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  • 05.07.2012 · IWW-Abrufnummer 122347

    Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 24.04.2012 – 15 K 234/11

    Zur Berücksichtigung von Unterhaltsaufwendungen an volljährige Kinder als agB.
    Unterhaltsaufwendungen können i.d.R. nur dann als agB anerkannt werden, wenn sie in einem angemessenen Verhältnis zum Nettoeinkommen des Leistenden stehen und diesem nach Abzug der Unterhaltsleistungen noch angemessene Mittel zur Bestreitung des Lebensbedarfs verbleiben (sog. Opfergrenze).
    Wo im Einzelfall die steuerliche Opfergrenze liegt, hängt von der tatsächlichen Leistungsfähigkeit des Stpfl. ab.
    Durch die Geltendmachung eines Investitionsabzugsbetrags wird die tatsächliche Leistungsfähigkeit eines Stpfl. nicht beeinträchtigt.


    Tatbestand
    Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Geltendmachung eines Investitionsabzugsbetrages bei der Ermittlung der abzugsfähigen Unterhaltsaufwendungen zu berücksichtigen ist.
    Die Kläger werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Kläger haben drei Kinder, und zwar einen volljährigen Sohn (S), eine volljährige Tochter (T) sowie ein minderjähriges Kind. T, die ihr eigenes minderjähriges Kind betreut, wohnte im Streitjahr im Haushalt der Kläger. Sie ist vom Kindesvater geschieden, der zu Unterhaltszahlungen nicht in der Lage war und deshalb auch keinen Unterhalt an T leistete. S studierte außerhalb des Wohnortes der Kläger in M, wo er eine Mietwohnung innehatte. Die Wochenenden und die Semesterferien verbrachte er jedoch bei den Klägern in Z. Beide volljährigen Kinder waren im Streitjahr nicht erwerbstätig. Weder hatten sie für sich eigene Einkünfte und Bezüge, noch verfügten sie über ein eigenes unterhaltsrechtlich relevantes Vermögen.
    In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2009 (Streitjahr) gaben die Kläger u. a. Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb in Höhe von rd. ./. 260.000,00 € und einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von rd. 370.000,00 € an. (…) Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb brachte der Kläger einen Investitionsabzugsbetrag in Höhe von rd. 178.000 € in Ansatz; die gewerblichen Einkünfte ohne diesen Betrag belaufen sich demnach auf ./. rd. 82.000,00 €.
    Die Kläger leisteten im Streitjahr an S und T Unterhaltszahlungen in Höhe von jeweils 8.400,00 € (= 12 Monate x 700,00 €). In Höhe von insgesamt 15.360,00 € (= 2 Kinder x 7.680,00 €) machten die Kläger in der Anlage Unterhalt diese Zahlungen als außergewöhnliche Belastung geltend.
    Bei der Festsetzung der Einkommensteuer folgte der Beklagte (das Finanzamt - FA -) den Angaben der Kläger zu den im Streitjahr erzielten Einkünften. Die geltend gemachten Unterhaltszahlungen erkannte es dagegen nicht als außergewöhnliche Belastung an. Im Erläuterungsteil führte das FA hierzu an, Unterhaltsaufwendungen seien nur zu berücksichtigen, soweit sie in einem angemessenen Verhältnis zum Nettoeinkommen des Leistenden stünden und diesem nach Abzug der Unterhaltsaufwendungen für sich sowie seinen Ehegatten und seine Kinder genügend Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes verblieben (sog. Opfergrenze). Dies sei vorliegend nicht der Fall.
    Mit dem hiergegen eingelegten Einspruch begehrten die Kläger für beide Kinder die Anerkennung des Höchstbetrages von 7.680,00 € (§ 33a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG - in der für das Streitjahr geltenden Fassung). Die Kläger machten geltend, die Opfergrenze belaufe sich im Streitjahr auf rd. 53.000,00 €. Dabei gingen sie, ohne den Investitionsabzugsbetrag in Ansatz zu bringen, von einem verfügbaren Nettoeinkommen in Höhe von rd. 133.000,00 € aus. Die Opfergrenze betrage unter Berücksichtigung ihres dritten, noch minderjährigen Kindes 40 v. H. (…)
    Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück. Entgegen der Berechnung der Kläger sei bei der Ermittlung des maßgeblichen Nettoeinkommens der Investitionsabzugsbetrag zu berücksichtigen. Das bedeute, dass im Streitfall von einem Nettoeinkommen in Höhe von rd. ./. 45.000,00 € (= 133.000,00 € ./. 178.000,00 €) auszugehen sei. Dies ergebe sich aus dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 7. Juni 2010 IV C 4 - S 2285/07/0006:001, 2010/0415733 (BStBl I 2010, 582), Tz. 10.
    Zur Begründung ihrer hiergegen erhobenen Klage machen die Kläger geltend, nach den Grundsätzen, die der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 29. Mai 2008 III R 23/07 (BFHE 222, 250, BStBl II 2009, 363) für sozialrechtliche Bedarfsgemeinschaften aufgestellt habe und die auch auf den Streitfall zu übertragen seien, werde die Abzugsfähigkeit der Unterhaltsaufwendungen als außergewöhnliche Belastung nicht durch die Opfergrenze eingeschränkt. Selbst wenn die Opfergrenze Anwendung finde, sei bei ihrer Berechnung der Investitionsabzugsbetrag nicht in Ansatz zu bringen mit der Folge, dass die Kläger im Streitjahr im unterhaltsrechtlichen Sinne leistungsfähig gewesen seien.
    Hiergegen wendet das FA ein, der BFH habe mit Urteil vom 17. Dezember 2009 VI R 64/08 (BFHE 227, 491, BStBl II 2010, 343) entschieden, dass die Opfergrenze für die im Haushalt lebenden Kinder weiterhin anzuwenden sei. Deren Ermittlung richte sich nach dem BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 582 und sei in der Einspruchsentscheidung zutreffend vorgenommen worden. Die Auffassung des FA werde auch durch die Urteile des Finanzgerichts (FG) Berlin-Brandenburg vom 14. September 2011 14 K 8290/09 (EFG 2012, 329) und des Bundessozialgerichts (BSG) vom 6. November 2008 B 1 KR 28/07 R (SozR 4-2500 § 47 Nr. 10) gestützt.
    Gründe
    Die Klage ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in deren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die Unterhaltsaufwendungen, die die Kläger im Streitjahr an ihre beiden volljährigen Kinder geleistet haben, sind in Höhe von 15.360,00 € als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen.
    Erwachsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt einer dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person, so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass die Aufwendungen bis zu 7.680,00 € im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden (§ 33a Abs. 1 Satz 1 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung). Ob eine Person gegenüber dem Steuerpflichtigen gesetzlich unterhaltsberechtigt ist, richtet sich nach Zivilrecht.
    Der BFH hat mit seinem Urteil vom 5. Mai 2010 VI R 29/09 (BFHE 230, 12, BStBl II 2011, 116) seine Rechtsprechung geändert und lehnt sich nunmehr eng an die unterhaltsrechtlichen Vorschriften der §§ 1601 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) an. Es genügt nicht mehr, dass eine gesetzliche Unterhaltsverpflichtung (nur) dem Grunde nach besteht (abstrakte Betrachtungsweise; so im Ergebnis noch BFH-Urteil vom 18. Mai 2006 III R 26/05, BFHE 214, 129, BStBl II 2007, 108). Voraussetzung für die Annahme einer gesetzlichen Unterhaltsberechtigung i. S. des § 33a Abs. 1 EStG ist zusätzlich die konkrete Bedürftigkeit des Unterhaltsempfängers i. S. des § 1602 BGB. Weitere Voraussetzungen für eine steuerliche Abzugsfähigkeit sind die eigene Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen (§ 1603 BGB) und das Fehlen vorrangiger Unterhaltsverpflichtungen Dritter (§§ 1606, 1608 BGB; BFH-Urteil in BFHE 230, 12, BStBl II 2011, 116; zum Ganzen Loschelder in Schmidt, EStG, 31. Aufl., § 33a Rz. 12).
    1. Die Kläger waren im Streitjahr gegenüber ihren beiden volljährigen Kindern nach § 1601 BGB (abstrakt) zum Unterhalt verpflichtet. Vorrangig Unterhaltspflichtige waren nicht vorhanden; der frühere Ehemann der T und Kindesvater war außerstande, Unterhalt zu leisten. Auch bestand eine konkrete Bedürftigkeit der Unterhaltsempfänger. Denn beide Kinder verfügten weder über eigene Einkünfte und Bezüge noch über ein eigenes Vermögen.
    2. a) Überdies war eine Leistungsfähigkeit der Kläger im unterhaltsrechtlichen Sinne gegeben (§ 1603 BGB). Auch nach Abzug der geltend gemachten Unterhaltsbeträge verblieben den Klägern zur Bestreitung des eigenen Lebensbedarfs und für den Unterhalt des minderjährigen Kindes ausreichende und angemessene Mittel.
    Unterhaltsaufwendungen können im Allgemeinen nur als zwangsläufig und folglich als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden, wenn sie in einem angemessenen Verhältnis zum Nettoeinkommen des Leistenden stehen und diesem nach Abzug der Unterhaltsleistungen noch angemessene Mittel zur Bestreitung des Lebensbedarfs für sich sowie ggf. für seine Ehefrau und seine Kinder verbleiben (sog. Opfergrenze; ständige Rechtsprechung seit dem BFH-Urteil vom 4. April 1986 III R 245/83, BFHE 147, 231, BStBl II 1986, 852; ferner BFH-Urteile vom 4. April 1986 III R 19/85, BFHE 148, 132, BStBl II 1987, 127; vom 30. Juni 1989 III R 258/83, BFHE 157, 422, BStBl II 1989, 1009; vom 30. Juni 1989 III R 149/85, BFH/NV 1990, 225, und vom 11. Dezember 1997 III R 214/94, BFHE 185, 168, BStBl II 1998, 292; ferner FG Berlin-Brandenburg, Urteil in EFG 2012, 329, jeweils m. w. N.). Denn nach § 1603 BGB ist nicht unterhaltspflichtig, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Er kann sich mangels einer bürgerlich-rechtlichen Unterhaltspflicht nicht darauf berufen, er habe sich i. S. des § 33 Abs. 2 EStG den Aufwendungen für den Unterhalt aus rechtlichen Gründen nicht entziehen können, und ein solcher Steuerpflichtiger kann im Allgemeinen auch keine Zwangslage aufgrund einer sittlichen Verpflichtung zum Unterhalt geltend machen (vgl. BFH-Beschluss vom 27. September 1991 III B 42/91, BFHE 165, 414, BStBl II 1992, 35).
    Wo im Einzelfall die steuerliche Opfergrenze liegt, hängt von der tatsächlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen und damit seinem Vermögen ab, Unterhalt zu leisten. Deshalb sind neben den bei der Einkommensermittlung berücksichtigten Einkünften auch steuerfreie Einnahmen (z. B. Kindergeld, Arbeitslosen- und Kurzarbeitergeld), welche die finanzielle Leistungsfähigkeit erhöhen, und andererseits neben den Werbungskosten auch andere unabweisbare Ausgaben (z.B. Sozialabgaben, Lohn- und Lohnkirchensteuern), die die Leistungsfähigkeit vermindern, in die Berechnung einzubeziehen (BFH-Urteil in BFHE 147, 231, BStBl II 1986, 852).
    Die Berücksichtigung der Opfergrenze bei der Einkommensteuerfestsetzung verlangt ihre genaue Bezifferung. Ausdrückliche gesetzliche Berechnungsvorschriften bestehen dafür nicht. Diese zu entwickeln hat der Gesetzgeber - ebenso wie die Konkretisierung des in § 33 Abs. 2 EStG nur allgemein definierten Begriffs der Zwangsläufigkeit überhaupt - der Rechtspraxis überlassen. Für die Finanzverwaltung sind im BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 582 die erforderlichen Verwaltungsvorschriften erlassen worden. Soweit keine Haushaltsgemeinschaft mit der unterhaltenen Person besteht, sind danach Aufwendungen für den Unterhalt im Allgemeinen höchstens insoweit als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, als sie einen bestimmten Prozentsatz des verfügbaren Nettoeinkommens nicht übersteigen (Opfergrenze). Dieser beträgt 1 v. H. je volle 500,00 € des verfügbaren Nettoeinkommens, höchstens 50 v. H., und ist um je 5 Prozentpunkte für den Ehegatten und für jedes Kind, für das der Steuerpflichtige Anspruch auf Freibeträge für Kinder nach § 32 Abs. 6 EStG, Kindergeld oder eine andere Leistung für Kinder (§ 65 EStG) hat, zu kürzen, höchstens um 25 v. H. (Abschnitt 3.2 des BMF-Schreibens in BStBl I 2010, 582).
    Nach Auffassung des BFH ist die Opfergrenze nicht auf Unterhaltsleistungen an den in Haushaltsgemeinschaft lebenden nichtehelichen Partner anzuwenden. Zusammen lebende Partner bilden eine sozialrechtliche Bedarfsgemeinschaft und müssen gemeinsam wirtschaften. Erzielt nur einer der Partner Einkünfte oder Bezüge, so ist es - jedenfalls bei Steuerpflichtigen in einfachen Verhältnissen - praktisch unumgänglich, daraus die größten Ausgaben wie Miete samt Nebenkosten, Nahrungsmittel und Kleidung für beide zu begleichen. In derartigen Fällen wäre es nach Ansicht des BFH sittlich nicht zu billigen, den bedürftigen Partner, welchem mit Rücksicht auf die Unterhaltsleistungen öffentliche Mittel verweigert werden, nur unzureichend zu unterstützen. Vielmehr ist in einem solchen Fall von der gleichmäßigen Verteilung der zur Verfügung stehenden Mittel zwischen dem verdienenden und dem bedürftigen Partner auszugehen (vgl. BFH-Urteile in BFHE 222, 250, BStBl II 2009, 363, und in BFHE 227, 491, BStBl II 2010, 343). Diese BFH-Rechtsprechung wird auch im BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 582 berücksichtigt. Denn in Abschnitt 3. („Abzugsbeschränkung / Ermittlung der abzugsfähigen Unterhaltsaufwendungen unter Berücksichtigung des verfügbaren Nettoeinkommens”) wird zunächst erläutert, wie das verfügbare Nettoeinkommen zu ermitteln ist (3.1), bevor Anweisungen für die „Anwendung der Opfergrenze auf das verfügbare Nettoeinkommen (keine Haushaltsgemeinschaft)” (3.2) und letztlich für die „Ermittlung der abziehbaren Unterhaltsaufwendungen bei einer Haushaltsgemeinschaft” (3.3) erteilt werden.
    b) Werden diese Grundsätze auf den Streitfall übertragen, sind die von den Klägern geltend gemachten Unterhaltsaufwendungen für die beiden erwachsenen Kinder in Höhe von insgesamt 15.360,00 Euro vom Gesamtbetrag der Einkünfte in Abzug zu bringen (§ 33a Abs. 1 Satz 1 EStG). Dabei kann dahinstehen, ob die Opfergrenze anzuwenden ist (Abschnitt 3.2 des BMF-Schreibens in BStBl I 2010, 582) oder ob wegen Bestehens einer Haushaltsgemeinschaft für die Ermittlung der maximal abziehbaren Unterhaltsaufwendungen die verfügbaren Nettoeinkommen des Unterhaltsleistenden und der unterhaltenen Personen zusammenzurechnen und dann nach Köpfen zu verteilen sind (Abschnitt 3.3 des BMF-Schreibens in BStBl I 2010, 582).
    aa) Unabhängig von der Anwendbarkeit der Opfergrenze ist sowohl nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteile in BFHE 185, 168, BStBl II 1998, 292; in BHFE 222, 250, BStBl II 2009, 363; in BFHE 227, 491, BStBl II 2010, 343, jeweils m. w. N.) als auch nach der Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 582) zunächst das verfügbare Nettoeinkommen der Kläger im Streitjahr zu ermitteln. Dieses beträgt im Streitfall rd. 133.000,00 €. Bei der insoweit allein streitigen Frage hält der erkennende Senat die Ansicht der Kläger, der Investitionsabzugsbetrag sei nicht zu berücksichtigen, für zutreffend.
    Für die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsleistenden ist auf dessen tatsächliche Leistungsfähigkeit und damit auf dessen Vermögen abzustellen (vgl. BFH-Urteile in BFHE 185, 168, BStBl II 1998, 292, unter II. 2., und in BFHE 147, 231, BStBl II 1986, 852). Die tatsächliche Leistungsfähigkeit des Klägers ist im Streitjahr nicht durch den geltend gemachten Investitionsabzugsbetrag beeinträchtigt worden. Hierdurch sind die Einkünfte aus Gewerbebetrieb lediglich buchmäßig gemindert worden. Das tatsächliche Vermögen des Klägers blieb jedoch unangetastet.
    Dementsprechend bringt die zivilgerichtliche Rechtsprechung Investitionsabzugsbeträge bei der Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens grundsätzlich nicht in Abzug (vgl. zur Ansparabschreibung nach § 7 g EStG a. F. etwa Brandenburgisches Oberlandesgericht - OLG -, Urteil vom 27. Juli 2010 10 UF 132/09, FamFR 2010, 440; OLG Celle, Urteil vom 7. Februar 2008, 17 UF 203/07, NJW 2008, 1456). Solchen buchmäßigen Gewinnminderungen liege schon ihrer Natur nach kein Wertverzehr zugrunde (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 18. Januar 2002 11 UF 63/01, FamRZ 2002, 885).
    Gleichwohl sollen nach Tz. 10 des BMF-Schreibens in BStBl I 2010, 582 bei der Ermittlung des verfügbaren Nettoeinkommens auch Investitionsabzugsbeträge berücksichtigt werden. Diese Auffassung steht mit der Rechtsprechung des BFH zu § 33a EStG, die sich an der unterhaltsrechtlichen Rechtsprechung der Familiengerichte zur Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners orientiert und der sich der erkennende Senat anschließt, nicht in Einklang. Allein buchmäßige Gewinnminderungen haben auf das verfügbare Nettoeinkommen, das für die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit und damit für die steuerliche Abzugsfähigkeit von Unterhaltsleistungen maßgeblich ist, keinen Einfluss.
    Ein anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass nach Ansicht des BFH bei der Bestimmung der Opfergrenze der Arbeitnehmer-Pauschbetrag aus Gründen der Verfahrensvereinfachung auch dann anzuwenden ist, wenn dem Steuerpflichtigen bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit keine oder nur niedrigere Werbungskosten entstanden sind (BFH-Urteil in BFHE 185, 168, BStBl II 1998, 292). Durch diesen Betrag werden Arbeitnehmern typischerweise entstehende Werbungskosten pauschaliert. Der Investitionsabzugsbetrag wird Gewerbetreibenden jedoch nur auf Antrag gewährt, und er ist der Höhe nach keiner generalisierenden, pauschalierenden oder typisierenden Regelung zugänglich.
    Die vom FA in Bezug genommenen Gerichtsentscheidungen liefern keine Argumente, die für eine Einbeziehung des Investitionsabzugsbetrags in die Ermittlung des verfügbaren Nettoeinkommens sprechen. Mit seinem Urteil in EFG 2012, 329 hat das FG Berlin-Brandenburg entschieden, dass Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften bei der Berechnung der Opfergrenze zu berücksichtigen sind. Dieser Ansicht ist durchaus zu folgen. Anders als Investitionsabzugsbeträge können private Veräußerungsgeschäfte zu tatsächlichen und nicht nur buchmäßigen Verlusten führen. Das BSG-Urteil in SozR  4-2500 § 47 Nr. 10 betrifft die Ermittlung des regelmäßig erzielten Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens i. S. des § 47 des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch (SGB V) als Bemessungsgrundlage für das Krankengeld, nicht aber das unterhaltsrechtlich relevante verfügbare Nettoeinkommen. Der vom BSG mit nachvollziehbaren Gründen aufgestellte Grundsatz, dass sich die Ermittlung des Arbeitseinkommens nach Einkommensteuerrecht richtet, ist jedoch nicht auf die an Unterhaltsrecht anknüpfende Frage der Abzugsfähigkeit von Unterhaltsaufwendungen zu übertragen.
    Da der Investitionsabzugsbetrag nicht in Ansatz zu bringen ist, beläuft sich das verfügbare Nettoeinkommen des Klägers im Streitjahr auf rd. 133.000,00 €. Von der Höhe der gewerblichen Einkünfte abgesehen, sind die übrigen Schritte bei der Berechnung des Nettoeinkommens unstreitig.
    bb) Die klägerische Ermittlung der Opfergrenze, die auf den Vorgaben im BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 582 beruht und gegen die auch das FA keine Einwände erhebt, ist nicht zu beanstanden. Das bedeutet, dass die Kläger maximal Unterhaltsleistungen in Höhe von rd. 53.000,00 € als außergewöhnliche Belastung nach § 33a Abs. 1 EStG geltend machen können. Der von den Klägern geltend gemachte Betrag von 15.360,00 € erreicht diese Höchstgrenze nicht.
    Ohne dass es auf die konkrete Höhe des jeweiligen Unterhaltsanspruchs ankommt (BFH-Urteil in BFHE 230, 12, BStBl II 2011, 116, unter II. 1. a) bb); Loschelder in Schmidt, EStG, 31. Aufl., § 33a Rz. 12), ist im Übrigen ein monatlicher Unterhalt in Höhe von 640,00 € nicht als überhöht anzusehen. Er entspricht dem regelmäßigen Gesamtunterhaltsbedarf eines Studierenden, der nicht bei seinen Eltern wohnt (so Anmerkung 7 zur Düsseldorfer Tabelle, Stand 1. Januar 2009). Bei volljährigen Kindern, die - wie es jedenfalls bei T der Fall ist - noch im Haushalt der Eltern wohnen, bemisst sich der Unterhalt statt dessen nach der 4. Altersstufe der Tabelle. Ab einem verfügbaren Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen von 4.301,00 € (9. und 10. Einkommensgruppe der Tabelle), was im Streitfall gegeben ist, übersteigen die Richtsätze für diese Altersstufe sogar den Betrag von 640,00 €.
    Bei Anwendung der Opfergrenze sind die geltend gemachten Unterhaltsaufwendungen somit als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen.
    cc) Entsprechendes gilt auch dann, wenn die maximal abziehbaren Unterhaltsaufwendungen nach Abschnitt 3.3 des BMF-Schreibens in BStBl I 2010, 582 ermittelt werden. Angesichts der Höhe des im Streitjahr verfügbaren Nettoeinkommens von über 130.000,00 € wird die Höchstgrenze der abzugsfähigen Unterhaltsleistungen bei Weitem nicht erreicht, und zwar unabhängig davon, ob S dem Haushalt der Kläger im Streitjahr zugerechnet oder eine Haushaltszugehörigkeit wegen der Studentenwohnung in M verneint wird.
    Es kann also dahinstehen, ob die Grundsätze, die der BFH in seinen Urteilen in BFHE 222, 250, BStBl II 2009, 363, und in BFHE 227, 491, BStBl II 2010, 343, für eheähnliche Lebensgemeinschaften aufgestellt hat, auch auf Haushaltsgemeinschaften anwendbar sind, die von Eltern und Kindern gebildet werden. Vieles spricht jedoch dafür, dass die Opfergrenze nach dem BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 582 bei Haushaltsgemeinschaften jeglicher Art nicht mehr maßgeblich sein soll. Denn in den Regelungen über die Anwendung der Opfergrenze (Abschnitt 3.2., Tz. 11) heißt es eindeutig „Soweit keine Haushaltsgemeinschaft mit der unterhaltenen Person besteht, …” Dem dürfte auch das BFH-Urteil in BFHE 227, 491, BStBl II 2010, 343, nicht entgegenstehen. Abweichend vom Vorbringen des FA vermag der erkennende Senat dieser Entscheidung nicht zu entnehmen, dass die Opfergrenze für die im Haushalt lebenden Kinder weiterhin gelten soll. Letztlich brauchen diese Fragen aus den dargelegten Gründen vorliegend jedoch nicht geklärt zu werden.
    3. Die Neuberechnung der Einkommensteuer wird dem FA übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. der entsprechenden Anwendung von §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
    Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zuzulassen.

    VorschriftenEStG § 33a Abs. 1, EStG § 7g