· Fachbeitrag · Abgabenordnung
Erlass von durch Verzögerungen im Rahmen der Betriebsprüfung entstandenen Nachzahlungszinsen
| Die Verzinsung einer Steuernachzahlung (§ 233a AO) soll typisierend objektive Zins- und Liquiditätsvorteile des Steuerpflichtigen ausgleichen, ohne dass es darauf ankommt, ob und ggf. in welchem Umfang diese Vorteile im konkreten Einzelfall tatsächlich in Anspruch genommen worden sind und auf welchen Ursachen sie beruhen. Das Gesetz stellt nicht darauf ab, wie es zu dem objektiven Zins- und Liquiditätsvorteil gekommen ist; auf Verschulden kommt es ebenfalls nicht an. Die Erhebung der Nachzahlungszinsen widerspricht selbst dann nicht den Wertungen des § 233 a AO, wenn die Nachzahlung auf einem vorwerfbaren Verhalten des Finanzbeamten beruht (vgl. BFH 13.12.11, VIII B 136/11, BFH/NV 12, 550). Daher hat das FG Mecklenburg-Vorpommern (15.1.20, 2 K 245/17; Rev. BFH X R 5/20, Einspruchsmuster ) die Ablehnung eines Antrags auf Erlass von Nachzahlungszinsen aus sachlichen Billigkeitsgründen auch für den Fall als rechtens angesehen, wenn diese auf Verzögerungen im Rahmen der Betriebsprüfung beruhen, ohne dass der Steuerpflichtige dies beeinflussen konnte. |
Auf der anderen Seite ist zu beachten, dass der BFH Billigkeitsmaßnahmen für geboten erachtet, soweit der Steuerpflichtige aufgrund einer außergewöhnlich langen Bearbeitungszeit mit unverhältnismäßig hohen Nachzahlungszinsen belastet ist, etwa im Fall einer außergewöhnlich langen Unterbrechung einer Außenprüfung (BFH 21.1.15, VIII B 112/13, BFH/NV 15, 800).
PRAXISTIPP | Sicher wird die Frage eines Erlasses von Nachzahlungszinsen aus sachlichen Billigkeitsgründen auf atypische Geschehensabläufe im Einzelfall beschränkt bleiben. Gleichwohl sollte in Fällen, in denen die Betriebsprüfung unüblich lange dauert und dies allein auf dem Verhalten der Betriebsprüfer beruht, an einen Erlassantrag gedacht werden. Bei Ablehnung bleiben der Einspruch und das Hoffen auf einen günstigen Ausgang des Revisionsverfahrens. |