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  • · Nachricht · Bilanzierung

    Passivierung einer Pensionsrückstellung aufgrund sich nachträglich als unwirksam herausstellender Betriebsvereinbarung

    | Nach Ansicht des FG Düsseldorf (15.1.24, 6 K 2351/19 K; Rev. BFH XI R 10/24, Einspruchsmuster ) sind für den Ansatz und die Bewertung von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten auch steuerrechtlich die Verhältnisse am Bilanzstichtag entscheidend, nicht die Sicht im späteren Veranlagungsverfahren, Betriebsprüfungsverfahren oder Rechtsbehelfsverfahren. Bessere Einsicht auf die Verhältnisse am Bilanzstichtag ist danach nur in den rechtlichen Grenzen der Aufhellung der Bilanz durch (wert-)aufhellende Umstände zulässig. Auch für die Bildung und Bewertung einer Pensionsrückstellung nach § 6a EStG sei die ‒ verobjektivierte ‒ Einschätzung des Bilanzierenden zum Bilanzstichtag maßgeblich. |

     

    Im Streitfall wurde eine im Jahr 2006 geschlossene Betriebsvereinbarung zur Dynamisierung von Altersrenten, die eine pauschale Anpassung der Pensionsansprüche der Arbeitnehmer eines Konzerns vorsieht, erst nach dem Bilanzstichtag (31.12.06) und nach der Bilanzaufstellung von Pensionären beklagt. Erst durch spätere Rechtsprechung (hier: des BAG im Jahr 2011) stand für die Arbeitgeberin fest, dass die geschlossene Betriebsvereinbarung unwirksam ist. In einem solchen Fall wirkt diese Rechtsprechung bilanzrechtlich ‒ so das FG ‒ nicht auf den Stichtag zurück. Die Pensionsrückstellung sei zum Bilanzstichtag unter Berücksichtigung der (später streitigen) Betriebsvereinbarung zu bilden.

     

    Das FG hielt die Bilanz auf den 31.12.06 mit der von der Klägerin angesetzten Pensionsrückstellung auch nicht für fehlerhaft, sodass das FA sie zu berichtigen habe. Zwar habe der BFH sich teilweise von dem sogenannten subjektiv-normativen Fehlerbegriff verabschiedet, jedoch ist nach Ansicht des FG jeweils auf die Eigenart der betroffenen Bilanzposition abzustellen. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten als „zukunftsbezogene Bilanzposten“, die eine Prognose erforderten, entzögen sich der Möglichkeit, von vornherein festzustellen, ob eine objektiv richtige Bilanz vorliege. Dies gelte auch ungeachtet der für Pensionsrückstellungen geltenden Norm des § 6a EStG, die die allgemeinen Regeln für die Passivierung von Rückstellungen nicht verdränge, sondern auf diesen Regeln aufbaue.

     

    PRAXISTIPP | Für das Handelsbilanzrecht ebenso wie für die steuerliche Gewinnermittlung gilt das Stichtagsprinzip des § 252 Abs. 1 Nr. 3 und 4 HGB, nach dem Vermögensgegenstände und Schulden zum Abschlussstichtag zu bewerten sind. Damit einher geht das sog. Wertaufhellungsprinzip, nach dem wertaufhellende Umstände bei der Bewertung zu berücksichtigen sind, wertbegründende hingegen nicht. Wertaufhellende Umstände sind solche, die zum Abschlussstichtag bereits vorlagen, aber erst hinterher bekannt werden. Wertbegründende Umstände sind Umstände, die erst nach dem Bilanzstichtag eintreten. Die Unterscheidung zwischen wertaufhellenden und wertbegründenden Umständen ist problembehaftet. Nach dem Bilanzstichtag ergehende Gerichtsurteile werden in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung als wertbegründend angesehen. Ob der BFH dies auch so sieht, wird der Ausgang des Revisionsverfahrens zeigen. Bis dahin ist mit Widerstand der FÄ zu rechnen. Daher werden steuerliche Berater bis zur höchstrichterlichen Klärung um einen Einspruch gegen betroffene Körperschaftsteuerbescheide nicht herumkommen.

     
    Quelle: ID 50250514