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  • · Nachricht · Änderung eines Steuerbescheids

    Verböserung trotz Verletzung der Ermittlungspflicht durch das Finanzamt?

    | Das Finanzamt darf einen bestandskräftigen Steuerbescheid nicht wegen neuer Tatsachen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ändern, obwohl der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflicht verletzt hat, wenn es selbst gleichzeitig seine Aufklärungspflicht verletzt hat (FG Baden-Württemberg 19.7.13, 9 K 2541/11 ). |

     

    Der Steuerpflichtige hatte in der Steuererklärung den Gewinn aus einer nebenberuflichen Tätigkeit mit 3.000 EUR angegeben. Laut beigelegtem Banknachweis waren es aber Einkünfte in Höhe von 6.000 EUR. Darauf, dass der Betriebsausgabenanteil mit 50 % der Einkünfte geschätzt worden war, war in der Steuererklärung nicht hingewiesen worden. Auf eine Gewinnermittlung und die Anlage EÜR hatte der Berater des Steuerpflichtigen verzichtet. Das FA setzte die 3.000 EUR an. Erst nach Eintreten der Bestandskraft wollte das Finanzamt den Bescheid wegen einer Kontrollmitteilung berichtigen.

     

    Das FG hat in diesem Fall die Verletzung der Mitwirkungspflicht gegen die Verletzung der Aufklärungspflicht abgewogen und das Aufklärungsversäumnis für gravierender gehalten:

     

    • Entgegen der Ansicht des FA war der Steuerpflichtige nicht verpflichtet, eine Anlage EÜR abzugeben. Nach § 60 Abs. 4 EStDV in der für das Streitjahr 2008 gültigen Fassung ist der Steuererklärung eine Gewinnermittlung „nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck“ beizufügen. Ermittelt der Steuerpflichtige seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG durch Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, so ist er regelmäßig auch verpflichtet, eine Anlage EÜR einzureichen. Im Streitfall traf den Steuerpflichtigen eine solche Verpflichtung jedoch nicht, weil die Betriebseinnahmen der Nebentätigkeit niedriger als 17.500 EUR waren. Die Finanzverwaltung beanstandet es aber laut der amtlichen Formularausfüllhilfe nicht, wenn in diesem Fall eine formlose Gewinnermittlung eingereicht wird. Das war allerdings nicht geschehen.

     

    • Da aber die Betriebseinnahmen weniger als 10.000 EUR betrugen und der Steuerpflichtige die Höhe der Betriebseinnahmen mitgeteilt hatte, wertete das FG - in diesem konkreten Einzelfall - die Mitwirkungspflichtverletzung gegenüber der Ermittlungspflichtverletzung als untergeordnet. Dem FA waren durch die Mitwirkungspflichtverletzung keine maßgeblichen Tatsachen unbekannt geblieben.
    Quelle: ID 42778011