· Nachricht · Kapitalertragsteuer
Anrechnung bzw. Erstattung von KapSt bei ausländischen thesaurierenden Investmentfonds
| Das FG Rheinland-Pfalz (20.10.20, 5 K 1511/17, EFG 21, 107; Rev. BFH VII 56/20, Einspruchsmuster ) hat entschieden, dass auf geschätzte, tatsächlich aber nicht angefallene Erträge eines ausländischen thesaurierenden Investmentfonds abgeführte KapSt anzurechnen bzw. zu erstatten ist. |
Die Anrechnung der einbehaltenen KapSt nach § 36 Abs. 2 EStG setzt voraus, dass die entsprechenden Einkünfte, für die KapSt abgeführt worden ist, „bei der Veranlagung erfasst“ worden sind. Dies hat zur Folge, dass der Steuerpflichtige ‒ will er die im Verkaufsjahr für ausschüttungsgleiche Erträge der Vorjahre abgeführte KapSt angerechnet haben ‒ nachweisen muss, dass die ausschüttungsgleichen Erträge in den Vorjahren auch tatsächlich „bei der Veranlagung erfasst“ (d. h, vom Steuerpflichtigen erklärt bzw. von Amts wegen erfasst und bei der Besteuerung berücksichtigt) worden sind (BFH 8.9.10, I R 90/09, BStBl. II 13, 11). Wenn allerdings ‒ wie im Besprechungsfall ‒ KapSt auf tatsächlich nicht erzielte (geschätzte) Erträge abgeführt wurde, stellt sich die Frage, auf welchem Weg die Anrechnung bzw. Rückerstattung der KapSt erfolgen soll. Hierzu gelangt das FG mit folgender Überlegung zu seiner Entscheidung: Entweder ist § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG dahingehend auszulegen, dass Kapitalerträge, die es nicht gegeben hat, deshalb „bei der Veranlagung erfasst“ sind, weil sie mit 0 EUR anzusetzen wären, sodass die darauf entfallende KapSt anzurechnen ist, oder es ergibt sich ‒ für den Fall der Nichtanwendbarkeit des § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG ‒ ein Erstattungsanspruch aus § 37 Abs. 2 AO, weil es in diesem Fall kein Einzelsteuergesetz als lex specialis gibt, das dem allgemeinen Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO vorgeht.
PRAXISTIPP | Da die Rechtsfrage, ob § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG und/oder § 37 Abs. 2 AO in Fällen der vorliegenden Art ‒ wenn KapSt für tatsächlich nicht erzielte Kapitalerträge abgeführt wurde ‒ anwendbar ist, bislang höchstrichterlich nicht geklärt ist, sind Einsprüche gegen entsprechende Abrechnungsbescheide bis zur Entscheidung durch den BFH geboten. |