· Fachbeitrag · Abgeltungsteuer
Der progressive Einkommensteuertarif ist nicht anzuwenden bei Wegfall einer Kapitalforderung wegen Forderungsverzichts
| Verzichtet ein Gesellschafter gegenüber der darlehensnehmenden GmbH gegen Besserungsschein auf das Darlehen sowie die Zinsansprüche, können die Werbungskostenüberschüsse nicht nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b S. 1 EStG geltend gemacht werden (FG Düsseldorf 24.5.16, 13 K 3369/14 E; Rev. BFH VIII R 19/16 ). |
Nach § 32d Abs. 2 EStG können in bestimmten Konstellationen - statt der Abgeltungsteuer - die tatsächlich entstandenen Werbungskosten Berücksichtigung finden. Die betreffenden Einkünfte aus Kapitalvermögen gehen - zusammen mit den Einkünften aus anderen Einkunftsarten - in das zu versteuernde Einkommen ein und unterliegen dem allgemeinen (progressiven) Steuertarif. Im Streitfall lagen aber die Voraussetzungen hierfür nicht vor, denn für die Anwendung des hier maßgebenden § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b S. 1 EStG fehlt es an der Erzielung entsprechend begünstigter Einkünfte.
Nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b S. 1 EStG unterliegen Kapitalerträge i. S. von § 20 Abs. 1 Nr. 4 und 7 EStG bzw. von § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 und 7 EStG nicht der Abgeltungsteuer, wenn sie von einer Kapitalgesellschaft an einen Anteilseigner gezahlt werden, der zu mindestens 10 % an der Gesellschaft beteiligt ist. Derartige Kapitalerträge, insbesondere solche nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, haben die Kläger in den Streitjahren indes nicht erzielt. Zwar standen ihnen bei Hingabe der Darlehen an die GmbH verzinsliche Kapitalforderungen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu. Sie haben aber in der Folgezeit (noch vor den Streitjahren) auf ihre Forderungen gegen die GmbH verzichtet, und zwar sowohl auf die Zinsen als auch auf die Darlehen selbst. Deshalb bestanden keine Darlehensforderungen mehr, aus denen die Kläger in den Streitjahren Einnahmen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG hätten erzielen können.
Der durch den Forderungsverzicht bedingte Wegfall der Kapitalforderung ist insoweit mit der Situation vergleichbar, dass eine unternehmerische Beteiligung nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG wegfällt. Zu dieser Vorschrift hat der BFH entschieden, dass die Option zur Anwendung des progressiven Tarifs das Vorhandensein einer unternehmerischen Beteiligung voraussetze und dementsprechend bei einer nicht mehr existenten Beteiligung auch keine Option zur Anwendung des progressiven Tarifs mehr bestehe (BFH 1.7.14, VIII R 53/12, BStBl II 14, 975).