16.03.2009 | Verjährung
Wann sind Verhandlungen „eingeschlafen“?
1. Die von der Rechtsprechung zu § 852 Abs. 2 BGB a.F. entwickelten Grundsätze zum Ende der Verjährungshemmung bei einem „Einschlafen-Lassen“ der Verhandlungen gelten auch im Rahmen des § 203 S. 1 BGB n.F. Weder der Wortlautvergleich zwischen diesen Normen noch die Gesetzgebungsgeschichte zu § 203 S. 1 BGB n.F. legen es nahe, die Verjährungshemmung erst und nur mit eindeutiger, unmissverständlicher Zurückweisung durch den Schuldner enden zu lassen. |
2. Die Sechs-Monats-Frist des § 204 Abs. 2 S. 1 BGB lässt sich nicht dahingehend verallgemeinern, dass sie die zeitliche Untergrenze für ein frühest möglich zu bejahendes „Einschlafen-Lassen“ der Verhandlungen i.S.d. § 203 S. 1 BGB n.F. bildet. Hiergegen spricht die Gesetzgebungsgeschichte zu § 203 S. 1 BGB n.F.; der Gesetzgeber hat sich bewusst gegen die Festlegung einer starren Frist für das Ende der Hemmungszeit entschieden, um der Rechtsprechung zum „Einschlafen-Lassen“ von Verhandlungen den Umständen des Einzelfalls genügende Wertungsspielräume zu belassen. |
3. Die Zeitspanne, in der aus Sicht des Gläubigers bei einer vom Schuldner zugesagten Rückmeldung nach Treu und Glauben ein nächster Schritt des Schuldners zu erwarten gewesen wäre, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Sie ist kürzer zu bemessen, wenn der Schuldner bereits in der Vergangenheit auf Verhandlungsinitiativen des Gläubigers nicht reagiert hat. Regelmäßig ist bei einer vom Schuldner auf eine Initiative des Gläubigers hin zugesagten Rückmeldung von einer Hemmungszeit von rund einem Monat auszugehen. |
4. Wiederholt ein Schuldner über mehrere Jahre auf telefonische Initiativen des Gläubigers nur formelhaft sein Interesse an außergerichtlicher Streitbeilegung, nachdem er zuvor mehrfach dieses Interesse bekundet hatte, ohne sich - wie jeweils zugesagt - beim Gläubiger gemeldet zu haben, lassen sich seine gleichlautenden Aussagen auf weitere Anrufe des Gläubigers nicht mehr als „Verhandlungen“ i.S.d. § 203 S. 1 BGB bewerten. Die offensichtlich phrasenhafte Wiederholung von Vertröstungsformeln stellt weder einen Meinungsaustausch über den Anspruch noch über die diesen begründenden Umstände dar. |
(OLG Naumburg 23.10.08, 9 U 19/08, Abruf-Nr. 090735) |
Praxishinweis
Seit der Verkürzung der regelmäßigen Verjährungsfrist gilt: Selbst titulierte Forderungen verjähren bereits nach drei Jahren, soweit es sich um „regelmäßig wiederkehrende Leistungen“ handelt, § 197 Abs. 2 BGB. Hierunter fallen vor allem die nach Rechtskraft entstehenden Zinsen sowie Ansprüche auf laufenden Unterhalt. Die Verjährung beginnt nach § 199 BGB mit dem Schluss des Jahres in dem einerseits der Anspruch entstanden ist, andererseits der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und dem Schuldner Kenntnis hat. Daher sollten Gläubiger immer bemüht sein, eine verjährungsverlängernde Vereinbarung mit dem Schuldner zu treffen (hierzu ausführlich FMP 08, 222).
Um die Verjährung neu beginnen zu lassen, muss der Schuldner die Forderung entweder im Sinne des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB anerkannt haben oder aber der Gläubiger muss eine Vollstreckungsmaßnahme veranlasst haben. Letzteres kommt erst in Betracht, wenn die Forderung tituliert ist.
Droht die Verjährung einer untitulierten Forderung muss der Gläubiger Maßnahmen ergreifen, um den Verjährungseintritt zu verhindern. Hierzu dienen die in § 204 BGB aufgezählten Maßnahmen der Rechtsverfolgung.
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