Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 11.08.2014 · IWW-Abrufnummer 142384

    Oberlandesgericht Hamm: Beschluss vom 27.02.2014 – 27 W 9/14

    1. Zur Aufhebung einer Zwischenverfügung bei nicht behebbarem Hindernis.

    2. Zur Nichteintragung eines Haftungsausschlusses bei Firmenfortführung (§ 25 Abs. 2 HGB), wenn die Bekanntmachung nicht unverzüglich nach dem Wechsel des Unternehmensträgers vorgenommen wird.



    Tenor:

    Auf die Beschwerde der Beteiligten vom 15.01.2014 wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Essen vom 08.01.2014 aufgehoben.

    Der Beschwerdewert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.


    Gründe

    I.

    Die Beteiligten haben mit Anmeldung vom 25.11.2013 u.a. die Eintragung eines Haftungsausschlusses gem. § 25 Abs. 2 HGB in das Handelsregister angemeldet. Das zuvor von der Beteiligten zu 1) unter der Firma „M-Apotheke e.Kfr.“ geführte Handelsgeschäft ist von der Beklagten zu 2) zum 01.01.2011 übernommen worden und wird nunmehr von dieser unter der Firma „M-Apotheke Dr. M e.K.“ geführt.

    Eine frühere Anmeldung zur Eintragung eines Haftungsausschlusses vom 17.12.2010 wurde nach Beanstandung durch das Registergericht mit Schriftsatz vom 06.01.2011 zurückgenommen.

    Das Registergericht hat mit Verfügung vom 08.01.2014 die nunmehrige Anmeldung ebenfalls beanstandet und um Rücknahme gebeten. Es liege kein Fall der Firmenfortführung vor, weil Firmenkern „M-Apotheke“ sei. Dieser Kern werde nicht fortgeführt. Außerdem fehle es an einem zeitlichen Zusammenfallen von Firmeneintragung und Bekanntmachung des Haftungsausschlusses. Das Registergericht hat diese Verfügung mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen.

    Hiergegen wenden sich die Beteiligten im Wege der Beschwerde. Sie halten eine Firmenfortführung für gegeben und meinen, dass eine rechtzeitige Antragstellung erfolgt sei.

    II.

    Die Beschwerde ist zulässig und hat – vorläufig - Erfolg.

    Allerdings ist die amtsgerichtliche Verfügung unglücklich gefasst, da sie inhaltlich den Eindruck erweckt, ein nicht behebbares Eintragungshindernis zu beanstanden, was nur im Wege eines nicht anfechtbaren Hinweises, nicht aber durch Zwischenverfügung möglich wäre (vgl. § 382 Abs. 4 S. 1 FamFG). Mit Rücksicht auf die der Verfügung beigefügte Rechtsmittelbelehrung geht der Senat jedoch vom Vorliegen einer anfechtbaren Zwischenverfügung aus.

    Für eine solche Zwischenverfügung war in Folge der Beanstandung eines für nicht behebbar gehaltenen Hindernisses vorliegend kein Raum (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 11, 42 und 772).

    Das Registergericht wird mithin nun über die Anmeldung zu entscheiden haben. Dafür weist der Senat auf folgendes hin:

    Eine Eintragung des angemeldeten Haftungsausschlusses kann vorliegend nicht erfolgen.

    Zwar teilt der Senat die Auffassung des Registergerichts, wonach vorliegend kein Fall der Firmenfortführung vorliege, nicht. Die Beteiligte zu 2) führt die Firma der Beteiligten zu 1) fort. Insoweit ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Verkehrsauffassung maßgeblich (BGH NJW 82, 577; NJ 86, 581; NJW 06 1001). Es kommt nicht darauf an, dass die bisherige Firma unverändert fortgeführt wird; vielmehr genügt es, dass der prägende Teil der alten Firma in der neuen beibehalten wird. Der prägende Teil der alten Firma „M-Apotheke e.Kfr.“ war „M-Apotheke“. Dieser prägende Bestandteil findet sich auch in der Firma der Beteiligten zu 2) wieder, die „M-Apotheke Dr. M e.K.“ lautet. Das reicht zur Annahme einer Firmenfortführung aus.

    Gleichwohl kommt eine Eintragung aus anderen Gründen nicht in Betracht. Der Haftungsausschluss kann nur dann Außenwirkung haben, wenn die Bekanntmachung unverzüglich nach dem Wechsel des Unternehmensträgers vorgenommen wird. Die Handelsregistereintragung und die Bekanntmachung müssen daher alsbald nach diesem Wechsel bewirkt werden (RGZ 75, 139; RG, HRR 1932, Nr. 256; BGHZ 29, 1 (4) = NJW 1959 241; OLG Frankfurt, OLGZ 1978, 30 (31 f.); BayObLG, WM 1984, 1533 (1534 f.)). Das Risiko einer verzögerten Eintragung und Bekanntmachung trifft den neuen Unternehmensträger. Es kommt dabei weder auf dessen Verschulden, insbesondere nicht auf die Frage einer rechtzeitigen Anmeldung, noch auf ein solches des Registergerichts an (RGZ 131, 12 (14); OLG Frankfurt, OLGZ 1978, 30 ff.; BayObLG, WM 1984, 1533 ff. m. w. Nachw.). In der älteren Rechtsprechung sind die Wirkungen eines Haftungsausschlusses verneint worden, wenn zwischen dem Wechsel des Unternehmensträgers und der Eintragung sechs oder zehn Wochen verstrichen sind (RGZ 75, 139 (140); RG, HRR 1932, Nr. 256). Der BGH (NJW 1984, 1186 (1187)) hat eine Eintragung des Haftungsausschlusses neun Monate nach der Geschäftsübernahme keinesfalls für ausreichend erachtet.

    Grundsätzlich hat zwar das Registergericht nicht nachzuprüfen, ob der Haftungsausschluss noch rechtzeitig genug eingetragen werden kann, um gegenüber den Gläubigern wirksam werden zu können (KG, JFG 18, 70 (75)). Ist jedoch – wie hier – offensichtlich, dass wegen der langen Zeit zwischen dem Wechsel des Unternehmensträgers und der Eintragung und Bekanntmachung ein nach außen wirkender Haftungsausschluss nicht mehr herbeigeführt werden kann, so muss die Eintragung versagt werden (KG, DR 1941, 1537; OLG Frankfurt, OLGZ 1978, 30 (31 f.); BayObLG, WM 1984, 1533 (1534 f.)).

    Im vorliegenden Fall ist der Zeitraum, in dem ein Haftungsausschluss durch Eintragung und Bekanntmachung mit Außenwirkung noch wirksam werden könnte, offensichtlich verstrichen. Er ist zu berechnen vom Zeitpunkt der Ersteintragung der neuen Firma, die am 31.01.2011 erfolgt ist. Seit diesem Zeitpunkt sind bislang bereits über drei Jahre verstrichen. Im Hinblick darauf, dass eine rechtzeitige Anmeldung des Haftungsausschlusses als solche hier erfolgt ist, ist zwar im Hinblick auf die Unverzüglichkeit der Bekanntmachung kein zu strenger Maßstab anzulegen. Andererseits hat sich (das Vorliegen der Voraussetzungen des § 25 I HGB in diesem Zusammenhang unterstellt) die an die tatsächliche Geschäftsübernahme anknüpfende Verkehrsauffassung, der neue Unternehmensträger sei zur Übernahme der Verbindlichkeiten des früheren Inhabers bereit (BGHZ 29, 1 (3) = NJW 1959, 241 (242)), zwischenzeitlich bereits so verfestigt, dass dieser Tatbestand durch eine nunmehr erfolgende Bekanntmachung eines Haftungsausschlusses nicht mehr beseitigt werden kann. Wie bereits ausgeführt, ist in diesem Zusammenhang unerheblich, auf welche Ursachen die Verzögerung der Eintragung und Bekanntmachung zurückzuführen ist, zumal die ursprüngliche Anmeldung unter dem 06.01.2011 zurückgenommen wurde (vgl. hierzu insgesamt OLG Hamm, NJW-RR 94, 1119).

    VorschriftenFamFG § 382 Abs. 4, HGB § 25 Abs. 2