Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo

15.10.2021 · IWW-Abrufnummer 225197

Landesarbeitsgericht Bremen: Urteil vom 14.01.2021 – 2 Sa 123/19


In dem Rechtsstreit
- Klägerin und Berufungsbeklagte -
gegen
- Beklagte und Berufungsklägerin -
hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Bremen aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Januar 2021 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht sowie die ehrenamtlichen Richter und für Recht erkannt:

Tenor:
1. Das Versäumnisurteil vom 25. Juni 2020 bleibt aufrechterhalten.


2. Die Klägerin trägt die weiteren Kosten des Verfahrens.


3. Die Revision wird zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin von der Beklagten eine Hinterbliebenenversorgung beanspruchen kann.



Die Klägerin ist die Witwe des am 04. Juli 2018 verstorbenen T. H. . Die Ehe war am 13. August 2010 geschlossen worden. Bis zur Scheidung am 08. Juni 2000 war Herr T. H. mit Frau P. H. verheiratet.



Herr T. H. stand vom 01. September 1983 bis zum 31. Mai 1999 bei der Beklagten bzw. einer Rechtsvorgängerin in einem Arbeitsverhältnis.



Bei der Beklagten existiert eine betriebliche Altersversorgung. Grundlage ist eine am 01. Oktober 1992 in Kraft getretene Betriebsvereinbarung zur betrieblichen Altersversorgung über die UFBA Unterstützungskasse (Bl. 7 der Akte; nachfolgend: BV Altersversorgung). Darin heißt es:



§ 1 Versorgungsberechtigte Mitarbeiter



Für die Mitarbeiter/innen, die nach dem 30.06.1983 in das Unternehmen eingetreten sind, wird ab 01.10.92 eine betriebliche Altersversorgung eingerichtet, indem die GEWOBA als Trägerunternehmen der UFBA Unterstützungskasse zur Förderung der betrieblichen Altersversorgung beitritt.



§ 2 Art, Umfang und Höhe der Leistungen



Art, Umfang und Höhe der Leistungen ergeben sich aus dem Leistungsplan der UFBA Unterstützungskasse und dem Leistungsverzeichnis für die Mitarbeiter/innen der GEWOBA, die Bestandteile dieser Betriebsvereinbarung sind.



[...]



Der Leistungsplan der Unterstützungskasse zur Förderung der betrieblichen Altersversorgung e.V. [UFBA] (Bl. 8 ff. der Akte; nachfolgend: Leistungsplan) bestimmt auszugsweise folgendes:



[...]



§ 2 Leistungsempfänger/innen



Leistungen werden gewährt an Mitarbeiter/innen der Trägerunternehmen im Sinne von § 5 Absatz 1 Nr. 3 Buchstabe a Körperschaftssteuergesetz, denen eine Zusage erteilt wurde.



[...]



§ 4 Leistungsvoraussetzungen



Voraussetzung für die Gewährung von Versorgungsleistungen ist, daß der/die Anspruchsteller/in zum Kreis der Leistungsempfänger/innen gemäß § 2 gehört.



Im Leistungsverzeichnis des Trägerunternehmens ist festgelegt, welchen Mitarbeitern/innen eine Zusage erteilt wird.



§ 5 Altersversorgung



Leistungen der Altersversorgung erhält, wer die Voraussetzungen nach § 4 erfüllt und mit Erreichen der Altersgrenze nach § 3 in Ruhestand tritt.



[...]



§ 6 Hinterbliebenenversorgung



Leistungen der Hinterbliebenenversorgung nach Tod der/des Mitarbeiterin/s erhält, wer die Voraussetzungen des § 4 erfüllt.



Art, Höhe und Fälligkeit der Versorgungsleistungen sind im Leistungsverzeichnis der Trägerunternehmen festgelegt.



§ 7 Versorgung bei Berufsunfähigkeit



Versorgungsleistungen bei Berufsunfähigkeit erhält, wer die Voraussetzungen des § 4erfüllt und wegen mindestens 50%iger Berufsunfähigkeit aus dem Trägerunternehmen ausscheidet.



[...]



§ 8 Vorzeitige Beendigung des Dienstverhältnisses/Unverfallbarkeit



Scheidet ein/e Mitarbeiter/in vor Eintritt des Versorgungsfalles aus dem Trägerunternehmen aus, bestimmen sich seine/ihre Rechte nach dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG).



Danach behält der/die Mitarbeiter/in den unverfallbaren Teil seiner/ihrer Anwartschaft, wenn sein/ihr Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalles endet und er/sie zu diesem Zeitpunkt mindestens das 35. Lebensjahr vollendet hat und



- entweder die Versorgungszusage für ihn mindestens 10 Jahre bestanden hat



oder



- der Beginn der Betriebszugehörigkeit mindestens 12 Jahre zurückliegt und die Versorgungszusage für ihn mindestens 3 Jahre bestanden hat.



Der/Die begünstigte Mitarbeiter/in, der/die nach Einritt der Unverfallbarkeit aus dem Trägerunternehmen ausscheidet, und seine/ihre begünstigten Angehörigen erhalten bei Eintritt des Versorgungsfalles die zugesagte Versorgungsleistung mindestens in der Höhe, die dem Verhältnis der Dauer der tatsächlichen zurückgelegten Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit zu der Zeit bis zum Erreichen der Altersgrenze laut § 3 entspricht.



Das Leistungsverzeichnis kann eine für den/die Leistungsanwärter/in günstigere Regelung vorsehen.



[...]



Im Leistungsverzeichnis der Unterstützungskasse zur Förderung der betrieblichen Altersversorgung e. V. (UFBA) für Alters-, Hinterbliebenen- und Berufsunfähigkeitsrenten (Bl. 13 ff. der Akte; nachfolgend: Leistungsverzeichnis) heißt es:



[...]



§ 1 Teilnahmeberechtigung



1.1 a.



Alle Mitarbeiter/innen des Trägerunternehmens, die nach dem 30.06.83 in das Unternehmen eingetreten sind, das Alter von 25 Jahren und eine Dienstzeit von 2 Jahren erreicht haben, werden ab 01.10.92 Leistungsanwärter/innen der Unterstützungskasse.



[...]



Die Leistungsanwärter/innen werden durch Aushändigung einer Mitteilung über die Höhe und den Umfang der für sie vorgesehenen Leistungen jährlich unterrichtet.



[...]



§ 3 Rückdeckungsversicherung



Die Unterstützungskasse schließt für jede/n Anwärter/in eine entsprechende Rückdeckungsversicherung ab. [...]



[...]



Änderungen des Familienstandes und das Hinzukommen unterhaltsberechtigter Kinder vor Beginn der Altersrente werden zum Ende des Monats wirksam, in dem die Veränderung eingetreten ist. Der/Die Mitarbeiter/in ist verpflichtet, solche Änderungen dem Unternehmen unverzüglich mitzuteilen.



[...]



§ 4 Leistungsumfang



Die Versorgungsberechtigten haben Anspruch auf folgende Rentenleistungen:



- Altersrente



- Hinterbliebenenrente



- Berufsunfähigkeitsrente



[...]



4.1 Altersrente



Die Altersrente wird gezahlt ab Vollendung des 65. Lebensjahres, frühestens jedoch nach Beendigung der Lohn- und Gehaltszahlung.



Weicht der Beginn des Altersruhegeldes aus der gesetzlichen Rentenversicherung von der genannten Altersgrenze ab, wird der Beginn der Altersrente bei gleichzeitiger Änderung der Rentenhöhe entsprechend verlegt.



Die Änderung der Rentenhöhe beträgt 0,5% für jeden Monat der Abweichung von der festgelegten Altersgrenze.



Im Falle einer Ehescheidung ist eine Realteilung der Versorgungsrechte ausgeschlossen. Ein Versorgungsausgleich kann nicht zu einer Änderung des Rentenanspruches führen.



4.2 Hinterbliebenenrente



4.2.1 Witwen- / Witwerrente



Die Witwen- / Witwerrente beträgt 60 % der Altersrente.



Die Witwen-/Witwerrente entfällt, wenn die Ehe zum Zeitpunkt des Ablebens des Anwärters geschieden ist. Die Witwen-/Witwerrente entfällt ebenfalls, wenn die Ehe erst nach Beginn der Altersrentenzahlung geschlossen wurde.



[...]



Mit Schreiben vom 03. April 2017 (Bl. 20 der Akte) erteilte die Unterstützungskasse UFBA (nachfolgend: UFBA) Herrn T. H. einen Leistungsausweis, nach dem dieser zum Stichtag 01. Januar 2017 im Falle des Erreichens der vertraglichen Altersgrenze am 01. Oktober 2022 eine monatliche Altersrente i.H.v. EUR 152,33 zu erwarten habe. Weiter vermerkt der Leistungsausweis die monatliche Höhe einer möglichen Waisenrente und einer möglichen Berufsunfähigkeitsrente. Angaben zu einer möglichen Witwenrente enthält der Leistungsausweis nicht.



Die Klägerin machte nach dem Tod ihres Ehemannes gegenüber der UFBA einen Anspruch auf Witwenrente geltend. Die UFBA teilte mit Schreiben vom 08. Juni 2018 mit, ein Anspruch auf Witwenrente bestehe nicht, da Herr H. im Zeitpunkt seines Ausscheidens bei der Beklagten seinen Familienstand als ledig angegeben habe. Mit weiterem Schreiben vom 13. Juli 2018 erklärte die UFBA, eine Witwenrente sei nicht Gegenstand der Altersversorgung des verstorbenen Ehemannes der Klägerin.



Mit ihrer am 22. Januar 2019 eingegangenen Klage hat die Klägerin von der Beklagten für die Zeit ab Juli 2018 die Zahlung einer monatlichen Witwenrente i.H.v. zuletzt EUR 68,46 brutto verlangt. Sie hat die Auffassung vertreten, ihr stehe gem. Ziffer 4 des Leistungsverzeichnisses als Witwe eines Leistungsberechtigten 60 % der Altersrente zu. Die Witwenrente entfalle nur, wenn die Ehe zum Zeitpunkt des Ablebens geschieden sei oder nach Beginn der Rentenzahlung geschlossen worden sei. Diese Ausschlussgründe lägen nicht vor. Die Klägerin sei Witwe im Sinne des Leistungsverzeichnisses bzw. des Leistungsplans. Die Verwendung des Begriffs Witwe bringe zum Ausdruck, dass damit allein der im Todeszeitpunkt verbleibende Ehegatte gemeint sei.



Die Klägerin hat zuletzt beantragt,



1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ab dem 01.07.2018 Witwenrente i.H.v. EUR 68,46 brutto monatlich zuzüglich Zinsen auf die rückständigen Beträge i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jeweils ab dem Zweiten eines Kalendermonats zu zahlen.



2. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin eine Berechnung der Witwenrente zum 1. Juli 2018 zu erteilen.



Beklagte hat beantragt,



die Klage abzuweisen.



Die Beklagte hat gemeint, dass die bisherige und einzige Anspruchsinhaberin, Frau Petra Haase, ihren Anspruch auf Witwenrente wegen der Ehescheidung verloren habe. Die Klägerin habe hingegen zu keinem Zeitpunkt einen Anspruch auf Zahlung der Witwenrente erworben. Ein Wiederaufleben des Anspruchs durch Wiederverheiratung sei in den Leistungsbestimmungen nicht vorgesehen. Der Fall einer Heirat nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis sei mit dem Fall der Heirat nach Beginn der Altersrentenzahlungen gleichzusetzen, für den aber der Anspruch auf die Hinterbliebenenversorgung gerade ausgeschlossen sei. Die Beklagte hat hilfsweise die Auffassung vertreten, dass ein etwaiger Anspruch jedenfalls erst ab dem Zeitpunkt bestehe, ab dem auch der Verstorbene Altersrente hätte beziehen können, d.h. ab dem 01. Oktober 2022.



Mit Urteil vom 05. September 2019 - 3 Ca 3025/19 - (Bl. 107 bis 126 der Akte) hat das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven der Klage im Wesentlichen stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung einer monatlichen Witwenrente i.H.v. EUR 68,18 ab dem 01. Juli 2018 sowie zur Abgabe einer Mitteilung über die Höhe der Anwartschaft zum 01. Juli 2018 verurteilt. Die Klägerin gehöre als Witwe i.S.v. Leistungsplan und Leistungsverzeichnis zum Kreis der Versorgungsberechtigten.



Gegen dieses ihr am 23. Oktober 2019 zugestellte Urteil hat die Beklagte am Montag, den 25. November 2019 Berufung eingelegt und diese mit einem am 23. Januar 2020 eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem die Berufungsbegründungfrist mit Beschluss vom 23. Dezember 2019 bis zum 23. Januar 2020 verlängert worden war.



Die Beklagte ist der Auffassung, dass ein Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung nach den Regelungen in Leistungsplan und Leistungsverzeichnis voraussetze, dass die Ehe bereits in der Zeit des bestehenden Arbeitsverhältnisses geschlossen worden sein müsse. Eine Anwartschaft auf Witwenrente habe daher nur zugunsten der vorherigen Ehefrau des Verstorbenen bestanden, die allerding aufgrund der Scheidung erloschen sei. Die spätere Heirat zwischen dem Verstorbenen und der Klägerin nach dessen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten habe die Anwartschaft nicht wieder aufleben lassen.



Nachdem gegen die im Kammertermin vom 25. Juni 2020 nicht verhandelnde Klägerin auf entsprechenden Antrag der Beklagten ein der Berufung stattgebendes, d.h. unter Abänderung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung die Klage insgesamt abweisendes Versäumnisurteil ergangen war, hat die Klägerin gegen das ihr am 09. Juli 2020 zugestellte Versäumnisurteil mit einem bereits am 06. Juli 2020 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Einspruch eingelegt.



Die Klägerin verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Der relevante Zeitpunkt für die Frage, wer als begünstigter Angehöriger i.S.d. Leistungsplanes gelte, sei der Versorgungsfall. Versorgungsberechtigte Witwe sei daher die im Zeitpunkt des Todes des Versorgungsanwärters angetraute Ehefrau. Ein Ausschluss von der Hinterbliebenenversorgung komme nur in Betracht, wenn die Ehe im Zeitpunkt des Ablebens geschieden oder erst nach Beginn der Altersrentenzahlung geschlossen worden sei. Eine Beschränkung der Hinterbliebenenversorgung auf die bei Ausscheiden des Versorgungsanwärters aus dem Arbeitsverhältnis bereits existierenden Angehörigen ergebe sich weder aus dem Leistungsplan noch aus dem Leistungsverzeichnis.



Die Klägerin beantragt,



das Versäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 25. Juni 2020 - 2 Sa 123/19 - abzuändern und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.



Die Beklagte beantragt,



das Versäumnisurteil vom 25. Juni 2020 aufrechtzuerhalten.



Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.



Entscheidungsgründe



Durch den rechtzeitigen Einspruch gegen das Versäumnisurteil vom 25. Juni 2020 ist der Rechtsstreit in diejenige Lage zurückversetzt worden, in welche er sich vor Eintritt der Säumnis der Klägerin befand (§ 342 ZPO). Gemäß § 343 Satz 1 ZPO war das Versäumnisurteil vom 25. Juni 2020 aufrechtzuerhalten. Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.



I.



Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG an sich statthafte Berufung ist innerhalb der Fristen des § 66 Abs. 1 ArbGG fristgerecht eingelegt und begründet worden. Berufungsschrift und Berufungsbegründung genügen den Formerfordernissen der §§ 519, 520 Abs. 2 und 3 ZPO i.V.m. § 130a Abs. 3, Abs. 4 Nr. 1 ZPO. Die Berufung ist daher zulässig.



II.



Die Berufung ist begründet und führt zur Abweisung der Klage.



Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer monatlichen Hinterbliebenenrente. Ihr verstorbener Ehemann war zwar mit einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausgeschieden. Diese unverfallbare Versorgungsanwartschaft erfasste allerdings keine Hinterbliebenenversorgung für die Klägerin als spätere Ehegattin. Die Versorgungsregelungen geben einen entsprechenden Anspruch der Klägerin nicht her.



Nach den Regelungen des Leistungsplanes und des Leistungsverzeichnisses besteht kein Anspruch auf Witwenrente, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Ehe erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses geschlossen wurde.



Leistungsplan und Leistungsverzeichnis sind als Bestandteil der BV Altersversorgung wegen ihres normativen Charakters nach den für Tarifverträge und für Gesetze geltenden Grundsätzen auszulegen. Dabei ist vom Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn auszugehen. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn sind der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang der Regelungen, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Betriebsparteien geben kann. Soweit kein eindeutiges Auslegungsergebnis möglich ist, kommen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Auslegungskriterien wie etwa eine regelmäßige Anwendungspraxis oder die Normengeschichte in Betracht. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (vgl. etwa BAG, Urteil vom 21. Januar 2020 - 3 AZR 565/18 -, juris Rn. 14 f.).



Die Auslegung der §§ 2, 4 und 6 des Leistungsplans i.V.m. den Regelungen zur Unverfallbarkeit in § 8 des Leistungsplans und Ziffer 4.2.1 des Leistungsverzeichnisses ergibt, dass ein Anspruch auf Witwenrente nur entstehen soll, wenn die Ehe vor dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis geschlossen worden war.



Die §§ 2, 4 und 6 des Leistungsplanes gehen davon aus, dass der Versorgungsfall während des bestehenden Arbeitsverhältnisses zwischen Anspruchsberechtigtem und Versorgungsschuldner bzw. im Ruhestand nach Erreichen der Altersgrenze im bestehenden Arbeitsverhältnis eintritt (unter II. 1.). Dies ist hier nicht der Fall. Soweit der Leistungsfall vorliegend nach vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingetreten ist, ist der Versorgungsanwärter Herr Haase zwar mit einer unverfallbaren Anwartschaft auf Versorgungsleistung bei der Beklagten ausgeschieden. Diese Anwartschaft umfasste allerdings keinen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung im Zusammenhang mit einer Ehe, die erst nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis geschlossen worden ist (unter II. 2.)



1. Ein Anspruch der Klägerin auf Witwenrente ergibt sich nicht aus Ziffer 4.2.1 des Leistungsverzeichnisses i.V.m. § 6 des Leistungsplanes.



Nach § 6 Abs. 1 des Leistungsplanes erhält Leistungen nach Tod des Mitarbeiters, wer die Voraussetzungen des § 4 erfüllt. § 4 Abs. 1 des Leistungsplanes setzt voraus, dass der Anspruchsteller zum Kreis der Leistungsempfänger gemäß § 2 gehört. Leistungsempfänger nach § 2 des Leistungsplanes sind Mitarbeiter der Trägerunternehmen, d.h. hier der Beklagten, denen eine Zusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erteilt wurde.



Eine Auslegung dieser Regelung nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt ergibt, dass unter einem "Mitarbeiter" i.S.d. §§ 2, 4 und 6 des Leistungsplanes nur der bis zum Leistungsfall betriebszugehörige, in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten stehende Anwärter zu verstehen ist (siehe zur Auslegung ähnlicher Versorgungsordnungen BAG, Urteil vom 20. April 2010 - 3 AZR 509/08 -, juris Rn. 48 ff.; Urteil vom 15. Oktober 2013 - 3 AZR 653/11 -, juris Rn. 18).



Ein "Mitarbeiter" ist nach allgemeinem Sprachverständnis der Beschäftigte als Angehöriger eines Unternehmens. In den §§ 2, 4 und 6 des Leistungsplanes ist etwa gerade nicht lediglich von "Anwärtern" oder Personen mit einer Versorgungsanwartschaft die Rede. Auch wird in keiner der Vorschriften Bezug genommen auf "frühere" oder "ehemalige" Mitarbeiter. Von dem Verweis auf "Mitarbeiter" oder "Mitarbeiter der Trägerunternehmen" sind daher die im Zeitpunkt des Leistungsfalles aktiven Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Beklagten bzw. die nicht vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Leistungsempfänger umfasst.



Dies wird bestätigt durch systematische Erwägungen. So setzt die Leistung einer Berufsunfähigkeitsrente gemäß § 7 des Leistungsplanes voraus, dass der Anspruchsteller wegen mindestens 50 %iger Berufsunfähigkeit "aus dem Trägerunternehmen ausscheidet". Für die Zahlung einer entsprechenden Versorgungsleistung nach §§ 2, 4 und 7 des Leistungsplanes ist Voraussetzung damit ausdrücklich ein bestehendes Arbeitsverhältnis bei Eintritt des Versorgungsfalles.



Die in den §§ 5, 6 und 7 des Leistungsplanes geregelten Versorgungsleistungen - Altersversorgung, Hinterbliebenenversorgung und Versorgung bei Berufsunfähigkeit - gehen durch ihren Verweis auf den "Mitarbeiter des Trägerunternehmens" (§ 2 Leistungsplan) insgesamt davon aus, dass der Versorgungsanwärter bis zum Eintritt des Versorgungsfalls bzw. bis zum Erreichen der Altersgrenze im Betrieb verblieben ist. Dies wird insbesondere dadurch deutlich, dass in § 8 des Leistungsplanes die Ansprüche all derjenigen (ehemaligen) Mitarbeiter geregelt sind, deren Arbeitsverhältnis geendet hat, bevor ein Anspruch auf Versorgungsleistung erworben wurde, d.h. die vor Eintritt der in §§ 5, 6 und 7 bestimmten Versorgungsfälle aus dem Arbeitsverhältnis zur Beklagten ausgeschieden sind. In diesem Fall bleibt eine Anwartschaft auf Versorgungsleistungen in dem im Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vorgeschriebenen Umfang aufrechterhalten. Dies soll allerdings nur gelten, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Anwartschaft erfüllt sind. Somit enthält der Leistungsplan in § 8 unter der Überschrift "Vorzeitige Beendigung des Dienstverhältnisses / Unverfallbarkeit" eine ausdrückliche Bestimmung über die Ansprüche der vorzeitig ausgeschiedenen Mitarbeiter.



2. Unter Berücksichtigung der Regelungen in § 8 des Leistungsplanes erfüllte Herr Haase bei seinem Ausscheiden bei der Beklagten zum 31. Mai 1999 die Voraussetzungen einer unverfallbaren Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung nach § 1 b BetrAVG.



Die von Herrn Haase mit dem Ausscheiden am 31. Mai 1999 erworbene unverfallbare Anwartschaft hat aber nicht den Inhalt gehabt, im Fall einer späteren Eheschließung Witwenrentenansprüche begründen zu können.



a) Die Klägerin ist keine "begünstigte Angehörige" i.S.d. § 8 des Leistungsplanes und daher von der mit Ausscheiden am 31. Mai 1999 erworbenen unverfallbaren Anwartschaft nicht umfasst. Insoweit nimmt § 8 des Leistungsplanes nicht lediglich Bezug auf Angehörige des begünstigten Mitarbeiters - unabhängig davon, seit wann sie zum Kreis der Angehörigen gehören -. Vielmehr wird durch die Bezugnahme auf "begünstigte" Angehörige klargestellt, dass es auf den Kreis der Angehörigen im Zeitpunkt des Ausscheidens des Mitarbeiters ankommt.



b) Das Leistungsverzeichnis enthält für den Leistungsanwärter insoweit keine günstigeren Regelungen.



Ziffer 4.2.1 benennt in Abs. 2 lediglich zwei Sachverhalte, die zu einem Wegfall des Anspruchs auf Witwenrente führen. Eine Erweiterung des Kreises der Begünstigten i.S.d. § 8 des Leistungsplanes ist damit nicht verbunden. Im Gegenteil lässt sich Ziffer 4.2.1 Abs. 2 Satz 1 des Leistungsverzeichnisses (Die Witwen-/Witwerrente entfällt, wenn die Ehe zum Zeitpunkt des Ablebens des Anwärters geschieden ist.) als Beschränkung der Witwen-/Witwerrente auf den/die Ehepartner/in verstehen, der/die im Zeitpunkt der Versorgungszusage mit dem/der Arbeitnehmer/in verheiratet war. "Witwe/r" ist nach allgemeiner Sprachbedeutung eine Person, deren Ehepartner/in gestorben ist. Da ein/e geschiedene/r Ehepartner/in kein/e Witwe/r mit Anspruch auf Witwen-/Witwerrente ist, enthielte die Regelung in Ziffer 4.2.1 Abs. 2 Satz 1 nur dann eine nachvollziehbare Bedeutung, wenn damit eine Beschränkung der Hinterbliebenenrente auf eine einmal gegebene Versorgungszusage verbunden ist, die mit Scheidung entfällt und im Falle einer Wiederheirat nicht auflebt. Ob eine solche Regelung in einer Betriebsvereinbarung zur betrieblichen Altersversorgung wirksam ist (zur entsprechenden Beschränkung der Witwenrente in Allgemeinen Geschäftsbedingungen BAG, Urteil vom 21. Februar 2017 - 3 AZR 297/15 -, juris Rn. 32 ff.; Beschluss vom 18. Februar 2020 - 3 AZN 954/19 -, juris Rn. 5 ff.), kann dahinstehen. Jedenfalls führt diese Regelung nicht zu einer Erweiterung von § 8 des Leistungsplanes auf Angehörige, die zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Leistungsanwärters aus dem Arbeitsverhältnis noch keine Begünstigten waren. Auch Ziffer 4.2.1 Abs. 2 Satz 2 des Leistungsverzeichnisses (Die Witwen-/Witwerrente entfällt ebenfalls, wenn die Ehe erst nach Beginn der Altersrentenzahlung geschlossen wurde.) lässt sich nicht entnehmen, dass eine nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis geschlossene Ehe zur Entstehung einer Anwartschaft auf Witwenrente führen soll. Diese Regelung bezieht sich vielmehr auf Altersrentenempfänger, die - ohne i.S.v. § 8 des Leistungsplanes vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden zu sein - nach dem Versorgungsfall Ruhestand (§ 5 Leistungsplan) heiraten. Der Ausschluss von Ansprüchen auf Hinterbliebenenversorgung für diese Ehen lässt nicht den Rückschluss zu, dass Ehen, die nach Ausscheiden des Versorgungsanwärters aus dem Arbeitsverhältnis geschlossen werden, entgegen der Beschränkung in § 8 des Leistungsplans auf die im Zeitpunkt des Ausscheidens begünstigten Angehörigen zu Ansprüchen auf Witwen-/Witwerversorgung führen sollen.



Schließlich spricht auch § 3 Abs. 3 des Leistungsverzeichnisses dafür, dass eine Erweiterung des Kreises der Angehörigen nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit keiner Erweiterung der Versorgungsanwartschaft verbunden sein soll. Danach sind "der/die Mitarbeiter/in" verpflichtet, der Beklagten Änderungen des Familienstandes und das Hinzukommen unterhaltsberechtigter Kinder mitzuteilen. Diese Regelung dient erkennbar der Berechnung des Rückdeckungsversicherungsbedarfs. Soweit die Mitteilungspflicht nicht für "ehemalige" oder "frühere" Betriebsangehörige, sondern nur für Mitarbeiter/innen und damit - s.o. - für aktive, in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten stehende Beschäftigte besteht, verdeutlicht dies, dass eine Erweiterung des Kreises der Angehörigen nach Ausscheiden des Versorgungsanwärters aus dem Arbeitsverhältnis für den Umfang der Versorgungsanwartschaft ohne Bedeutung bleiben soll.



c) Eine solche Begrenzung des Kreises anspruchsberechtigter Dritter ist keinesfalls unüblich und liegt gerade im Bereich der Hinterbliebenenversorgung nah, weil ein dahingehendes Leistungsversprechen zusätzliche Unwägbarkeiten und Risiken mit sich bringt. Diese betreffen nicht nur den Zeitpunkt des Leistungsfalls, sondern auch die Dauer der Leistungserbringung. Daher hat der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran, die mit einer Hinterbliebenenversorgung verbundenen zusätzlichen Risiken zu begrenzen, um sie besser kalkulieren zu können. Diesem Ziel dient es, den Kreis der Anspruchsberechtigten auf Personen zu beschränken, hinsichtlich derer der Versorgungsbedarf bereits während des Arbeitsverhältnisses angelegt war. Die Zusage einer Hinterbliebenenversorgung ist Teil einer umfassenden Versorgungsregelung. Durch die Zusage soll der Arbeitnehmer in der Sorge um die finanzielle Lage seiner Hinterbliebenen entlastet werden. Der Versorgungsschuldner hingegen hat ein berechtigtes Interesse daran, die von ihm freiwillig eingeführte Hinterbliebenenversorgung auf einen Personenkreis zu beschränken, hinsichtlich dessen der Versorgungsbedarf bereits während des laufenden Arbeitsverhältnisses angelegt war. Insoweit ist das Ende des Arbeitsverhältnisses für den Versorgungsschuldner eine wesentliche Zäsur und damit ein sachgerechter Anknüpfungspunkt für Regelungen der Hinterbliebenenversorgung. Die Lebensgestaltung des Arbeitnehmers nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, auf dem die Versorgungszusage beruht, kann der Arbeitgeber bei der Abgrenzung seiner Leistungspflichten unberücksichtigt lassen (BAG, Urteil vom 15. Oktober 2013 - 3 AZR 653/11 -, juris Rn. 38).



Die Begrenzung der Hinterbliebenenversorgung auf Ehen, die bereits während des Arbeitsverhältnisses bestanden, ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Eine solche Regelung steht weder im Widerspruch zu der gesetzlichen Unverfallbarkeitsbestimmung des § 1 b Abs. 1 BetrAVG (BAG, Urteil vom 20. April 2010 - 3 AZR 509/08 -, juris Rn. 58) noch verstößt sie gegen das Verbot der unmittelbaren oder mittelbaren Benachteiligung wegen des Alters oder des Geschlechts nach §§ 1, 3 Abs. 1 und Abs. 2, § 7 Abs. 1 AGG (BAG, Urteil vom 21. Februar 2017 - 3 AZR 297/15 -, juris Rn. 52; Urteil vom 15. Oktober 2013 - 3 AZR 653/11 -, juris Rn. 32 ff.; Urteil vom 20. April 2010 - 3 AZR 509/08 -, juris Rn. 60 ff.).



III.



Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin - unter Einbeziehung der Kostenentscheidung aus dem Versäumnisurteil vom 25. Juni 2020 - zu tragen, da sie unterlegen ist.



Die Revision wird gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Vorschriften§ 5 Absatz 1 Nr. 3 Buchstabe a Körperschaftssteuergesetz, § 342 ZPO, § 343 Satz 1 ZPO, § 64 Abs. 2 ArbGG, § 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 2, 3 ZPO, § 130a Abs. 3, Abs. 4 Nr. 1 ZPO, § 1 b BetrAVG, § 1 b Abs. 1 BetrAVG, §§ 1, 3 Abs. 1, Abs. 2, § 7 Abs. 1 AGG, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG