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  • · Fachbeitrag · Integrierte Unternehmensplanung

    Abweichungen in der Planung - Ist eine unterjährige Anpassung sinnvoll und notwendig?

    von Dipl.-Bw. Claudia Schurig, Weilburg

    | Unternehmensplanung ist die Festlegung der zu erreichenden Unternehmensziele. Oft stellt sich jedoch in Soll/Ist-Vergleichen heraus, dass sich erhebliche Abweichungen zwischen Plandaten und Istdaten ergeben. Wie geht der Unternehmer mit diesen Abweichungen um? Muss die Planung angepasst werden? |

    1. Varianten in der Vorgehensweise

    Grundsätzlich gilt es, drei Varianten auseinanderzuhalten. Die folgende Tabelle verdeutlicht das.

     

    • Varianten in der Vorgehensweise

    Variante 1

    Der ursprüngliche Plan wird beibehalten.  

    Die Planwerte werden nicht verändert. Die Abweichungen werden im Soll-/Ist-Vergleich ausgewiesen und müssen plausibilisiert und kommentiert werden. Abweichungen werden im Forecast „mitgeschleppt“.

    Variante 2

    Der ursprüngliche Plan wird komplett geändert und folgt in allen Positionen den Ist-Zahlen. 

    Der aktuelle Soll-/Ist-Vergleich weist keine Abweichung aus. Abweichungen in den Folgemonaten betreffen nur Entwicklungen in den Folgemonaten. Das Forecast-Ergebnis im aktuellen Soll-/Ist-Vergleich stimmt mit dem geplanten Ergebnis überein.

    Variante 3

    Der ursprüngliche Plan wird in Teilen geändert. 

    Die Gründe für die Änderungen müssen evident, nachvollziehbar und plausibel sein. Forecast-Ergebnis und Planergebnis weichen voneinander ab.

     

    Im Folgenden werden Vor- und Nachteile diskutiert und einzelne Problemfelder beleuchtet.

    2. Die Erfolgsplanung bleibt unverändert

    Die Abweichung im Controlling ist die Abweichung zum ursprünglichen Erfolgsplan. Diese Abweichung wird im Laufe des Controllingjahrs immer „mitgeschleppt“. Die ursprünglich unterstellten Planungsannahmen bleiben bestehen. Das Controlling dient dazu, diese Annahmen (= Plandaten, Ziele, Budgets) mit den erreichten Daten (= Ist-Zahlen) zu vergleichen - und das durchgängig während der gesamten Planungsperiode.

     

    Viele Planungsprogramme errechnen einen automatischen Forecast für die G+V. Die Ist-Daten (aus dem Controlling) werden mit den Plandaten für die kommenden Monate addiert. Der Forecast fällt zu gut oder zu schlecht aus, je nach Abweichung im aktuellen Soll-Ist-Vergleich. Diese Tatsache muss im Controllingbericht nicht nur kommentiert werden; auch die Auswirkung auf das Unternehmen ist zu identifizieren.

    3. Die Erfolgsplanung wird angepasst

    Grundsätzlich können alle Ist-Zahlen in eine angepasste Planungsversion übernommen werden. Doch ist diese Vorgehensweise für alle Positionen in der Erfolgsrechnung sinnvoll?

     

    3.1 Umsatz

    Die Kardinalfrage ist: Soll der ursprünglich geplante Jahresumsatz beibehalten werden?

     

    • Wenn ja, dann ist die unterjährige Umsatzverteilung zu ändern und die Planwerte für die restlichen Planmonate sind neu zu verteilen.
    • Wenn nein, dann sind die Ist-Zahlen zu übernehmen und Plandaten für die restliche Zeit anzupassen. Der ursprünglich geplante Jahresumsatz wird dadurch nach oben oder unten korrigiert.

     

     

    • Drei Szenarien und die daraus resultierenden Konsequenzen

    Szenario 1

    Das ursprüngliche Umsatzziel kann noch erreicht werden. 

     

    Die Ist-Umsätze werden übernommen. Die Planumsätze für die restlichen Monate werden erhöht.

    Szenario 2

    Das ursprüngliche Umsatzziel kann nicht mehr erreicht werden.

     

    Die Ist-Umsätze werden übernommen. Die für Mai bis Dezember geplanten Umsätze erscheinen nach wie vor realistisch und werden beibehalten.

    Szenario 3

    Das ursprüngliche Umsatzziel kann nicht mehr erreicht werden. 

     

    Die Ist-Umsätze werden übernommen. Die Umsatzerwartung für die kommenden Monate wird revidiert.

     

    3.2 Variable Kosten

    Variable Kosten werden grundsätzlich mit Quoten geplant. Weichen die tatsächlichen Quoten nur wenig von den geplanten Quoten ab, besteht kein Handlungsbedarf.

     

    Bei signifikanten Abweichungen muss man folgende Überlegungen anstellen:

     

    • Was ist der Grund für die Abweichung? Sind die Buchhaltungszahlen abgegrenzt? Wurden angefangene Arbeiten bewertet? Schwanken die Lagerbestände? Sind Bestandsveränderungen gebucht? Wenn in der Buchhaltung keine Abgrenzungen berücksichtigt werden, ist die tatsächlich ausgewiesene Quote nicht aussagefähig. Die geplante Quote darf nicht geändert werden, denn die tatsächlich ausgewiesene Quote ist nicht belastbar.

     

    • Ist die Abweichung das Ergebnis tatsächlicher Veränderungen? Wenn ja, betreffen diese Veränderungen nur die gebuchte Periode oder schlagen sich die Veränderungen auf das ganze Jahr durch? In diesen Fällen sollte die Planquote geändert werden.

     

    • Beispiel variable Kosten
    ursprünglicher Plan
    Ist-Zahlen
    angepasste Planung

    Januar - Mai

    Sz 1

    Sz 2

    Betriebsleistung

    1.000.000 EUR

    1.000.000 EUR

    1.000.000 EUR

    1.000.000 EUR

    Materialaufwand

    300.000 EUR

    30 %

    400.000 EUR

    40 %

    300.000 EUR

    30 %

    400.000 EUR

    40 %

    Fremdleistungen

    50.000 EUR

    5 %

    0 EUR

    0%

    0 EUR

    0 %

    0 EUR

    0 %

    Rohertrag

    650.000 EUR

    600.000 EUR

    700.000 EUR

    600.000 EUR

     
    • Mögliche Szenarien

    Szenario 1

    • Die Buchhaltungsquote für den Materialaufwand (40 %) ist nicht belastbar (Abgrenzung ist nicht erfolgt). Die Planquote wird beibehalten.
    • Fremdleistungen sind in den ersten fünf Monaten keine angefallen. In der angepassten Planung wird die 0 übernommen. Für die restlichen Planmonate muss diskutiert werden, ob der Planansatz von 5 % weiterhin Bestand hat.
    • Die Abweichung im Rohertrag weist im Wesentlichen die Lücke aus, die durch die fehlende Abgrenzung entstanden ist.

    Szenario 2

    • Die Buchhaltungsquote für den Materialaufwand ist belastbar (Abgrenzung ist erfolgt). Die Aufträge in den ersten fünf Monaten waren hinsichtlich des Materialaufwands nicht so margenstark wie geplant. Die Planquote muss angepasst werden. Für die restlichen Planungsmonate muss diskutiert werden, ob der Planansatz von 30 % weiterhin Bestand hat.
    • Die Fremdleistungen werden in der angepassten Planung mit 0 angenommen. Für die restlichen Planungsmonate muss diskutiert werden, ob der Planansatz von 5 % weiterhin Bestand hat.
    • Im Soll-/Ist-Vergleich per 31.5. ergibt sich für den Rohertrag keine erheblichen Abweichung. Der Plan folgt dem Ist. Abweichungen in den Folgemonaten weisen nur Veränderungen aus, die ab Juni entstanden sind.
     

    3.3 Personalaufwand

    Der Personalaufwand stellt in den meisten Unternehmen einen erheblichen Kostenblock dar. Hier empfiehlt es sich, in der angepassten Planung den Ist-Kosten zu folgen. Je nachdem, wie hoch die Diskrepanz zwischen ursprünglichen Planzahlen und tatsächlichem Aufwand ist, muss kritisch geprüft werden, inwieweit der Personalaufwand für die kommenden Monate verändert werden muss. Das gilt insbesondere dann, wenn der Personalaufwand einen hohen Anteil an variablen Kosten enthält oder sprungfixe Kosten zu erwarten sind.

     

    3.4 Fixkosten

    Innerhalb der Fixkosten sind im Allgemeinen keine großen Schwankungen zu erwarten. Sind größere Abweichungen vorhanden, ist die Frage, ob sich die Abweichungen in den kommenden Monaten wieder ausgleichen werden. In vielen Fällen handelt es sich nur um Kostenverschiebungen. Sind dagegen echte Kosteneinsparungen oder -erhöhungen zu erwarten, sollten die Planwerte angepasst werden.

    4. Ergänzende Hinweise

    4.1 Endgültige Eröffnungsbilanzwerte

    In vielen Fällen wird die erste Planungsversion auf Basis von vorläufigen Eröffnungsbilanz-Werten (Forecast oder Summen- und Saldenliste per 31.12.) erstellt. Wenn der endgültige Jahresabschluss vorliegt, muss man überprüfen, wie groß die Abweichungen in der Eröffnungsbilanz sind. Nur wenn die Abweichungen sehr gering sind, kann man auf eine Überarbeitung der Bilanzplanung verzichten. Der Verzicht sollte kommuniziert und dokumentiert werden.

     

    4.2 Dokumentation

    Bei der Erstellung einer neuen Planversion darf die Dokumentation keinesfalls vernachlässigt werden. Der neue Plan muss mit Mandanten und Banken kommuniziert werden und für sachverständige Dritte problemlos (d.h. innerhalb einer angemessenen Zeit) nachvollziehbar sein.

     

    4.3 Ertragsteuern

    Wird die Erfolgsplanung verändert, muss auch die Planung der Ertragsteuern angepasst werden. Planungsprogramme berechnen im automatischen Forecast oft die Ertragsteuer nicht neu. Wird im Forecast ein höheres Ergebnis ausgewiesen als im Plan, muss man überprüfen, welche Konsequenzen das für die Ertragsteuern hat. Die Auswirkungen müssen im Controllingbericht kommentiert werden.

     

    4.4 Forecast-Liquidität

    Die Erfolgsrechnung ist nur ein Bestandteil der integrierten Unternehmensplanung. Für die Berechnung des Forecast-Cashflows ist die Bilanzplanung mit entscheidend. Größere Abweichungen zwischen Soll und Ist führen dazu, dass die Forecast-Liquidität zu gut oder zu schlecht ausgewiesen wird. Vor allem bei Mandanten, bei denen es regelmäßig zu Liquiditäts-Engpässen kommt, muss auch die Bilanzplanung überprüft und ggf. angepasst werden. Das betrifft vor allem die Entwicklung der Forderungen und Verbindlichkeiten (Debitoren- und Kreditorenlaufzeiten), ungeplante oder verschobene Investitionen und deren Finanzierung sowie Abweichungen im Entnahmeverhalten.

    5. Die Grundsätze ordnungsgemäßer Planung (GoP) und die revolvierende Planung

    Die hier beschriebene Vorgehensweise der unterjährigen Planänderung steht in Einklang mit den vom Institut der Unternehmensberater IdU im Bundesverband Deutscher Unternehmensberater BdU herausgegebenen Grundsätzen ordnungsgemäßer Planung.

     

    Die Grundsätze sehen unter anderem vor:

     

    • Mindestens einmal jährlich muss eine Überprüfung und Nachplanung vorgenommen werden. Dabei soll in Szenarien (best, worst, real case) geplant werden, wobei eine Version priorisiert werden soll.

     

    • Die Eröffnungsbilanzwerte des Jahres der Hochrechnung sind mit den Schlussbilanzwerten der Vorjahre abzustimmen.

     

    Eine einmal erstellte und von der Unternehmensleitung anerkannte Planung darf nicht mehr verändert werden. Soll-/Ist-Vergleiche sollen sich immer auf die gleiche Ausgangsbasis beziehen. Diese Regel muss aber gebrochen werden, wenn die Planung auf einem vorläufigen Abschluss aufbaut. Erst wenn die endgültigen Bilanzwerte in die Planung übernommen wurden, ist die Planung als final anzusehen.

     

    Die GoP sehen ausdrücklich die Möglichkeit einer revolvierenden Planung vor, in der die Planwerte durch die aktuellen Ist-Werte ersetzt und neue Erkenntnisse in der Planung berücksichtigt werden. Dadurch entsteht eine neue Hochrechnung für das laufende Geschäftsjahr. Die ursprüngliche Planung bleibt neben der revolvierenden Planung bestehen.

     

    Nach den GoP gibt es also bei Plananpassungen zwei nebeneinander laufende Planungen und damit auch zwei Soll-/Ist-Vergleiche mit unterschiedlichen Abweichungen und unterschiedlicher Aussage. Die Frage ist, ob sich dieses Prinzip immer in der Praxis umsetzen lässt (doppelter Zeitaufwand, doppeltes Honorar!). Üblich ist in der Praxis eine Entscheidung in Abstimmung mit den Planungsadressaten nach Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten und pragmatischen Erfordernissen.

    6. Fazit

    Eine integrierte Unternehmensplanung erstellt sich nicht „mal so nebenbei“. Genauso verhält es sich mit Plananpassungen. Diese erfordern Zeit, Sorgfalt und Sachverstand. Bevor man daran geht, die ursprüngliche Planung zu verändern, muss man sich im Klaren über die Ziele der Anpassung sein. Folgende Fragen sollten zunächst geklärt werden:

     

    • Ist eine neue Planungsversion grundsätzlich notwendig?
    • Welche Abweichungen sollen aufgezeigt werden?
    • Welche Abweichungen sollen durch die neue Planungsversion eliminiert werden?
    • Steht der Zeitaufwand der Planungsänderung im Verhältnis zum Nutzen für den Mandanten bzw. für Dritte (zum Beispiel Banken)?
    • Ist es sinnvoller, die Planung zu verändern oder die Abweichungen zu kommentieren?
    • Wie wichtig ist ein genauer Forecast für den Mandanten?
    Quelle: Ausgabe 06 / 2015 | Seite 161 | ID 42769228