· Fachbeitrag · Arbeitsverträge mit nahen Angehörigen
Steuerliche Erleichterungen und Probleme bei Arbeitsverträgen mit nahen Angehörigen
von StB Christoph Iser, Düsseldorf
| Arbeitsverträge mit nahen Angehörigen können durchaus für beide Seiten sinnvoll sein. Zum einen herrscht Gewissheit über die Verlässlichkeit des Gegenübers. Zum anderen können auch geldwerte Vorteile winken. Beispielsweise kann die Anstellung eines Verwandten diesem eine günstige Krankenversicherung eröffnen. Auch der Steuerspargedanke ist nicht zu vernachlässigen: Durch die Anstellung von Kindern könnte eine deutliche Progressionsentlastung bei der Einkommensteuer und eine Ersparnis in der Gewerbesteuer gegeben sein. |
1. Paradebeispiel: Mitarbeit des Ehegatten
Deutlich werden die steuerlichen Vorteile, wenn der Ehegatte im Rahmen eines Minijobs angestellt wird. Ein praxisnahes Beispiel:
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Die Mitarbeit des Ehegatten wird mittels eines Minijobs entlohnt. Für den Unternehmer-Ehegatten stellen sowohl der Minijoblohn als auch die Lohnnebenkosten von 30 % zuzüglich Umlagen eine steuermindernde Betriebsausgabe dar. Auf der anderen Seite muss jedoch der minijobbende Ehegatte seinen Lohn nicht mehr versteuern. Es ergibt sich folgende Berechnung:
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Betrachtet man die Eheleute als Einheit, entsteht durch den Minijob lediglich die wirtschaftliche Belastung der Lohnnebenkosten. Da beim Unternehmer-Ehegatten Lohnnebenkosten und Minijoblohn Betriebsausgabe sind, egalisiert sich diese wirtschaftliche Belastung bereits bei einem Grenzsteuersatz der Eheleute von knapp über 23 % und wandelt sich mit steigenden Steuersätzen in einen klarer werdenden wirtschaftlichen Vorteil. Eine eventuelle gewerbesteuerliche Ersparnis ist in der obigen Rechnung zudem noch nicht erfasst. Ebenso werden sonstige Beiträge gemindert, die an den Gewinn des Unternehmer-Ehegatten anknüpfen, wie z.B. die Beiträge an Versorgungswerke der freien Berufe.
2. Zur steuerlichen Anerkennung
Natürlich kennt auch das Finanzamt die steuersparende Wirkung eines Arbeitsverhältnisses mit nahen Verwandten und hat, insbesondere auch zur Einschränkung von Scheinverträgen, hohe Anforderungen an die Anerkennung von Verträgen mit nahen Angehörigen geknüpft. Grundsätzlich steht es zwar auch Verwandten frei, ihre Rechtsverhältnisse untereinander so zu gestalten, dass dadurch möglichst viel Steuern gespart werden bzw. eine Steuerbelastung gedrückt wird. Dennoch sollten in der gestaltenden Vorgehensweise die folgenden Voraussetzungen beachtet werden.
2.1 Klare und eindeutige Vereinbarung
Klare und eindeutige Vereinbarungen sind grundlegende Voraussetzung bei einem Anstellungsverhältnis mit Verwandten. Durch die Klarheit und Eindeutigkeit der Vereinbarung muss gewährleistet sein, dass es keinen Zweifel über die wesentlichen Bestandteile der Vertragsvereinbarungen gibt.
2.2 Ernsthaftigkeit und zivilrechtliche Wirksamkeit
Der Vertrag muss von beiden Parteien ernsthaft gewollt sein. Dabei ist nicht zuletzt der Fremdvergleich entscheidend. „Das Vereinbarte muss nach Inhalt und Durchführung aber dem entsprechen, was fremde Dritte bei der Gestaltung eines entsprechenden Rechtsverhältnisses üblicherweise vereinbaren würden“, so der BFH (18.12.90, VIII R 290/82).
Ebenso ist die zivilrechtliche Wirksamkeit der getroffenen Vereinbarung ein Merkmal für die Ernsthaftigkeit des Vertrags. Wohlgemerkt aber nur ein Merkmal und nicht alleinentscheidend. Seinerzeit wollte die Finanzverwaltung zwar zivilrechtlich unwirksame Verträge generell von der steuerlichen Anerkennung ausschließen, jedoch widersprach der BFH (7.6.06, IX R 4/04): Bei der steuerrechtlichen Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen ist der zivilrechtlichen Unwirksamkeit des Vertragsabschlusses nur indizielle Bedeutung beizumessen.
Insbesondere spricht nichts dagegen, einen Vertrag zwischen nahen Angehörigen auch schon während der Zeit der zivilrechtlichen Unwirksamkeit steuerlich anzuerkennen, wenn sich die Angehörigen umgehend nach Entdeckung um die Beseitigung des zivilrechtlichen Mangels bemühen und ansonsten alle Anerkennungsvoraussetzungen gegeben sind (BFH 13.7.99, VIII R 29/97).
2.3 Form des Vertrags
Auch wenn für den Anstellungsvertrag kein Formzwang besteht, empfiehlt es sich, schriftliche Verträge abzuschließen, da der steuerpflichtige Unternehmer im Hinblick auf das steuermindernde Anstellungsverhältnis die Beweislast trägt.
2.4 Inhalt des Vertrags
Schon dem Gebot der Ernsthaftigkeit der vertraglichen Vereinbarung ist zu entnehmen, dass die Hauptvertragsverpflichtungen festgelegt werden müssen. In einem Arbeitsvertrag sind mindestens Vereinbarungen über die Höhe des Lohns sowie die Art und den Umfang der Tätigkeit zu treffen.
2.5 Fremdvergleich
Zentrales Element der steuerlichen Anerkennung eines Vertrags unter nahen Angehörigen ist regelmäßig der Fremdvergleich. Dies bedeutet, dass die Vereinbarungen fremdüblicher Natur sind und gegebenenfalls auch mit einem fremden Dritten so vereinbart worden wären.
Auch hier hat die Rechtsprechung jedoch die strikten Vorgaben der Finanzverwaltung relativiert: So ist im Rahmen eines Fremdvergleichs generell die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten maßgebend. Dabei können einzelne Beweisanzeichen mit unterschiedlicher Bedeutung gewürdigt werden. Hieraus folgt: Nicht jede Abweichung vom Üblichen verhindert notwendigerweise die steuerliche Anerkennung eines Vertragsverhältnisses unter nahen Angehörigen (BFH 7.5.96, IX R 69/94).
2.6 Tatsächliche Durchführung
Das letzte Kriterium, an das die Finanzverwaltung gesteigerten Wert legt, ist die tatsächliche Durchführung der getroffenen Vereinbarung. Auch hier wurden über die Jahre die strengen Maßstäbe der Finanzverwaltung relativiert. Nicht jede Abweichung vom Vereinbarten führt auf direktem Weg zur steuerlichen Nichtanerkennung des Vertrags, wie auch der aktuellen Rechtsprechung des BFH zu entnehmen ist.
3. Aktuelle Rechtsprechung
Der BFH (17.7.13, X R 31/12) milderte die hohen und teilweise überhöhten Anforderungen an die steuerliche Anerkennung von Verträgen mit Angehörigen durch die Finanzverwaltung erneut ab. So entschieden die Richter: „Die unterbliebene Führung von Arbeitszeitnachweisen betrifft (…) in der Regel nicht die Frage der Fremdüblichkeit der Arbeitsbedingungen, sondern hat vorrangig Bedeutung für den dem Steuerpflichtigen obliegenden Nachweis, dass der Angehörige tatsächlich Arbeitsleistungen jedenfalls in dem vertraglich vereinbarten Umfang erbracht hat (…).“ Lediglich wenn Arbeitszeitnachweise im betriebsinternen Fremdvergleich üblich sind, müssen diese auch für die angestellten Verwandten geführt werden.
Im Urteilssachverhalt wollte der Fiskus ein Anstellungsverhältnis mit einem nahen Angehörigen nicht anerkennen, weil dieser offensichtlich deutlich länger arbeitete als es arbeitsvertraglich vereinbart wurde. Darin sah das Finanzamt einen Verstoß gegen das Gebot der tatsächlichen Durchführung des geschlossenen Vertrags. Zudem hätte ein fremder Dritter wahrscheinlich auch keine erhebliche Mehrarbeit geleistet, was zu einer Erschütterung des Fremdvergleichs führen könnte.
Erfreulicherweise sah der BFH dies jedoch anders. In der bereits zitierten Entscheidung urteilte er: „Leistet der als Arbeitnehmer beschäftigte Angehörige unbezahlte Mehrarbeit über seine vertragliche Stundenzahl hinaus, steht dies der Annahme, das Arbeitsverhältnis sei tatsächlich durchgeführt worden, grundsätzlich nicht entgegen. Etwas anderes gilt nur, wenn die vereinbarte Vergütung schlechterdings nicht mehr als Gegenleistung für die Tätigkeit des Angehörigen angesehen werden kann und deshalb auf das Fehlen eines Rechtsbindungswillens zu schließen ist.li“
Insgesamt kann zusammengefasst werden, dass nicht bezahlte Mehrarbeit eines Angehörigen nicht zur Aberkennung des Gesamtvertrags führt, sofern die übrig bleibende Lohnzahlung nicht nur lediglich Taschengeldcharakter hat. Ebenso sind im Hinblick auf den Nachweis der Arbeitszeit keine überzogenen Anforderungen zu stellen, wenn diese nicht durch einen betriebsinternen Fremdvergleich gerechtfertigt sind.
4. Dennoch Probleme anderenorts
Obwohl die steuerliche Gefahr dank der vorgenannten Entscheidung weitgehend gebannt sein dürfte, könnte die nicht vereinbarte und nicht entlohnte Mehrarbeit eines Angehörigen in der Sozialversicherung Probleme bereiten. Das aktuelle Stichwort in diesem Zusammenhang lautet „Mindestlohn“.
Zum Hintergrund: Lohnsteuer wird erst bei Zufluss des Lohns fällig. Dies wird jedoch im Bereich der Sozialversicherung anders gehandhabt. Die Verpflichtung zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen entsteht, wenn der Arbeitgeber den Arbeitslohn schuldet. Sofern nun im Arbeitsvertrag eine Art Mindestlohn, z.B. wegen einer Stundenlohnvereinbarung, geregelt ist, ermittelt sich der geschuldete Lohn durch Multiplikation des Stundenlohns mit den gearbeiteten Stunden. Sozialversicherungsbeiträge würden daher auch auf den nicht ausgezahlten, aber vertraglich geschuldeten Lohn anfallen. In entsprechenden Fällen sollten daher die arbeitsvertraglichen Regelungen unter die Lupe genommen werden.
Während der Arbeitsvertrag noch abänderbar ist, kann jedoch das Problem bei Realisierung eines flächendeckenden Mindestlohns, wie politisch angestrebt, nicht mehr umschifft werden. Gleiches gilt in Branchen, die schon heute einen Mindestlohn tarifvertraglich festgeschrieben haben.
5. Fazit
Auch wenn die Rechtsprechung die steuerliche Seite von Arbeitsverträgen mit nahen Angehörigen deutlich vereinfacht hat, können sich neue Probleme anderen Orts ergeben. In der Praxis muss daher weiter Obacht gegeben werden. Es wäre wünschenswert, wenn solche Probleme durch die Politik erkannt und ausgemerzt werden, bevor ein flächendeckender Mindestlohn (auf Basis welches politischen Konzepts auch immer) umgesetzt wird. Immerhin kann es nicht im Sinne des politischen Erfinders sein, dass familienernährende Unternehmen übermäßig belastet werden, nur weil ein mitarbeitender Angehöriger mehr arbeitet.