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  • · Nachricht · Einkommensteuer

    Berücksichtigung von tatsächlichen Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwendungen beim Besuch einer Bildungsstätte außerhalb des Dienstverhältnisses

    | Das FG Niedersachsen (20.9.23, 4 K 20/23; Rev. BFH VI R 18/23, Einspruchsmuster ) hat erstmals zu der Frage Stellung genommen, wann eine Bildungseinrichtung „außerhalb eines Dienstverhältnisses“ i. S. v. § 9 Abs. 4 S. 8 EStG aufgesucht wird. Wenn dies der Fall ist, gilt sie nach der genannten Vorschrift als sog. erste Tätigkeitsstätte. Dies wiederum hat Folgen für den Werbungskostenabzug von Arbeitnehmern: Für die Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte kann einerseits nur die Entfernungspauschale anstatt der regelmäßig höheren tatsächlichen Fahrtkosten geltend gemacht werden (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4, 4a EStG). Darüber hinaus kommt ein Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen nicht in Betracht, weil es sich beim Aufsuchen der ersten Tätigkeitsstätte nicht um eine auswärtige berufliche Tätigkeit i. S. d. § 9 Abs. 4a S. 2 EStG handelt. |

     

    Das FG ist zu der Auffassung gelangt, der ‒ unstreitig in Vollzeit durchgeführte ‒ Meistervorbereitungskurs sei „außerhalb des Dienstverhältnisses“ besucht worden. Es reiche zunächst nicht aus, dass der Kläger neben der Bildungsmaßnahme weiterhin in einem Arbeitsverhältnis gestanden habe. Vielmehr sei in Entsprechung zur Gesetzesbegründung zum „neuen“ ‒ seit 2014 geltenden ‒ Reisekostenrecht maßgeblich auf das Direktionsrecht des Arbeitgebers abzustellen. Dieser habe den Kläger im Streitfall nicht konkret angewiesen, den Vorbereitungskurs zu absolvieren, sondern lediglich sein dahingehendes Interesse kundgetan. Ob und unter welchen Umständen der Kläger an dem Kurs teilnehmen wolle, sei aber diesem überlassen gewesen. Es seien auch keine anderweitigen Gründe ersichtlich, von dem Besuch des Meistervorbereitungskurses „innerhalb des Dienstverhältnisses“ auszugehen. Der Arbeitgeber habe den Kläger gerade nicht von der Arbeitsleistung für die Zeit der Weiterbildung freigestellt. Vielmehr habe der Kläger u. a. Urlaub nehmen und Überstunden abbauen müssen. Eine finanzielle Beteiligung sei nur in unwesentlicher Höhe erfolgt. Im Übrigen komme der Meistertitel auch vorrangig der Kläger zugute.

     

    PRAXISTIPP | Die Konstellation des Besprechungsfalls (Meisterlehrgang im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses) dürfte in der Praxis häufig anzutreffen sein. Setzt sich die Auffassung des FG Niedersachsen beim BFH durch, muss die steuerliche Praxis davon ausgehen, dass eine Bildungsstätte „außerhalb des Dienstverhältnisses“ aufgesucht wird, wenn der Besuch nicht auf einer Weisung des Arbeitsgebers als Ausfluss dessen Direktionsrechts beruht und der Arbeitgeber sich auch ansonsten nicht wesentlich organisatorisch oder finanziell an der Bildungsmaßnahme beteiligt. Da hierzu derzeit aber noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt, bleibt abzuwarten, wie sich der BFH hierzu positioniert. Bis zum Abschluss des Revisionsverfahrens sollten weiterhin die tatsächlichen Fahrkosten (0,30 EUR pro km) und die Verpflegungsmehraufwendungen geltend gemacht werden. Bei einer zu erwartenden Kürzung des Werbungskostenabzugs bleiben nur der Einspruch und der Antrag auf Ruhen des Verfahrens.

     

    Abschließender Hinweis: Ein steuerfreier Zuschuss zu der Bildungsmaßnahme ist werbungskostenmindernd nach dessen wirtschaftlichen Zusammenhang zu berücksichtigen. Das Zu- und Abflussprinzip gilt insoweit nicht.

    Quelle: ID 49781283