29.11.2005 · IWW-Abrufnummer 053397
Bundesgerichtshof: Urteil vom 20.10.2005 – IX ZR 127/04
Ist die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs einer Steuernorm (hier der verdeckten Gewinnausschüttung) offen und für die vom Steuerpflichtigen zu treffende Entscheidung bedeutsam, muss der verantwortliche Berater grundsätzlich auf das mit der ungewissen Beurteilung der Rechtslage verbundene Risiko hinweisen.
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 127/04
Verkündet am:
20. Oktober 2005
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. Oktober 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer, die Richter Raebel, Vill, Cierniak und die Richterin Lohmann
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 16. Juni 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin ist ein ehemaliger volkseigener Betrieb, der 1990 in eine GmbH im Anteilsbesitz der Treuhandanstalt umgewandelt wurde. Die Geschäftsführung der GmbH übernahm der bisherige Betriebsdirektor R. . Am 12. Februar 1991 trat die Treuhandanstalt R. und neun anderen Erwerbern je 10 v.H. des Anteilsbesitzes an der Klägerin ab. Im Anstellungsvertrag vom 21. Februar 1991 gewährte die Klägerin R. , der seinerzeit 61 Jahre alt war, eine Pensionszusage, auf welche sie Rückstellungen bildete und dem Begünstigten von 1994 bis 1998 insgesamt rund 360.000 DM zahlte. Bei Gewährung der Pensionszusage wurde die Klägerin von dem verstorbenen Ehemann und Rechtsvorgänger der Beklagten beraten, der die Klägerin von 1990 bis 1996 steuerlich betreute.
Im Anschluss an eine Betriebsprüfung bei der Klägerin bewertete das zuständige Finanzamt die Pensionszahlungen an R. im Prüfungszeitraum infolge seines Alters bei Erhalt der Zusage als verdeckte Gewinnausschüttungen und erkannte die hierfür gebildeten Rückstellungen steuerrechtlich nicht an. Einspruch und Klage gegen die 1998 nach den Prüfungsfeststellungen geänderten Steuerbescheide blieben erfolglos.
Die Klägerin hat dem Rechtsvorgänger der Beklagten (im Folgenden: Steuerberater) zur Last gelegt, dass er 1991 auf die Frage nach steuergünstigen Gestaltungsmöglichkeiten die vermeintlich gewinnmindernde Pensionszusage an R. empfohlen und auch später die hierfür gebildeten Bilanzrückstellungen sowie den Gesamtleistungsumfang an R. gebilligt habe. Die Klägerin hat behauptet, dass sie R. die Pensionszusage nicht gewährt hätte, wäre sie von dem Beklagten pflichtgemäß darauf hingewiesen worden, dass diese Leistung nach dem hohen Alter von R. bei Erteilung der Zusage steuerrechtlich eine verdeckte Gewinnausschüttung sei. Damit wären auch die Belastungen aus der Nachversteuerung jener (verdeckt ausgeschütteten) Gewinne einschließlich Solidarzuschlägen und Steuerzinsen vermieden worden, wenn der Steuerberater sich pflichtgemäß verhalten hätte.
Außerdem wären unter dieser Voraussetzung die Kosten des erfolglosen Klageverfahrens nicht angefallen. Die Beklagte hat das gesamte Klagevorbringen zum Haftungstatbestand bestritten.
Die Klägerin ist in beiden Tatsacheninstanzen unterlegen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt sie ihr Schadensersatzbegehren im zuletzt erhobenen Umfang von 370.315,21 ¤ (724.273,60 DM) nebst Zinsen weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet. Die Klage kann nicht allein nach dem Vorbringen der Klägerin abgewiesen bleiben. Feststellungen zum Haftungstatbestand sind in den Tatsacheninstanzen nicht getroffen worden. Infolgedessen ist die Sache nach § 563 Abs. 1 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
I.
Das Berufungsgericht hat angenommen, dem steuerlichen Berater der Klägerin könne nach damaligen Stand der Rechtsprechung und der einschlägigen Verwaltungsvorschriften nicht vorgeworfen werden, die Klägerin über die steuerlichen Folgen der Pensionszusage an R. im Februar 1991 fehlerhaft beraten zu haben. Die Altersgrenze von 60 Jahren für die Erteilung steuerrechtlich anerkennungsfähiger Pensionszusagen an nicht beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer habe nur untergeordnete Bedeutung. R. habe sich trotz seines Alters nach § 1 Abs. 1 BetrAVG unverfallbare Versorgungsansprüche entsprechend einer erwarteten Mindesttätigkeit von weiteren drei Jahren und seiner langjährigen Betriebszugehörigkeit noch erdienen können. Der Bundesfinanzhof habe erst mit Urteil vom 24. Januar 1996 (BFHE 180, 272, 273 f = BStBl. II 1997, 440) das Erteilungsalter von 60 Jahren für die Gewährung von Pensionszusagen, jenseits deren verdeckte Gewinnausschüttungen zu vermuten seien, auf nicht beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer ausgedehnt. Allein das Alter R. bei Erteilung der Pensionszusage sei daher kein zwingender Anlass gewesen, der Klägerin Anfang 1991 von einer solchen Zusage abzuraten oder sie auf das Risiko einer Nichtabsetzbarkeit der Pensionsrückstellungen hinzuweisen. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht vollen Umfangs stand.
II.
Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass der verstorbene Ehemann der Beklagten die Klägerin Anfang 1991 über die steuerlichen Folgen einer Pensionszusage an R. nach damaligem Stand der Steuerrechtsprechung sowie der einschlägigen Steuerrichtlinien und Erlasse beraten musste (vgl. BGHZ 145, 256, 263). Dazu war der Steuerberater schon aufgrund des ihm übertragenen Dauermandates verpflichtet (vgl. BGHZ 129, 386, 396; BGH, Urt. v. 20. November 1997 - IX ZR 62/97, WM 1998, 299, 300; v. 18. Juli 2001 - IX ZR 246/00, WM 2001, 1868, 1869). Erst recht musste sich der Steuerberater dieser Frage eingehend widmen, wenn die Klägerin ihn um Prüfung der Möglichkeit gebeten hatte, durch Pensionszusagen an die Geschäftsführer eine Verringerung der Steuerlast zu erzielen.
1. Ohne Rechtsfehler hat sich das Berufungsgericht auch gegen Vorstellungen der Klägerin gewendet, der Steuerberater habe ihr gegenüber bereits im Februar 1991 die bestimmte Prognose abgeben müssen, die erwogene Zusage an R. habe steuerrechtlich als verdeckte Gewinnausschüttung von vornherein keine Aussicht auf Anerkennung. Denn dies war im Beratungszeitpunkt nicht einmal wahrscheinlich. Es fehlte an hinreichend deutlichen Anzeichen, die den Steuerberater verpflichtet hätten, auf eine bereits absehbare bestimmte Entwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung, wie sie hier zwischen 1992 und 1996 eingetreten ist, hinzuweisen (vgl. BGH, Urt. v. 30. September 1993 - IX ZR 211/92, WM 1993, 2129, 2130 f; zur Hinweispflicht des Steuerberaters bei erkennbarer Entwicklung der Gesetzgebung vgl. auch BGH, Urt. v. 15. Juli 2004 - IX ZR 472/00, ZIP 2004, 2058, 2059).
Die Körperschaftsteuerrichtlinien nach dem Stand vom 17. Dezember 1990 (vgl. KStR 1985, BStBl. I 1986, Sondernr. 1, 53 und KStÄR 1990, BStBl. I 1990, Sondernr. 5, Abschnitte 31, 32 und 36) enthielten keine Vorschriften zur steuerrechtlichen Behandlung von Pensionszusagen an nicht beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer im Rahmen von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG. Auch für die Erdienbarkeit und Angemessenheit von Pensionszusagen an beherrschende Gesellschafter-Geschäftsf ührer wurde nur darauf hingewiesen, dass der Dauer der tatsächlichen oder zu erwartenden Dienstleistung bis zur vertraglich vorgesehenen Altersgrenze besondere Bedeutung zukomme (vgl. A 36 Abs. 1 Satz 3 KStÄR 1990). Eine allgemein ausschließende Altersgrenze für den Zeitpunkt der Zusage mit der Vollendung des 60. Lebensjahres wegen des altersbedingt steigenden Risikos einer kurzfristigen Inanspruchnahme (vgl. BFHE 176, 413, 415 = BStBl. II 1995, 861) findet sich hier noch nicht. Diese typisierende Betrachtung, die auch dem vorliegenden Steuerfall zugrunde lag (FG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 21. Juni 2000 - 1 K 364/99, n.v.), ist vom Bundesfinanzhof im Ergebnis ersichtlich erstmals im Urteil vom 20. Mai 1992 (BFH/NV 1993, 52) für einen beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer angestellt worden. Die in dieser Entscheidung angeführten Belegstellen deuteten noch nicht klar auf die 1992 vollzogene Weiterentwicklung der Rechtsprechung hin. Das Urteil des Finanzgerichts Saarland vom 10. September 1986 (EFG 1986, 619) betraf wegen der familiären Verflechtung der Beteiligten, der bereits erkannten Krankheit des Geschäftsführers und der bestehenden Vertragsbindung einen dem Streitfall nicht vergleichbaren Sachverhalt. Nichts anderes gilt für die in der Folgeentscheidung vom 21. Dezember 1994 (BFHE 176, aaO) zitierte ältere Rechtsprechung, auf die sich zum Teil auch die Klägerin beruft.
In dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 9. Oktober 1985 (BFHE 144, 561 = BStBl. II 1986, 51) ging es um das Rentenversprechen für den gelegentlich mitarbeitenden 63-jährigen Vater des Inhabers, der den Betrieb erst knapp zwei Jahre zuvor an seinen Sohn abgegeben hatte. Auch das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 13. April 1988 (BFH/NV 1989, 395) betraf einen Sachverhalt, der durch familiäre Verflechtungen zwischen dem 69 Jahre alten Pensionsempfänger und den Gesellschaftern (seinen Kindern) gekennzeichnet war sowie durch ein krankheitsbedingt deutlich erhöhtes Dienstunfähigkeitsrisiko. Die Ausführungen von Streck (KStG 3. Aufl. 1991, § 8 Rn. 150 Pensionszusage Anm. 6) bezogen sich auf beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer und betonten allgemein das mit steigendem Alter wachsende Risiko verdeckter Gewinnausschüttungen, wobei ab 55 Jahren äußerste Vorsicht geboten sei. Eine abstrakt typisierende Altersgrenze von 60 Jahren für den Erteilungszeitpunkt von Pensionszusagen war dort weder für beherrschende noch für nicht beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer genannt.
Es gab danach für den Steuerberater im Februar 1991 keine hinreichenden Anhaltspunkte, nach denen er die tatsächliche Entwicklung in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs von 1992 bis 1996 hätte vorhersehen können und die Klägerin auf entsprechende Folgen bereits hinweisen müssen.
2. Unrichtig ist dagegen die Auffassung des Berufungsgerichts, dass der Steuerberater bei pflichtmäßiger Prüfung der Rechtslage im Februar 1991 das Risiko habe vernachlässigen dürfen, eine Pensionszusage der Klägerin an R. könne als verdeckte Gewinnausschüttung gewertet werden und damit mangels betrieblicher Veranlassung weder nach § 6a EStG rückstellbar noch nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, § 7 Abs. 1 GewStG einkommens- und steuermindernd sein. Vielmehr musste der Steuerberater die Klägerin im Februar 1991 angesichts der bestehenden objektiven Ungewissheit der Rechtslage auf dieses Risiko hinweisen.
a) Zweck der Steuerberatung ist es, die dem Auftraggeber fehlende Sach- und Rechtskunde auf diesem Gebiet zu ersetzen. Die pflichtmäßige Steuerberatung verlangt daher sachgerechte Hinweise über die Art, die Größe und die mögliche Höhe eines Steuerrisikos, um den Auftraggeber in die Lage zu versetzen, eigenverantwortlich seine Rechte und Interessen wahren und eine Fehlentscheidung vermeiden zu können (vgl. BGHZ 129, aaO; BGH, Urt. v. 4. Juni 1996 - IX ZR 246/95, WM 1996, 1841, 1843). Der Auftraggeber muss imstande sein, nach den erteilten Hinweisen seine Interessen und die erheblichen Steuerrisiken selbst abzuwägen. Kann ein solches Risiko möglicherweise die Entscheidung eines vernünftigen Auftraggebers beeinflussen, so darf es von dem verantwortlichen Berater nicht verschwiegen werden.
Dagegen ist ein allgemeines Steuerrisiko zu vernachlässigen, wenn die interessengerechte Gestaltung durch eine gefestigte Rechtsprechung und Verwaltungspraxis abgesichert ist, ohne dass bereits Anzeichen für eine Änderung dieser Rechtsauffassung oder des zugrunde liegenden Gesetzes erkennbar sind. Auch kann es sein, dass sich eine in der Steuerpraxis offene Frage bereits aus dem Gesetz heraus eindeutig beantworten lässt. An einer solchen Rechtsklarheit fehlt es, wenn die einschlägige Steuerrechtsvorschrift einen unbestimmten Rechtsbegriff enthält, dessen Anwendung Verwaltungspraxis und Steuerrechtsprechung durch wertungsabhängige Entscheidungen erst noch für die vorliegende Fallgestaltung rechtsfortbildend klären müssen. Ein derartiges Risiko kann im Allgemeinen nur dann als unbedeutend angesehen werden, wenn der fragliche Einzelfall im Rahmen ernsthafter Möglichkeiten der Normkonkretisierung praktisch außerhalb der Gefahrenzone liegt.
b) Im Februar 1991 stand der Steuerberater der Klägerin bei Prüfung der Frage, ob die erwogene Pensionszusage an R. als verdeckte Gewinnausschüttung gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG gewertet werden könnte, vor einer solchen nicht unerheblichen Rechtsunsicherheit.
Die betriebliche Veranlassung von Leistungen an Geschäftsführer-Gesellschafter ist in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs seit jeher verneint und stattdessen die Ursache im Gesellschaftsverhältnis angenommen worden, wenn sie ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einem Nichtgesellschafter versagt hätte (vgl. BFH BStBl. 1962 III, 243, 244; BFHE 89, 208, 210 = BStBl. 1967 III, 626; BFHE 176, 413, 414 f; BFHE 180, 272, 273). Dieser Fremdvergleich der Leistungen ist sowohl bei Begünstigung eines beherrschenden Gesellschafters möglich als auch bei derjenigen eines nicht beherrschenden Gesellschafters. Allerdings gelten für diesen Vergleich graduell unterschiedliche Maßstäbe, weil für einen nicht beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer das sogenannte Nachzahlungsverbot nicht eingreift (vgl. BFHE 69, 299, 302 = BStBl. 1959 III, 374 - Beteiligung unter 25 v.H.; BFHE 180, 272, 274 m.w.N.). Der besondere Verdachtsgrund gegen einen beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer, der Leistungen an sich ebenso auf der Ebene des Dienstverhältnisses (betrieblich) als auch auf der des Gesellschaftsverhältnisses (Gewinnausschüttung) erbringen kann, kommt für einen Minderheitsgesellschafter von 10 v.H., wie R. , nicht in Betracht.
Der Steuerberater musste aber berücksichtigen, dass es bei der Feststellung verdeckter Gewinnausschüttungen in dem maßgeblichen Fremdvergleich Beurteilungsunschärfen gab. Die Klägerin hätte einem Geschäftsführer ohne Unternehmensbeteiligung im Alter von 61 Jahren möglicherweise nicht die gleiche Pensionszusage angeboten, wie sie R. erhalten hat. Es konnte erheblichen Zweifeln begegnen, ob die zukünftigen Dienste von R. für die Klägerin derart wertvoll waren, dass hierdurch die beträchtliche Vermögensminderung der übernommenen Pensionslast aufgewogen wurde. Mit steigendem Alter des Begünstigten im Zusagezeitpunkt erhöhte sich für die Klägerin die Gefahr, dass sich im Gesamtleistungsaustausch ihre Pensionszusage als übergewichtig und unangemessen erwies. Der Steuerberater der Klägerin durfte danach nicht darauf vertrauen, dass der Einzelfall unter dem Gesichtspunkt einer verdeckten Gewinnausschüttung rechtlich unbedenklich sei, wie sich dies beispielsweise hätte annehmen lassen, wenn R. 10 Jahre jünger gewesen wäre.
Der Bundesfinanzhof hatte im Februar 1991 auch noch nicht - insoweit risikomindernd - festgestellt, dass im allgemeinen für die Erdienbarkeit von Pensionszusagen an nicht beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer auf die Merkmale von § 1 Abs. 1 BetrAVG zurückgegriffen werden könne (vgl. dazu erst BFHE 176, 413, 415 und BFHE 180, 272, 274). Die Rechtslage war danach insgesamt zu dieser Zeit nicht soweit geklärt und unbedenklich, dass der Steuerberater der Klägerin auf den Hinweis hätte verzichten dürfen, dass die Pensionszusage an R. möglicherweise (noch nicht wahrscheinlich) als verdeckte Gewinnausschüttung beurteilt werden könnte.
3. Der Steuerberater war entgegen klägerischer Ansicht nicht imstande, das erkennbare Risiko einer verdeckten Gewinnausschüttung durch Rücksprache mit dem zuständigen Finanzamt auszuschalten. Verbindliche Zusagen soll die Finanzverwaltung nach § 204 AO nur im Anschluss an eine Außenprüfung abgeben, die hier erst 1997 stattgefunden hat. Zu anderweitigen Zusicherungen, welche die Finanzverwaltung im Einzelfall nach Treu und Glauben binden können, ist sie nicht verpflichtet. Dass hier für den Steuerberater gleichwohl die Möglichkeit bestand, eine solche Zusicherung herbeizuführen, ist bisher weder festgestellt noch behauptet worden. Angesichts der ungeklärten Rechtslage bei der Fallgruppe nicht beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer lag eine entsprechende Bereitschaft des Finanzamtes fern. Eine vertiefte Würdigung der einigungsbedingten Besonderheiten und der Umstände des Einzelfalls ließ sich auf diesem Wege voraussichtlich ohnehin nicht erreichen. Eine bloße Auskunft der Finanzverwaltung hätte mangels Bindungswirkung die Klägerin vor dem späteren Verlauf nicht geschützt.
III.
Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO).
1. Der bisherige Sachvortrag der Klägerin zur haftungsausfüllenden Kausalität ist wesentlich von der unzutreffenden Annahme mitbestimmt, dass der Steuerberater von der Pensionszusage an R. habe abraten müssen, weil sie als verdeckte Gewinnausschüttung zu beurteilen sei. Nur aus der nachträglichen Betrachtung hat die Klägerin bisher auch das 1991 eingegangene Steuerrisiko bewertet. Vortrag der Klägerin dazu, wie sie sich auf den lediglich gebotenen Risikohinweis des Steuerberaters aus damaliger Sicht verhalten hätte, fehlt. Auch die Beklagte hat sich dazu nicht geäußert. Objektiv konnte es aus der Sicht vom Februar 1991 für die Klägerin möglicherweise vernünftig sein, die in einer pflichtmäßigen Beratung aufgezeigte Beurteilungsunsicherheit in Kauf zu nehmen. Möglicherweise konnte es ebenso vertretbar sein, statt der steuerrechtlich nicht risikolosen Pensionszusage an R. bestimmte andere steuerrechtliche Gestaltungen einzuleiten. Die Zurückverweisung ermöglicht der Klägerin, ihren Sachvortrag zur haftungsausfüllenden Kausalität auf die von dem Beklagten allenfalls zu vertretende Pflichtverletzung durch unterlassenen Risikohinweis abzustellen. Im Bestreitensfall würde das Berufungsgericht Feststellungen zur Auswirkung dieser Pflichtverletzung nach § 287 ZPO zu treffen haben, ohne dass der Klägerin hierbei weitere Beweiserleichterungen zugute kommen können.
Das Berufungsgericht brauchte bisher die behauptete Untätigkeit des Steuerberaters nach der Pensionszusage an R. im Februar 1991 rechtlich nicht weiter zu prüfen, weil die Klägerin zu den Folgen dieses Verhaltens und zu dem (weiteren) Schaden nach Erteilung der Pensionszusage im Februar 1991 vor Schluss der mündlichen Berufungsverhandlung nichts ausgeführt hat. Erst in ihrem nachgereichten Schriftsatz vom 8. Juni 2004 hat sie behauptet, schon bei einem Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 21. Dezember 1994 wären umgehend alle Zahlungen an R. eingestellt, die Rückstellung aufgelöst und die ausgeschütteten Beträge nachversteuert worden. Selbst dieses Vorbringen war unzureichend, weil verdeckte Gewinnausschüttungen an Gesellschafter-Geschäftsführer zivilrechtlich in der Regel wirksam sind und die Klägerin nicht dargelegt hat, aufgrund welcher Umstände sie sich auf eine veränderte steuerrechtliche Risikobeurteilung hin in den Jahren 1995 oder 1996 von der R. gegebenen Pensionszusage rechtlich zulässig hätte lösen k önnen und welcher Teil des Schadens dabei abwendbar gewesen wäre. Die Zurückverweisung gibt der Klägerin die Möglichkeit, ihren Vortrag auch dazu zu ergänzen.
2. Der Beklagten gibt die Zurückverweisung Gelegenheit, ihrerseits darzulegen, ob und wie ihr verstorbener Ehemann im Februar 1991 die Klägerin über das Risiko der verdeckten Gewinnausschüttung aufgeklärt hat (zur sekundären Darlegungslast des steuerlichen Beraters in diesem Zusammenhang vgl. BGH, Urt. v. 4. Juni 1996 - IX ZR 246/95, WM 1996, 1841, 1842; v. 22. September 2005 - IX ZR 205/01, Umdruck S. 6).