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  • · Fachbeitrag · Erbrecht

    Pflichtteilsanspruch - Beweiskraft einer Quittung ist begrenzt

    von RA Notar StB Dipl.-Kfm. Gerhard Slabon, FA ErbR, Paderborn

    Eine Quittung enthält lediglich ein außergerichtliches Geständnis hinsichtlich des Leistungsempfangs und als solches lediglich ein Indiz für die Wahrheit der zugestandenen Tatsache. Die Beweiskraft einer Quittung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Sie unterliegt der freien richterlichen Beweiswürdigung. Sie kann durch jeden Gegenbeweis entkräftet werden, wobei dieser bereits geglückt ist, wenn die Überzeugung des Gerichts von der zu beweisenden Tatsache erschüttert wird (Brandenburgisches OLG 22.1.14, 4 U 88/13, Abruf-Nr. 140899).

     

    Sachverhalt

    Der Erblasser und seine vorverstorbene Ehefrau verfügten mit handschriftlichem Testament, dass ihr Sohn nach dem Tod des Letzten von ihnen Alleinerbe werden sollte. Die Tochter T nahm die Zahlung des Pflichtteils in Anspruch. Streitig ist die Höhe des Nachlasswerts. Der Erblasser und seine Ehefrau hatten dem Sohn ein zinsloses Darlehen von rund 83.000 EUR gewährt. Der Sohn behauptete, dass bis zum 29.9.99, dem Todestag der Mutter, rund 25.000 EUR zurückgezahlt worden seien. Die Restforderung sei im Juni 2005 vollständig getilgt worden. Zum Beweis hat sich der Sohn vor allem auf Quittungen gestützt, d.h. auf Jahresaufstellungen, in denen der Erblasser bzw. seine Ehefrau Zahlbeträge durch Unterschrift bestätigt hatten. Die Tochter bestritt die Rückzahlung des Darlehens insgesamt. Sie hat insbesondere die Echtheit der Unterschriften auf den jeweiligen Jahresabrechnungen in Abrede gestellt. In einem Schriftgutachten wurde festgestellt, dass teilweise Ziffern in den Quittungen hinzugefügt worden sind und die Unterschriften sehr „homogen“ waren, obwohl die Quittungen mit erheblichem zeitlichen Abstand ausgestellt wurden. Weiter wurden auf den Quittungen Durchdruckspuren festgestellt, die auf eine „stapelweise“ Fertigung schließen ließ.

     

    Entscheidungsgründe

    Der Sohn kann sich nicht auf die angebliche Rückzahlung des Darlehens berufen. Die Beweiskraft einer Quittung ist bereits von vornherein begrenzt: Sie unterliegt der freien richterlichen Beweiswürdigung und kann durch jeden Gegenbeweis entkräftet werden.

     

    Der Gegenbeweis ist bereits dann geglückt, wenn die Überzeugung des Gerichts von der zu beweisenden Tatsache erschüttert wird. Die Feststellungen zu möglicherweise nachträglich vorgesetzten Ziffern, Durchdruckspuren und auffällig „homogen“ gefertigten Unterschriften begründen ernsthafte Zweifel, ob die quittierten Zahlungen tatsächlich erfolgt sind. Insbesondere aufgrund der Durchdruckspuren dürfte hier von einer stapelweisen Fertigung der Jahresaufstellungen ausgegangen werden.

    Quelle: Ausgabe 07 / 2014 | ID 42720447