09.06.2011 | Kurz berichtet
EMRK: Zugriff auf Entschädigung möglich?
Führt der Schuldner einen Prozess können ihm hieraus Forderungen in der Hauptsache, aber auch Kostenerstattungsforderungen erwachsen. Solche Forderungen kann sich der Gläubiger im Rahmen des außergerichtlichen Forderungsmanagements zur späteren Befriedigung oder zur Sicherheit abtreten lassen. Das gilt aber nach einer aktuellen Entscheidung des BGH nicht für alle Forderungen. Die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte einem Individualbeschwerdeführer zugesprochene Entschädigung wegen der durch eine Menschenrechtsverletzung infolge überlanger Verfahrensdauer erlittenen immateriellen Schäden ist nach Auffassung des BGH (24.03.2011, IX ZR 180/10, Abruf-Nr. 111394) nicht abtretbar und pfändbar; sie fällt bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beschwerdeführers nicht in die Insolvenzmasse. Pfändungsschutznorm ist unmittelbar § 41 EMRK. Dasselbe gilt für die zuerkannte Erstattung der Kosten für das Verfahren vor dem Gerichtshof. Der von dem Gerichtshof zuerkannte Anspruch auf Erstattung von Mehrkosten im vorausgegangenen innerstaatlichen Verfahren ist dagegen abtretbar, pfändbar und fällt in die Masse, wenn über das Vermögen des Individualbeschwerdeführers das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Die Entscheidung des BGH ist zwar zum Insolvenzverfahren ergangen, hat aber Auswirkungen auf das allgemeine Forderungsmanagement. Sie gibt vor, in welchem Rahmen der Schuldner, etwa bei Abschluss einer Teil- oder Ratenzahlungsvereinbarung, Ansprüche abtreten und der Gläubiger sich damit sichern kann. Die Fälle sind gar nicht so selten. Deutschland gehört zu den Ländern, die am häufigsten wegen überlanger Verfahren vor dem EuGMR verklagt und verurteilt werden.