § 10 Abs. 3 Satz 2 StromStG hat der Gesetzgeber die diesbezüglichen Regelungen der KMU-Empfehlung und mit ihr zur näheren Definition der Bekanntmachung im Wege einer Verweisung übernommen. Schon deshalb ist für die Anwendung der WZ 2003 kein Raum mehr. Diese ist nur im Rahmen des Anwendungsbereichs der Begriffsbestimmungen in § 2 StromStG für die dort genannten Unternehmen des Produzierenden Gewerbes und der Land- und Forstwirtschaft (§ 2 Nr. 3 und 5 StromStG) in Abgrenzung zu anderen Unternehmen mit den jeweils anderweit geregelten energie- und stromsteuerlichen Folgen anzuwenden.
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Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des FG Nürnberg vom 12.04.2016, 1 K 1466/14, Entscheidungen der Finanzgerichte 2016, 1912, weil das FG Nürnberg die Frage, ob die in seinem Fall zu betrachtenden Firmen in demselben oder in benachbarten Märkten tätig sind, nach der KMU-Empfehlung und der auch hier herangezogenen Bekanntmachung der Kommission und nicht nach der WZ 2003 beurteilt hat.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO, die Nichtzulassung der Revision aus § 115 Abs. 2 FGO.
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