Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Nachricht · Einkommensteuer

    Erschütterung des Anscheinsbeweises für eine Pkw-Privatnutzung durch atypischen Geschehensablauf

    | Der für die Privatnutzung eines betrieblichen Pkw sprechende Anscheinsbeweis kann auch auf andere Weise als durch das Vorhandensein eines in Status und Gebrauchswert vergleichbaren Pkw im Privatvermögen erschüttert werden. Dies hat der 6. Senat des FG Münster mit Urteil vom 16.8.22 (6 K 2688/19 E, Urteil; Rev. zugelassen, Einspruchsmuster ) entschieden. |

     

    Im Streitfall hatte der Kläger für den betrieblich genutzten BMW X3 die Privatnutzung nach der 1 %-Regelung versteuert, während er für den ebenfalls betrieblich genutzten Ford Ranger keinen Privatnutzungsanteil ansetzte. Das FA wandte demgegenüber auch für den Ford Ranger die 1 %-Regelung an, da die weiteren privaten Fahrzeuge (Kleinwagen) in Status und Gebrauchswert nicht mit diesem Pkw vergleichbar seien und nicht allen Familienmitgliedern jederzeit ein Fahrzeug zur privaten Nutzung zur Verfügung gestanden habe.

     

    Nach dem Beweis des ersten Anscheins spricht die allgemeine Lebenserfahrung ‒ so das FG ‒ zwar dafür, dass betriebliche Fahrzeuge, die zu privaten Zwecken zur Verfügung stehen, auch tatsächlich privat genutzt würden. Dieser Anscheinsbeweis sei im Streitfall allerdings erschüttert. Zwar handele es sich bei dem betrieblich genutzten Ford Ranger um ein Fahrzeug, das sich typischerweise auch für eine Privatnutzung eignet. Auch der ebenfalls privat genutzte betriebliche BMW X3 sei nicht geeignet, den Anscheinsbeweis zu erschüttern, da er wegen der betrieblichen Nutzung nicht vollumfänglich für Privatfahrten zur Verfügung stehe. Das FG hat aber aufgrund des dargelegten Sachverhalts die ernsthafte Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehens angenommen.

     

    PRAXISTIPP | Das Urteil hat wegen der Breitenwirkung eine große praktische Bedeutung. Die FÄ neigen dazu, in vergleichbaren Konstellationen in erster Linie darauf abzustellen, ob Privatfahrzeuge in Status und Gebrauchswert (vgl. hierzu FG Niedersachsen 19.2.20, 9 K 104/19, EFG 20, 171) allen Familienangehörigen ständig zur Verfügung stehen. Das FG hat die Revision zugelassen, da die konkrete Entscheidung zwar auf den Umständen des Einzelfalles beruhe, mit der Revisionszulassung jedoch die Möglichkeit eröffnet werden solle, ggf. höchstrichterlich zur Ausschärfung bestimmter Kriterien zur Erschütterung des Beweises des ersten Anscheins der privaten Pkw-Nutzung eines im Betriebsvermögen befindlichen Pkw jenseits der in der Rechtsprechung bereits bekannten Fallgruppen beizutragen. Bis zur höchstrichterlichen Klärung sind Einspruch und ggf. Klage weiterhin geboten. Um den teilweise schweren Folgen der 1 %-Regelung aber sicher zu entgehen, bleibt letztlich nur das Führen eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuches.

     
    Quelle: ID 48734603