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  • 03.04.2014 · IWW-Abrufnummer 141005

    Finanzgericht Sachsen: Urteil vom 14.11.2013 – 6 K 701/12

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Sachsen

    Urt. v. 14.11.2013

    Az.: 6 K 701/12

    In dem Finanzrechtsstreit
    - Klägerin -
    Prozessbevollmächtigte/r:
    gegen
    Finanzamt
    - Beklagter -
    wegen Körperschaftsteuer 2007 und 2009 und Gewerbesteuermessbetrag 2007 und 2009
    hat der 6. Senat unter Mitwirkung von Vorsitzendem Richter am Finanzgericht ...., Richter am Finanzgericht ..... und Richterin am Finanzgericht ....... sowie der ehrenamtlichen Richter ....... und ............... auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 14. November 2013
    für Recht erkannt:
    Tenor:

    1.

    Der Körperschaftsteuerbescheid 2007 und der Gewerbesteuermessbescheid 2007, jeweils vom 20.06.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.04.2012, werden dahin geändert, dass keine verdeckte Gewinnausschüttung i.H.v. 173.332 € zu Grunde zu legen ist.
    2.

    Der Körperschaftsteuerbescheid 2009 und der Gewerbesteuermessbescheid 2009, jeweils vom 20.06.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.04.2012, werden dahin geändert, dass keine über 172.710 € hinausgehende verdeckte Gewinnausschüttung zu Grunde zu legen ist.
    3.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
    4.

    Die Revision wird nicht zugelassen.
    5.

    Die Kosten des Verfahrens fallen der Klägerin zu 35 % und dem Beklagten zu 65 % zur Last.
    6.

    Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
    7.

    Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten darüber, ob im Hinblick auf die den beiden Gesellschafter-Geschäftsführern von der Klägerin zugestandene Vergütung eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt.

    Die Klägerin betreibt ein Unternehmen des Spezialbergbaus und des Spezialtiefbaus. Alleinige Gesellschafter zu gleichen Teilen und gleichberechtigte Geschäftsführer sind (W) und (P). W und P erhielten ab dem 1.1.2006 jeweils ein monatliches Geschäftsführergehalt in Höhe von 13.200 € brutto, ab dem 1.1.2008 ein solches von 13.800 € brutto und ab dem 1.1.2009 in Höhe von 14.300 € brutto. Darüber hinaus stand ihnen in den Streitjahren 2007 und 2008 eine Tantieme in Höhe von 20 % des Gewinns vor Ertragsteuern, jedoch maximal 25 % der laufenden Bezüge zu. Für das Streitjahr 2009 wurde die Begrenzung der Tantiemen auf 25 % der laufenden Bezüge mit Gesellschafterbeschluss vom 16.12.2008 aufgehoben. Darüber hinaus bezogen die Gesellschafter-Geschäftsführer Urlaubsgeld in Höhe von 50 % des zuletzt bezogenen Monatsgehalts, Weihnachtsgeld in Höhe eines vollen Monatsgehalts und einen Krankenversicherungszuschuss in Höhe von 50 % des Beitrages. Schließlich stellte die Klägerin sowohl W als auch P einen Dienstwagen nach seiner Wahl zur Verfügung, der auch zu Privatfahrten genutzt werden durfte. Im Jahr 2007 erzielte die Klägerin einen Umsatz in Höhe von rund 3,6 Mio €, im Jahr 2008 von rund 4,1 Mio € und im Jahr 2009 in Höhe von rund 4,4 Mio €. Der Jahresüberschuss betrug 65.683,67 € (2007), 572.668,68 € (2008) und 400.832,37 € (2009). In den Streitjahren waren bei der Klägerin 36 Arbeitnehmer beschäftigt.

    Im Rahmen einer im Jahr 2011 bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung für die Jahre 2007 bis 2009 (Prüfungsbericht vom 13.5.2011) ermittelte der Beklagte eine Gesamtvergütung je Gesellschafter-Geschäftsführer in Höhe von 240.949,50 € für das Jahr 2007, von 252.504,48 € für das Jahr 2008 und in Höhe von 402.892,31 € für das Jahr 2009. Als unangemessen bewertete die Prüferin in den Streitjahren 2007 und 2009 die Verletzung des sogenannten Halbteilungsgrundsatzes (Zahlung von mehr als 50 % des Jahresüberschusses an die Geschäftsführer) und zudem im Streitjahr 2009 die Höhe der von der Klägerin geleisteten Tantiemen; entsprechende Feststellungen für das Jahr 2008 wurden nicht getroffen. Vor diesem Hintergrund ermittelte die Außenprüfung die aus ihrer Sicht angemessenen Geschäftsführergehälter für die Streitjahre anhand der Kienbaum-Vergütungsstudie und der Verfügung der OFD Karlsruhe vom 3.4.2009 wie folgt:
    P W
    2007 (Kienbaum) 149.605 131.511
    2008 ("Mittelwert" aus 2007 und 2009) 168.000 159.390
    2009 (OFD Karlsruhe) 230.000 230.000
    -20 % (da 2 GF) -20 % (da 2 GF)
    = 184.000 = 184.000

    Im Ergebnis stellte die Außenprüfung für die Jahre 2007 bis 2009 verdeckte Gewinnausschüttungen im Jahre 2007 in Höhe von 91.000 € (P) bzw. 109.000 € (W), im Jahr 2008 in Höhe von 84.000 € (P) bzw. 93.000 € (W) und im Jahr 2009 für P und W jeweils in Höhe von 218.000 € fest.

    Nachdem der Beklagte entsprechend diesen (und anderen nicht streitgegenständlichen) Feststellungen die vorliegend angefochtenen Bescheide vom 20.6.2011 erlassen hatte, legte die Klägerin mit Schreiben vom 21.6.2011 Einspruch ein und beantragte beim Beklagten die Aussetzung der Vollziehung. Zur Begründung trug sie im Wesentlichen vor, eine verdeckte Gewinnausschüttung müsse bereits deshalb ausscheiden, da die Vermögensminderung nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sei. Hinsichtlich der von den Geschäftsführern bezogenen Tantiemen habe der Bundesfinanzhof seine Rechtsprechung aufgegeben, wonach das Verhältnis zwischen den festen Bezügen und den variablen Bezügen Dreiviertel zu Einviertel sein müsse, um einem Fremdvergleich standhalten zu können. Die Entwicklung der vergangenen Jahre zeige auch deutlich, dass Fremdgeschäftsführer durchaus sehr hohe variable Bestandteile an der Gesamtvergütung akzeptierten. Auf die Unangemessenheit der Geschäftsführerbezüge könne auch nicht nach dem Halbteilungsgrundsatz geschlossen werden. Das Unternehmen sei stets ausreichend eigenfinanziert und zu jedem Zeitpunkt liquide gewesen. Die Klägerin habe stets in beträchtlichem Umfang Gewinne thesauriert. Darüber hinaus sei die Umsatz- und Ertragslage der Klägerin sowie deren Eigenkapital- und Liquiditätsstruktur mit der Mehrzahl der Unternehmen gleicher Größenordnung nicht vergleichbar, so dass ein Rückgriff auf die Kienbaum-Studie nicht zulässig sei. Letztlich komme es auf Grund der veränderten Steuerrechtslage auf das Erfordernis des Fremdvergleichs aber auch nicht an. Die Körperschaftsteuer und die Gewerbesteuer ergäben für die Kapitalgesellschaft zusammen einen Steuersatz von ca. 30 %. Im Hinblick auf die neue Regelung des § 34 a Einkommensteuergesetz -EStG- seien die Gründe entfallen, die im vorliegenden Fall Anlass zur Annahme einer missbräuchlichen Gestaltung geben könnten.

    Im Einspruchsverfahren half der Beklagte den Einspruch hinsichtlich des Jahres 2008 ab. Im Übrigen änderte der Beklagte mit der Einspruchsentscheidung vom 24. April 2012 die streitigen Bescheide für das Jahr 2007 teilweise zu Gunsten der Klägerin, wies jedoch den Einspruch für das Jahr 2009 zurück. Den Jahren 2007 und 2009 sei eigen, dass mehr als die Hälfte des Jahresüberschusses der Klägerin an die Gesellschafter-Geschäftsführer als Vergütung ausgezahlt worden sei. Für das Jahr 2007 sei ein Jahresüberschuss vor Vergütung und Steuern in Höhe von 617.132,02 Euro erzielt worden, während den Gesellschafter- Geschäftsführern Vergütungen in Höhe von 481.899,00 Euro gezahlt worden seien (Differenz: 173.332,99 Euro). Im Jahr 2009 habe selbiger Überschuss 1.369.744,84 Euro und die Vergütungen 805.784,62 Euro betragen (Differenz: 120.912,20 Euro). Dies bedeute für das Jahr 2007 eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von 86.666 Euro pro Gesellschafter-Geschäftsführer (173.332,99 Euro geteilt durch zwei Gesellschafter-Geschäftsführer). Für das Jahr 2009 sei zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Aufhebung der Tantiemebegrenzung zu einer verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe von 86.355 Euro in Bezug auf die Tantiemezahlung führe. Zudem liege die angemessene Vergütung bei 184.000 Euro pro Gesellschafter-Geschäftsführer. In der Differenz der angemessenen Vergütung zur Gesamtvergütung je Geschäftsführer (402.892,31 Euro) liege eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von - abgerundet - 218.000 Euro pro Gesellschafter-Geschäftsführer. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 24. April 2012 verwiesen.

    Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren für die Jahre 2007 und 2009 weiter.

    Die Klägerin beantragt,

    die Bescheide über Körperschaftsteuer und Gewerbesteuermessbetrag für die Jahre 2007 und 2009, jeweils vom 20.06.2011, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.04.2012 dergestalt zu ändern, dass verdeckte Gewinnausschüttungen in Höhe von 173.332 € (für 2007) und 436.000 € (für 2009) der Besteuerung nicht zu Grunde gelegt werden,

    die Kosten der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für erstattungsfähig zu erklären,

    hilfsweise die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen die Ausführungen aus der Einspruchsentscheidung vom 24. April 2012.

    Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, die beigezogenen Steuerakten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen
    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist teilweise begründet.

    Der Beklagte hat den Steuerfestsetzungen für das Kalenderjahr 2007 zu Unrecht eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von 173.332 Euro zu Grunde gelegt.

    Nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG darf eine verdeckte Gewinnausschüttung das steuerlich zu erfassende Einkommen einer Körperschaft nicht mindern. Verdeckte Gewinnausschüttungen in diesem Sinne sind Vermögensminderungen und verhinderte Vermögensmehrungen, die nicht auf einer offenen Gewinnausschüttung beruhen, sich auf den Unterschiedsbetrag i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG auswirken und durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind (BFH, Urteil vom 9. August 2000, 1 R 12/99, BStBl. II 2001, 140). Dazu gehören insbesondere einem Gesellschafter-Geschäftsführer gezahlte Vergütungen, die ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einem gesellschaftsfremden Geschäftsführer unter ansonsten vergleichbaren Verhältnissen nicht gewährt hätte (BFH, Urteil vom 27. März 2001, 1 R 27/99, BStBl. II 2002, 111). Der hiernach anzustellende Fremdvergleich muss sich unter anderem auf die Gesamtausstattung des Gesellschafter-Geschäftsführers beziehen. Darunter ist die Summe aller Vorteile zu verstehen, die der Gesellschafter-Geschäftsführer in dem jeweils maßgeblichen Veranlagungszeitraum von der Kapitalgesellschaft oder von Dritten für deren Rechnung bezogen hat. Gehaltsabreden zwischen einer GmbH und ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer sind im Rahmen des anzustellenden Fremdvergleiches auf ihre Angemessenheit zu überprüfen. Für die Bemessung der angemessenen Bezüge eines Gesellschafter-Geschäftsführers gibt es keine festen Regeln. Der angemessene Betrag ist vielmehr im Einzelfall durch Schätzung zu ermitteln (vgl. BFH, Beschluss vom 18. März 2002, I B 35/01, BFH/NV 2002, 1176). Bei dieser Schätzung ist zu berücksichtigen, dass häufig nicht nur ein bestimmtes Gehalt als angemessen angesehen werden kann, sondern der Bereich des angemessenen sich auf eine bestimmte Bandbreite von Beträgen erstreckt (BFH, Urteil vom 17. Oktober 2001, 1 R 103/00, BFH/NV 2002, 134). Unangemessen i. S. einer verdeckte Gewinnausschüttung sind dann nur diejenigen Bezüge, die den oberen Rand dieser Bandbreite übersteigen. Wo im konkreten Einzelfall die Grenze zwischen (noch) angemessenen und (schon) unangemessenen Gesamtbezügen verläuft, ist eine Frage, deren Beantwortung dem Finanzgericht vorbehalten ist (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO). Dabei zählt es zum Bereich der vom Finanzgericht zu treffenden Sachverhaltsfeststellungen, welchen Kriterien der Vorrang zur Beurteilung der Angemessenheit der Geschäftsführervergütung im Einzelfall beizumessen ist. Zu den Maßstäben für die Beurteilung der Angemessenheit einer Vergütung können u. a. diejenigen Entgelte gehören, die gesellschaftsfremde Arbeitnehmer des betreffenden Unternehmens beziehen (interner Fremdvergleich) oder die - unter ansonsten vergleichbaren Bedingungen - an Fremdgeschäftsführer anderer Unternehmen gezahlt werden (externer Fremdvergleich). Beurteilungskriterien sind Art und Umfang der Tätigkeit, die künftigen Ertragsaussichten des Unternehmens, das Verhältnis des Geschäftsführergehalts zum den Gesellschaftern verbleibenden Gewinn (keine Gewinnabsaugung) und zur verbleibenden Kapitalverzinsung sowie Art und Höhe der Vergütungen, die gleichartige Betriebe ihren Geschäftsführern für entsprechende Leistungen gewähren. In diesem Sinne können im Rahmen der Angemessenheitsprüfung auch Gehaltsstrukturuntersuchungen berücksichtigt werden (BFH, Urteil vom 10. Juli 2002, 1 R 37/01, BStBl. II 2003, 418).

    Im Streitfall scheidet ein interner Vergleich aus, da die Klägerin neben den beiden Gesellschafter-Geschäftsführern keine Arbeitnehmer mit vergleichbaren Leitungsfunktionen beschäftigte. Für die Beurteilung der Angemessenheit der Geschäftsführerbezüge ist auf die BBE-Gehaltsstrukturuntersuchung zurückzugreifen. Maßgeblich war für das Streitjahr 2007 die BBE-Gehaltsstrukturuntersuchung für 2006, da die diesbezügliche Gehaltserhöhung für beide Gesellschafter-Geschäftsführer mit Wirkung zum 1. Januar 2006 beschlossen wurde. Im Einzelnen ergeben sich daraus je nach ausgewähltem Hauptkriterium und zugrunde gelegter Branchenzugehörigkeit der Klägerin folgende - jeweils auf das obere Quartil bezogene - Beträge, die als Anhaltspunkte für eine angemessene Vergütung der im Streitfall betroffenen Gesellschafter-Geschäftsführer dienen können:

    - S. 24: Jahresgesamtbezüge von Geschäftsführern nach Wirtschaftszweigen und Kapitalbeteiligung:

    Dienstleister, Gesellschafter-GF: 158.418 €

    - S. 25: Jahresgesamtbezüge von Geschäftsführern nach Branchen

    Dienstleister, Bauträger: 168.016 €; sonstige Dienstleister: 205.772 €

    - S. 27: Jahresgesamtbezüge von Geschäftsführern nach Branchen und Umsatzgrößen:

    Dienstleister, Bauträger, Umsatz 2,5 bis 5 Mio. €: 260.553 €

    Dienstleister, sonstige Dienstleister, Umsatz 2,5 bis 5 Mio. €: 237.096 €

    - S. 33: Jahresgesamtbezüge von Geschäftsführern nach Branchen und Mitarbeiterzahl:

    Dienstleister, Bauträger, 21 bis 50 Mitarbeiter: 319.000 €

    Dienstleister, sonstige Dienstleister, 21 bis 50 Mitarbeiter: 213.200 €

    - S. 42: Jahresgesamtbezüge nach Geschäftsführerstatus und Mitarbeiterzahl:

    Gleichberechtigte Geschäftsführer, 21 bis 50 Mitarbeiter: 164.700 €

    - S. 43: Jahresgesamtbezüge nach Geschäftsführerstatus und Umsatzgrößen:

    Gleichberechtigte Geschäftsführer, Umsatz 2,5 bis 5 Mio. €: 173.276 €

    - S. 44: Jahresgesamtbezüge nach Geschäftsführerzahl und Wirtschaftszweige:

    Dienstleister, zwei Geschäftsführer: 167.376 €

    - S. 45: Jahresgesamtbezüge nach Anzahl der Geschäftsführer und Mitarbeiter:

    Zwei Geschäftsführer, 21 bis 50 Mitarbeiter: 165.000 €

    - S. 45: Jahresgesamtbezüge nach Anzahl der Geschäftsführer und Umsatzgrößen:

    Zwei Geschäftsführer, Umsatz 2,5 bis 5 Mio. €: 174.015 €

    - S. 56: Jahresgesamtbezüge von Geschäftsführern nach Beteiligungsgrad und Mitarbeiterzahl:

    21 bis 50 Mitarbeiter, Beteiligung bis 50 Prozent: 170.976 €

    - S. 56: Jahresgesamtbezüge von Geschäftsführern nach Beteiligungsgrad und Umsatzgrößen:

    Umsatz 2,5 bis 5 Mio. €, Beteiligung bis 50 Prozent: 172.114 €

    Dabei hat sich eine Schätzung der Unterschiedsbetragsminderung (verdeckte Gewinnaus-schüttung) unter dem Gesichtspunkt der Feststellungslast der Höhe nach an dem für den Steuerpflichtigen günstigsten Wert der Bandbreite von Fremdvergleichswerten zu orientieren (vgl. auch BFH, Urteil vom 4. Juni 2003, 1 R 38/02, BStBl. II 2004, 139). Werden die o.g. Werte zu Grunde gelegt, so liegt die Gesamtausstattung der Geschäftsführer noch innerhalb dieser Bandbreite. Dies gilt selbst dann noch, wenn ein 20%-Abschlag wegen des Vorhandenseins zweier Geschäftsführer vorzunehmen wäre. Zu berücksichtigen ist auch, dass es sich bei der Klägerin um ein spezialisiertes Unternehmen handelt, welches nach dem Vortrag der Klägerin höchstens mit fünf weiteren Unternehmen im gesamten Bundesgebiet vergleichbar ist. Schließlich verblieb der Klägerin nach Abzug der gezahlten Geschäftsführervergütungen ein angemessener Gewinn beziehungsweise eine angemessene Kapitalausstattung. Angesichts dessen kann keineswegs von einer so genannten Gewinnabsaugung durch überhöhte Geschäftsführerbezüge gesprochen werden. Die Ansicht des Beklagten, dass der Kapitalgesellschaft nach Abzug der Geschäftsführervergütung mindestens ein Gewinn (vor Ertragsteuern) in Höhe der gezahlten Geschäftsführervergütung verbleiben müsse und dass die darüber hinausgehenden Beträge als verdeckte Gewinnausschüttungen zu qualifizieren seien, ist nach Überzeugung des erkennenden Senats nicht haltbar und im Übrigen auch nicht durch den Wortlaut des vom Beklagten angeführten BMF-Schreibens vom 14. Oktober 2002 (BStBl. I 2002, 972) gedeckt (so auch Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Januar 2008, 12 K 8312/04 B, EFG 2008, 717). Dem BMF-Schreiben ist im Übrigen lediglich zu entnehmen, dass im Regelfall von einer Angemessenheit der Gesamtausstattung der Geschäftsführerbezüge ausgegangen werden kann, wenn der Gesellschaft nach Abzug der Geschäftsführervergütungen noch ein Jahresüberschuss vor Ertragsteuern in mindestens gleicher Höhe wie die Geschäftsführervergütungen verbleibt; hierdurch wird umschrieben, unter welchen Umständen jedenfalls nicht von unangemessenen Bezügen auszugehen ist. Keinesfalls kann das BMF-Schreiben dahingehend interpretiert werden dass bei Unterschreiten des hälftigen Anteils des verbleibenden Gewinns gegenüber den Geschäftsführervergütungen quasi automatisch eine verdeckte Gewinnausschüttung anzunehmen sei (Finanzgericht Berlin-Brandenburg, a.a.O.).

    Für das Jahr 2009 hat der Beklagte nur in Bezug auf die Tantiemen (172.710 Euro) zu Recht eine verdeckte Gewinnausschüttung angenommen. Insoweit sind die Abmachungen zwischen einer GmbH und ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer im Rahmen des Fremdvergleichs nicht nur ihrer Höhe nach, sondern auch ihrem Grunde nach auf ihre Fremdüblichkeit zu überprüfen. Eine Vereinbarung, welche nicht dem entspricht, was untereinander fremde Dritte vereinbaren würden, kann steuerlich nicht akzeptiert werden. Der hierfür verwendete Maßstab ist - neben einem hier nicht gegebenen tatsächlichen Vergleich mit anderen Arbeitnehmern - das hypothetische Verhalten eines gedachten ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters. Ein solcher mag im Geschäftsleben durchaus auch eine ansonsten "unübliche" Vereinbarung treffen, gemeinhin allerdings nur dann, wenn ihm dafür betriebliche Gründe zur Verfügung stehen. Andernfalls ist davon auszugehen, dass er von derartigen Vereinbarungen Abstand nehmen wird (BFH, Urteil vom 6. April 2005, 1 R 27/04, BFH/NV 2005, 1633). Bei der Vereinbarung von Gewinntantiemen wird ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter im Allgemeinen darauf achten, dass die Tantieme in Verbindung mit den übrigen Gehaltsbestandteilen nicht zu einer unangemessen hohen Gesamtausstattung führt. Dazu kann er beispielsweise eine Prognose über die zukünftigen Gewinnaussichten der Gesellschaft anstellen und auf dieser Basis ermitteln, welcher Tantiemesatz zu der angestrebten angemessenen Gesamtausstattung führt (vgl. BFH, BStBl. II 1995, 549). Hinzu kommt, dass im Einzelfall stets die Frage beantwortet werden muss, weshalb eine andere Gestaltung gewählt wurde und ob eine solche aus nur betrieblichem Grunde erfolgte.

    Solche Gründe hat die Klägerin im Streitfall nicht geltend gemacht. Betriebliche Gründe für diese erneute, kurzfristige und erhebliche Gehaltssteigerung sind nicht ersichtlich. Der Senat ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens davon überzeugt, dass die Kurzfristigkeit und die Erheblichkeit der Tantiemeerhöhung Indiz für eine gesellschaftliche Veranlassung sind. Hinzu kommt, dass keinerlei betriebliche Gründe dafür ersichtlich sind, warum sich das variable Gehalt der Gesellschafter-Geschäftsführer erheblich erhöht, obwohl kein fremder Dritter grundlos auf die für ihn vorteilhafte Regelung im Anstellungsvertrag im Hinblick auf die Deckelung verzichtet hätte. Es ist mithin nicht ersichtlich, aus welchen betrieblichen Gründen die bis Ende 2008 gültige Deckelung der Tantieme aufgehoben wurde, so dass davon auszugehen ist, dass die über die 25%-Grenze hinausgehende Vergünstigung, die nur mit der Änderung der Rechtsprechung zum Verhältnis fester und variabler Gehaltsanteile begründet wurde, unter Fremdvergleichsgesichtspunkten nicht gewährt worden wäre. Dies gilt umso mehr, als bereits die Festvergütung schrittweise auf monatlich 14.300 Euro angehoben wurde und mit der Neuregelung der Tantiemezusage - im Hinblick auf den erheblichen Gewinn der Klägerin im Jahr 2008 - eine weitere deutliche Erhöhung der Bezüge 2009 vorhersehbar war. Soweit die Klägerin zur Begründung der Tantiemeregelung § 34a EStG analog heranziehen will, spricht dies eher für eine verdeckte Gewinnausschüttung als dagegen, da § 34a EStG die Gewinnverwendung betrifft. Wegen der Angemessenheit der festen Bezüge der Gesellschafter-Geschäftsführer im Jahr 2009 wird auf die obigen Ausführungen zum Jahr 2007 verwiesen.

    Die Kostenfolge ergibt sich aus § 136 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151, 155 FGO i. V. m. der entsprechenden Anwendung von § 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Die Revision war nicht zuzulassen. Insbesondere hat der Streitfall keine grundsätzliche Bedeutung i. S. v. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

    RechtsgebieteEStG, KStGVorschriften§ 4 Abs. 1 S. 1 EStG; § 8 Abs. 3 S. 2 KStG