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  • · Nachricht · Umsatzsteuer

    Anordnung der Eigenverwaltung beendet umsatzsteuerliche Organschaft

    | Eine umsatzsteuerliche Organschaft wird durch Anordnung der Eigenverwaltung mit Bestellung eines vorläufigen Sachwalters beendet (FG Münster 7.9.17, 5 K 3123/15 U). |

     

    Zwischen einer GmbH (Klägerin) und ihrer alleinigen Anteilseignerin (AG) bestand eine umsatzsteuerliche Organschaft. Auf Antrag beider Gesellschaften beschloss das AG die vorläufige Eigenverwaltung (§ 270a InsO) und bestellte einen Rechtsanwalt zum vorläufigen Sachwalter beider Gesellschaften. Ferner ordnete es Vollstreckungsschutz gemäß § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 InsO an. Die Geschäftsführer der GmbH waren (weiterhin) mit dem Vorstand der AG identisch. Die GmbH sah in der Bestellung des vorläufigen Sachwalters eine Beendigung der Organschaft und gab ab diesem Zeitpunkt eigene Umsatzsteuervoranmeldungen ab, die zu Vorsteuerüberhängen führten. Das FA lehnte die Umsatzsteuerfestsetzungen gegenüber der GmbH ab, weil die Umsatzsteuer weiterhin bei der Organmutter zu erfassen seien.

     

    Das FG gab der Klage statt. Gegenüber der GmbH seien Umsatzsteuerbescheide zu erlassen, weil die Organschaft beendet worden sei. Mit der Bestellung des vorläufigen Sachwalters sei die organisatorische Eingliederung in die bisherige Organträgerin entfallen. Die Organträgerin könne ihren Willen bei der Klägerin nicht mehr in rechtlich zulässiger Weise durchsetzen, weil deren Geschäftsführer nunmehr zur Sicherung der zukünftigen Insolvenzmasse verpflichtet sei. Er dürfe im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger nicht einzelne Gläubiger bevorzugen, sodass der dem Organträger bei Annahme einer umsatzsteuerlichen Organschaft zustehende Ausgleichsanspruch nach § 426 BGB nicht erfüllbar sei. Aufgrund des angeordneten Vollstreckungsschutzes sei dieser auch nicht durchsetzbar. Jedenfalls müsse der vorläufige Sachwalter im Fall der Zahlung durch den Geschäftsführer intern widersprechen.

     

    PRAXISHINWEIS | Bislang hat der BFH ‒ soweit ersichtlich ‒ nur bezüglich der Fälle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt entschieden. Im Besprechungsfall ist zwar kein Aktenzeichen der Revision bekannt. Allerdings wird der BFH in einem anderen Fall (BFH V R 45/16, FG Baden-Württemberg 15.6.16, 9 K 2564/14)) ebenfalls über die umsatzsteuerlichen Auswirkungen eines Insolvenzverfahrens unter Anordnung der Eigenverwaltung entscheiden müssen. Das FG Baden-Württemberg ist der Auffassung, dass die für das Insolvenzverfahren mit Bestellung eines Insolvenzverwalters geltenden Grundsätze auch dann anzuwenden sind, wenn das Insolvenzverfahren eröffnet und vom Insolvenzgericht die Eigenverwaltung angeordnet wird. Das FG liegt also auf einer Linie mit dem FG Münster. Hinzuweisen ist noch darauf, dass der BFH 2016 in einer Reihe von Urteilen zur Technik der Umsatzsteuer- und Vorsteuerberichtigung nach § 17 UStG bei Insolvenzverfahren Stellung genommen hat. Gegebenenfalls sollten die Entscheidungen zur Hand genommen werden (vgl. BFH 01.03.2016, XI R 9/15 u. XI R 21/14, BStBl II 1, 756, BFH 9.12.10, V R 22/10, BStBl II 11, 996).

     

    StB Christian Herold, Herten‘www.herold-steuerrat.de

    Quelle: ID 44958839