· Fachbeitrag · Einkünfte aus Kapitalvermögen
Behandlung von Scheinrenditen aus einem Schneeballsystem
| Legt ein selbständiger Finanzdienstleister die von Anlegern eingezahlten Gelder nicht vertragsgemäß an, sondern verwendet sie vielmehr zur Auszahlung an andere Anleger, für Provisionszahlungen an seine Vermittler und für seinen eigenen Lebensunterhalt (Schneeballsystem), stellt sich die Frage nach den Besteuerungsfolgen. Das Niedersächsische FG ist in einem solchen Fall zu dem Ergebnis gelangt, dass die bescheinigten Erlöse aus Aktiengeschäften der Besteuerung zu unterwerfen sind, wenn die Wiederanlage des Erlöses im Interesse des Anlegers lag und der Betreiber leistungsbereit und leistungsfähig war (FG Niedersachsen 23.5.18, 10 K 190/16; Rev. BFH VIII R 42/18, Einspruchsmuster ). |
Im Streitfall hatte die Klägerin bereits in dem Verkaufsauftrag bestimmt, dass der Erlös aus dem Aktiengeschäft mit dem nächsten Einkauf verrechnet werden sollte. Hierin sah das FG eine sog. Novation, die den Zufluss auslöst. Das FG hat es in diesem Fall abgelehnt, der bescheinigten Kapitalertragsteuer, die tatsächlich nicht abgeführt wurde, Abgeltungswirkung zukommen zu lassen.
PRAXISTIPP | Auf die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der BFH die Revision zugelassen (BFH 17.12.18, VIII B 93/18). Im Revisionsverfahren wird sich der BFH abgesehen von der Frage des Zuflusses der Scheinrenditen insbesondere mit der Rechtsfrage befassen, ob die im Rahmen eines Schneeballsystems ausgewiesene Kapitalertragsteuer Abgeltungswirkung gemäß § 43 Abs. 5 S. 1 EStG hat. Mit der Problematik des Zuflusses hatte sich der BFH bereits im Urteil vom 2.4.14 (VIII R 38/13, BStBl. II 14, 698) befasst. Verlangt ein Anleger die Auszahlung fälliger Zins- oder Anlagebeträge vom Betreiber eines Schneeballsystems, ist danach für die Prüfung von dessen Leistungsfähigkeit und -bereitschaft im Zeitpunkt einer Gutschriftserteilung oder der Vereinbarung, Renditen wiederanzulegen, entscheidend, wie der Betreiber des Schneeballsystems auf den Auszahlungswunsch reagiert. Bis zur höchstrichterlichen Klärung sind Einspruch und ggf. Klage geboten. |