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  • · Nachricht · Verfahrensrecht

    Wie weit reicht die Wirkung eines Vorläufigkeitsvermerks?

    | Ob ein teilweise vorläufig erlassener Bescheid hinsichtlich der Höhe des Betriebsausgabenabzugs für ein Arbeitszimmer geändert werden kann, wenn sich der Vorläufigkeitsvermerk nur auf die Einkunftserzielungsabsicht bezieht, hängt davon ab, welcher Wille des FA dem konkreten Vorläufigkeitsvermerk zu entnehmen ist. Die Formulierung: Der Bescheid ergeht hinsichtlich der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit vorläufig „weil z.Z. die Einkunftserzielungsabsicht nicht abschließend beurteilt werden kann“ deutet darauf hin, dass aus Sicht des FA nur noch die Einkunftserzielungsabsicht fraglich ist, nicht aber die Höhe der Einkünfte (FG Münster 27.3.14, 2 K 1208/12 E). |

     

    Zu entscheiden war, ob ein wegen Überprüfung der Einkunftserzielungsabsicht vorläufiger Einkommensteuerbescheid auch wegen höherer Aufwendungen für ein Arbeitszimmer nach § 165 AO geändert werden kann. Das Finanzamt hatte in dem Bescheid die deklarierten Betriebsausgaben gekürzt und den Bescheid hinsichtlich der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit vorläufig erlassen, „weil z.Z. die Einkunftserzielungsabsicht nicht abschließend beurteilt werden kann“. Erst als der das FA den Einkommensteuerbescheid für endgültig erklärte, wehrte sich der Steuerpflichtige mit Einspruch und Klage gegen die Kürzung der Betriebsausgaben. Das FG Münster stellte sich jedoch auf die Seite des FA.

     

    Nach § 165 Abs. 1 AO kann eine Steuer vorläufig festgesetzt werden, soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für ihre Entstehung eingetreten sind. Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben. Aus dem Grund der Vorläufigkeit kann u.U. auf den Umfang geschlossen werden. Die Angaben zu Grund und Umfang der Vorläufigkeit können auch in den Erläuterungen zum Bescheid gemacht werden.

     

    Besteht Ungewissheit hinsichtlich der Gewinnerzielungsabsicht, steht es im Ermessen der Finanzbehörde, ob sie den Vorläufigkeitsvermerk auf die Anerkennung von Betriebsausgaben erstreckt oder nicht (vgl. BFH 22.12.87, IV B 174/86). In diesem Fall kann das Finanzamt nachrangige Ermittlungen und Nachprüfungen zurückstellen, solange offen ist, ob ihnen bei der Steuerfestsetzung überhaupt eine Bedeutung zukommt. Erklärt das Finanzamt die Steuerfestsetzung für vorläufig, weil es die Einkunftserzielungsabsicht noch nicht abschließend beurteilen kann, so kann es bei der endgültigen Steuerfestsetzung auch die von der tatsächlichen Ungewissheit nicht betroffenen, aber zunächst hingenommenen tatsächlichen und/oder rechtlichen Fehlbeurteilungen zur Abziehbarkeit von Werbungskosten oder Betriebsausgaben ändern. Die Erstreckung des Vorläufigkeitsvermerks auf Folgefragen sollte im Bescheid aber hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen (HHS aaO § 165 Tz. 26f m.w.N.).

     

    Macht das Finanzamt umgekehrt in dem - hinsichtlich der Einkunftserzielungsabsicht - vorläufigen Bescheid deutlich, dass es den Vorläufigkeitsvermerk nicht auf eventuell nachrangige Fragen erstrecken will, weil es in Abweichung von der Steuererklärung die Betriebseinnahmen und einzelne Werbungskosten oder Betriebsausgaben in rechtlicher und/oder tatsächlicher Hinsicht schon vorab eingehend prüft und die Abweichung auch im Bescheid bzw. in einer Anlage zum Bescheid erläutert, so erstreckt sich der Vorläufigkeitsvermerk nur auf die Frage der Anerkennung der so errechneten Einkünfte. Damit macht das Finanzamt von der ihm durch § 165 AO eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, nur die Fragen offen zu halten, für die tatsächlich Ungewissheit Hinsicht besteht. Das Finanzamt entscheidet sich in diesem Fall zulässigerweise dagegen, die Prüfung nachrangiger Sachverhaltslelemente auf später zu verschieben. Folglich bezieht sich die vorläufige Festsetzung nur auf den ausdrücklich als vorläufig bezeichneten Umstand (z.B. Einkunftserzielungsabsicht) und nicht auch auf andere Sachverhaltselemente einer Gewinnermittlung (z.B. Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben). Eine Steuerfestsetzung erwächst so hinsichtlich einzelner Besteuerungsgrundlagen in Bestandskraft (vgl. BFH 12.7.07, X R 22/05).

    Quelle: ID 42758859