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  • 26.11.2013 · IWW-Abrufnummer 133702

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 12.06.2013 – 3 K 1178/07

    1. Gem. § 191 Abs. 1 Satz 1 AO kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes für eine Steuer
    haftet. Eine Haftung des Stpfl. für die nach seinem Ausscheiden unzutreffende Behandlung der Veräußerung eines Geschäftsbereiches
    der GmbH als nicht steuerbare GiG kommt nicht in Betracht, wenn der Stpfl. wie im vorliegenden Fall durch eine vorher eingeholte
    rechtliche Beratung und durch Aufnahme einer „Steuerklausel” in der betreffenden Rechnung ausreichend Vorsorge für den Fall
    getroffen hat, dass die Veräußerung des fraglichen Geschäftsbereichs später zur Lasten der GmbH als umsatzsteuerbar und -pflichtig
    angesehen werden könnte.
    2. Bedient sich der Stpfl. bei der Erstellung der monatlichen Umsatzsteuer-Voranmeldungen der Gesellschaft eines Steuerberaters,
    braucht er sich ein etwaiges Verschulden dieser Person nicht zurechnen zu lassen. Trifft den Geschäftsführer persönlich kein
    Auswahl- oder Überwachungsverschulden und hat er keinen Anlass, die inhaltliche Richtigkeit der von dem Steuerberater gefertigten
    Steuererklärung der GmbH zu überprüfen, so haftet er nicht für Steuerverkürzungen, die auf fehlerhaften Steuererklärungen
    beruhen.


    Im Namen des Volkes
    URTEIL
    In dem Rechtsstreit
    hat der 3. Senat in der Besetzung: Vorsitzender Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht
    … ehrenamtlicher Richter … ehrenamtlicher Richter … auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 12.06.2013 für Recht
    erkannt:
    Tatbestand
    Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheids wegen Umsatzsteuer 2002, Zinsen hierzu und Umsatzsteuer
    der Voranmeldungszeiträume März und Juni 2003, der gegenüber dem Kläger als damaligen Geschäftsführer und Gesellschafter der
    A GmbH (im Folgenden: A-GmbH) erlassen wurde.
    1. Bestellung und Abberufung des Klägers als Geschäftsführer bei der A-GmbH
    Der Kläger gründete durch notariellen Vertrag vom 00. August 1999 als alleiniger Gesellschafter die A-GmbH und wurde zu deren
    alleinigen Geschäftsführer bestellt (UR-Nr. … aus 1999 der Notarin B aus D; Eintrag im Handelsregister des Amtsgerichts C
    – HRB … –). Der Gesellschaftsvertrag als Anlage zu dieser Urkunde ist in der Vertragsakte des Beklagten abgelegt. Hierauf
    wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
    Geschäftsgegenstand der A-GmbH war der Vertrieb und die Vermietung von Hardware und Software aller Art in Form von Komplettpaketen
    inklusive des Auf- und Abbaus.
    Am 18. Dezember 2002 veräußerte der Kläger seine Beteiligung an der A-GmbH zu diesem Übertragungsstichtag auf der Grundlage
    eines notariellen Kauf- und Abtretungsvertrags (UR-Nr. … für 2012 der Notarin B) an Herrn E (für die Einzelheiten zur Gründung
    der Gesellschaft und zur Abtretung der Geschäftsanteile wird auf die in der Haftungsakte des Beklagten abgelegten notariellen
    Urkunden Bezug genommen). Herr E erklärte –nach einer Gesprächsnotiz des Finanzamts F vom 26. April 2004 (abgelegt in den
    Auszügen der Akte „G” des Beklagten)–, er habe die Geschäftsanteile an der Gesellschaft A-GmbH dann im August 2003 an einen
    Herrn H weiterveräußert.
    Die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer der A-GmbH erfolgte – wie zwischen den Beteiligten nicht streitig ist – durch
    Gesellschafterbeschluss zum 18. August 2003 (Schreiben des Landgerichts I vom 28. Oktober 2004, abgelegt in der Haftungsakte
    des Beklagten; UR-Nr. … aus 2003 der Notarin B, abgelegt in der Haftungsakte).
    2. Relevante umsatzsteuerliche Vorgänge in 2002 und 2003
    Die A-GmbH ermittelte ihre Umsatzsteuerschuld in den Streitjahren 2002 und 2003 nach vereinbarten Entgelten und gab monatliche
    Umsatzsteuer-Voranmeldungen ab. Ihr war eine Dauerfristverlängerung eingeräumt worden.
    a) Veräußerung des Geschäftsbereichs IT-Vermietung an die J AG
    Zum 20. Dezember 2002 veräußerte die A-GmbH den gesamten Geschäftsbereich als IT-Vermieterin unter Einschluss des Kundenbestands,
    Warenbestandes und des Zubehörs an eine schweizerische Gesellschaft, die J AG für insgesamt 387.600 EUR. Hierzu wurde unter
    diesem Tag ein Kaufvertrag zwischen der A-GmbH und der J AG geschlossen. Nach diesem sollte die A-GmbH ihre Aktivitäten in
    diesem Geschäftsbereich einstellen und danach ausschließlich als ausführendes Dienstleistungsunternehmen tätig sein (§ 4 des
    Vertrags). Im Kaufvertrag wurde im einzelnen festgelegt, dass der Kaufpreis zum 20. Dezember 2002 387.600 EUR betragen sollte
    (§ 1) und auf den Kaufpreis bis zum Tag des Vertragsabschlusses bereits Zahlungen in Höhe von 350.000 EUR geleistet worden
    seien. Bis zur vollständigen Tilgung des Kaufpreises, für den wegen eines Restbetrages in Höhe von 37.600 EUR ein Zahlungsziel
    von sechs Monaten eingeräumt wurde (§ 3 des Vertrags), sollten die veräußerten Gegenstände im Eigentum der A-GmbH bleiben.
    Der Restbetrag in Höhe von 37.600 EUR wurde durch die J AG in Teilbeträgen in Höhe von 35.000 EUR zum 19. März 2003 und in
    Höhe von 2.600 EUR zum 8. Mai 2003 an die A-GmbH gezahlt.
    Zudem stellte die A-GmbH der J AG unter dem 20. Dezember 2002 eine Rechnung über den Kaufpreis in Höhe von 387.600 EUR „über
    die Veräußerung des Warenbestands”. In der Rechnung findet sich die Erläuterung, der Rechnungsbetrag enthalte keine Umsatzsteuer,
    da der Umsatz von den Vertragsparteien als nicht steuerbar betrachtet werde. Soweit sich nachträglich herausstellen sollte,
    dass eine Umsatzsteuerpflicht bestehe, gelte der Rechnungsbetrag als Nettobetrag und die geschuldete Umsatzsteuer könne nachgefordert
    werden. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die in der Gerichtsakte (Bl. 107 bis 109) abgelegten Kopien des Kaufvertrags
    und der Rechnung, jeweils vom 20. Dezember 2002, Bezug genommen.
    Ausweislich der im Internet (www …ch) verfügbaren schweizerischen Handelsregistermeldungen (abgelegt unter Bl. 295 ff der
    Gerichtsakte) wurde die J AG am 4. Juni 2002 mit Geschäftssitz in K gegründet. Deren Gesellschaftsvertrag (Statuten) stammt
    vom 27. Mai 2002. Die Gesellschaft hatte den Zweck, EDV-Hardware und Software aller Art zu entwickeln, hiermit zu handeln
    und sämtliche Dienstleistungen im Zusammenhang mit EDV, insbesondere der Vermietung, zu erbringen. Nach einer weiteren Meldung
    zum schweizerischen Handelsregister vom ….2002 wurde der Kläger „als Präsident und Delegierter mit Einzelunterschrift” der
    J AG unter dem Wohnort D im schweizerischen Handelsregister eingetragen.
    Das veräußerte IT-Inventar befand sich vor und nach der Veräußerung im Wesentlichen im Zentrallager der A-GmbH in D in der
    L-Straße …. Nur einige der Anlagegegenstände wurden in die Schweiz gebracht oder auf verschiedene Lager in Deutschland verteilt,
    um von dort zu den jeweiligen Kunden gefahren werden zu können. Die J AG sollte nach der Geschäftsaufnahme als Vermieterin
    des IT-Equipments neben der A-GmbH andere Gesellschaften als Partner an den jeweiligen Ausstellungsorten vor Ort einsetzen.
    Vermieterin der überlassenen Gegenstände sollte nach Aufnahme der Geschäftstätigkeit nur die J AG sein. Für die weiteren Einzelheiten
    wird auf die Ausführungen des Klägers im Erörterungstermin am 12. Dezember 2012 (Blatt 271 ff Gerichtsakte) Bezug genommen.
    Ergänzend zum Kaufvertrag schlossen die A-GmbH und die J AG am 30. Dezember 2002 eine weitere Vereinbarung. Da rechtlich ungeklärt
    sei, ob die J AG als schweizerischer Dienstleister in Deutschland für die Vermietung von Hard- und Software in ihren Ausgangsrechnungen
    Umsatzsteuer ausweisen müsse oder ob die Umsatzsteuerpflicht nach dem damals neu eingeführten § 13b UStG von deren Leistungsempfängern
    zu tragen sei, dürfe bis zu einer endgültigen Klärung die C-GmbH kommissarisch und stellvertretend im eigenen Namen und auf
    eigene Rechnung wie bisher ihre Tätigkeiten ausüben, um eine Aktivitätseinstellung und einen Schaden des Geschäftsnamens zu
    verhindern. Jeder Auftrag musste jedoch vor Annahme durch die A-GmbH von der J AG genehmigt werden. Für die Auftragsabwicklung
    sollte die J AG den Warenbestand bereit stellen und die A-GmbH das notwendige Equipment bei Bedarf anschaffen. Im Gegenzug
    verpflichtete sich die J AG, auch den weiter erworbenen Warenbestand nachträglich zu erwerben. Für die weiteren Einzelheiten
    wird auf diese Vereinbarung (Blatt 110 der Gerichtsakte) Bezug genommen.
    Mit Vereinbarung vom 14. März 2003 zwischen der A-GmbH und der J AG wurde geregelt, dass die J AG zum 17. März 2003 ihre geschäftliche
    Aktivität aufnehmen sollte. Die kommissarische Weiterführung der Geschäftstätigkeit durch die A-GmbH ende im Hinblick auf
    die Neuannahme von Aufträgen zum 17. März 2003 und mit Durchführung der Aufträge, die bis zum 14. März 2003 angenommen worden
    seien. Weiter wurde geregelt, dass für Warenlieferungen an die J AG Bestellungen weiterhin durch die AGmbH bei den Lieferanten
    im eigenen Namen und für eigene Rechnung platziert werden und dann an die J AG weiter berechnet werden sollten, bis Letztere
    von den Lieferanten eigene Kundennummern zugeteilt bekommen habe. Für die Einzelheiten der Vereinbarungen vom 30. Dezember
    2002 und vom 14. März 2003 wird auf die in der Gerichtsakte abgelegten Vereinbarungen Bezug genommen (Blatt 111 der Gerichtsakte).
    Für einen Übergangszeitraum von zehn Wochen war auch nach der Veräußerung des Geschäftsbereichs IT-Vermietung weiter die A-GmbH
    als Vermieterin der Mietgegenstände tätig.
    Die A-GmbH behandelte die Veräußerung des Geschäftsbereichs IT-Vermietung als nicht steuerbaren Umsatz.
    b) Dienstleistungen der A-GmbH an die J AG in der Schweiz
    Nach einer weiteren Rechnung der A-GmbH an die J AG vom 21. Mai 2003 erbrachte diese für die J AG im Zeitraum April bis Dezember
    2002 Dienstleistungen im Bereich des Consulting, der Standortbesichtigungen, Verhandlungen und Gesprächen mit Institutionen
    der Wirtschaftsförderung, Banken, Behörden und anderen Dienstleistungsunternehmen. Der J AG wurde ein Betrag in Höhe von 131.860
    EUR in Rechnung gestellt.
    Die Rechnung erhielt den Hinweis, dass der Rechnungsbetrag keine Umsatzsteuer enthalte, da alle Leistungen in der Schweiz
    erbracht worden seien. Die Rechnung weist Teilzahlungen an die A-GmbH beginnend vom 24. März 2003 bis zum 19. Mai 2003 aus,
    in denen der gesamte Rechnungsbetrag beglichen worden sein soll. Für die Einzelheiten wird auf die in der Gerichtsakte (Bl.
    53) abgelegte Rechnung Bezug genommen
    c) Vorsteuerabzug aus streitigen Eingangsleistungen der A-GmbH
    Zwischen der A-GmbH und der Ehefrau des Klägers bestand ein Mietvertrag über die Betriebsstätte der A-GmbH in der L-Straße
    … in D. Das Mietverhältnis sollte am 1. Februar 2002 für die Dauer von zehn Jahren bis zum 31. Januar 2012 mit einer Verlängerungsklausel
    geschlossen werden. Nach § 3 dieses Vertrags betrug die Nettomiete ab Februar 2002 zunächst monatlich 10.500 EUR zuzüglich
    Umsatzsteuer (insgesamt 12.180 EUR). Für die Einzelheiten wird auf den Mietvertrag vom 31. Januar 2002 in der Gerichtsakte
    (Bl. 66-68) Bezug genommen. In einem Schreiben der Vermieterin an die A-GmbH vom 28. September 2002 wurde der A-GmbH mitgeteilt,
    dass die Vermieterin ab Oktober 2002 den Verzicht auf die Steuerbefreiung der Vermietungsumsätze zurücknehme. Aus diesem Grunde
    wurde die vorherige Miete in Höhe von 12.180 EUR brutto monatlich auf den Betrag in Höhe von 10.500 EUR netto herabgesetzt.
    Im Namen der AGmbH wurde die Kenntnisnahme auf diesem Schreiben bestätigt. Auf die in der Gerichtsakte unter Bl. 116 abgelegte
    Vereinbarung wird Bezug genommen. Gleichwohl wurde auch ab Oktober 2002 der Vorsteuerabzug aus den Mietzahlungen von der AGmbH
    in deren Umsatzsteuer-Voranmeldungen bis (mindestens) einschließlich März 2003, nunmehr aus einem Bruttobetrag in Höhe von
    10.500 EUR (daraus 16% = 1.448,27 EUR) weiter geltend gemacht.
    Ferner machte die A-GmbH den Vorsteuerabzug aus Rechnungen der Firma P vom 31. März 2003 und vom 7. März 2003 in der Voranmeldung
    für März 2003 geltend, in denen der A-GmbH Provisionen für die Kundenvermittlungen zur Hannover-Messe 2003 und zur CeBIT 2003
    in Rechnung gestellt wurden. Für die Einzelheiten wird auf die unter Bl. 69 und 70 der Gerichtsakte abgelegten Rechnungen
    Bezug genommen.
    Weiter machte die A-GmbH in 2002 und 2003 den Vorsteuerabzug aus Leasingverträgen mit der R Leasing vom 18. Oktober / 22.
    August 2000 über eine Telefonanlage sowie vom 11. Oktober 2000 / 22. August 2000 über Computer und vom 20.2. 2001 / 8.3. 2001
    in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen 2002 und (mindestens) bis einschließlich März 2003 geltend. Die Verträge wiesen jeweils
    monatliche Leasing-Raten in Höhe eines Nettobetrags zuzüglich geschuldeter Mehrwertsteuer in Höhe von 16% aus. Allerdings
    wurde in diesen Rechnungen die geschuldete Umsatzsteuer betragsmäßig nicht ausgewiesen. Hierzu wird auf die unter Bl. 73 –
    75 der Gerichtsakte abgelegten Rechnungen Bezug genommen. Zum Nachweis der Zahlung der Leasingraten legte der Kläger Kontoauszüge
    der A-GmbH vor, die Zahlungen an die R Leasing GmbH am 2. Januar 2003 am 2. Dezember 2002 ausweisen. Auf diese Kontoauszüge
    vom 9. Mai 2006 wird Bezug genommen (Blatt 118 und 119 der Gerichtsakte).
    Zudem machte die A-GmbH den Vorsteuerabzug aus Eingangsrechnungen der Frau G in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen Mai bis Dezember
    2002 in der Voranmeldung für Februar 2003 geltend (zu deren Gewerbeanmeldung siehe Blatt 72 der Gerichtsakte).
    Für die Einzelheiten zu den streitigen Eingangsrechnungen wird auf Tz. 15 bis 17 und Anlage 1 zum Betriebsprüfungsbericht
    vom 18. Juni 2004 (abgelegt in der Betriebsprüfungsakte des Beklagten) Bezug genommen.
    d) Umsatzsteuervoranmeldung Juni 2003
    Für den Voranmeldungszeitraum Juni 2003 wurde am 10. September 2003 eine Umsatzsteuer-Voranmeldung seitens der A-GmbH mit
    einer Umsatzsteuerschuld in Höhe von 10.782 EUR eingereicht. Die Höhe der durch die A-GmbH berechneten Umsatzsteuerschuld
    ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.
    3. Umsatzsteuer-Sonderprüfung / Umsatzsteuer-Veranlagung 2002 und Voranmeldungen März und Juni 2003
    Auf Grundlage einer Prüfungsanordnung vom 9. Mai 2003 begann das zuständige Finanzamt C am 12. Juni 2003 bei der A-GmbH, die
    neben der Betriebsstätte in D eine Geschäftsadresse bei einem C Büroservice unterhielt, mit einer UmsatzsteuerSonderprüfung.
    Geprüft wurden die Voranmeldungszeiträume Februar 2002 bis März 2003.
    Nach dem Bericht über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung vom 18. Juni 2004 (abgelegt in der Betriebsprüfungsakte des Beklagten,
    sowie in einer Akte „Auszug aus der Prüferhandakte USt-Sonderprüfung”) wurden unter anderem folgende Feststellungen getroffen:
    • Die A-GmbH sei ausschließlich unter der Anschrift L-Straße … in D aus tätig gewesen, die auch als Anschrift in den Ausgangsrechnungen
    der Gesellschaft angeführt worden sei. Die vermietete Hardware werde von und zu der Adresse in D gebracht. In C sei nur die
    Erreichbarkeit bei einem Büroservicezentrum gewährleistet gewesen.
    • In den Voranmeldungszeiträumen August bis Dezember 2002 seien eingegangene Zahlungen an die die J AG mit Sitz in K in Höhe
    von 200.000 EUR und in den Voranmeldungszeiträumen Januar bis Ende März 2003 in Höhe von 55.500 EUR zu Unrecht als nicht steuerbare
    Umsätze behandelt worden. Die laut Buchführung der A-GmbH vereinnahmten Geldbeträge (200.000 EUR in 2002 und 55.000 EUR im
    Januar 2003) seien als steuerpflichtige Bruttoumsätze zu behandeln (vgl. Tz. 14 des Berichts über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung).
    • Die geltend gemachte Vorsteuer in den Voranmeldungszeiträumen August bis Dezember 2002 sei um 11.207,04 EUR zu kürzen (Tz.
    16a des Berichts über die Außenprüfung), da für die Monate Januar bis Juli 2002 Mietaufwendungen aus einem Mietvertrag der
    A-GmbH mit dem Vermieter M (zwischenzeitlich nicht mehr streitig) und der Ehefrau des Klägers zu Unrecht geltend gemacht worden
    seien. Ferner kürzte die Prüferin die Vorsteuer für 2002 und 2003 um weitere 29.909,90 EUR (Tz. 16b des Berichts über die
    Sonderprüfung), da für die dort genannten Eingangsleistungen (unter anderem die Vermietungsleistungen aus den Leasingverträgen
    mit der R Leasing, mit dem Vermieter M (nicht mehr streitig) und aus der Vermietung durch die Ehefrau des Klägers) die erforderlichen
    Nachweise zur Gewährung des Vorsteuerabzugs trotz Aufforderung nicht vorgelegt worden seien.
    • Soweit der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der Frau G in Anspruch genommen worden sei, sei der Vorsteuerabzug in 2002
    um 12.748,54 EUR und in 2003 um 4.715,32 EUR zu kürzen, da diese keine Unternehmerin gewesen sei und deren Lebensgefährte
    Herr E die Leistungen erbracht habe (Tz. 16c des Berichts über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei der Gesellschaft). Nach
    einem bei den Akten des Beklagten („Auszug Umsatzsteuersonderprüfung G”) vorliegenden Bericht vom 19. Mai 2004 über eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung
    bei Frau G für die Kalenderjahre 2001 und 2002 und die Voranmeldungszeiträume für das erste und zweite Quartal 2003 gelangte
    der dortige Prüfer zu dem Ergebnis, die ausgestellten Ausgangsrechnungen in diesem Zeitraum seien auf einem Computer der Frau
    G durch Herrn E geschrieben worden, der die abgerechneten Leistungen gegenüber der A-GmbH erbracht habe. Frau G sei als Leistende
    „dazwischen geschoben” worden, um unmittelbare Zahlungen der A-GmbH an Herrn E wegen dessen privater Schulden zu vermeiden.
    Aus diesem Grund sei bei Frau G die Unternehmereigenschaft gegeben gewesen. Soweit Herr E der Frau G Vorsteuerbeträge in Rechnung
    gestellt habe, seien diese nicht zu berücksichtigen.
    • Nach Tz. 16 d bis f des Berichts über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung seien ferner Vorsteuerkürzungen in 2002 und 2003 vorzunehmen,
    da die Rechnungen entweder von Unternehmern mit nicht zutreffenden Anschriften (Rechnungen der Firma P GmbH) ausgestellt worden
    oder nicht zweifelsfrei sei, ob die in den Rechnungen beschriebenen Eingangsleistungen für das Unternehmender A-GmbH bezogen
    worden seien.
    • Die vorgenannten Vorsteuerkürzungen erfolgten nicht zuletzt deswegen, weil weder der Kläger noch die benannten Auskunftspersonen
    des bevollmächtigten Steuerbüros N trotz Aufforderung hinreichend mitgewirkt hätten (Tz. 13 des Berichts über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung).
    • Die Auswertung der Prüfungsergebnisse sei im Rahmen einer erstmaligen Festsetzung zur Umsatzsteuer für das Jahr 2002 vorzunehmen,
    für das im Zeitpunkt der Prüfung noch keine Steuererklärung vorliege. Die Prüfungsergebnisse für Januar bis März 2003 seien
    aus Vereinfachungsgründen sämtlich im Voranmeldungszeitraum März 2003 zu berücksichtigen.
    Für 2002 wurde darauf hin gegenüber der A-GmbH am 3. August 2004 ein Umsatzsteuerjahresbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung
    erlassen (abgelegt in der Haftungsakte des Beklagten). Ein Umsatzsteuerjahreserklärung der A-GmbH lag bis zu diesem Zeitpunkt
    nicht vor.
    Der geänderte Voranmeldungsbescheid für März 2003 erging unter dem 29. Juli 2004 (abgelegt in der Rechtsbehelfsakte des Beklagten
    zur Haftungssache).
    Dem Kläger wurde auf seine Nachfrage vom 13. August 2003 beim von der A-GmbH bevollmächtigten Steuerbüro N, warum die Umsatzsteuer-Voranmeldung
    der A-GmbH für Juni 2003 noch nicht abgegeben worden sei, mitgeteilt, das Steuerbüro habe wegen einer EDV-Umstellung noch
    Probleme bei der Abgabe. Die Zahllast aufgrund der Voranmeldung Juni 2003 (10.782,00 EUR) werde aber wegen der bereits abgegebenen
    Voranmeldungen für April und Mai 2003 durch höhere Erstattungsbeträge kompensiert. Nach Angaben des steuerlichen Beraters
    der A-GmbH betrug der Vorsteuerüberhang für April 2003 = 1.093,30 EUR und für Mai 2003 = 12.172,30 EUR, sodass die A-GmbH
    insgesamt 13.265 EUR mit der angemeldeten Umsatzsteuer für Juni 2003 verrechnen könne. Der zuständige Mitarbeiter des Steuerbüros
    N kündigte an, einen Verrechnungsantrag zu stellen und erklärte, die Außenprüferin habe auch für die Voranmeldungszeiträume
    April und Mai 2003 die Unterlagen an sich genommen. Für die Einzelheiten wird auf die Mails der Mitarbeiter des Steuerbüros
    N an de Kläger auf Blatt 197 und Blatt 254, 255 der Gerichtsakte Bezug genommen.
    Es wurde für die Voranmeldungszeiträume April und Mai 2003 der A-GmbH durch das Finanzamt C jedoch die erforderliche Zustimmung
    gemäß § 168 Satz 2 AO niemals erteilt.
    Für 2003 erging später – während des Einspruchsverfahrens gegen den Haftungsbescheid – ein Umsatzsteuerbescheid vom 12. September
    2006 (abgelegt in der Umsatzsteuerakte der A-GmbH), der dem Kläger als Geschäftsführer der Gesellschaft bekannt gegeben wurde.
    Hiergegen erhob der Kläger Einspruch mit dem Begehren, der Bescheid sei nicht ordnungsgemäß bekannt gegeben worden, da er
    nicht mehr Geschäftsführer der Gesellschaft zu diesem Zeitpunkt gewesen sei. Der Beklagte half dem Begehren ab und teilte
    dem Kläger mit, der Umsatzsteuerbescheid 2003 vom 12. September 2006 entfalte ihm gegenüber keine Wirkung. Ein erneuter Umsatzsteuerjahresbescheid
    für 2003 für die A-GmbH wurde danach nicht mehr erlassen (vgl. Seite 5 der Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 27. Februar
    2007, abgelegt in der Rechtsbehelfsakte).
    4. Zivilrechtlicher Schadensersatzprozess des Klägers gegen den damaligen steuerlichen Berater der A-GmbH
    Der Kläger nahm aufgrund seiner Inanspruchnahme durch den streitigen Haftungsbescheid des Beklagten (siehe sogleich unter
    5.) die ehemalige Steuerberatungsgesellschaft N & Q und deren Gesellschafter auf Schadensersatz in Anspruch. Er stützt seinen
    Anspruch vordringlich darauf, dass das Steuerberatungsmandat zwischen den Beklagten und der A-GmbH einen Vertrag mit Schutzwirkung
    zu seinen Gunsten beinhalte und die für ihn zuständigen Steuerberater ihren Beratungspflichten nicht nachgekommen seien. Die
    Klage wurde in der ersten Instanz durch das Landgericht Bonn mit Urteil vom 10. Februar 2010 (15 O 314/08, veröffentlicht
    in juris) abgewiesen. In der Berufung entschied das Oberlandesgericht Köln mit Urteil vom 21. Oktober 2010 (8 U 12/10, I –
    8 U 12/120, Deutsches Steuerrecht 2011, 737) zulasten des Klägers. Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht stützten
    sich darauf, dass aus rechtlichen Erwägungen der besagte Steuerberatungsvertrag im Falle einer steuerlichen Fehlberatung keine
    Schutzwirkung zu Gunsten des Klägers als Geschäftsführer der GmbH entfalten könne. Der Bundesgerichtshof hob mit Urteil vom
    13. Oktober 2011 IX ZR 193/10 (Deutsches Steuerrecht 2012, 720) das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur anderweitigen
    Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht Köln zurück. Über die Berufung im zweiten Rechtszug ist derzeit noch
    nicht entschieden worden.
    Nach den Feststellungen des Landgerichts Bonn und des Oberlandesgerichts Köln schlossen die A-GmbH und die Steuerberatungsgesellschaft
    N & Q im Mai 2002 einen Steuerberatungsvertrag. Nach Ankündigung der Umsatzsteuersonderprüfung für die Streitjahre durch das
    Finanzamt C hätten sich der Kläger als Geschäftsführer der AGmbH und das Steuerbüro darauf verständigt, die Prüfung im Büro
    der Steuerberatungsgesellschaft durchführen zu lassen. Für das Mandat seien dort angestellte Steuerberater zuständig gewesen.
    Anfang Juli 2003 wurde dem Kläger vom Steuerbüro mitgeteilt, dass der Betriebsprüfungszeitraum von dem ursprünglichen Zeitraum
    Dezember 2002 bis Februar 2003 durch das Finanzamt auf den Zeitraum August 2002 bis Februar 2003 (gemeint: März 2003 – vgl.
    S. 1 des Berichts vom 18. Juni 2004) erweitert worden sei und dass im Rahmen der Betriebsprüfung Belege für diesen Prüfungszeitraum
    durch die zuständige Prüferin des Finanzamts C zur weiteren Prüfung aus den Räumen der Beklagten mitgenommen worden seien.
    Feststellungen darüber, welche Originalunterlagen von der Prüferin mitgenommen worden sind, wurden nicht getroffen. In dem
    Bericht über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung wurde –wie bereits dargelegt (Textziffer 13 des Berichts)– ein Mitwirkungsverschulden
    der A-GmbH und der zuständigen Steuerberater angenommen, was unter anderem zur Kürzung der Vorsteuer geführt habe.
    Der Kläger hat sich im Rahmen des Zivilprozesses für den hier interessierenden Sachverhaltskomplex im Wesentlichen darauf
    gestützt, während der UmsatzsteuerSonderprüfung seien dem Finanzamt von den zuständigen Steuerberatern im Büro N & Q die zur
    Prüfung erforderlichen Unterlagen nicht zur Verfügung gestellt und die AGmbH von diesen nicht auf fehlende Unterlagen hingewiesen
    worden. Dem Steuerberatungsbüro hätten jedoch sämtliche Unterlagen vorliegen müssen, da dem Büro laufend alle Unterlagen für
    die Erstellung der Buchführung überlassen worden seien, welche monatlich erstellt worden sei. Nach Erstellung der Buchführung
    seien die notwendigen Unterlagen stets auch beim Steuerberatungsbüro verblieben.
    Die Behandlung der Veräußerung des Geschäftsbereichs „IT Vermietung” an die J AG sei auf Anraten des Steuerberatungsbüros
    als Geschäftsveräußerung im Ganzen deklariert worden, sodass beim Verkauf keine Mehrwertsteuer in Rechnung gestellt worden
    sei. Ohne diesen Rat wäre es – so der Vortrag des Klägers– aber ohne weiteres möglich gewesen, die Mehrwertsteuer auszuweisen,
    von der A-GmbH zu vereinnahmen und an das Finanzamt abzuführen. Dies hätte seine jetzige Haftung vermieden.
    Die beklagte Steuerberatungsgesellschaft hat hierauf erwidert, Buchungsbelege, die zur Bearbeitung überlassen worden waren,
    seien nach Bearbeitung jeweils unverzüglich an die A-GmbH zurückgegeben worden. Dementsprechend seien die für die Umsatzsteuer-Sonderprüfung
    erforderlichen Belege nicht im Steuerberatungsbüro vorhanden gewesen, sondern von der A-GmbH vor der Umsatzsteuer-Sonderprüfung
    im Steuerbüro abgegeben worden. Es habe auch keine Möglichkeit bestanden, die Mitnahme eines Ordners mit Originalbelegen der
    Gesellschaft durch die Prüferin zu unterbinden, wobei nach dem Vortrag der Steuerberatungsgesellschaft nur Originalbelege
    für den Zeitraum von August 2002 bis Februar 2003 mitgenommen worden sein sollen.
    5. Haftungsbescheid vom 3. Januar 2005 mit späteren Änderungen
    Der Beklagte erließ, nachdem er dem Kläger Gelegenheit gegeben hatte, sich zu äußern, am 3. Januar 2005 einen Haftungsbescheid
    gegenüber dem Kläger als ehemaligen Geschäftsführer der A-GmbH über 107.795,55 EUR. Dieser wurde dem Kläger mit Postzustellungsurkunde
    am 4. Januar 2005 zugestellt. Für die Einzelheiten wird auf den in der Haftungsakte abgelegten Bescheid Bezug genommen.
    Die Haftung entfiel auf die Jahresumsatzsteuer für 2002 nebst eines Verspätungszuschlags und Zinsen hierzu und auf Umsatzsteuer
    für die Voranmeldungszeiträume März 2003 und Juni 2003, deren Steuerbeträge am 9. August 2004 und am 10. September 2003 fällig
    waren.
    Seinen Haftungsanspruch stützte der Beklagte darauf, dass der Kläger seine Pflichten, als Geschäftsführer der GmbH für die
    gleichmäßige Befriedigung aller Gläubiger zu sorgen, verletzt habe. Da der Kläger sich nicht geäußert habe, in welcher Höhe
    er den Beklagten und andere Gläubiger befriedigt habe, schätzte der Beklagte, dass lediglich die Schulden des Beklagten nicht
    beglichen worden, hingegen andere Schulden voll getilgt worden seien. Die Festsetzung zu Umsatzsteuer 2002 resultiere aus
    den Ergebnissen der Umsatzsteuersonderprüfung. Die hierauf ergangenen Änderungsbescheide seien von der A-GmbH nicht angefochten
    worden. Die A-GmbH sei erfolglos zur Zahlung der rückständigen Steueransprüche aufgefordert worden. Vollstreckungsmaßnahmen
    seien erfolglos geblieben. Neben dem Kläger sei auch der NachfolgeGesellschafter und – Geschäftsführer, Herr H, als Gesamtschuldner
    in Haftung genommen worden.
    Am 8. März 2005 ging der Einspruch des Klägers gegen den Haftungsbescheid vom 3. Januar 2005 beim Beklagten ein und wurde
    die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Hinblick auf die Einspruchsfrist beantragt. Die Wiedereinsetzung wurde durch
    den Beklagten gewährt, da der Kläger nachweisen konnte, dass dem Beklagten fristgerecht per Telefax die Einspruchsschrift
    übermittelt worden war.
    In der Einspruchsentscheidung vom 27. Februar 2007 minderte der Beklagte die Haftungssumme auf 101.819,55 EUR. Er half dem
    Einspruch teilweise ab, indem er die Haftsumme um die Säumniszuschläge und den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2002 reduzierte.
    Im übrigen wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.
    Hierzu führte der Beklagte im Wesentlichen aus, die Umsatzsteuer-Voranmeldungsbescheide für März 2003 und Juni 2003 bildeten
    die Grundlage der Haftung des Klägers im Hinblick auf die geltend gemachten Steuerforderungen gegen die A-GmbH, da bis zum
    Abschluss des Einspruchsverfahrens keine UmsatzsteuerJahresfestsetzung für das Jahr 2003 ergangen sei. Der Kläger sei bis
    zum 18. August 2003 als Geschäftsführer der A-GmbH verpflichtet gewesen, deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Dies umfasse
    die rechtzeitige Abgabe von inhaltlich zutreffenden Steuererklärungen und Steueranmeldungen und die Verpflichtung, die fälligen
    Steuern aus den von ihm verwalteten Mitteln der Gesellschaft zu entrichten. Diese Pflichten habe der Kläger grob fahrlässig
    verletzt. Er könne sich nicht darauf berufen, einen steuerlichen Berater eingeschaltet zu haben. Seine Inanspruchnahme sei
    auch ermessensgerecht. Für die Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 27. Februar 2007 Bezug genommen.
    Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage.
    Im Laufe des Klageverfahrens wurde der Haftungsbescheid zweimal geändert und der Änderungsbescheid jeweils gemäß § 68 FGO
    zum Gegenstand des Verfahrens.
    Der Beklagte nahm durch Haftungsbescheid vom 10. Oktober 2008 zunächst eine Teilrücknahme vor und anerkannte nunmehr zur Umsatzsteuer
    2002 und den Voranmeldungszeiträumen Januar bis März 2003 den Vorsteuerabzug aus den Eingangsleistungen des Vermieters M in
    Höhe von 8 * 1.565 EUR. Dies führte zu einer Herabsetzung der Haftung für Umsatzsteuer 2002 um 7.825 EUR (5* 1.565 EUR) und
    für 2003 um 4.695 EUR (3 * 1.565 EUR). Hierfür wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 10. Januar 2008 (Bl. 130 in der
    Gerichtsakte) Bezug genommen. Zudem anerkannte der Beklagte das Vorbringen des Klägers, die umsatzsteuerpflichtigen Umsätze
    der A-GmbH des Jahres 2002 aus der Vermietung einer IT-Anlage in die Schweiz seien um 1.388,79 EUR zu mindern (vgl. Blatt
    86 der Gerichtsakte).
    Der Beklagte erließ unter dem 10. März 2009 einen weiteren geänderten Haftungsbescheid. Er setzte die Haftsumme um 893,02
    EUR für den Haftungszeitraum März 2003 herab, weil zu Gunsten des Klägers ein Vorsteuerüberhang aus der Voranmeldung für Februar
    2002 bei der A-GmbH für diesen Voranmeldungszeitraum zu berücksichtigen gewesen wäre. Somit umfasst die Haftsumme gegenüber
    dem Kläger nach dem geänderten Haftungsbescheid vom 10. März 2009 gegenwärtig noch folgende Beträge:

    Umsatzsteuer 200259.076,63 EUR
    Zinsen zur Umsatzsteuer 20021.181,00 EUR
    Umsatzsteuer März 200311.842,69 EUR
    Umsatzsteuer Juni 200310.782,00 EUR
    Summe82.882,33 EUR
    Das Leistungsgebot minderte der Beklagte entsprechend auf noch 59.021,55 EUR. Der Kläger trägt zu den verbliebenen Streitpunkten
    im Wesentlichen folgendes vor:
    Er ist der Auffassung, die Veräußerung des IT-Geschäftsbetriebs falle als Veräußerung eines Geschäftsbetriebs im Ganzen unter
    § 1 Abs. 1a UStG.
    Zu der weiteren Rechnung der C-GmbH an die J AG vom 21. Mai 2003, nach der die Gesellschaft an die J AG Dienstleistungen im
    Zeitraum April bis Dezember 2002 sämtlich in der Schweiz erbracht habe, seien die Leistungen den Leistungen eines Unternehmensberaters
    ähnlich und vergleichbar, so dass der Leistungsort gemäß § 3a Abs. 4 i.V.m. § 3a Abs. 3 UStG in der Schweiz liege.
    Der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der Frau G sei zu gewähren. Diese sei Vertragspartnerin der A-GmbH und Leistende gewesen.
    Er reicht hierzu die Kopie eines Schecks vom 15. Juli 2002 zu den Akten, dessen Erhalt Frau G durch Unterschrift bestätigte
    (abgelegt unter Bl. 117 der Gerichtsakte). Es seien an die A-GmbH die Leistungen ausgeführt worden, die abgerechnet worden
    seien. Habe die Unternehmerin G diese nicht selbst ausgeführt, so habe es ihr freigestanden, diese ihrerseits durch einen
    für ihre Rechnung tätigen Subunternehmer in Gestalt des Herrn E ausführen zu lassen.
    Im Jahr 2003 für die Monate April und Mai 2003 seien mit den fristgerecht abgegebenen Umsatzsteuer-Voranmeldungen Erstattungen
    in Höhe von 13.265,60 EUR und für Juli und August 2003 über 6.744,09 EUR (insgesamt 20.009,69 EUR) angemeldet worden, die
    das Finanzamt C bis zum 14. April 2010 nicht bearbeitet und zu denen es keine Zustimmung erteilt habe (vgl. Bl. 203 ff GA).
    Deshalb hätten diese Erstattungsbeträge nicht mit der Voranmeldungsschuld für März 2003 oder Juni 2003 verrechnet werden können,
    die in die Haftsumme eingegangen seien. Dies sei treuwidrig gewesen und nicht von ihm zu verantworten. Wenn der Beklagte nunmehr
    geltend mache, die relevanten Unterlagen zur Prüfung der Vorsteuererstattungen, die von der Umsatzsteuer-Sonderprüferin mitgenommen
    worden seien, seien an Amts Stelle verloren worden, weshalb die Rechtmäßigkeit der Erstattungsbeträge nicht mehr überprüfbar
    sei, sei dies pflichtwidrig, da die Mindestaufbewahrungszeiten für die im Rahmen der Sonderprüfung übergebenen Belege nicht
    abgelaufen sei. Es sei auch mit dem Schadensersatzcharakter der Haftung gemäß §§ 69 ff AO nicht zu vereinbaren, dem Kläger
    allein die Haftung für den behaupteten Steuerschaden aufzuerlegen.
    Der Vorsteuerabzug sei entgegen der Feststellungen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung in allen Punkten zu gewähren, in denen der
    Beklagte nicht schon selbst abgeholfen habe.
    Selbst wenn die materiell-rechtliche Lage umsatzsteuerrechtlich in einigen Punkten anders zu bewerten sei, treffe den Kläger
    nach dem BFH-Urteil vom 30. August 1994 VII R 101/92, BStBl. II 1995, 278 hierfür keine Haftung. Nach dieser Entscheidung
    müsse ein Geschäftsführer einer Gesellschaft die von einem steuerlichen Berater gefertigten Steuererklärungen der Gesellschaft
    nicht überprüfen und hafte daher nicht für fehlerhafte Steuererklärungen. Nach dem BFH-Urteil vom 27. November 1990 VII R
    20/89, BStBl. II 1991, 284 dürfe sich der gesetzliche Vertreter einer Kapitalgesellschaft zur Erfüllung der ihm obliegenden
    steuerlichen Pflichten der Hilfe von Mitarbeitern bedienen. Es bleibe zwar dann eine Verpflichtung des Geschäftsführers bestehen,
    die Zuverlässigkeit seiner Mitarbeiter zu überwachen. Ein haftungsbegründendes Verschulden wegen einer fehlerhaften Steuererklärung
    liege aber in der Regel dann nicht vor, wenn die Fehlerhaftigkeit der Steuererklärung nur durch Überwachungsmaßnahmen hätte
    aufgedeckt werden können, zu denen für den Geschäftsführer nach den Umständen des Falles bei ordnungsgemäßer Erfüllung der
    Pflicht kein Anlass bestanden hat.
    Die A-GmbH habe sich eines anerkannten Steuerberatungsbüros, der Kanzlei N & Q, zur Erledigung ihrer steuerlichen Verpflichtungen
    bedient. Soweit der Kläger wegen der verspätet abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldung für Juni 2003 in Haftung genommen worden
    sei, die bis zum 11. August 2003 hätte abgegeben werden müssen, sei zu berücksichtigen, dass er zum 18. August 2003 als Geschäftsführer
    abberufen worden sei. Seine Verpflichtung habe daher nur bis zum 17. August 2003 bestanden, diese Voranmeldungen noch einzureichen.
    Die Pflichtverletzung müsse aber kausal für den Steuerausfall sein. Bei der vorliegenden Pflichtverletzung, für einen Zeitraum
    von sechs Tagen die Umsatzsteuer-Voranmeldung nicht abgegeben zu haben, sei nicht erkennbar, worin sein kausales Verhalten
    für den Steuerausfall liegen solle. Dieses können nur in einem Verstoß gegen die Überwachungspflicht gesehen werden. Er habe
    am 12. August 2003 bei dem beauftragten Steuerberatungsbüro N & Q per Mail nach dem Verbleib der Voranmeldung für Juni 2003
    nachgefragt und auf seine bevorstehende Abberufung hingewiesen. Er habe daraufhin am 13. August 2003 die Antwort per Mail
    erhalten, die Voranmeldung werde kurzfristig erstellt und der geschuldete Umsatzsteuerbetrag sei im Hinblick auf das zu verrechnende
    höhere Guthaben aus den Voranmeldungen für April und Mai 2003 nicht zu entrichten. Hierzu hat der Kläger als Nachweise sein
    Schreiben an die beauftragte Steuerberaterkanzlei vom 12. August 2003 und deren Antwort vom 13. August 2003 zur Akte gereicht.
    Für die Einzelheiten wird auf die Ausdrucke dieser E-Mails, abgelegt als Blatt 220, 221 der Gerichtsakte, sowie ein nicht
    unterschriebenes Anschreiben des Klägers vom 11.8. 2003 an Herrn Steuerberater U der Kanzlei N Bezug genommen.
    Der nicht zur mündlichen Verhandlung erschienene Kläger hat sinngemäß beantragt,
    den Haftungsbescheid vom 11. März 2009 zu ändern und die Haftsumme für Umsatzsteuer 2002 auf Null EUR zu mindern.
    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.
    Er trägt ergänzend zum bisherigen Vorbringen vor:
    Unter Berücksichtigung der gewährten Dauerfristverlängerung für die UmsatzsteuerVoranmeldungen hätten die Umsatzsteuer-Voranmeldungen
    bis einschließlich Voranmeldungszeitraums Juni 2003 bis zum 10. des nächsten Folgemonats, dem 10. August 2003, eingereicht
    werden müssen. Während dieser Zeit sei der Kläger noch alleiniger Geschäftsführer der Gesellschaft gewesen. Die Voranmeldung
    für Juni 2003 sei erst am 10. September 2003 und somit erst nach dem 10. August 2003 abgegeben worden.
    Die für das Jahr 2002 und für März 2003 eingereichten Voranmeldungen seien nach den Feststellungen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung
    inhaltlich nicht zutreffend gewesen. Allerdings sei der Kläger nicht gemäß § 166 AO ausgeschlossen, Einwendungen gegen die
    Rechtmäßigkeit der Änderungsbescheide vorzubringen. Denn er sei bei Erlass der geänderten Bescheide nach der Umsatzsteuer-Sonderprüfung
    und bei Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung für Juni 2003 nicht mehr Geschäftsführer der Gesellschaft gewesen und habe somit
    keine Anfechtung dieser Bescheide durch die A-GmbH mehr veranlassen können. Der Kläger habe jedoch bis zum Abschluss des Einspruchsverfahrens
    nichts vorgebracht, was die Feststellungen der UmsatzsteuerSonderprüfung in Frage stelle.
    Hinsichtlich des Vorgangs „Veräußerung des Geschäftsbereichs IT-Vermietung an die J AG” lägen die Voraussetzungen der nicht
    steuerbaren Geschäftsveräußerung nicht vor. Hinsichtlich der übrigen Punkte zum Vorsteuerabzug lägen die dargelegten formalen
    Mängel vor.
    Dem Kläger sei positiv bekannt gewesen, dass Frau G gegenüber der A-GmbH über nicht von ihr erbrachte Leistungen abgerechnet
    habe. Der Kläger habe sowohl die persönlichen Verhältnisse des Herrn E als auch dessen Beziehung mit Frau G gekannt. Diese
    Kenntnis müsse sich die A-GmbH zurechnen lassen. Es sei davon auszugehen, dass die falsche Abrechnung mit Kenntnis des Klägers
    erfolgt sei. Es sei grob fahrlässig, dass die A-GmbH aus diesen Rechnungen den Vorsteuerabzug beansprucht habe.
    Der Einwand, die Voranmeldungen für April und Mai 2003 seien nicht rechtzeitig bearbeitet worden und hätten zu Erstattungen
    geführt, die mit der Haftungsschuld hätten verrechnet werden können, gehe fehl, da der Kläger nur bis einschließlich März
    2003 in Haftung genommen worden sei. Ein Mitverschulden des Finanzamts bei der Entstehung des Steuerschadens sei in dieser
    Hinsicht nicht erkennbar.
    Das Handeln des Klägers sei auch schuldhaft gewesen. Er sei langjähriger Geschäftsführer der Gesellschaft gewesen und habe
    gewusst, dass er zutreffende Steuererklärungen und Steueranmeldungen rechtzeitig habe einreichen und die angemeldeten Steuern
    aus den Mitteln der Gesellschaft habe zahlen müssen. Dem Kläger habe auch klar sein müssen, dass er insbesondere keine Vorsteuerbeträge
    zugunsten der Gesellschaft habe geltend machen dürfen, bei denen die Leistungen von der Gesellschaft gar nicht bezogen worden
    seien. Auch habe dem Kläger bewusst sein müssen, dass er Umsätze der Gesellschaft nur dann nicht als nicht steuerbare oder
    als steuerfreie Umsätze behandeln dürfe, wenn die hierfür erforderlichen Voraussetzungen erfüllt seien.
    Der Beklagte schätze im Hinblick auf die Pflichtverletzung des Klägers, die Steuerschulden der A-GmbH als deren Geschäftsführer
    rechtzeitig begleichen zu müssen, dass der Kläger als Geschäftsführer alle anderen Schulden der A-GmbH rechtzeitig und vollständig
    getilgt und nur die fälligen Steuerschulden nicht bedient habe. Bis einschließlich des Voranmeldungszeitraums für Juni 2003,
    für die die Steuer am 10. August 2003 fällig gewesen wäre, habe der Kläger als Geschäftsführer die zutreffenden Steuerbeträge
    entrichten müssen.
    Der Kläger könne sich nicht auf ein Fehlverhalten des steuerlichen Beraters bei Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldungen berufen
    und sich hierdurch exkulpieren. Dem Steuerbüro N & Q sei von der A-GmbH zum 5. Juni 2002 Vollmacht erteilt worden. Die Sonderprüfung
    habe am 12. Juni 2003 begonnen. Nach den Feststellungen des Sonderprüfungsberichts seien auf Anfrage der Prüferin weder seitens
    der Gesellschaft noch seitens des Bevollmächtigten Angaben gemacht und angeforderte Unterlagen vorgelegt worden. In dem unter
    Blatt 222 in der Gerichtsakte abgelegten Schreiben des Klägers an den zuständigen Steuerberater bei N & Q gehe hervor, dass
    letzterer diverse Vertragsunterlagen, aus denen der Vorsteuerabzug beansprucht worden sei, bei der AGmbH vor der Umsatzsteuer-Sonderprüfung
    angefordert habe (Mietverträge der AGmbH mit Herrn M, mit S, R-Leasingverträge). Es sei zweifelhaft, ob der Kläger diese Unterlagen
    im Namen der A-GmbH dem Steuerbüro tatsächlich überlassen habe. Denn der Kläger habe im Verfahren behauptet alle Unterlagen
    zur Erstellung der Buchführung und der Voranmeldungen dem Steuerbüro N stets zum Verbleib ausgehändigt zu haben. Der Umstand,
    dass das Steuerbüro diese Unterlagen im Rahmen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung nicht ausgehändigt und nochmals beim Kläger
    angefordert habe, spreche aber dagegen, dass der Kläger diese Unterlagen an das Steuerbüro zum Verbleib übergeben habe. Hätten
    diese Unterlagen aber mit Kenntnis des Klägers nicht dort vorgelegen, liege in der nicht zutreffenden Geltendmachung der Vorsteuerbeträge
    ohne Kenntnis der Verträge durch das Steuerbüro ein Umstand, für den den Kläger seine Auswahl- und Überwachungspflicht grob
    fahrlässig verletzt habe. Zumindest sei der Kläger für die verspätete Abgabe der Voranmeldung für den Juli 2003 verantwortlich,
    da er das Steuerbüro erst gemahnt habe, als die Frist zur Abgabe schon abgelaufen gewesen sei.
    Der Erlass des Haftungsbescheids gegenüber dem Kläger sei ohne Ermessensfehler ergangen. Der Kläger sei neben dem neuen Geschäftsführer
    in Haftung genommen worden. Hinzu trete, dass der neue Geschäftsführer der Gesellschaft H stets unter einer spanischen Anschrift
    aufgetreten sei und das Registergericht an dessen deutschen Wohnsitz in I mangels einer tatsächlichen Geschäftsadresse die
    Eintragung der Verlegung der A-GmbH abgelehnt habe.
    Im abgeschlossenen Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheids unter dem Aktenzeichen 3 V 2866/08
    wurde am 18. November 2008 vor der Berichterstatterin ein Erörterungstermin durchgeführt. Für die Einzelheiten wird auf das
    in der Gerichtsakte abgelegte Protokoll vom Erörterungstermin vom 18. November 2008 (Blatt 182 der Gerichtsakte) Bezug genommen.
    Vor dem Berichterstatter wurde am 12. Dezember 2012 ein weiterer Erörterungstermin durchgeführt. Auf die Niederschrift (abgelegt
    unter Bl. 271 der Gerichtsakte) wird ebenfalls Bezug genommen. Die beantragte Akteneinsicht wurde dem Kläger am 1. Februar
    2013 (Blatt 280 der Gerichtsakte) gewährt.
    Der Senat hat am 12. Juni 2013 in der Sache mündlich verhandelt. Auf die Niederschrift wird Bezug genommen.
    Entscheidungsgründe
    I. Der Senat konnte trotz Ausbleibens des Klägers und des Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung zur Sache
    verhandeln und entscheiden, da der Prozessbevollmächtigte in der ordnungsgemäß zugegangenen Ladung hierauf hingewiesen worden
    war (§ 91 Abs. 2 FGO).
    II. Die Klage ist bis auf einen geringen Teil begründet.
    Der Haftungsbescheid des Beklagten, zuletzt in der Fassung vom 10. März 2009, ist überwiegend rechtswidrig und verletzt den
    Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
    Der Beklagte hat den Kläger für nicht gezahlte Umsatzsteuer 2002 der A-GmbH und Zinsen hierzu zu Unrecht in Haftung genommen,
    da den Kläger der Vorwurf des groben Verschuldens nicht trifft. Dies gilt nur für einen geringen Restbetrag nicht gezahlter
    Umsatzsteuer in Höhe von 399,21 EUR für bestimmte Sachverhalte nicht, die im Bericht über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung vom
    18. Juni 2004 in Tz. 16 e und 16 f aufgegriffen wurden. Zu diesen Sachverhalten hat der Kläger im gerichtlichen Verfahren
    jedenfalls keine Stellung genommen, was im Ergebnis zu seinen Lasten geht.
    Für Umsatzsteuerschulden der A-GmbH aus den Voranmeldungszeiträumen März 2003 und Juni 2003 der A-GmbH scheidet eine Haftung
    des Klägers ebenfalls aus. Für die auf den Voranmeldungszeitraum März 2003 entfallenden Sachverhalte kann dem Kläger ebenfalls
    der Vorwurf des groben Verschuldens nicht gemacht werden, soweit die Umsatzsteuer-Sonderprüferin den Vorsteuerabzug bei der
    A-GmbH nicht anerkannt hat. Für den Voranmeldungszeitraum Juni 2003 wurde zwar die Voranmeldung mit einer der Höhe nach unstreitigen
    Umsatzsteuerschuld der A-GmbH verspätet eingereicht, der Kläger durfte jedoch darauf vertrauen, dass das zuständige Finanzamt
    C die fristgerecht abgegebenen Umsatzsteuer-Voranmeldungen April und Mai 2003 mit einem übersteigenden Erstattungsbetrag rechtzeitig
    bearbeiten und sein steuerlicher Berater den angekündigten Verrechnungsantrag stellen würde.
    1. Der Kläger kann zwar als ehemaliger Geschäftsführer der A-GmbH bis zum 18. August 2003 grundsätzlich gemäß §§ 191, 69,
    34 Abs. 1 Satz 1 und 2 AO für grob fahrlässige Pflichtverletzungen in Haftung genommen werden. Der Beklagte hat im Streitfall
    hierfür jedoch sowohl die Richtigkeit der umsatzsteuerlichen Festsetzungen, die im Anschluss an die Umsatzsteuer-Sonderprüfung
    erlassen wurden (des Umsatzsteuerjahresbescheids 2002 und des geänderten Umsatzsteuervoranmeldungsbescheids für März 2003)
    sowie der nach dem Ausscheiden des Klägers abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldung für Juni 2003 und der behaupteten grobfahrlässigen
    Pflichtverletzungen des Klägers im einzelnen darzulegen und nachzuweisen. Denn der Umsatzsteuerjahresbescheid 2002 und die
    geänderte Umsatzsteuer-Voranmeldung für März 2003 wurden erst nach Abberufung des Klägers als Geschäftsführer erlassen und
    die Umsatzsteuer-Voranmeldung für Juni 2003 erst danach abgegeben.
    a) Nach § 191 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes für eine Steuer
    haftet. Haften i.S. des § 191 AO bedeutet Einstehenmüssen für eine fremde Steuerschuld (hier: die Umsatzsteuerschulden der
    A-GmbH für 2002 sowie März 2003 und Juni 2003 sowie die Zinsen zur Umsatzsteuer 2002). Tatbestandsmäßige Voraussetzung für
    die Haftungsinanspruchnahme ist daher neben dem Bestehen zum Beispiel einer öffentlich-rechtlichen Haftungsnorm als Anspruchsgrundlage
    (hier: § 69 Satz 1 AO), dass eine Steuerschuld oder der Anspruch auf eine steuerliche Nebenforderung entstanden ist und im
    Zeitpunkt des Erlasses des Haftungsbescheides noch besteht (Grundsatz der Akzessorietät, vgl. BFH-Urteil vom 12.10.1999 –
    VII R 98/98, BStBl II 2000, 486). Der Haftungsanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Haftungsnorm
    die Haftungsfolge knüpft (§ 38 AO 1977), jedoch nicht vor Entstehen der Steuerschuld (BFH-Urteil in BStBl II 2000, 486).
    b) Ist die Steuer dem Steuerpflichtigen (hier: der A-GmbH) gegenüber unanfechtbar festgesetzt, so hat dies auch der Vertreter
    des Steuerpflichtigen gegen sich gelten zu lassen, wenn er in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen
    Bescheid anzufechten (§ 166 AO). Eine solche Drittwirkung der im Anschluss an die Umsatzsteuer-Sonderprüfung erlassenen Umsatzsteuerjahresfestsetzung
    2002, der geänderten Umsatzsteuer-Voranmeldung für März 2003 und der UmsatzsteuerVoranmeldung für Juni 2003 liegt im Streitfall
    jedoch nicht vor, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Der Kläger konnte als Geschäftsführer die sämtlich erst nach
    seiner Abberufung als Geschäftsführer erlassenen Bescheide für die A-GmbH nicht mehr anfechten.
    2. Der Haftungsbescheid vom 10. März 2009 ist, soweit der Kläger für Umsatzsteuer 2002 haften soll, überwiegend rechtswidrig.
    a) Der Senat lässt es dahinstehen, ob der Beklagte im Streitfall die Haftungsinanspruchnahme auf eine Haftung für „Umsatzsteuer
    2002” statt auf die einzelnen Voranmeldungszeiträume des Kalenderjahres 2002, für die er grobfahrlässige Pflichtverletzungen
    des Klägers behauptet, stützen konnte.
    aa) Für die Umsatzsteuer 2002 ist durch das damals für die A-GmbH zuständige Finanzamt C (ohne vorherige Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung)
    ein Jahressteuerbescheid nach der Umsatzsteuer-Sonderprüfung ergangen, der die Korrekturen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung
    enthalten und zu einer Mehr-Umsatzsteuer geführt hat. Im Hinblick auf die im Bericht über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung 2002
    in Anlage 1 einzeln aufgeführten Lebenssachverhalte des Kalenderjahres 2002 wurde der Kläger auf der Grundlage der Umsatzsteuerjahresfestsetzung
    2002 durch den Beklagten in Haftung genommen. Im Hinblick auf die Umsatzsteuerjahresfestsetzung 2002 wirft der Beklagte dem
    Kläger aber weder eine verspätete Abgabe, noch eine inhaltlich unzutreffende Erklärung noch eine nicht fristgerechte Zahlung
    der Mehr-Umsatzsteuer als grobfahrlässige Pflichtverletzungen vor. Er stützt seine Haftungsinanspruchnahme auf grob fahrlässige
    Pflichtverletzungen des Klägers für die einzelnen Voranmeldungszeiträume für das Kalenderjahr 2002.
    bb) Eine Haftung des Klägers auf der Grundlage einzelner Voranmeldungszeiträume des Kalenderjahres 2002 wäre auch trotz Erlasses
    des Umsatzsteuerjahresbescheids 2002 jedenfalls dem Grunde nach möglich gewesen. Das endgültige Schicksal der Umsatzsteuer-Vorauszahlungsschulden
    als Haftungsgrundlage hängt zwar von der Höhe der Steuerschuld nach dem Jahressteuerbescheid ab. Denn die UmsatzsteuerVorauszahlungsansprüche
    stehen kraft Gesetzes unter der auflösenden Bedingung, dass die Umsatzsteuer-Vorauszahlungen aus den Umsatzsteuer-Voranmeldungen
    oder Vorauszahlungsfestsetzungen durch die Festsetzung der Jahressteuerschuld bestätigt werden (vgl. BFH-Urteile vom 5. August
    1986 VII R 167/82, BFHE 147, 398, BStBl II 1987, 8, 9, m.w.N.; vom 15. Juni 1999 VII R 3/97, BFHE 189, 14, BStBl II 2000,
    46; in BStBl. II 2000, 486). Übersteigt bzw. bestätigt die Umsatzsteuer-Jahresveranlagung aber – wie im Streitfall – die Ergebnisse
    der haftungsauslösenden UmsatzsteuerVoranmeldungen, so tritt die auflösende Bedingung, die zum Erlöschen der Vorauszahlungsschuld
    hätte führen können (§ 47 AO), nicht ein. In diesem Fall besteht der Haftungsanspruch unvermindert in Höhe der rückständigen
    Vorauszahlungsschulden fort (BFH-Urteil in BStBl. II 2000, 486). Der Haftungsschuldner kann somit auch nach Ergehen des Umsatzsteuer-Jahresbescheids
    gegenüber dem Steuerschuldner noch durch Haftungsbescheid für rückständige Umsatzsteuer-Vorauszahlungen in Anspruch genommen
    werden, wenn die Haftungsvoraussetzungen – wie hier – (nur) bezüglich der Umsatzsteuer-Vorauszahlungen vorliegen können (BFH-Urteil
    in BStBl. II 2000, 486).
    cc) Es bedarf aber keiner abschließenden Entscheidung der Frage, ob der Beklagte als Grundlage der Haftung überhaupt auf die
    „Umsatzsteuer 2002” abstellen durfte, da die Klage für die streitigen Sachverhalte schon aus anderen Gründen Erfolg hat.
    b) Eine Haftung des Klägers für die unzutreffende Behandlung der Veräußerung des Geschäftsbereichs IT-Vermietung als nicht
    steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen kommt nicht in Betracht, da den Kläger insoweit jedenfalls kein grobes Verschulden
    trifft.
    aa) Mit der Veräußerung der immateriellen und materiellen Wirtschaftsgüter des Geschäftsbereichs IT-Vermietung am 20. Dezember
    2012 hat die A-GmbH eine steuerbare und steuerpflichtige Lieferung bewirkt, für die nach Maßgabe der anzuwendenden Sollversteuerung
    die Umsatzsteuer mit Ausführung der Lieferung am 20. Dezember 2002 entstanden ist.
    aaa) Lieferungen sind nach § 3 Abs. 1 UStG Leistungen, durch die ein Unternehmer oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer
    oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht).
    Die Regelung setzt Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG in nationales Recht um, wonach es für die Lieferung auf „die Übertragung
    der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen”, ankommt. Der Begriff „Lieferung eines
    Gegenstands” in Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG umfasst jede Übertragung eines körperlichen Gegenstands durch eine
    Partei, die die andere Partei ermächtigt, über diesen Gegenstand faktisch so zu verfügen, als wäre sie sein Eigentümer, ohne
    dass es dabei auf eine Eigentumsübertragung in den durch das anwendbare nationale Recht vorgesehenen Formen ankomme. Nach
    ständiger BFH-Rechtsprechung, der der Senat folgt, ist die Übertragung von Substanz, Wert und Ertrag erforderlich (BFH-Urteile
    vom 16. April 2008 XI R 56/06, BFHE 221, 475, BStBl II 2008, 909, unter II.2.a, m.w.N.; vom 08.09.2011 – V R 43/10, DStR 2012,
    460). Bei Lieferung unter Eigentumsvorbehalt –wie im Streitfall– wird die Verfügungsmacht verschafft, wenn die Sachherrschaft
    übergeht (Lippross, Umsatzsteuer, 23. Auflage, Tz. 2.3.4.3).
    Die J AG erlangte im Streitfall am 20. Dezember 2002 die erforderliche Verfügungsmacht, auch ohne dass die Ware physisch aus
    der Betriebsstätte L-Straße … in die Schweiz bewegt wurde. Entweder kommt eine Besitzverschaffung mit zivilrechtlichem Eigentumserwerb
    vom Berechtigten nach § 929 Satz 2 BGB in Betracht oder aber gemäß § 931 BGB, wenn man darauf abstellt, dass die A-GmbH fortan
    die übereigneten Gegenstände als Besitzmittlerin der J AG besitzen sollte (vgl. zur Eigentumsverschaffung bei nicht bewegten
    Gegenständen z.B. das BGH-Urteil vom 10. November 2004 VIII ZR 186/03, BGHZ 161, 90, unter II.6.a aa (1)). Somit liegt gemäß
    § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG für diese Lieferung auch der Leistungsort in D. Wird der Gegenstand der Lieferung nicht befördert oder
    versendet, wird die Lieferung nach dieser Vorschrift dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der
    Verfügungsmacht befindet (vgl. Martin in Sölch/Ringleb, UStG, § 3 Tz. 505).
    bbb) Eine Steuerbefreiung dieses Umsatzes als Ausfuhrlieferung (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 I.V.m. § 6 UStG) scheidet aus, da eine solche
    nach dem Wortlaut der Regelung nur in Betracht kommt, wenn der Gegenstand im Zuge der Lieferung physisch in das Drittlandsgebiet
    gelangt, was hier gerade nicht gegeben ist.
    ccc) Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG entsteht die Umsatzsteuer für diese Lieferung aus der Netto-Bemessungsgrundlage
    in Höhe von 387.600 EUR zum 20. Dezember 2002.
    bb) Die Voraussetzungen einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung gemäß § 1 Abs. 1a UStG sind zu verneinen. Denn mit der
    Ergänzungsvereinbarung vom 30. Dezember 2002 haben Veräußerer (A-GmbH) und Erwerber J-AG unmittelbar im Anschluss an die Übertragung
    des Geschäftsbereichs für einen ungewissen Zeitraum ausgeschlossen, dass die J-AG selbst als Vermieterin von IT-Komplettpaketen
    am Markt auftreten sollte. Hiermit hat der Erwerber J AG den Geschäftsbereich IT Vermietung nicht in der erforderlichen Weise
    fortgeführt.
    aaa) Zwar liegt aus der Sicht des Senats in dem übertragenen Geschäftsbereich „IT Vermietung” jedenfalls ein in der Gliederung
    des Unternehmens der A-GmbH gesondert geführter Betrieb gemäß § 1 Abs. 1a UStG vor.
    Wie der BFH jüngst entschieden hat, kann ein Unternehmensteil, auch ohne die qualifizierten ertragsteuerlichen Voraussetzungen
    eines Teilbetriebs gemäß § 16 EStG erfüllen zu müssen, als Teilvermögen und ein in der „Gliederung des Unternehmens gesondert
    geführter Betrieb” gemäß § 1 Abs. 1a UStG anzusehen sein. Es kommt für die Annahme eines „in der Gliederung eines Unternehmens
    gesondert geführte[n] Betrieb[s]” i.S. des § 1 Abs. 1a UStG bei richtlinienkonformer Auslegung nicht darauf an, ob bei dem
    Veräußerer für die übertragenen Gegenstände vor der Veräußerung eine eigenständige betriebliche Organisation vorlag (BFH-Urteile
    vom 29. August 2012 XI R 10/12, BStBl. II 2013, 221; vom 19. Dezember 2012 XI R 38/10, DStR 2013, 585). Ob ein übertragbares
    Teilvermögen vorhanden ist, bestimmt sich auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls, wobei für
    die Geschäftsveräußerung entscheidend, ob das übertragene Unternehmensvermögen als hinreichendes Ganzes die Ausübung einer
    wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglicht und ob die vor und nach der Übertragung ausgeübten Tätigkeiten übereinstimmen oder sich
    hinreichend ähneln (BFH-Urteile vom 29. August 2012 XI R 10/12, BStBl. II 2013, 221; vom 19. Dezember 2012 XI R 38/10, DStR
    2013, 585 m.w.N.). Auch wenn dem Senat keine näheren Erkenntnisse über die einzelnen Aktivitäten und Geschäftsbereiche der
    A-GmbH im Zeitpunkt Übertragung vorliegen, stellt sich der Streitfall auf der Grundlage der Vereinbarung vom 20. Dezember
    2002 so dar, dass die J AG jedenfalls einen Inbegriff immaterieller und sachlicher Gegenstände des Geschäftsbereichs IT-Vermietung
    erwerben sollte, der es ihr ermöglichte, eine eigene Geschäftstätigkeit zu entfalten.
    bbb) Jedoch liegt aus Sicht des Senats die Voraussetzung nicht vor, dass der Erwerber J AG die Fortführung des Geschäftsbereichs
    in hinreichender Weise beabsichtigte. Der Senat hält insofern die Ergänzungsvereinbarung vom 30. Dezember für schädlich, nach
    der die A-GmbH wegen der ungeklärten umsatzsteuerlichen Behandlung ihrer Vermietungsumsätze bis auf weiteres „wie bisher”
    den übertragenen Geschäftsbereich im eigenen Namen und auf eigene Rechnung fortführen sollte. Aus den Urteilen des EuGH in
    den Rechtssachen –Abbey National– (Urteil vom 22. Februar 2001 C-408/98, Slg. 2001, I-1361, BFH/NV Beilage 2001, 48), –Zita
    Modes– (Slg. 2003, I-14393, BFH/NV Beilage 2004, 128, Rz 32 bis 40) und –Schriever– (UR 2011, 937, DStR 2011, 2196, Rz 22
    bis 25) und der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 29. August 2012 XI R 10/12, BStBl. II 2013, 221) folgt jedoch, dass die
    im Rahmen der Geschäftsveräußerung im Ganzen erforderliche Möglichkeit und Absicht der Fortführung des Geschäftsbetriebs aus
    der maßgeblichen Sicht des Erwerbers zu bestimmen ist. Die Vertragsparteien haben die Übertragung des Geschäftsbereichs jedoch
    im Nachhinein „angehalten” und bis auf weiteres unter Vorbehalt gestellt. Wäre die umsatzsteuerliche Prüfung der Behandlung
    zukünftiger Umsätze der J AG als Vermieterin von IT-Anlagen im Inland anders ausgefallen, wäre die Übertragung „wirtschaftlich”
    nicht vollzogen werden sollen und die A-GmbH weiterhin im Außenverhältnis und auf eigene Rechnung als Vermieterin aufgetreten.
    Hierbei verkennt der Senat nicht, dass ab Mitte März 2003 die J AG die Geschäftstätigkeit für Neuaufträge soweit ersichtlich
    dann doch tatsächlich aufgenommen hat. Es ist aus der Rechtsprechung des BFH aber nicht ersichtlich, dass das spätere Vorliegen
    einer zwischenzeitlich in Frage gestellten Fortführungsabsicht auf den Zeitpunkt der steuerpflichtigen Lieferung zurückwirken
    kann und in welchem zeitlichen Rahmen nach der Übertragung des Geschäftsbereichs sich die Fortführungsabsicht des Erwerbers
    endgültig manifestiert haben muss. Der BFH hat – soweit ersichtlich – bislang nur entschieden, eine Geschäftsveräußerung i.S.
    des § 1 Abs. 1 a Satz 2 UStG könne auf mehreren zeitlich versetzten Kausalgeschäften beruhen, wenn diese in einem engen sachlichen
    und zeitlichen Zusammenhang stünden und die Übertragung des ganzen Vermögens auf einen Erwerber zur Beendigung der bisherigen
    gewerblichen Tätigkeit – insbesondere auch für den Erwerber – offensichtlich sei (BFH-Urteil vom 01.08.2002 – V R 17/01, BStBl.
    II 2004, 626). In der vorgenannten Entscheidung des BFH hing die Wirksamkeit der Übertragungsvorgänge jedoch von der Zustimmung
    Dritter ab. Im Streitfall hingegen haben die A-GmbH und die J AG die Geschäftsveräußerung ins Werk gesetzt und dann selbst
    unmittelbar im Anschluss an die Übertragung unter einen Vorbehalt gestellt und die A-GmbH im Außenverhältnis und auf eigene
    Rechnung die ursprüngliche Tätigkeit fortsetzen lassen.
    ccc) Aus Sicht des Senats ist auch dann, wenn man in der Ergänzungsvereinbarung vom 30.12. 2002 den Abschluss einer Dienstleistungskommission
    (Leistungsverkaufskommission) zwischen der J AG als Auftraggeberin und der A-GmbH als Auftragnehmerin gemäß § 3 Abs. 11 UStG
    sieht, keine Geschäftsveräußerung im Ganzen gegeben. Bei richtlinienkonformer Auslegung entsprechend Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie
    77/388/EWG erfasste § 3 Abs. 11 UStG auch in seiner 2002 geltenden Fassung nicht nur den „Leistungseinkauf”, sondern auch
    den „Leistungsverkauf” (BFH-Urteile vom 7. Oktober 1999 V R 79, 80/98, BFHE 190, 235, BStBl II 2004, 308; vom 25. Mai 2000
    V R 66/99, BFHE 191, 458, BStBl II 2004, 310; vom 31. Januar 2002 V R 40, 41/00, BFHE 197, 377, BStBl II 2004, 315; vom 29.
    August 2002 V R 8/02, BFHE 199, 88, BStBl II 2004, 320; vom 28. November 2002 V R 6/02, BFH/NV 2003, 517). § 3 Abs. 11 UStG
    fingiert für das Innenverhältnis von „Hintermann” J AG und Kommissionärin A-GmbH statt eines Geschäftsbesorgungsverhältnisses
    ein Vermietungsverhältnis, wenn die AGmbH im Außenverhältnis gegenüber Kunden IT-Komplettpakete vermietet. Die Begründung
    einer Leistungsverkaufskommission durch den Erwerber eines Geschäftsbereichs mit dem Veräußerer dieses Geschäftsbereichs als
    Kommissionär reicht nach Auffassung des Senats aber nicht aus, um eine Fortführung des erworbenen Geschäftsbereichs „durch
    den Erwerber” i.S.d. § 1 Abs. 1a UStG begründen zu können. Soweit ersichtlich, ist jedoch auch diese Rechtsfrage noch nicht
    höchstrichterlich geklärt.
    cc) Jedenfalls trifft den Kläger aber nicht der Vorwurf groben Verschuldens, indem er als Geschäftsführer der A-GmbH den Veräußerungsvorgang
    als nicht steuerbar behandelt hat.
    Denn der Kläger hat durch eine vorher eingeholte rechtliche Beratung und der in der Rechnung vom 20. Dezember 2002 enthaltenen
    „Steuerklausel” ausreichend Vorsorge für den Fall getroffen, dass die Veräußerung des Geschäftsbereichs später zu Lasten der
    A-GmbH als umsatzsteuerbar und umsatzsteuerpflichtig angesehen werden könnte. Nach der Rechtsprechung des BFH, der der erkennende
    Senat folgt, handelt der Vertreter i.S.d. §§ 34, 69 AO nach den jeweils maßgeblichen Umständen des Einzelfalls nicht grob
    fahrlässig, wenn er bei herausgehobenen Sachverhalten einen sorgfältig ausgewählten Steuerberater / Rechtsanwalt über den
    geplanten Lebenssachverhalt zutreffend und umfassend informiert, sich von diesem eine Rechtsauskunft geben lässt und sich
    auf diese Auskunft verlässt (BFH-Urteil vom 19.9. 1985 VII R 88/85, BFH/NV 1986, 133; zu herausgehobenen Geschäftsvorfällen
    vgl. auch den BFH-Beschluss vom 26.11. 2008 V B 210/07, BFH/NV 2009, 362 sowie zur Haftung nach Einholung eines Rechtsrats
    Nacke, Haftung im Steuerrecht, 3. Auflage 2012, Rz. 146, 147).
    Dass der Kläger sich von dem Steuerbüro N & Q über die zutreffende umsatzsteuerliche Würdigung der Veräußerung des Geschäftsbereichs
    hat beraten lassen, steht für den Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens und dem Vortrag des Klägers fest. Hierfür spricht
    entscheidend, dass der Kläger in der Rechnung der A-GmbH an die J AG vom 20. Dezember 2002 die Klausel aufgenommen hat, die
    ausgewiesene Bemessungsgrundlage sei eine Netto-Bemessungsgrundlage, sodass bei abweichender rechtlicher Würdigung die Umsatzsteuer
    als Teil der zivilrechtlichen Kaufpreisforderung von der A-GmbH noch nachgefordert werden konnte. Die Mehrwertsteuer bildet,
    auch wenn sie, wie üblich, vom Verkäufer gesondert in Rechnung gestellt wird, einen Teil des Kaufpreises (sog. Bruttoabrede,
    BGH-Urteile vom 11.5. 2001 V ZR 492/99, DStRE 2001, 492; Birkenfeld, Umsatzsteuer-Handbuch, § 14 Rz 41 ff; Stadie in Rau/Dürrwächter,
    Umsatzsteuergesetz, § 14 Rz 59). Ist dagegen – wie hier– ein Nettopreis vereinbart worden, schließt dieser die Umsatzsteuer
    nicht ein.
    Zwar hat der Kläger kein schriftliches Gutachten des steuerlichen Beraters vorgelegt, sodass im Hinblick auf seine Auswahl-
    und Instruktionspflicht im Sinne des BFH-Urteils in BFH/NV 1986, 133 nicht feststellbar ist, in welcher Intensität er sich
    hat beraten lassen und ob auch der –vom Senat für die Annahme einer Geschäftsveräußerung im Ganzen als schädlich betrachtete–
    Abschluss der Ergänzungsvereinbarung vom 30. Dezember 2002 Gegenstand der rechtlichen Würdigung des Beraters gewesen ist.
    Der Kläger hat aber aufgrund der in Anspruch genommenen Beratung mit Aufnahme der Steuerklausel in die Rechnung das Risiko
    der A-GmbH, die Umsatzsteuer bei abweichender Würdigung durch das Finanzamt allein aus dem vereinnahmten Nettokaufpreis abführen
    zu müssen, ausreichend Rechnung getragen und etwaige Versäumnisse bei der Information des Beraters über den gesamten Sachverhalt,
    wenn solche vorliegen sollten, kompensiert. Dass der Nachfolge-Geschäftsführer des Klägers nach dessen Abberufung von der
    J AG im Anschluss an die Umsatzsteuer-Sonderprüfung keine Umsatzsteuer nachgefordert und den Umsatzsteuerjahresbescheid 2002
    hat bestandskräftig werden lassen, kann dem Kläger nicht vorgehalten werden.
    c) Ein grobes Verschulden des Klägers ist auch zu verneinen, soweit die A-GmbH (über das Steuerbüro N & Q) in den Umsatzsteuervoranmeldungen
    2002 Vorsteuerbeträge aus den Leasingverträgen mit der Firma R Leasing und – nach deren Rücknahme des Verzichts auf die Steuerbefreiung
    der Vermietungsumsätze ab Oktober 2002 – aus den Mietzahlungen an die Ehefrau des Klägers geltend gemacht hat.
    Der Senat ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens davon überzeugt, dass die AGmbH ab Mai 2002 das Steuerbüro beauftragt
    hatte, monatlich die Buchführung zu erstellen und die Umsatzsteuer-Voranmeldungen zu fertigen. Dies ergibt sich aus dem im
    Tatbestand angeführten insoweit übereinstimmenden Vortrag des Klägers und der beklagten Steuerberatungsgesellschaft im zivilgerichtlichen
    Schadensersatzprozess. Dort wurde von beiden Seiten vorgetragen, der Kläger habe monatlich alle relevanten Unterlagen der
    A-GmbH an das Steuerbüro übergeben, damit die Buchführung erstellt und die Umsatzsteuer-Voranmeldungen gefertigt werden konnten.
    Streitig ist im Zivilprozess im Hinblick auf etwaige Pflichtverletzungen der steuerlichen Berater der A-GmbH während der Umsatzsteuer-Sonderprüfung
    lediglich, ob die Unterlagen danach jeweils an die A-GmbH zurückgegeben wurden und vor der Umsatzsteuer-Sonderprüfung wieder
    an das Steuerbüro gelangt sind. Diese im Zivilprozess streitige Tatsache ist indes im vorliegenden Verfahren rechtlich nicht
    erheblich.
    Denn bedient sich der Vertreter bei der Erstellung der monatlichen UmsatzsteuerVoranmeldungen der Gesellschaft eines Steuerberaters
    – wie hier –, braucht er sich ein etwaiges Verschulden dieser Person nicht zurechnen zu lassen. Trifft den Geschäftsführer
    persönlich kein Auswahl- oder Überwachungsverschulden und hat er keinen Anlass, die inhaltliche Richtigkeit der von dem steuerlichen
    Berater gefertigten Steuererklärung der GmbH zu überprüfen, so haftet er nicht für Steuerverkürzungen, die auf fehlerhaften
    Steuererklärungen beruhen (BFH-Urteil vom 30.8.1994 – VII R 101/92, BStBl. II 1995, 278). Für den Fall der Unterzeichnung
    einer von einem Steuerberater gefertigten Umsatzsteuererklärung kann eine Haftung des die Unterschrift leistenden Geschäftsführers
    einer GmbH jedenfalls nur in Betracht kommen, wenn er selbst nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls Anlass und Möglichkeiten
    hatte, die Richtigkeit der Steuererklärung zu überprüfen (BFH-Beschluss vom 28.08.2008 – VII B 240/07, BFH/NV 2008, 1983).
    Solche besonderen Umstände, die dem Kläger Anlass gegeben hätten, die Richtigkeit der Voranmeldungen zu hinterfragen, lagen
    im Streitfall jedoch nicht vor.
    Der Kläger hatte als Geschäftsführer die Unterlagen der A-GmbH (mit den im Verfahren vorgelegten Leasingverträgen mit der
    R Leasing und das Schreiben der Ehefrau des Klägers an die A-GmbH vom 28. September 2002, ab Oktober 2002 umsatzsteuerfrei
    zu vermieten (Blatt 116 der Gerichtsakte)), an die Steuerberatungsgesellschaft weitergegeben und diese hatte in den Voranmeldungen
    hieraus die Vorsteuer geltend gemacht. Die Umsatzsteuer-Sonderprüfung hat den Vorsteuerabzug aus den Leistungen der R Leasing
    GmbH nur wegen eines formalen Mangels (kein gesondert ausgewiesener Steuerbetrag) korrigiert. Da die A-GmbH die abgerechneten
    Leistungen auch unstreitig bezogen hat, bestand kein Anlass für den Kläger, der Behandlung dieser Eingangsleistungen in den
    Voranmeldungen gesondert nachzugehen. Gleiches gilt für die geltend gemachte Vorsteuer aus den Vermietungsleistungen der Ehefrau
    des Klägers an die A-GmbH. Die Vereinbarung vom 28. September 2002 wurde insoweit zutreffend vom Steuerbüro umgesetzt, dass
    ab Oktober 2002 nur noch ein Mietzins in Höhe von 10.500 EUR gebucht wurde. Dass trotz Weitergabe der Vereinbarung, die Eingang
    in die Buchführung gefunden hat, nunmehr aus dem Nettobetrag von 10.500 EUR im Rahmen der Voranmeldungen „herausgerechnete
    Umsatzsteuer” geltend gemacht wurde, stellt nach Auffassung des Senats eine falsche Sachbehandlung des Steuerbüros dar, die
    dem Kläger ebenfalls bei Kontrolle der Vorsteuerbeträge in den Voranmeldungen nicht auffallen musste.
    d) Entgegen der Auffassung des Beklagten haftet der Kläger auch nicht für geltend gemachte Vorsteuerbeträge aus den Eingangsrechnungen
    der Frau G. Die Vorsteuer wurde insoweit materiellrechtlich zutreffend in Anspruch genommen, da Frau G als Strohmann oder
    Kommissionärin im Rahmen einer Leistungsverkaufskommission (§ 3 Abs. 11 UStG) gegenüber der A-GmbH als Unternehmerin Leistungen
    erbracht hat.
    aa) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG kann ein Unternehmer, der im Besitz eines Abrechnungspapieres gemäß § 14 UStG
    über den entsprechenden Eingangsumsatz ist, die gesondert ausgewiesene Steuer als Vorsteuer abziehen, wenn er den Eingangsumsatz
    von einem Unternehmer für sein Unternehmen bezogen hat. Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig
    aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen
    Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst ausführt oder durch einen Beauftragten ausführen lässt. Ob eine
    Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt deshalb grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber
    dem Leistungsempfänger im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei der Ausführung entgeltlicher Leistungen
    aufgetreten ist (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs –BFH–vom 7. Juli 2005 V R 60/03, BFH/NV 2006,
    139, und vom 26. Juni 2003 V R 22/02, BFH/NV 2004, 233, sowie BFH-Beschluss vom 31. Januar 2002 V B 108/01, BFHE 198, 208,
    BStBl II 2004, 622, jeweils m.w.N.; vom 12.05.2011 – V R 25/10, BFH/NV 2011, 1541).
    Ohne Bedeutung ist, ob der im eigenen Namen Handelnde auch auf eigene Rechnung tätig ist, weil er entweder als Strohmann oder
    Kommissionär im Rahmen einer Leistungsverkaufskommission gemäß § 3 Abs. 11 UStG tätig ist (BFH-Urteil vom 12.05.2011 – V R
    25/10 (BFH/NV 2011, 1541). Von einer Leistung durch denjenigen, der im eigenen Namen und für fremde Rechnung handelt, ist
    auch bei Strohmann- und Treuhandgeschäften auszugehen. Sofern der Strohmann oder der Treuhänder Unternehmer i.S. des § 2 UStG
    ist und im Rahmen seines Unternehmens handelt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG), steht es einer einem Strohmann oder dem Treuhänder
    zuzurechnenden Leistung oder einem Leistungsbezug nach § 3 Abs. 3 und Abs. 11 UStG nicht entgegen, dass sie (Strohmann und
    Treuhänder) auf fremde Rechnung tätig sind (BFH-Urteile vom 28. Januar 1999 V R 4/98, BFHE 188, 456, BStBl II 1999, 628; in
    BFH/NV 2004, 233, und in BFH/NV 2006, 139 und BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622). Dabei ist zwischen der
    Leistungserbringung und dem Leistungsbezug durch Treuhänder oder Strohmänner nicht zu differenzieren, da die Bestimmung von
    Leistendem und Leistungsempfänger nach einheitlichen Grundsätzen erfolgt (vgl. BFH-Urteile vom 24. August 2006 V R 16/05,
    BFHE 215, 311, BStBl II 2007, 340, und vom 18. Februar 2009 V R 82/07, BFHE 225, 198, BStBl II 2009, 876).
    Unbeachtlich ist das „vorgeschobene” Strohmanngeschäft aber, wenn es nur zum Schein abgeschlossen wird, d.h. wenn die Vertragsparteien
    einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen, sondern
    zwischen dem Leistungsempfänger und dem „Hintermann” eintreten sollen (vgl. § 41 Abs. 2 der Abgabenordnung –AO–; ausführlich
    BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, unter II.4.c; vgl. auch BFH-Beschluss vom 17. Oktober 2003 V B 111/02,
    BFH/NV 2004, 235). Letzteres ist insbesondere dann zu bejahen, wenn der Leistungsempfänger weiß oder davon ausgehen muss,
    dass derjenige, mit dem oder in dessen Namen das Rechtsgeschäft abgeschlossen wird (sog. Strohmann), selbst keine eigene –ggf.
    auch durch Subunternehmer auszuführende– Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft übernehmen will (vgl. BFH-Beschluss in BFHE
    198, 208, BStBl II 2004, 622; BFH-Urteil vom 12. August 2009 XI R 48/07, BFH/NV 2010, 259).
    bb) Von einem solch unbeachtlichen Strohmanngeschäft kann indes im Streitfall nicht ausgegangen werden. Es sollten die Rechtswirkungen
    aus der Vereinbarung über die Leistungserbringung zwischen der A-GmbH und Frau G eintreten. Selbst wenn dem Kläger positiv
    bekannt gewesen sein sollte, dass die seitens der A-GmbH von Frau G bezogenen Leistungen nur durch Herrn E erbracht werden
    konnten und Frau G auf fremde Rechnung tätig war, war aufgrund der finanziellen Schwierigkeiten des Herrn E gerade gewollt
    und für alle Beteiligten offenkundig, dass Herr E als Subunternehmer der Frau G in deren Namen die geschuldeten Leistungen
    an die A-GmbH erbringen sollte. Es sollten daher – wie von Herrn E im Rahmen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei Frau G bestätigt–
    die Leistungen gerade in der Kette im Rahmen einer Leistungsverkaufskommission gemäß § 3 Abs. 11 UStG erbracht werden, sodass
    Herr E Ausgangsrechnungen an Frau G und diese an die A-GmbH stellte. Frau G war somit als Kommissionärin im Rahmen der Leistungsverkaufskommission
    auch nachhaltig und damit –entgegen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung – auch als Unternehmerin gemäß § 2 Abs. 1 UStG tätig (BFH-Urteil
    vom 12.05.2011 – V R 25/10, BFH/NV 2011, 1541).
    e) Im Übrigen bleibt es bei den Vorsteuerkürzungen laut Tz. 16 e und f des Umsatzsteuer-Sonderprüfungsberichts. Der Kläger
    hat im vorliegenden Verfahren nicht dargelegt, warum eine Haftung wegen dieser Sachverhalte nicht in Betracht kommen soll.
    Dies geht zu seinen Lasten, da nach den Feststellungen der UmsatzsteuerSonderprüfung insoweit die Versagung des Vorsteuerabzugs
    zutreffend ist. Der Kläger hat sich insoweit auch nicht dazu geäußert, dass keine grob fahrlässige Pflichtverletzung vorliegen
    soll, sodass er mit einem Restbetrag in Höhe von 399,21 EUR für Umsatzsteuer 2002 in Haftung genommen werden kann.
    3. Die Haftungsinanspruchnahme des Klägers für den Voranmeldungszeitraum März 2003 ist in vollem Umfang rechtswidrig.
    a) Eine Haftung des Klägers kommt – entgegen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung – nur für solche Sachverhalte in Betracht, die
    auch im März 2003 verwirklicht wurden. Der Beklagte konnte den Kläger daher nicht für einen Umsatzsteuerbetrag für März 2003
    in Anspruch nehmen, in den alle Ergebnisse der Umsatzsteuer-Sonderprüfung für Januar und Februar 2003 aus Vereinfachungsgründen
    „saldiert” eingegangen sind.
    aa) Nach der Regelung in § 13 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 18 Abs. 2 Satz 2 UStG entsteht der Anspruch auf Umsatzsteuer-Vorauszahlung
    für alle in einem Voranmeldungszeitraum (§ 18 UStG) ausgeführten Umsätze jeweils mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums. Hat
    der Steuerpflichtige – hier die A-GmbH – monatliche Umsatzsteuer-Voranmeldungen abzugeben, so entsteht der Umsatzsteuer-Vorauszahlungsanspruch
    mit Ablauf des letzten Tages des jeweiligen Kalendermonats für die in diesem Voranmeldungszeitraum umsatzsteuerlich relevanten
    Lebenssachverhalte. Die Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung oder die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlungsschuld durch
    das Finanzamt – hier für März 2003 – ist weder Voraussetzung für das Entstehen der Umsatzsteuer, noch hat sie darauf eine
    Auswirkung (vgl. zum Ganzen das BFH-Urteil in BStBl II 2000, 486 m.w.N.). § 38 AO i.V.m. §§ 13 Abs. 1 Nr. 1, 18 Abs. 1 Satz
    1 und 2 UStG gehen für die Entstehung der Umsatzsteueransprüche von einem materiell-rechtlichen, d.h. an der Tatbestandsverwirklichung
    des materiellen Steuergesetzes orientierten Entstehungstatbestand aus. Die Festsetzung der Umsatzsteuer ist nicht materiell-rechtlicher
    Rechtsgrund für die Entstehung des Anspruchs sondern, –sofern die Umsatzsteuer in der zutreffenden Höhe festgesetzt ist– lediglich
    deklaratorische Bestätigung des kraft Gesetzes entstandenen Steueranspruchs.
    bb) Diese an die Tatbestandsverwirklichung im Besteuerungszeitraum anknüpfenden Umsatzsteuer-Vorauszahlungsansprüche des Voranmeldungszeitraums
    sind selbstständig realisierbar. Sind die Vorauszahlungsansprüche – wie hier – festgesetzt worden, so hat deren Festsetzung
    nach den Urteilen des BFH auch dann Bestand, wenn ihnen die in § 18 Abs. 3 und 4 UStG vorgesehene Jahressteuerfestsetzung
    – wie im Streitfall – bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist nicht nachfolgt (vgl. BFH-Entscheidungen vom 29. November 1984
    V R 146/83, BFHE 143, 101, BStBl II 1985, 370; vom 17. September 1992 V R 17/86, BFH/NV 1993, 279, und vom 15. Juni 1999 VII
    R 3/97, BFHE 189, 14, BStBl II 2000, 46; in BStBl II 2000, 486 m.w.N).
    cc) Somit kann der Beklagte zwar grundsätzlich eine Haftung an die nach der Umsatzsteuer-Sonderprüfung geänderte Vorauszahlungsfestsetzung
    für März 2003 knüpfen. Diese ist jedoch rechtswidrig, soweit in ihr aus Vereinfachungsgründen saldiert Sachverhalte berücksichtigt
    worden sind, für die im März 2003 keine Tatbestandsverwirklichung gegeben ist, sondern die die Monate Januar und Februar 2003
    betreffen. Eine Haftung des Klägers kommt daher allenfalls für folgende Sachverhalte, die den März 2003 betreffen und von
    der Umsatzsteuer-Sonderprüfung (vgl. Tz.16 a bis 16 d und Anlage 1 und 2 des Berichts über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung)
    beanstandet wurden, in Betracht:
    Nicht gewährte Vorsteuer für März 2003R Leasing KFZ./. 2.122,60 EUR
    Nicht gewährte Vorsteuer für März 2003Mietvertrag Ehefrau des Klägers./. 1.448,28 EUR
    Nicht gewährte Vorsteuer für März 2003Klägers R Leasing Telefonanlage./. 58,12 EUR
    Nicht gewährte Vorsteuer für März 2003P Provisionen./. 534,43 EUR
    Maximale Haftsumme für März 20034.163,43 EUR
    b) Für die vorgenannten Sachverhalte liegen jedoch keine grob fahrlässigen Pflichtverletzungen des Klägers darin, dass die
    A-GmbH die vorgenannten Vorsteuerbeträge durch das Steuerbüro N & Q in der Umsatzsteuersteuer-Voranmeldung für März 2003 geltend
    gemacht und er die Voranmeldungen nicht gesondert überprüft hat.
    Für die Vorsteuerbeträge aus dem Leasingvertrag zwischen der R Leasing und der AGmbH wird hierfür zur Vermeidung von Wiederholungen
    auf die Ausführungen unter II.2.c Bezug genommen. Auch in Bezug auf die geltend gemachte Vorsteuer aus den Provisionsrechnungen
    der Firma P kann der Senat keine grob fahrlässige Pflichtverletzung in der Auswahl und Überwachung des beauftragten Steuerbüros
    N & Q erkennen. Selbst wenn es rechtlich zutreffend sein sollte, den Vorsteuerabzug aufgrund einer falschen Rechnungsanschrift
    des Ausstellers zu versagen (wie die UmsatzsteuerSonderprüfung meint), handelt es sich auch hier nur um einen formalen Rechnungsfehler.
    Ein besonderer Umstand, der den Kläger hätte verleiten müssen, die geltend gemachte Vorsteuer aus den Provisionsrechnungen
    in der Voranmeldung für März 2003 besonders zu überprüfen, ist nicht ersichtlich.
    d) Anders als der Beklagte in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, kann die Haftung auch nicht kompensatorisch
    teilweise darauf gestützt werden, dass im Laufe des Verfahrens bei Absenkung der Haftsumme für März 2003 die Vorsteuerbeträge
    aus den Vermietungsleistungen des Vermieters M für Januar 2003 und Februar 2003 (jeweils 1.565 EUR) bei Ermittlung der Umsatzsteuer
    für März 2003 zu Gunsten des Klägers abgezogen worden sind. Der Beklagte übersieht, dass im Rahmen des Haftungsrechts für
    eine kompensatorische Betrachtung kein Raum besteht, da der Haftungsbescheid sachverhaltsbezogen ist und im Wege der Kompensation
    keine neuen haftungsbegründenden Lebenssachverhalte nachgeschoben werden können (vgl. Rüsken in Klein, AO, 11. Auflage, §
    191 Tz. 75)
    4. Schließlich ist auch die Haftungsinanspruchnahme des Klägers für den Voranmeldungszeitraum Juni 2003 rechtswidrig. Denn
    der Beklagte hätte trotz pflichtwidrig verspäteter Abgabe der Voranmeldung durch eine Bearbeitung der fristgerecht abgegebenen
    Voranmeldungen für April 2003 und Mai 2003 und der Verrechnung der angemeldeten Erstattungsbeträge mit der Umsatzsteuerschuld
    für Juni 2003 einen Schaden für den Fiskus vermeiden können und müssen.
    Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht für den Senat fest, dass die Umsatzsteuer-Voranmeldungen der A-GmbH für April
    und Mai 2003 dem Beklagten fristgerecht vorlagen (so die Vertreterin des Beklagten im Erörterungstermin vom 18. November 2008),
    die Umsatzsteuer-Sonderprüferin die zugehörigen Original-Belege während der Prüfung mitgenommen hat und diese an Amts Stelle
    verloren gingen. Die eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen wiesen insgesamt einen Vorsteuerüberhang in Höhe von 13.265
    EUR aus, was dem Kläger am 13. August 2003 schriftlich durch seinen zuständigen Sachbearbeiter beim Steuerbüro N & Q bestätigt
    wurde. Dieser kündigte zugleich an, einen Verrechnungsantrag mit der anzumeldenden Umsatzsteuerschuld für Juni 2003 zu beantragen.
    Hierauf durfte sich der Kläger auch verlassen.
    Der Geschäftsführer einer GmbH haftet nach einer Entscheidung des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 11.9. 2012 – 9 K 9161/10
    (veröffentlicht in juris) trotz Verwirklichung des subjektiven und objektiven Tatbestands des § 69 i. V. m. § 34 AO nicht,
    wenn die Umsatzsteuerschuld innerhalb des Haftungszeitraums bei Einhaltung der gem. § 225 Abs. 2 AO für Verrechnungen vorgesehenen
    Tilgungsreihenfolge durch das Finanzamt vollständig getilgt gewesen wäre. Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende
    Senat an. Bei fristgerechter Bearbeitung der Voranmeldungen für April und Mai 2003 hätte das damals zuständige Finanzamt C
    den angemeldeten Vorsteuerüberhängen zugestimmt und das höhere Guthaben aufgrund des Verrechnungsantrags mit der angemeldeten
    Umsatzsteuerschuld für Juni 2003 verrechnet, woraufhin rückwirkend auf den 10. August 2003 – innerhalb des Haftungszeitraums
    – die Umsatzsteuerschuld für Juni 2003 getilgt gewesen wäre.
    5. Hinsichtlich einer Haftung des Klägers aus der Berechnung von Dienstleistungen der A-GmbH zwischen April und Dezember 2002
    in einer Rechnung vom 21. Mai 2003 an die J AG über 131.800 EUR, die die A-GmbH wegen eines ausländischen Leistungsorts (§
    3a Abs. 4 i.V.m. § 3a Abs. 3 UStG) als nicht steuerbar behandelt hat, kommt eine Haftung des Klägers weder wegen Umsatzsteuer
    2002 noch für März 2003 in Betracht.
    Es fehlen konkrete Feststellungen der Umsatzsteuer-Sonderprüferin, warum die Behandlung des Sachverhalts durch die A-GmbH
    fehlerhaft gewesen sein und für welchen Zeitraum bei richtiger Behandlung welcher Betrag an Mehr-Umsatzsteuer geschuldet werden
    sollte. Die Sonderprüferin hat diesen Lebenssachverhalt statt nach den Regeln der Sollversteuerung unzutreffend im Wege der
    Istversteuerung behandelt, indem sie aus den eingegangenen Rechnungsbeträgen für die Veräußerung des IT-Geschäftsbereichs
    und für die abgerechneten Dienstleistungen als Bruttobeträgen die Umsatzsteuer herausgerechnet hat. Dieser Sachbehandlung
    ist auch der Beklagte in der Einspruchsentscheidung für den Haftungsbescheid gefolgt.
    Wenn nunmehr im gerichtlichen Verfahren die Haftung auf die Regeln der Sollversteuerung für das Jahr 2002 oder teilweise für
    März 2003 (aufgrund auf der Rechnung vom 21. Mai 2003 bescheinigter Akontozahlungen) gestützt wird, liegt darin nach Auffassung
    des Senats eine nachträgliche – unzulässige – Einführung eines neuen Lebenssachverhalts in den Haftungsbescheid (vgl. hierzu
    ebenfalls Rüsken in Klein, AO, 11. Auflage, § 191, Tz. 75).
    6. Der Haftungsbescheid ist auch im Hinblick auf die Haftungsinanspruchnahme des Klägers für Zinsen zur Umsatzsteuer 2002
    rechtswidrig.
    Grundsätzlich kann zwar der Vertreter einer juristischen Person gemäß § 69 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 4 AO auch für Zinsen in
    Haftung genommen werden, die infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzung nicht erfüllt worden sind (vgl.
    das BFH-Urteil vom 1. August 2000 VII R 110/99, BStBl 2001, 271). Feststellungen über eine Pflichtverletzung des Klägers,
    die zur Festsetzung der Zinsen zur Umsatzsteuer 2002 geführt haben, hat der Beklagte jedoch nicht getroffen. Er hat die Umsatzsteuer
    2002 und die Zinsen erst nach Abberufung des Klägers als Geschäftsführer festgesetzt. Dies geht zu Lasten des Beklagten. Zudem
    könnte sich selbst eine bei der Nichtentrichtung von Steuerschulden begangene schuldhafte Pflichtverletzung des Klägers auf
    die Haftung für die Festsetzung der Zinsen nicht auswirken, da es sich insoweit um einen Anspruch des Steuergläubigers handelt,
    der erst mit seiner Festsetzung entsteht und erst zu diesem Zeitpunkt fällig wird (Beschluss des FG München vom 19.10.2010
    14 V 2886/10, juris).
    7. Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zu.
    Der Streitfall wirft die vom Senat für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage auf, ob ein Geschäftsführer bei der Entscheidung,
    ein Veräußerungsgeschäft als nicht umsatzsteuerbar in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen der Gesellschaft zu behandeln, eine
    grob fahrlässige Pflichtverletzung i.S.d. § 69 AO vermeiden kann, wenn er – nach steuerlicher Beratung – mit der Vertragspartei
    der Gesellschaft eine Netto-Kaufpreisvereinbarung abschließt und der Gesellschaft ein zivilrechtliches Nachforderungsrecht
    für die Umsatzsteuer verschafft, die bei abweichender rechtlicher Würdigung des Sachverhalts durch das Finanzamt eingreifen
    kann.
    Zudem hält der Senat im Rahmen des § 1 Abs. 1a UStG die Frage für klärungsbedürftig, innerhalb welchen Zeitraums nach Veräußerung
    eines Teilvermögens auf Grundlage der vorzunehmenden Gesamtwürdigung feststehen muss, dass der Erwerber das Unternehmen fortführt
    und ob der Abschluss einer Vereinbarung mit dem Erwerber über dessen – zwischenzeitliche – Stellung als Kommissionär im Rahmen
    einer Leistungsverkaufskommission die Anwendung der Regelungen über Geschäftsveräußerung im Ganzen in Frage stellt.
    Schließlich wurde im Hinblick auf das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 11.9. 2012 – 9 K 9161/10 (veröffentlicht
    in juris) die Revision unter dem Aktenzeichen VII R 28/13 zugelassen, sodass auch insoweit die Rechtssache Fragen grundsätzlicher
    Bedeutung aufwirft.
    8. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135, 136 und 137 Satz 2 FGO.
    Der Senat hat aufgrund der Abhilfe durch den Beklagten im teilweise geänderten Haftungsbescheid vom 10. Oktober 2008 die Kosten
    nach Verfahrensabschnitten aufgeteilt. Im ersten Verfahrensabschnitt hat der Kläger zwar obsiegt. Er trägt jedoch dennoch
    anteilig die Kosten des Verfahrens gemäß § 137 Satz 2 FGO, da er die zur Abhilfe des Beklagten führenden Unterlagen (Mietvertrag
    der A-GmbH mit dem Vermieter M) schuldhaft verspätet erstmals im Klageverfahren vorgelegt hat, obwohl er hierzu bereits in
    der Umsatzsteuer-Sonderprüfung aufgefordert worden war. In den übrigen Verfahrensabschnitten bis zum teilweise abhelfenden
    Haftungsbescheid vom 10. März 2009 und bis zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger aus Rechtsgründen weit überwiegend obsiegt.
    Sein Unterliegen in diesen Verfahrensabschnitten ist geringfügig, sodass dem Beklagten die Kosten vollständig aufzuerlegen
    waren (§ 136 Abs. 1 Satz 3 FGO). In dieser Aufteilung der Kosten nach Verfahrensabschnitten liegt kein Verstoß gegen das Gebot,
    eine einheitliche Kostenentscheidung zu treffen (vgl. Ratschow in Gräber, FGO, 7. Auflage, § 135 Tz. 5).
    9. Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

    VorschriftenUStG § 1 Abs 1a, AO 1977 § 191 Abs 1 Satz 1