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Erste Tätigkeitsstätte bei einem angestellten Bauleiter
| Nach einer Entscheidung des FG Mecklenburg-Vorpommern (24.11.21, 3 K 6/20, Urteil; Rev. BFH VI R 27/21, Einspruchsmuster ) resultiert bei einem Bauleiter, der bei einem international tätigen großen Bauunternehmen angestellt ist, eine dauerhafte Zuordnung zu einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers i. S. d. § 9 Abs. 4 S. 1 EStG nicht bereits aus dem Umstand, dass im Arbeitsvertrag die Stadt, in der das Niederlassungsgebäude liegt, als „Einstellungsort“ genannt wird. Gelegentliche Besprechungen des Bauleiters am Sitz des Arbeitgebers und ein gelegentliches Abholen der in Papierform eingehenden Post schließen danach eine Einsatzwechseltätigkeit nicht aus. |
PRAXISTIPP | Die Frage der ersten Tätigkeitsstätte ist nicht nur relevant für die Berücksichtigung von Fahrtkosten dem Grunde und der Höhe nach. Verpflegungsmehraufwendungen sind nach § 9 Abs. 4a S. 2 bis 4 EStG zu berücksichtigen. Besteht keine erste Tätigkeitsstätte, kommt es nur darauf an, ob der Arbeitnehmer ohne Übernachtung mehr als acht Stunden von seiner Wohnung entfernt war. Auf die Dreimonatsfrist des § 9 Abs. 4a S. 6 EStG kommt es nicht an. Diese Frist beginnt erst dann zu laufen, wenn der Steuerpflichtige an derselben Tätigkeitsstelle längerfristig tätig wird, und zwar an mindestens drei Tagen pro Woche (vgl. Brandis/Heuermann-Thürmer, Ertragsteuerrecht, 158. EL § 9 EStG Rn. 597). Das trifft bei einem Bauleiter nicht zu, da er i. d. R. nicht auf einer bestimmten Baustelle dauerhaft arbeitet, sondern die Arbeiten auf mehreren Baustellen zeitgleich leitet und damit typischerweise von Baustelle zu Baustelle fährt. Die sogenannte 0,03 %-Regelung (§ 8 Abs. 2 S. 3 EStG) ist ebenfalls nicht anzuwenden, wenn eine erste Tätigkeitsstätte fehlt. Das betriebliche Kraftfahrzeug kann dann nicht für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt werden; die Hinzurechnung ist deshalb nicht vorzunehmen. Wegen der gravierenden steuerlichen Konsequenzen sollten steuerliche Berater im Konfliktfall gegen betroffene Steuerbescheide mit der Begründung des Besprechungsfalls Einspruch einlegen und das Verfahren unter Berufung auf das anhängige Revisionsverfahren „zum Ruhen bringen“. |