15.03.2011 | Restschuldbefreiung
Versuch der Erschleichung der Restschuldbefreiung hat Folgen
Ein Notar kann durch seine Art der Wirtschaftsführung die Interessen der Rechtsuchenden gefährden, wenn er zwecks Erlangung einer Restschuldbefreiung einen Insolvenzeröffnungsbeschluss bei einem ausländischen Gericht erwirkt, das im maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung offensichtlich und für ihn als Organ der Rechtspflege ohne Weiteres erkennbar international nicht zuständig ist (BGH 15.11.10, NotZ 6/10, Abruf-Nr. 104252). |
Sachverhalt
Ein Notar geriet 2008 in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten bis hin zur Kündigung der Kreditlinie durch die Bank. Die fälligen Forderungen betrugen allein bei der Bank rd. 3,3 Mio. Euro, insgesamt über 6 Mio. britische Pfund. Da er Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und in der Folge eine Amtsenthebung befürchtete und sich vorsorglich eine berufliche Alternative eröffnen wollte, meldete er Anfang 2009 in Großbritannien ein Gewerbe als Sportfotograf an. Er schuf auch die weiteren Voraussetzungen für die Ausübung dieses Gewerbes (steuerliche Erfassung, Anmeldung bei der britischen Sozialversicherung), entfaltete aber bis zum 9.6.09 noch keine gewerbliche Tätigkeit in England. Seit 8.5.09 betreibt die Bank die Zwangsvollstreckung. Mit Beschluss vom 21.5.09 eröffnete der Birmingham County Court auf Antrag des Notars gegen diesen unter der Berufsbezeichnung „self-employed photographer“, „carrying on business as H ... B ..., B ... Sports Photography, Appartement ..., W ... Street, Birmingham“ das Insolvenzverfahren; die Restschuldbefreiung sollte automatisch am 21.5.10 eintreten. Gegen die Vollstreckungsmaßnahmen der Bank wandte sich der Antragsteller mit der Erinnerung, mit der er u.a. geltend machte, dass die Zwangsvollstreckung wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen durch den Birmingham County Court unzulässig sei.
Am 8.6.09 teilte die Landesjustizverwaltung dem Notar mit, dass sie beabsichtige, ihn seines Amtes zu entheben, weil er in Vermögensverfall geraten sei und seine wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die Art der Wirtschaftsführung die Interessen der Rechtssuchenden gefährdeten. Zugleich enthob sie ihn vorläufig seines Amts. Die Rechtsmittel des Notars blieben erfolglos.
Nachdem der britische Insolvenzverwalter darauf hingewiesen hatte, dass der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen des Antragstellers i.S.d. Art. 3 Abs. 1 S. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29.5.00 über Insolvenzverfahren zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht in England oder Wales gelegen habe, hat der Birmingham County Court am 11.3.10 seinen Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Antragstellers vom 21.5.09 aufgehoben und den Insolvenzantrag zurückgewiesen. Am 12.3.10 hat die Bank die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Antragstellers beantragt.
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