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  • · Nachricht · Abgrenzung Privat-/Berufssphäre

    Schwarzer Anzug keine typische Berufskleidung?

    | Ein schwarzer Anzug, schwarze Blusen und schwarze Pullover, die sich in keiner Weise von dem unterscheiden, was nach allgemeiner Übung weiter Kreise der Bevölkerung als festliche Kleidung zu besonderen Anlässen getragen wird, sind nach Auffassung des FG Berlin-Brandenburg keine typische Berufskleidung. Dies soll für alle Berufe gelten, daher auch ‒ und insoweit gegen BFH ‒ für bestimmte Berufsgruppen wie Leichenbestatter, Trauerredner, katholische Geistliche und Oberkellner. Der Umfang der tatsächlichen Privatnutzung der fraglichen Kleidungsstücke im Einzelfall soll dabei unerheblich sein (FG Berlin-Brandenburg 29.8.18, 3 K 3278/15; Rev. BFH VIII R 33/18, Einspruchsmuster ). |

     

    Im zugrunde liegenden Streitfall waren die Kläger (Ehegatten) als selbstständige Trauerredner und Trauerbegleiter tätig. Vergeblich machten sie beim FA Aufwendungen für Kleidung, Schuhe und Reinigung von Kleidung ‒ zunächst vollständig, später zur Hälfte ‒ als Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) geltend. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung betrat das FA die Auffassung, es handele sich insgesamt um nichtabzugsfähige Kosten der privaten Lebensführung (§ 12 Nr. 1 EStG). Die Kläger begründeten ihre gegenteilige Auffassung damit, dass die BFH-Rechtsprechung den schwarzen Anzug eines katholischen Geistlichen und eines Leichenbestatters als Arbeitskleidung anerkannt habe. Diese Entscheidungen seien auf einen Bestattungsredner übertragbar. Ergänzend bezogen sie sich auf die Entscheidung des Großen Senats zur Aufteilbarkeit von Kosten. Auch beim FG fanden die Kläger damit jedoch kein Gehör. Vor und nach der Entscheidung des Großen Senats zur Aufteilbarkeit von Kosten ist danach zwischen „typischer Berufskleidung“ (vgl. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 6 EStG) und „bürgerlicher Kleidung“ zu unterscheiden. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH sind Aufwendungen für typische Berufskleidung (insgesamt) abziehbar. Die Aufwendungen für bürgerliche Kleidung sind nicht abziehbar (auch nicht teilweise). Das gilt auch bei besonders hohen Aufwendungen und selbst wenn die bürgerliche Kleidung überwiegend oder (nahezu) ausschließlich im Beruf getragen werde.

     

    PRAXISTIPP | Das FG setzt sich steuerverschärfend über ältere BFH-Rechtsprechung zur Behandlung von Kleidungsstücken wie schwarzer Anzug eines Leichenbestatters (30.9.70, I R 33/69, BStBl II 71, 50), schwarzer Anzug, dazugehörende schwarze Hosen, weiße Hemden, weiße Jacken, schwarze Krawatten und Fliegen eines Oberkellners (9.3.79, VI R 171/77, BStBl II 79, 519; 4.12.87, VI R 20/85, BFH/NV 88, 703), Trachtenanzüge eines in einem im „rustikal-altbayerischen Stil“ tätigen Angestellten (20.11.79, VI R 143/77, DStR 80, 144) als typische Berufskleidung hinweg. Bis zur höchstrichterlichen Klärung wird bei vergleichbaren Kleidungsstücken die Abzugsfähigkeit als Werbungskosten/Betriebsausgaben strittig bleiben. Hier helfen dann nur Einspruch und ggf. Klage. In folgenden Fällen ist dagegen unzweifelhaft von typischer Berufskleidung auszugehen: Bergarbeiterkleidung, typische Schutzkleidung wie Helme und Bürokittel, Monteur-Overall, (weiße) Arztkittel, Sicherheitsschuhe, Amtstrachten (z. B. Roben für Gerichtssitzungen), Uniformen, Diensthemden eines Polizisten (mit Wappen des Dienstherrn), uniformähnliche Dienstkleidung der Mitarbeiter einer Luftverkehrsgesellschaft (vgl. etwa Loschelder in: Schmidt, § 9 EStG Rz. 266).

     
    Quelle: ID 45643694