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11.07.2022 · IWW-Abrufnummer 230160

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 05.07.2022 – 16 Sa 1750/21

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg

Verkündet am

5. Juli 2022  16 Sa 1750/21

Im Namen des Volkes

Urteil

in Sachen
 
hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, 16. Kammer,
auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juli 2022
durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht … als Vorsitzende
sowie den ehrenamtlichen Richter … und die ehrenamtliche Richterin … für Recht erkannt:
 
I.    Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 4. November 2021 - 1 Ca 1329/20 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II.    Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung.

Die 1985 geborene, drei Kindern unterhaltsverpflichtete Klägerin war bei der Beklagten, die regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer ohne Auszubildende vollzeitig beschäftigt, zunächst ab dem 1. April 2015 als Werkstudentin und sodann ab 1. Februar 2016 als Verkäuferin/Kassenkraft zunächst befristet und sodann unbefristet, beschäftigt. Mit Arbeitsvertrag vom 20. März 2017 vereinbarten die Parteien mit Wirkung vom 1. Juli 2017, dass die Klägerin als Verkäuferin/Kassenkraft angestellt wird und darüber hinaus die Geschäftsführung bei der Vor- und Nachorder der Bekleidung unterstützt. Des Weiteren wurde eine Vergütung in Höhe von … EUR vereinbart. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf die als Anlagenkonvolut K1 eingereichte Kopie (Bl. 32 ff. d. A.) Bezug genommen. Die Parteien vereinbarten mit Änderung zum Arbeitsvertrag vom 28. Dezember 2019, dass die Klägerin ab 1. Januar 2019 als Category Manager bei einer Vergütung von … EUR tätig wird. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf die als Anlagenkonvolut K1 eingereichte Kopie (Bl. 30 f. d. A.) Bezug genommen. 

Die Klägerin informierte die Geschäftsführerin der Beklagten Frau Dr. E. am 19. Februar 2019 über das Bestehen einer Schwangerschaft. Am 20. Februar 2019 fand ein Personalgespräch statt, an dem die beiden Geschäftsführerinnen der Beklagten, die Personalreferentin Frau R. und die Klägerin teilnahmen. Inhalt und Verlauf des Gespräches im Einzelnen ist zwischen den Parteien streitig. Die Klägerin bat im Verlaufe des Gesprächs um ein Zwischenzeugnis, die Einzelheiten sind zwischen den Parteien streitig.

Am 27./28. April 2019 fand die Messe V. Berlin statt, die Klägerin erbrachte dort Arbeitsleistungen.

Unter dem Datum des 7. Mai 2019 sprach die Beklagte ein Beschäftigungsverbot aus. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die als Anlage B5 zur Akte gereichte Kopie (Bl. 181 d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin war vom 8. Mai 2019 bis 3. Juni 2019 arbeitsunfähig erkrankt. Am 16. Juni 2019 begann ihr Mutterschutz. Das Kind der Klägerin wurde am 24. Juli 2019 geboren.
Am 7. August 2019 fand ein Firmenfest der Beklagten statt, welches die Klägerin und ihr Lebensgefährte besuchten.

Die Klägerin nahm im Anschluss an ihren Mutterschutz Elternzeit in Anspruch. Sie begehrte eine Teilzeittätigkeit ab dem 24. April 2020 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden und ab dem 24. Oktober 2020 bis zum 21. September 2022 mit einer Wochenstundenzahl von 30 Stunden.

Die Beklagte beantragte unter dem 23. April 2020 bei dem Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit, eine beabsichtigte Änderungskündigung für zulässig zu erklären. Mit Bescheid vom 29. Juli 2020 hat das Landesamt die Änderungskündigung für zulässig erklärt. Wegen der Einzelheiten des Bescheides wird auf die als Anlage K2 zur Akte gereichte Kopie (Bl. 41 ff. d. A.) Bezug genommen. Hiergegen hat die Klägerin zunächst Widerspruch und sodann gegen den Widerspruchsbescheid Klage bei dem Verwaltungsgericht Potsdam erhoben, die dort unter dem Aktenzeichen VG 7 K 1308/21 geführt wird. Der Bescheid wurde dem späteren Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 29. Juli 2020 per Fax übermittelt. Dieser informierte am selben Tag die Geschäftsführerin der Beklagten Frau Dr. E. und leitete den Bescheid mit Schreiben vom 30. Juli 2020 an diese weiter.

Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 30. Juli 2020, welches die Klägerin am selben Tag erhielt, das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 30. September 2020 und bot der Klägerin die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 1. Oktober 2020 als Verkäuferin/Kassenkraft an. Wegen der weiteren Einzelheiten des Kündigungsschreibens wird auf die als Anlage K 3 zur Akte gereichte Kopie (Bl. 45 f. d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin hat sich mit ihrer beim Arbeitsgericht Potsdam am 13. August 2020 eingegangenen, der Beklagten am 18. August 2020 zugestellten Klage gegen eine Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses durch diese Änderungskündigung gewandt und die Weiterbeschäftigung begehrt.

Die Klägerin hat behauptet, ihr sei im November 2018 nicht nur die Stelle eines Category Managers, sondern auch die Stelle als stellvertretende Filialleiterin angeboten worden.

In dem Personalgespräch am 20. Februar 2020 habe Frau Dr. E. geäußert, „die Klägerin hätte sie sicher darüber informiert, dass man ihre Beförderung zum 1. Januar 2019 nicht mehr rückgängig machen könne“. Die Klägerin habe im Hinblick auf die offenkundige Verärgerung der Geschäftsführerin über ihre Schwangerschaft erklärt, ein Zwischenzeugnis zu benötigen, sofern man sich eine weitere Zusammenarbeit mit ihr nicht vorstellen könne.

Am Wochenende 27./28. April 2019 habe sie vollumfänglich und uneingeschränkt gearbeitet. Die von ihrer Ärztin attestierte Arbeitsunfähigkeit habe nicht im Zusammenhang mit ihrer Schwangerschaft gestanden. Das Schreiben vom 7. Mai 2019 mit dem Beschäftigungsverbot habe sie per Post am 29. Mai 2019 erhalten.

Am 7. August 2019 habe sie mit ihrem Sohn die Zentrale der Beklagten aufgesucht. In dem Gespräch mit den Geschäftsführerinnen Frau Dr. E. und Frau H. sowie Frau R. habe die Klägerin um eine Änderung der Stundenzahl von 32 auf 30 in ihrem Antrag auf Elternzeit gebeten. Frau Dr. E. habe ihr mitgeteilt, dass sich auf die ausgeschriebene Stelle kein geeigneter Bewerber gefunden hätte und sie im Februar ihre Stelle wieder antreten könne. Es sei detailliert über ihre Elternzeit und die Aufnahme der Tätigkeit am 24. Januar 2020 und die tatsächliche Aufnahme aufgrund von Freizeitausgleich und Urlaub ab dem 3. Februar 2020 gesprochen worden. In einem Gespräch nur mit Frau H. sei über Einzelheiten der Tätigkeit gesprochen und sie sei noch einmal persönlich zu dem Firmenfest eingeladen worden. Am Abend habe sie auf dem Firmenfest mit Frau R. und Herrn R. über ihre Tätigkeit bei der Beklagten ab Februar 2020 gesprochen. Sie könne als Category Manager oder mit vergleichbaren Tätigkeiten beschäftigt werden. Sie habe die Möglichkeit der Beschäftigung auf einer seinerzeit ausgeschriebenen Stelle im Personalbereich angesprochen und sich um die Stelle einer Sachbearbeiterin bemüht. Die Änderungskündigung verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Ausspruch der Änderungskündigung während der Elternzeit sei unzulässig.

Die Klägerin hat beantragt,

1.    festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Änderungskündigung vom 30. Juli 2020, zugegangen am 30. Juli 2020, zum 30. September 2020 nicht aufgelöst wird;

2.    die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin zu den bisherigen Bedingungen als Category Manager über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Die Klägerin habe Ende April/Anfang Mai 2019 die Geschäftsführerinnen der Beklagten gebeten, von den Filialbesuchen entbunden zu werden und ihre Tätigkeit ausschließlich am Schreibtisch bzw. von der Hauptniederlassung der Beklagten in Potsdam aus verrichten zu dürfen. Dazu habe sie ausgeführt, sie traue sich aufgrund ihrer fortgeschrittenen Schwangerschaft nicht mehr zu, Auto zu fahren und könne nicht mehr den ganzen Tag stehen. Eine Entbindung der Klägerin von den Filialbesuchen sei nicht in Betracht gekommen, denn integraler Bestandteil der Tätigkeit der Klägerin sei die Implementierung des Radbekleidungssortiments in den einzelnen Filialen und die Kundenberatungen vor Ort gewesen.
Sie habe der Abwesenheit der Klägerin Rechnung tragen müssen. Anstelle der vertretungsweisen Besetzung der Stelle des Category Managers hätten der Gründer und seinerzeitige Geschäftsführer Dr. E. und die Geschäftsführerin Frau H. am 25. Juni 2019 den Wegfall der Position Category Manager für Bekleidung beschlossen. Aufgrund einer innerbetrieblichen Umstrukturierung entfalle der Arbeitsplatz zum 1. Juli 2019 wieder und werde nicht mehr benötigt. Die Geschäftsführerin Frau H. werde die Tätigkeit, die sie vor Schaffung der Position Category Manager für Bekleidung über 12 Jahre ausgeübt habe, im Rahmen ihrer Geschäftsführertätigkeit mitausüben. Diese Entscheidung sei auch in die Tat umgesetzt worden.

Der Klägerin sei angeboten worden, bei Ausübung der Tätigkeit als Verkäuferin/Kassenkraft das bisherige Gehalt als Category Manager langsam abzuschmelzen.

Eine Weiterbeschäftigung der Klägerin auf einem anderen Arbeitsplatz als dem einer Verkäuferin/Kassenkraft sei nicht möglich.

Die mit Herrn H. besetzte Stelle eines Category Managers Teile und Zubehör hätte die Klägerin mangels entsprechender Kenntnisse nicht übernehmen können. Anders als die Klägerin verfüge die als Personalsachbearbeiterin beschäftigte Frau M. über jahrelange Berufserfahrung in diesem Bereich. Im Zeitpunkt der Kündigung seien keine Stellen in der Zentrale frei gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die erstinstanzlich gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Das Arbeitsgericht Potsdam hat die Klage mit Urteil vom 4. November 2021 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Die Beklagte habe durch Verweis auf einen von ihr vorgelegten Beschluss der Geschäftsführung vom 25. Juni 2019 glaubhaft gemacht, dass von ihr an diesem Tag die Entscheidung gefällt worden sei, den Arbeitsplatz der Category Managerin für Bekleidung in Wegfall geraten zu lassen. Für ihre behaupteten Äußerungen der Geschäftsführerin sowie der Personalleiterin Frau R., aus denen hervorgehe, dass die Beklagte noch im August 2019 von einem Fortbestehen des Arbeitsplatzes der Klägerin ausgegangen sei, habe die Klägerin trotz Bestreitens keinen Beweis angeboten. Sofern die Klägerin auf Äußerungen der Personalleiterin Frau R. verweise, beschränken sich diese auf kurze zustimmende Äußerungen auf von der Klägerin behauptete Erklärungen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass Frau R. die Klägerin in dieser Situation falsch verstanden habe. Es sei daher davon auszugehen, dass die Beklagte am 25. Juni 2019 tatsächlich die unternehmerische Entscheidung getroffen habe, den Arbeitsplatz der Klägerin wegfallen zu lassen. Die nach § 18 Abs. 1 Satz 4, Satz 5 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) notwendige Zustimmung des Landesamtes zur streitgegenständlichen Kündigung habe vor Zugang der Kündigung bei der Klägerin vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses der Klägerin am 29. November 2021 zugestellte Urteil richtet sich ihre Berufung, die sie mit einem beim Landesarbeitsgericht am 27. Dezember 2021 eingegangenen Schriftsatz eingelegt und mit einem beim Landesarbeitsgericht am 17. Januar 2022 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Die Klägerin und Berufungsklägerin tritt der angefochtenen Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens entgegen.

In dem Gespräch am 20. Februar 2019 hätten sich die Beteiligten - Frau H., Frau Dr. E., Frau R. - verärgert und unmutig darüber geäußert, dass die Klägerin nur wenige Wochen nach der Beförderung sich schwanger gemeldet habe. Sie hätten geäußert, dass es schade sei, die Beförderung nicht rückgängig machen zu können.

Das erste Zeugnis vom 26. Februar 2019 sei hinsichtlich der Tätigkeit unvollständig und das daraufhin am 30. April 2019 erteilte neue Zeugnis sei aus ihrer Sicht nicht zufriedenstellend gewesen. Aufgrund des damit verbundenen Stresses und auch des Verhaltens der Vorgesetzten sei sie arbeitsunfähig erkrankt.

Der von der Beklagten vorgelegte Beschluss, datierend auf den 25. Juni 2019, enthalte den Kündigungsgrund, die Elternzeit der Klägerin.

Die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit sei nicht entfallen. Es sei nicht ansatzweise nachvollziehbar, wie die Geschäftsführerin Frau H. neben ihrer Geschäftsführertätigkeit die Tätigkeit der Klägerin, die dafür bislang 40 Stunden wöchentlich benötigt habe, bewältige.

Die von ihr vorgetragenen Gespräche am 7. August 2019 sprächen gegen die behauptete unternehmerische Entscheidung ebenso der Umstand, dass erst im April 2020 der Antrag auf Zulässig-Erklärung beim Landesamt gestellt wurde.  

Das Arbeitsgericht habe nicht geprüft, ob ein besonderer Fall im Sinne des § 18 Abs. 1 BEEG vorliege.

Die Klägerin sei wegen ihrer Schwangerschaft und Mutterschaft benachteiligt worden. Die Beklagte habe ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen, ohne dass dieses ärztlich festgestellt oder indiziert gewesen sei. Auch stehe die Kündigung im Zusammenhang mit der Schwangerschaft. Die Beklagte habe die Klägerin hinsichtlich der Möglichkeit des Stillens offensichtlich ungleich behandelt.

Sie hätte als Kassenbeschäftigte ihr Kind nicht stillen können. Die Fahrzeit von der Filiale zur Wohnung bei einer jeweiligen Stillphase von 4 Stunden hätte dazu geführt, dass die Klägerin etwa 2,5 Stunden gearbeitet hätte, etwa 1,5 Stunden wären dann auf Fahrzeit und Stillzeit entfallen. Unter Verweis auf die E-Mail vom 27. April 2020 führt die Klägerin aus, sie wäre dann die einzige Mitarbeiterin mit Arbeitsanfang 10:00 Uhr gewesen, nach diesem Modell wäre es ihr nicht möglich gewesen, innerhalb der Arbeitszeit eine Stillzeit einzuplanen.

Die Klägerin und Berufungsklägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam ‒ 1 Ca 1329/20 ‒ abzuändern und
1.    festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Änderungskündigung vom 30. Juli 2020 zum 30. September 2020 nicht aufgelöst worden ist;
2.    die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin zu den bisherigen Bedingungen als Category Manager über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.   
Die Beklagte und Berufungsbeklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Vor Übernahme der Tätigkeit eines Category Managers ab 1. Januar 2019 sei die Klägerin im Jahr 2018 unterstützend tätig gewesen, insoweit habe sie im Vorfeld in den Filialen sondiert, welche Ware noch vorrätig sei und was benötigt werde.

Der Klägerin sei eine Stelle als Filialleitung nicht angeboten worden. Sie habe weder eine entsprechende Ausbildung absolviert, die sie dafür qualifizieren würde, noch verfüge sie über entsprechende Berufserfahrung, insbesondere in der Führung von Mitarbeitern und der betriebswirtschaftlichen Leitung der größten Filiale der Beklagten.

Im Falle der Annahme des Änderungsangebotes hätte die Klägerin die Möglichkeit gehabt, ihr Kind zu stillen und gesetzlich vorgesehene Stillzeiten in Anspruch zu nehmen. So verfüge die Filiale in Potsdam über genügend Räumlichkeiten, in die die Klägerin sich hätte zurückziehen können.

Frau H. benötige für die Tätigkeit der Einkäuferin und Verantwortliche für die Radbekleidung keine 40 Stunden pro Woche. Zudem arbeite sie zurzeit mehr als 48 Stunden pro Woche, um sämtliche Aufgaben im Zusammenhang mit der Führung der Geschäfte und Erledigung sonstiger Tätigkeiten zu bewältigen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in zweiter Instanz wird auf die Schriftsätze der Klägerin und Berufungsklägerin vom 27. Dezember 2021 (Bl. 240 d. A.), vom 14. Januar 2022 (Bl. 243 ff. d. A.) und vom 17. Juni 2022 (Bl. 299 ff. d. A.) sowie auf die Schriftsätze der Beklagten und Berufungsbeklagten vom 28. März 2022 (Bl. 277 ff. d. A.) und vom 27. Juni 2022 (Bl. 311 ff. d. A.) Bezug genommen.

Im Termin am 5. Juli 2022 reichte der Klägervertreter den Schriftsatz vom 5. Juli 2022 nebst Anlagen und die Geschäftsführerin der Beklagten Anlagen ‒ jeweils in Papierform ‒ ein.
 
Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) statthafte Berufung der Klägerin ist von ihr form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 519, 520 Abs. 1 und 3 Zivilprozessordnung [ZPO], § 66 Abs. 1 ArbGG).

II.

Die Berufung der Klägerin hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsverhältnis der Parteien wurde durch die Kündigung vom 30. Juli 2020 zum 30. September 2020 beendet. Die Kündigung wurde von der zuständigen Behörde für zulässig erklärt, § 18 Abs. 1 Satz 4 BEEG. Die Änderungskündigung ist nicht sozial ungerechtfertigt und auch nicht aus sonstigen Gründen unwirksam.

A.    Die Klage ist zulässig.

1.    Das für den Kündigungsschutzantrag gemäß § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse folgt aus §§ 7,4 Kündigungsschutzgesetz (KSchG).

2.    Der Weiterbeschäftigungsantrag genügt dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

a.    Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten.

Die Klagepartei muss eindeutig festlegen, welche Entscheidung sie begehrt. Dazu hat sie den Streitgegenstand so genau zu bezeichnen, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) keinem Zweifel unterliegt und die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien entschieden werden kann (§ 322 ZPO). Sowohl bei einer der Klage stattgebenden als auch bei einer sie abweisenden Sachentscheidung muss zuverlässig feststellbar sein, worüber das Gericht entschieden hat (vgl. BAG, Urteil vom 3. Dezember 2019 - 9 AZR 78/19 - zitiert nach juris, Rn. 10 m.w.N.). Unklarheiten über den Inhalt der Verpflichtung dürfen nicht aus dem Erkenntnisverfahren ins Vollstreckungsverfahren verlagert werden. Dessen Aufgabe ist es zu klären, ob der Schuldner einer festgelegten Verpflichtung nachgekommen ist, nicht aber worin diese besteht (BAG, a.a.O. m.w.N.).

Bei einem auf Beschäftigung gerichteten Klageantrag muss einerseits für den Prozessgegner aus rechtsstaatlichen Gründen erkennbar sein, in welchen Fällen er bei Nichterfüllung der ausgeurteilten Verpflichtung mit einem Zwangsmittel zu rechnen hat (vgl. BAG, Urteil vom 3. Dezember 2019 - 9 AZR 78/19 - zitiert nach juris, Rn. 11). Andererseits erfordern das Rechtsstaatsprinzip und das daraus folgende Gebot effektiven Rechtsschutzes, dass materiell-rechtliche Ansprüche effektiv durchgesetzt werden können (BAG, a.a.O. m.w.N.). Zumindest die Art der begehrten Beschäftigung muss durch Auslegung des Antrags ggf. unter Heranziehung der Klageschrift und des sonstigen Vorbringens der klagenden Partei feststellbar sein (BAG, a.a.O. m.w.N.). Erforderlich und ausreichend ist die Bezeichnung des Berufsbilds, mit dem der Arbeitnehmer beschäftigt werden soll, wenn sich damit hinreichend bestimmt feststellen lässt, worin die ihm zuzuweisende Tätigkeit bestehen soll. Einzelheiten hinsichtlich der Art der Beschäftigung oder sonstigen Arbeitsbedingungen muss der Antrag nicht enthalten (BAG, a.a.O. m.w.N.).

b.    Diesen Anforderungen genügt der Antrag nach Aufnahme der Tätigkeit als Category Manager.

B.    Die Klage ist nicht begründet.

1.    Das Arbeitsverhältnis der Parteien wurde durch die Änderungskündigung vom 30. Juli 2020 zum 30. September 2020 beendet. Da die Klägerin das mit der Kündigung vom 30. Juli 2020 verbundene Angebot nicht unter dem Vorbehalt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial gerechtfertigt (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2 KSchG) ist, angenommen hat, steht nicht der Inhalt, sondern der Bestand des Arbeitsverhältnisses im Streit.

a.    Die Änderungskündigung vom 30. Juli 2020 gilt nicht bereits gemäß §§ 7, 4 KSchG als wirksam, denn die Klägerin hat mit ihrer beim Arbeitsgericht Potsdam am 13. August 2020 eingegangenen, der Beklagten am 18. August 2020 zugestellten Klage die Frist des § 4 Satz 1 KSchG bezüglich der ihr am 30. Juli 2020 zugegangenen Kündigung gewahrt.

b.    Die Änderungskündigung verstößt nicht gegen § 18 Abs. 1 Satz 4, Satz 5 BEEG.

Gemäß § 18 Abs. 1 Satz 3 BEEG darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit nicht kündigen. In besonderen Fällen kann ausnahmsweise eine Kündigung für zulässig erklärt werden, § 18 Abs. 1 Satz 4 BEEG. Die Zulässigkeitserklärung erfolgt durch die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle (§ 18 Abs. 1 Satz 5 BEEG).

Das zuständige Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit hat mit Bescheid vom 29. Juli 2020 die Änderungskündigung für zulässig erklärt. Die streitgegenständliche Kündigung wurde nach Zulässigkeitserklärung ausgesprochen, denn der Bescheid ging dem die Beklagte in diesem Verfahren vertretenden Prozessbevollmächtigten am 29. Juli 2020 zu und die Änderungskündigung vom 30. Juli 2020 wurde der Klägerin am selben Tag ausgehändigt.

Soweit die Klägerin vorliegend rügt, dass das Arbeitsgericht keine Feststellungen getroffen habe, ob ein besonderer Fall im Sinne des § 18 Abs. 1 Satz 4 BEEG vorliegt, so können Bedenken gegen eine Zulässigkeitserklärung nur im Widerspruchsverfahren gegebenenfalls im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltend gemacht werden (vgl. dazu BAG, Urteil vom 20. Januar 2005 - 2 AZR 500/03 - zitiert nach juris, dort Rn. 12).   

c.    Die Änderungskündigung vom 30. Juli 2020 ist sozial gerechtfertigt im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1, § 2 KSchG.

aa.    Das Kündigungsschutzgesetz findet vorliegend auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung, da das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestand und der betriebliche Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes eröffnet ist, § 1 Abs. 1, § 23 Abs. 1 KSchG.

bb.    Eine betriebsbedingte Änderungskündigung ist sozial gerechtfertigt im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 2 KSchG, wenn das Beschäftigungsbedürfnis für den Arbeitnehmer zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist und der Arbeitgeber sich darauf beschränkt hat, solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss (vgl. BAG, Urteil vom 2. März 2017 - 2 AZR 546/16 - zitiert nach juris, Rn. 19). Ob der Arbeitnehmer eine ihm vorgeschlagene Änderung billigerweise hinnehmen muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu ermitteln. Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrages an die verbliebenen Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Die angebotenen Änderungen dürfen sich nicht weiter vom bisherigen Inhalt des Arbeitsverhältnisses entfernen, als dies zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist (BAG, a.a.O., m.w.N.).

Dringende betriebliche Erfordernisse zur Änderung der Arbeitsbedingungen im Sinne von §  1 Abs. 2 Satz 1, § 2 KSchG sind gegeben, wenn das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu den bisherigen Bedingungen entfallen ist (vgl. BAG, Urteil vom 12. August 2010 - 2 AZR 945/08 - zitiert nach juris, dort Rn. 31 m.w.N.). Eine Änderung des Beschäftigungsbedarfs kann sich insbesondere aus innerbetrieblichen Umständen als Folge einer Organisationsentscheidung ergeben. Eine Organisationsentscheidung kann ein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG begründen, wenn sie sich konkret auf die Einsatzmöglichkeit des gekündigten Arbeitnehmers auswirkt. Solche Organisationsentscheidungen unterliegen im Kündigungsschutzprozess nur einer eingeschränkten Missbrauchskontrolle darauf hin, ob sie offenbar unvernünftig oder willkürlich und ob sie ursächlich für den vom Arbeitgeber geltend gemachten Änderungsbedarf sind (BAG, a.a.O. m.w.N.).

cc.    Die streitgegenständliche Änderungskündigung hält einer Überprüfung anhand dieser Grundsätze stand.

(1)    Die Beklagte hat schlüssig dargelegt, vor Ausspruch der streitgegenständlichen Änderungskündigung eine unternehmerische Entscheidung getroffen zu haben, deren Umsetzung zu einem Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit der Klägerin als Category Manager für Bekleidung geführt hat.

Die Stelle des Category Managers für Bekleidung wurde von der Beklagten zum 1. Januar 2019 geschaffen und die Tätigkeit der Klägerin ab dem 1. Januar 2019 übertragen.

Die Beklagte hat schlüssig dargelegt, dass der seinerzeitige Geschäftsführer Herr Dr. E. und die Geschäftsführerin Frau H. am 26. Juni 2019 die Entscheidung getroffen haben, diese Stelle wegfallen zu lassen und die Aufgaben ‒ wieder ‒ der Geschäftsführerin Frau H. zu übertragen.

Die Beklagte hat die von ihr getroffene unternehmerische Entscheidung unter dem 25. Juni 2019 schriftlich fixiert. Darin hat sie ihre Entscheidung als Beschluss über den betriebsbedingten Wegfall der Position Category Manager bezeichnet und ausgeführt, dass aufgrund einer innerbetrieblichen Umstrukturierung der Arbeitsplatz zum 1. Juli 2019 wieder entfällt und nicht mehr benötigt wird. Sie nennt dort als Hintergrund das Beschäftigungsverbot, den Mutterschutz und die anschließende Elternzeit der Klägerin. Weiter hat sie dort entschieden, dass diese Tätigkeit von der Geschäftsführerin Frau H. im Rahmen ihrer Geschäftsführertätigkeit mit ausgeübt wird.

(2)    Es kann dahingestellt bleiben, ob die Geschäftsführerinnen der Beklagten am 7. August 2019 unter anderem gesagt haben, die Klägerin könne im Februar 2020 ihre ursprüngliche Stelle wieder antreten. Die Beklagte hat die von ihr dargestellte unternehmerische Entscheidung auch tatsächlich umgesetzt.

Die von der Beklagten behauptete tatsächliche Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung, die Stelle des Category Managers für Bekleidung wegfallen zu lassen und zu streichen, wurde von der Klägerin nicht substantiiert bestritten.

So hat die Klägerin erstinstanzlich im Schriftsatz vom 15. April 2021 (dort S. 6) ausgeführt, dass einzig und allein die Stelle der Klägerin gestrichen worden sei.

Unstreitig wurde während der Mutterschutzfristen und der Elternzeit der Klägerin, in der sie nicht für die Beklagte arbeitete, kein anderer Mitarbeiter mit den Arbeitsaufgaben der Klägerin betraut. Soweit die Klägerin behauptet, ihr sei zugetragen worden, der neue Kollege habe bei der Sortimentsbestimmung der Helme mitgewirkt und die Kleidung an andere Filialen verteilt, kann diesem Vortrag nicht entnommen werden, dass ein anderer Mitarbeiter die Tätigkeit der Klägerin insgesamt oder auch nur wesentliche Teile davon übernommen hat. Sollte dieser Mitarbeiter gelegentlich einzelne Aufgaben der Klägerin übernommen haben, steht dies der Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung durch die Beklagte nicht entgegen.

Indiz für die tatsächliche Umsetzung dieser unternehmerischen Entscheidung vor Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung ist der Umstand, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Teilzeittätigkeit während der Elternzeit nicht als Category Manager für Bekleidung, sondern als Verkäuferin/Kassenkraft beschäftigt wurde.

An dieser Stelle kann dahinstehen, ob die Klägerin den Schriftsatz vom 5. Juli 2022 nebst Anlagen formwirksam eingereicht hat, da dieser Schriftsatz und seine Anlagen nicht entsprechend §§ 130a, 130d ZPO, §§ 2, 5 ERVV als elektronisches Dokument eingereicht wurde.

Im Termin wurde der Inhalt erörtert und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wie bereits zuvor von der Klägerin schriftsätzlich vorgetragen, hatte die Klägerin eine Teilzeittätigkeit während der Elternzeit im Umfang von 20 Stunden wöchentlich ab dem 24. April 2020 beantragt. Der bereits mit Schriftsatz vom 17. Juni 2022 eingereichten E-Mail-Korrespondenz der Klägerin und der Geschäftsführerin der Beklagten Frau Dr. E. vom 27. April 2020 ist zu entnehmen, dass Gegenstand der seinerzeit geführten Gespräche eine Tätigkeit der Klägerin als Verkäuferin/Kassenkraft in der Filiale Potsdam und nicht die Tätigkeit der Klägerin als Category Manager für Bekleidung war. Auch aus dem von der Beklagten im Termin eingereichten Schreiben der Beklagten vom 28. April 2020 ergibt sich, dass Gegenstand der Gespräche der Parteien seinerzeit die Tätigkeit der Klägerin als Verkäuferin/Kassenkraft in der Filiale Potsdam war. Auf Nachfrage im Termin wurde auch von beiden Parteien bestätigt, dass die Klägerin mit Aufnahme ihrer Teilzeittätigkeit in der Elternzeit als Verkäuferin/Kassenkraft beschäftigt wurde.

Die Klägerin hat die Behauptung der Beklagten, die Geschäftsführerin der Beklagten Frau H. habe die Tätigkeit der Einkäuferin und Verantwortlichen für die Radbekleidung für das gesamte Unternehmen der Beklagten ab dem 1. Juli 2019 wieder übernommen, nicht substantiiert bestritten. Ein substantiiertes Bestreiten wäre der Klägerin zumindest für den Zeitraum ab Aufnahme ihrer Teilzeittätigkeit während der Elternzeit im April 2020 jedoch möglich gewesen.

(3)    Mit der Umsetzung dieser unternehmerischen Entscheidung ist auch der Bedarf der Beschäftigung der Klägerin mit der Tätigkeit als Category Manager für Bekleidung entfallen, da diese Stelle nunmehr entfallen ist und die Aufgaben des Category Managers für Bekleidung nunmehr nicht mehr von einem Arbeitnehmer, sondern von der Geschäftsführerin der Beklagten wahrgenommen werden.

Die Beschäftigungsmöglichkeit als Category Manager für Bekleidung ist auch dauerhaft entfallen. Die Beklagte hat ausweislich des vorgelegten schriftlichen Beschlusses der Geschäftsführung die dauerhafte Streichung der Stelle und Einsparung der Kostenstelle und nicht nur die vorübergehende Nichtbesetzung beschlossen. Danach hat die Beklagte nicht nur für die Dauer der Abwesenheit der Klägerin aufgrund des Mutterschutzes und der Elternzeit ohne Teilzeittätigkeit eine Regelung getroffen, sondern auch für die Zeit danach. Sie hat den Wegfall des Arbeitsplatzes auf Dauer beschlossen. Auch die bislang von der Category Managerin für Bekleidung ausgeübten Tätigkeiten wurden der Geschäftsführerin Frau H. dauerhaft übertragen.

(4)    Umstände, aus denen sich ergibt, dass die getroffene Organisationsmaßnahme offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist, sind nicht ersichtlich und wurden insbesondere von der Klägerin nicht substantiiert dargelegt.

(a)    Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. Urteil vom 20. Februar 2014 - 2 AZR 346/12 - zitiert nach juris, dort Rn. 15) ist eine unternehmerische Entscheidung gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern nur daraufhin, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist. Dabei hat nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. Urteil vom 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - zitiert nach juris, dort Rn. 31; Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 AZR 480/14 - zitiert nach juris, dort Rn. 35) eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Entscheidung die Vermutung für sich, dass sie aus sachlichen Gründen getroffen wurde und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht. Im Prozess hat der Arbeitnehmer Umstände darzulegen und zu beweisen, aus denen sich ergeben soll, dass die getroffene Organisationsmaßnahme offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (vgl. BAG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 AZR 480/14 - zitiert nach juris, dort Rn. 35).

(b)    Die Klägerin hat solche Umstände nicht dargelegt.

(aa)    Die Organisationsmaßnahme ist nicht deshalb unsachlich oder willkürlich, weil sie während des Mutterschutzes der Klägerin getroffen wurde und die Tätigkeit der Klägerin bereits während der Elternzeit entfallen lässt.

Die Kündigung während der Mutterschutzfristen und der Elternzeit ist unzulässig, § 17 Abs. 1 Mutterschutzgesetz (MuSchG), § 18 Abs. 1 Satz 3 BEEG und kann in besonderen Fällen für zulässig erklärt werden, § 17 Abs. 2 MuSchG, § 18 Abs. 1 Satz 4, Satz 5 BEEG. Daraus folgt, dass unter der Voraussetzung der Zulässigkeitserklärung, wie vorliegend erfolgt, eine Kündigung auch während des Mutterschutzes und der Elternzeit möglich ist.

(bb)    Entgegen der Ansicht der Klägerin stellt das Beschäftigungsverbot, welches die Beklagte mit Schreiben vom 7. Mai 2019 erklärt hat, kein Indiz für eine offensichtlich unsachliche Entscheidung der Beklagten dar.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin darum gebeten hatte, nicht mehr in den Filialen, sondern nur noch in der Hauptniederlassung der Beklagten beschäftigt zu werden.

Nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 MuSchG darf der Arbeitgeber, wenn er unverantwortbare Gefährdungen für die schwangere Frau weder durch Schutzmaßnahmen nach Nr. 1 noch durch einen Arbeitsplatzwechsel nach Nr. 2 ausschließen kann, die schwangere Frau nicht mehr weiter beschäftigen.

Das Beschäftigungsverbot bezog sich auf den Zeitraum ab Ende der Arbeitsunfähigkeit wegen Erkrankung bis zum Beginn der Mutterschutzfrist am 16. Juni 2019. Mithin bestand das Beschäftigungsverbot im Zeitpunkt der unternehmerischen Entscheidung, getroffen am 25. Juni 2019, nicht mehr. Dieses betraf einen vor der unternehmerischen Entscheidung liegenden Zeitraum.

Da das Beschäftigungsverbot dem Schutz von Mutter und Kind dient, kann es die Klägerin als Mutter bzw. wegen der Mutterschaft nicht diskriminieren.

(cc)    Die Organisationsmaßnahme ist auch nicht deshalb als unsachlich oder willkürlich anzusehen, weil die Klägerin erst wenige Monate zuvor befördert und ihr diese Aufgabe übertragen worden war.

Die Klägerin, die zuvor neben ihrer Tätigkeit als Verkäuferin/Kassenkraft die Geschäftsführung bei der Vor- und Nachorder der Radbekleidung unterstützt hat, übte die Tätigkeit im Zeitpunkt der unternehmerischen Entscheidung erst wenige Monate (1. Januar 2019 bis Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 8. Mai 2019) aus und befand sich noch in der Einarbeitung. Diese Aufgabe demjenigen zu übertragen, der diese Tätigkeit bereits zuvor 12 Jahre ausgeübt hatte, erweist sich weder als unsachlich noch als unvernünftig noch als willkürlich.

(dd)    Die Entscheidung der Beklagten, die bislang von der Klägerin als Category Manager für Bekleidung ausgeübten Tätigkeiten der Geschäftsführerin Frau H. zu übertragen, ist weder unsachlich noch willkürlich.

Da für die Geschäftsführerin das Arbeitszeitgesetz nicht gilt und damit die Beschränkung der Arbeitszeit auf 48 Stunden wöchentlich, war eine nähere Darlegung, in welchem zeitlichen Umfang diese Tätigkeiten für die Geschäftsführerin anfallen, nicht erforderlich. Zudem hat die Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass die Geschäftsführerin in der Vergangenheit, bevor die Stelle des Category Managers für Bekleidung geschaffen wurde, die Tätigkeit der Einkäuferin und Verantwortlichen für Radbekleidung bereits 12 Jahre ausgeübt hatte und seit ihrer Bestellung zur Geschäftsführerin auch neben ihren Geschäftsführertätigkeiten.

(5)    Die Änderungskündigung ist nicht unverhältnismäßig im engeren Sinne und deshalb unwirksam.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. Urteil vom 20. Januar 2005 - 2 AZR 500/03 - zitiert nach juris, dort Rn. 24 m. w. N.) kann sich eine einzelfallbezogene Interessenabwägung bei betriebsbedingten Kündigungsgründen, wenn überhaupt, allenfalls in seltenen Ausnahmefällen zugunsten des Arbeitnehmers auswirken. Die aufgestellten Voraussetzungen für eine derartige „Härtefallregelung“ sind so hoch anzusetzen, dass kaum mehr Raum für eine praktische Anwendung einer solchen Interessenabwägung bleibt (BAG, a.a.O.).

Der Verlust des Arbeitsplatzes während der Elternzeit hat vorliegend nicht das Gewicht, zumal die Beklagte eine Änderungskündigung ausgesprochen hat und die Änderungskündigung bei Annahme ‒ auch nur unter Vorbehalt ‒ nicht zu einem Verlust des Arbeitsplatzes geführt hätte und bei Wirksamkeit der Änderungskündigung zu einem Einkommensverlust von … EUR monatlich.

(6)    Das Änderungsangebot ist auch zumutbar. Die Beklagte hat sich darauf beschränkt, solche Änderungen vorzuschlagen, die die Klägerin billigerweise hinnehmen muss.

Die Beklagte hat der Klägerin die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der Tätigkeit als Verkäuferin/Kassenkraft angeboten. Die Klägerin war bis zur Übernahme der Tätigkeit als Category Manager für Bekleidung als Verkäuferin/Kassenkraft für die Beklagte tätig, diese Tätigkeit ist der Klägerin zumutbar.

Die angebotene Vergütung entspricht der Vergütung, welche die Klägerin für die Tätigkeit als Verkäuferin/Kassenkraft bis zur Vertragsänderung bezogen hat.

Die angebotene Vertragsänderung ist nicht deshalb unzumutbar, weil es der Klägerin als Verkäuferin/Kassenkraft nicht möglich wäre, ihr Kind zu stillen. Die Klägerin hat insoweit geltend gemacht, die angebotene Tätigkeit als Verkäuferin/Kassenkraft sei mit ihrer Mutterschaft während der Elternzeit nicht in Übereinstimmung zu bringen, sie habe keine Gelegenheit im Verkauf als Kassiererin ihr Kind zu stillen.

Zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung und des Änderungsangebotes war das Kind der Klägerin 14 Monate alt. Die Klägerin hat nicht bezogen auf den Zeitraum ab 1. Oktober 2020 vorgetragen, dass sie ihr Kind in Abständen von weniger als vier Stunden (Arbeitszeit) bzw. fünf Stunden (Arbeitszeit + Fahrzeit) gestillt hat. Ihr Vortrag zum Stillen, den Stillphasen bezieht sich auf den Zeitraum April 2020, als sie ihre Teilzeittätigkeit während der Elternzeit aufnahm.

Auch hat die Beklagte vorgetragen, dass in der Filiale in Potsdam, dem Einsatzort der Klägerin, ausreichend Räumlichkeiten zur Verfügung stehen, damit die Klägerin sich zum Stillen zurückziehen kann. Diesem Vortrag ist die Klägerin nicht ‒ substantiiert ‒ entgegengetreten.

(7)    Die Beklagte war nicht verpflichtet, der Klägerin eine andere Möglichkeit der Beschäftigung als die mit Kündigung vom 30. Juli 2019 angebotene Tätigkeit als Verkäuferin/Kassenkraft anzubieten.

(a)    Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet es dem Arbeitgeber, vor einer Beendigungskündigung dem Arbeitnehmer von sich aus eine mögliche anderweitige Beschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz, gegebenenfalls auch zu geänderten (gleichwertigen oder schlechteren) Bedingungen anzubieten (vgl. BAG, Urteil vom 26. März 2015 - 2 AZR 417/14 - zitiert nach juris, dort Rn. 26 m.w.N.). Als „frei“ sind grundsätzlich nur solche Arbeitsplätze anzusehen, die im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung unbesetzt sind (BAG, a.a.O., Rn. 27). Dem steht es gleich, wenn ein Arbeitsplatz bis zum Ablauf der Kündigungsfrist frei wird (BAG, a.a.O.).

(b)    Soweit die Klägerin sich auf die Stelle als Category Manager Teile und Zubehör beruft, war diese Stelle bereits im Mai 2019 und somit vor der unternehmerischen Entscheidung und vor Ausspruch der Kündigung mit einem Mitarbeiter besetzt und daher nicht mehr frei. Ob die Klägerin für diese Arbeitsaufgabe qualifiziert ist, kann daher dahingestellt bleiben.
(c)    Die Beklagte war nicht verpflichtet, der Klägerin die Stelle einer Personalsachbearbeiterin anzubieten.

Der Arbeitsplatz der Personalsachbearbeiterin war im Zeitpunkt des Ausspruchs der streitgegenständlichen Kündigung nicht mehr frei, er war mit Frau M. besetzt.

Die Beklagte hat zudem schlüssig dargelegt, dass die Klägerin über die für diese Stelle erforderliche Qualifikation nicht verfügt.

Die Beklagte hat in der Stellenausschreibung unter Profil eine abgeschlossene kaufmännische Berufsausbildung, als wünschenswert Berufserfahrung im Personalbereich, gute Kenntnisse in MS-Office und selbständige ergebnisorientierte Arbeitsweise, hohe Sorgfalt, sowie Teamfähigkeit gefordert.

Die Gestaltung des Anforderungsprofils für einen Arbeitsplatz unterliegt grundsätzlich der freien „unternehmerischen“ Disposition (vgl. BAG, Urteil vom 2. März 2017 - 2 AZR 546/16 - zitiert nach juris, dort Rn. 23). Das Bestreben des Arbeitgebers, bestimmte Tätigkeiten - nach Möglichkeit - von Arbeitnehmern mit einer bestimmten Qualifikation ausführen zu lassen, ist grundsätzlich zu akzeptieren. Die Vorgabe kann von den Arbeitsgerichten nur auf Willkür und offenbare Unrichtigkeit hin gerichtlich überprüft werden (BAG, a.a.O. m.w.N.).

Danach sind die von der Beklagten in der Stellenausschreibung für die Übertragung der Aufgaben einer Personalsachbearbeiterin genannten Anforderungen insbesondere Erfahrung im Personalbereich und abgeschlossene kaufmännische Berufsausbildung nicht zu beanstanden. Die Klägerin verfügt weder über eine abgeschlossene kaufmännische Berufsausbildung noch über Berufserfahrung im Personalbereich.

(d)    Die Beklagte war nicht verpflichtet, der Klägerin die Stelle als stellvertretende Filialleitung anzubieten.

Die Beklagte hat schlüssig dargelegt, dass der Klägerin die von ihr dafür erforderlich gehaltene Qualifikation fehlt.

Die Beklagte erachtet für die Tätigkeit als Filialleitung eine entsprechende Ausbildung, entsprechende Berufserfahrung insbesondere in der Führung von Mitarbeitern und in der betriebswirtschaftlichen Leitung für erforderlich. Bei der Filiale Potsdam handelt es sich um die größte Filiale der Beklagten.

Die Klägerin ist ausgebildete Pferdewirtin und verfügt daher nicht über eine kaufmännische Ausbildung und auch nicht über eine Ausbildung, die zur Leitung einer Filiale befähigen würde. Des Weiteren fehlt der Klägerin die Berufserfahrung als Filialleiterin und in der Mitarbeiterführung.

d.    Die Kündigung ist nicht gemäß § 1 Abs. 3 KSchG wegen fehlerhafter Sozialauswahl unwirksam.

aa.        Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG ist auch eine aus dringenden betrieblichen Erfordernissen ausgesprochene Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat. Das Gebot der ausreichenden Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte gilt auch für betriebsbedingte Änderungskündigungen (§ 2 Satz 1 KSchG). Bei diesen kommt es für die Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer nicht nur darauf an, ob die Arbeitnehmer nach ihren bisherigen Tätigkeiten miteinander verglichen und damit gegeneinander ausgetauscht werden können (vgl. BAG, Urteil vom 9. September 2010 - 2 AZR 936/08 - zitiert nach juris, dort Rn. 44). Die Arbeitnehmer müssen vielmehr auch für die Tätigkeit, die Gegenstand des Änderungsangebots ist, wenigstens annähernd gleich geeignet sein, die Austauschbarkeit muss sich auch auf den mit der Änderungskündigung angebotenen Arbeitsplatz beziehen (BAG, a.a.O. m.w.N.).

Der Kreis der in die soziale Auswahl einzubeziehenden vergleichbaren Arbeitnehmer bestimmt sich in erster Linie nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen, also nach der ausgeübten Tätigkeit (BAG, a.a.O. Rn. 45). Die Austauschbarkeit setzt nicht die Gleichheit der Arbeitsplätze voraus, sondern liegt in dem Umfang vor, in welchem der Arbeitnehmer aufgrund seiner bisherigen Tätigkeit und seiner Ausbildung die Aufgaben auf einem anderen - gleichwertigen - Arbeitsplatz ausführen kann. Die Notwendigkeit einer kurzen Einarbeitungszeit steht der Vergleichbarkeit nicht entgegen. An der Austauschbarkeit fehlt es allerdings, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht im Wege des Direktionsrechts auf den anderen Arbeitsplatz um- oder versetzen kann (BAG, a.a.O. m.w.N.).

bb.    Danach durfte es vorliegend keiner Sozialauswahl. Die Klägerin war als Category Manager zuständig für Radbekleidung, Herr H. ist als Category Manager zuständig für Teile und Zubehör. Aufgrund des anderen Zuständigkeitsbereichs und Zuschnitts der Stelle handelt es sich bei der Stelle des Category Managers für Teile und Zubehör nicht um eine mit der von der Klägerin zuletzt ausgeübten Tätigkeit vergleichbare Tätigkeit im Sinne der oben genannten Rechtsprechung. Die Klägerin und Herr H. hätten aufgrund der für ihre jeweilige Tätigkeit erforderlichen spezifischen Kenntnisse nicht mit einander ausgetauscht werden können.

e.    Die Kündigung ist auch nicht aus sonstigen Gründen unwirksam. Insbesondere verstößt die Kündigung nicht gegen § 134 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Verbindung mit § 7 Abs. 1, § 1, § 3 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Dem steht § 2 Abs. 4 AGG entgegen.

Bei einer Kündigung, die dem Kündigungsschutzgesetz unterfällt, ist bei der Prüfung der Wirksamkeit der Kündigung die Diskriminierungsverbote des AGG und die darin vorgesehenen Rechtfertigungen für unterschiedliche Behandlungen als Konkretisierung der Sozialwidrigkeit zu beachten (BAG, Urteil vom 6. November 2008 - 2 AZR 523/07 - Rn. 34ff.; BAG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 2 AZR 295/12 - Rn. 35; BAG, Urteil vom 19. Dezember 2013 - 6 AZR 190/12 - Rn. 16, jeweils zitiert nach juris).

2.    Da das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 30. September 2020 endete, steht der Klägerin gegenüber der Beklagten kein Anspruch auf Beschäftigung zu.

III.

Die Berufung der Klägerin war daher mit der Folge zurückzuweisen, dass sie die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen hat, § 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 97 ZPO.

IV.

Die Revision gegen die Entscheidung war gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG nicht zuzulassen, weil keiner der dort genannten Zulassungsgründe vorlag. Insbesondere wies der am Einzelfall orientierte Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung auf und folgte die Kammer bei der Entscheidung den in der zitierten Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen. Eine Divergenz zu anderen obergerichtlichen Entscheidungen ist nicht erkennbar.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben. Die Klägerin wird auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72a ArbGG hingewiesen.