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  • · Nachricht · Abgabenordnung

    Wechsel der Gewinnermittlungsart im Rahmen einer Änderung des bestandskräftigen Ursprungsbescheids zur Glättung von BP-Mehrergebnissen

    | Das FG Thüringen (31.8.22, 4 K 599/21; Rev. BFH X R 1/23, Einspruchsmuster ) hat entschieden, dass in dem Fall, in dem das FA Steuer- oder Feststellungsbescheide aufgrund der Feststellungen der Außenprüfung trotz eingetretener formeller Bestandskraft nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zulasten des Steuerpflichtigen ändert und damit zulässigerweise insoweit die formelle Bestandskraft der Steuerfestsetzungen durchbricht, es dem Steuerpflichtigen auch rechtlich möglich sein muss, unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 177 AO im gleichen Umfang die BP-Mehrergebnisse durch Änderung des Gewinnermittlungswahlrechts zu glätten. |

     

    Das FG verweist in diesem Zusammenhang auf die BFH-Rechtsprechung (28.4.16, I R 31/15, BStBl II 17, 306), die ebenso zulässt, dass z. B. ein Steuerpflichtiger sein Wahlrecht nach § 7g Abs. 1 EStG nachträglich, d. h. nach Abgabe der betreffenden Steuererklärung und Festsetzung der Steuer im Rahmen des Einspruchsverfahrens gegen einen geänderten Steuerbescheid, zur Kompensation eines durch die BP veranlassten Mehrergebnisses geltend macht.

     

    Das FG stellt sich damit aber gegen die Auffassung des BFH: Nach der bisherigen Rechtsprechung wird durch die Änderungsvorschrift des § 172 Abs. 1 Nr. 2 a AO auch nicht die Möglichkeit eröffnet, die steuerrechtliche Wirkung von Wahlrechten, die nur bis zur Bestandskraft der Steuerfestsetzung ausgeübt werden könnten, nach Eintritt dieses Zeitpunkts zu beseitigen (vgl. etwa BFH 9.12.15, X R 56/13, BStBl. II 16, 967). Nach bestandskräftiger Veranlagung, im Rahmen derer ein Steuerpflichtiger ein Wahlrecht ausgeübt hat, ist er an das einmal ausgeübte Wahlrecht gebunden ist. Dieses lebt auch nicht dadurch wieder auf, dass z. B. ein bestandskräftiger Einkommensteuerbescheid nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO infolge des Erlasses eines Grundlagenbescheids geändert werde (vgl. BFH 4.11.04, III R 73/03, BStBl. II 05, 290).

     

    Die vorzitierte Rechtsprechung berücksichtigt jedoch nach Auffassung des FG im Ergebnis nicht hinreichend den Umstand, dass im Streitfall der Steuerpflichtige überhaupt keinen Anlass hatte, den Eintritt der Bestandskraft durch Einlegung eines Einspruchs zu verhindern, um sich ggf. die Wahl der Gewinnermittlungsmethode offen zu halten, weil er seinerzeit nicht mit der Durchführung einer Außenprüfung in seinem Unternehmen rechnete, zumal es dem Kläger mit dem Wechsel der Gewinnermittlungsart lediglich um die Glättung der BP-Mehrergebnisse geht.

     

    PRAXISTIPP | Nach bisheriger Rechtslage hat ein nicht buchführungspflichtiger Steuerpflichtiger ein ‒ prinzipiell unbefristetes ‒ Wahlrecht zwischen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG und § 4 Abs. 3 EStG, das formal allein durch die Bestandskraft der Steuerfestsetzung bzw. Feststellung begrenzt ist. Es bleibt abzuwarten, ob bei nachträglicher Durchbrechung der Bestandskraft bei Änderung der Steuerbescheide nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO dieses Wahlrecht wieder auflebt und der Steuerpflichtige ein „Instrument“ in die Hand bekommt, um Mehrergebnisse etwa aufgrund einer BP oder Steuerfahndungsprüfung zu kompensieren. Der Ausgang des Revisionsverfahren dürfte daher für die steuerliche Abwehrberatung äußert interessant sein. Bis zur höchstrichterlichen Klärung sollten steuerliche Berater ggf. ein solches Wahlrecht zum Wechsel der Gewinnermittlungsart steuergünstig ausüben und bei zu erwartendem Widerstand der FÄ gegen betroffene Steuer- oder Feststellungsbescheide Einspruch einlegen und einen Antrag auf Ruhen des Verfahrens stellen.

     
    Quelle: ID 49854111